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Laband, Paul: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Bd. 2. Tübingen, 1877.

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§. 71. Die Verwaltung der Post und Telegraphie.

Im Falle der verzögerten Beförderung oder Bestellung leistet
die Postverwaltung diesen Ersatz nur dann, wenn die Sache durch
die verzögerte Beförderung
oder Bestellung verdorben ist
oder ihren Werth bleibend ganz oder theilweise verloren hat,
wobei überdies auf eine Veränderung des Kurses oder marktgängi-
gen Preises keine Rücksicht genommen wird 1).

d) Für Briefe mit Werthangabe und für Packete
mit Werthangabe
leistet die Post im Falle des Verlustes und
der Beschädigung dem Absender Schadensersatz unter Zugrunde-
legung des Betrages, der als Werth angegeben ist. Der Postver-
waltung bleibt jedoch der Beweis vorbehalten, daß der angegebene
Werth den gemeinen Werth der Sache übersteigt, und wenn sie
diesen Beweis erbringt, so braucht sie nur den gemeinen Werth zu
ersetzen 2). Wenn in betrüglicher Absicht zu hoch deklarirt worden
ist, so verliert der Absender jeden Anspruch auf Schadensersatz 3).

1) Postges. §. 6 Abs. 2. Dambach S. 27 Anm. 8 behauptet auf Grund
dieses Artikels unter Berufung auf ein Urtheil des Kammergerichts zu Berlin
von 1863, daß wenn die Postsendung beim Adressaten verspätet, aber in guter
Beschaffenheit anlangt, der Adressat jedoch die Annahme wegen Verzögerung
ablehnt und auf dem Rückwege nach dem Absendungsorte die Sendung ver-
dorben ist, die Postverwaltung von der Ersatzpflicht frei sei. Dem ist kaum
beizupflichten; denn die Nothwendigkeit der Rückbeförderung ist durch die Ver-
zögerung des Transports entstanden und mithin auch der durch die Rückbe-
förderung herbeigeführte Verderb. Wenn z. B. Jemand zu einer großen Fest-
lichkeit frische Blumen oder Delikatessen bestellt, dieselben durch verzögerte Be-
förderung verspätet, aber in noch gutem Zustande, bei ihm eintreffen, er die
Annahme verweigert, weil er für die Waaren keine Verwendung mehr hat,
und dieselben nun auf dem Rücktransport zum Aufgabeort verwelken oder ver-
derben, so ist der Schaden doch zweifellos "durch die verzögerte Beförderung"
verursacht worden.
2) Die praktische Bedeutung des Satzes liegt vornämlich in der Normi-
rung der Beweislast. Wolff S. 133.
3) Postges. §. 8. Dadurch werden die Vorschriften des H.-G.-B. Art. 396
modifizirt. -- Die Werthdeclaration ist nicht -- wie dies gewöhnlich geschieht
-- als eine Assecuranz aufzufassen, welche als Nebenvertrag mit dem Post-
Transportvertrag verbunden ist, sondern als aestimatio des id quod interest,
als Schätzung des bei Nichterfüllung der loc. cond. operis zu vergütenden
Schadens; und ebenso ist das Zuschlagsporto, das für declarirte Werthsen-
dungen erhoben wird, keine Assecuranzprämie, sondern ein Theil des zu ent-
richtenden Lohnes. Es wird dies sehr treffend hervorgehoben von Meili,
Haftpflicht S. 76 ff. Die weitere Entwicklung der hieraus sich ergebenden
§. 71. Die Verwaltung der Poſt und Telegraphie.

Im Falle der verzögerten Beförderung oder Beſtellung leiſtet
die Poſtverwaltung dieſen Erſatz nur dann, wenn die Sache durch
die verzögerte Beförderung
oder Beſtellung verdorben iſt
oder ihren Werth bleibend ganz oder theilweiſe verloren hat,
wobei überdies auf eine Veränderung des Kurſes oder marktgängi-
gen Preiſes keine Rückſicht genommen wird 1).

d) Für Briefe mit Werthangabe und für Packete
mit Werthangabe
leiſtet die Poſt im Falle des Verluſtes und
der Beſchädigung dem Abſender Schadenserſatz unter Zugrunde-
legung des Betrages, der als Werth angegeben iſt. Der Poſtver-
waltung bleibt jedoch der Beweis vorbehalten, daß der angegebene
Werth den gemeinen Werth der Sache überſteigt, und wenn ſie
dieſen Beweis erbringt, ſo braucht ſie nur den gemeinen Werth zu
erſetzen 2). Wenn in betrüglicher Abſicht zu hoch deklarirt worden
iſt, ſo verliert der Abſender jeden Anſpruch auf Schadenserſatz 3).

1) Poſtgeſ. §. 6 Abſ. 2. Dambach S. 27 Anm. 8 behauptet auf Grund
dieſes Artikels unter Berufung auf ein Urtheil des Kammergerichts zu Berlin
von 1863, daß wenn die Poſtſendung beim Adreſſaten verſpätet, aber in guter
Beſchaffenheit anlangt, der Adreſſat jedoch die Annahme wegen Verzögerung
ablehnt und auf dem Rückwege nach dem Abſendungsorte die Sendung ver-
dorben iſt, die Poſtverwaltung von der Erſatzpflicht frei ſei. Dem iſt kaum
beizupflichten; denn die Nothwendigkeit der Rückbeförderung iſt durch die Ver-
zögerung des Transports entſtanden und mithin auch der durch die Rückbe-
förderung herbeigeführte Verderb. Wenn z. B. Jemand zu einer großen Feſt-
lichkeit friſche Blumen oder Delikateſſen beſtellt, dieſelben durch verzögerte Be-
förderung verſpätet, aber in noch gutem Zuſtande, bei ihm eintreffen, er die
Annahme verweigert, weil er für die Waaren keine Verwendung mehr hat,
und dieſelben nun auf dem Rücktransport zum Aufgabeort verwelken oder ver-
derben, ſo iſt der Schaden doch zweifellos „durch die verzögerte Beförderung“
verurſacht worden.
2) Die praktiſche Bedeutung des Satzes liegt vornämlich in der Normi-
rung der Beweislaſt. Wolff S. 133.
3) Poſtgeſ. §. 8. Dadurch werden die Vorſchriften des H.-G.-B. Art. 396
modifizirt. — Die Werthdeclaration iſt nicht — wie dies gewöhnlich geſchieht
— als eine Aſſecuranz aufzufaſſen, welche als Nebenvertrag mit dem Poſt-
Transportvertrag verbunden iſt, ſondern als aestimatio des id quod interest,
als Schätzung des bei Nichterfüllung der loc. cond. operis zu vergütenden
Schadens; und ebenſo iſt das Zuſchlagsporto, das für declarirte Werthſen-
dungen erhoben wird, keine Aſſecuranzprämie, ſondern ein Theil des zu ent-
richtenden Lohnes. Es wird dies ſehr treffend hervorgehoben von Meili,
Haftpflicht S. 76 ff. Die weitere Entwicklung der hieraus ſich ergebenden
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[335/0349] §. 71. Die Verwaltung der Poſt und Telegraphie. Im Falle der verzögerten Beförderung oder Beſtellung leiſtet die Poſtverwaltung dieſen Erſatz nur dann, wenn die Sache durch die verzögerte Beförderung oder Beſtellung verdorben iſt oder ihren Werth bleibend ganz oder theilweiſe verloren hat, wobei überdies auf eine Veränderung des Kurſes oder marktgängi- gen Preiſes keine Rückſicht genommen wird 1). d) Für Briefe mit Werthangabe und für Packete mit Werthangabe leiſtet die Poſt im Falle des Verluſtes und der Beſchädigung dem Abſender Schadenserſatz unter Zugrunde- legung des Betrages, der als Werth angegeben iſt. Der Poſtver- waltung bleibt jedoch der Beweis vorbehalten, daß der angegebene Werth den gemeinen Werth der Sache überſteigt, und wenn ſie dieſen Beweis erbringt, ſo braucht ſie nur den gemeinen Werth zu erſetzen 2). Wenn in betrüglicher Abſicht zu hoch deklarirt worden iſt, ſo verliert der Abſender jeden Anſpruch auf Schadenserſatz 3). 1) Poſtgeſ. §. 6 Abſ. 2. Dambach S. 27 Anm. 8 behauptet auf Grund dieſes Artikels unter Berufung auf ein Urtheil des Kammergerichts zu Berlin von 1863, daß wenn die Poſtſendung beim Adreſſaten verſpätet, aber in guter Beſchaffenheit anlangt, der Adreſſat jedoch die Annahme wegen Verzögerung ablehnt und auf dem Rückwege nach dem Abſendungsorte die Sendung ver- dorben iſt, die Poſtverwaltung von der Erſatzpflicht frei ſei. Dem iſt kaum beizupflichten; denn die Nothwendigkeit der Rückbeförderung iſt durch die Ver- zögerung des Transports entſtanden und mithin auch der durch die Rückbe- förderung herbeigeführte Verderb. Wenn z. B. Jemand zu einer großen Feſt- lichkeit friſche Blumen oder Delikateſſen beſtellt, dieſelben durch verzögerte Be- förderung verſpätet, aber in noch gutem Zuſtande, bei ihm eintreffen, er die Annahme verweigert, weil er für die Waaren keine Verwendung mehr hat, und dieſelben nun auf dem Rücktransport zum Aufgabeort verwelken oder ver- derben, ſo iſt der Schaden doch zweifellos „durch die verzögerte Beförderung“ verurſacht worden. 2) Die praktiſche Bedeutung des Satzes liegt vornämlich in der Normi- rung der Beweislaſt. Wolff S. 133. 3) Poſtgeſ. §. 8. Dadurch werden die Vorſchriften des H.-G.-B. Art. 396 modifizirt. — Die Werthdeclaration iſt nicht — wie dies gewöhnlich geſchieht — als eine Aſſecuranz aufzufaſſen, welche als Nebenvertrag mit dem Poſt- Transportvertrag verbunden iſt, ſondern als aestimatio des id quod interest, als Schätzung des bei Nichterfüllung der loc. cond. operis zu vergütenden Schadens; und ebenſo iſt das Zuſchlagsporto, das für declarirte Werthſen- dungen erhoben wird, keine Aſſecuranzprämie, ſondern ein Theil des zu ent- richtenden Lohnes. Es wird dies ſehr treffend hervorgehoben von Meili, Haftpflicht S. 76 ff. Die weitere Entwicklung der hieraus ſich ergebenden

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Zitationshilfe: Laband, Paul: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Bd. 2. Tübingen, 1877, S. 335. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laband_staatsrecht02_1878/349>, abgerufen am 23.11.2024.