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Laband, Paul: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Bd. 2. Tübingen, 1877.

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§. 76. Die Verwaltung des Gewerbewesens.

Die Frist für Erhebung des Einspruchs beträgt acht Wochen
seit dem Tage der Veröffentlichung; der Einspruch muß schrift-
lich erfolgen und mit Gründen versehen sein. Nach Ablauf der
achtwöchentlichen Frist hat das Patentamt über die Ertheilung
des Patentes Beschluß zu fassen; es ist befugt, vor der Beschluß-
fassung die Ladung und Anhörung der Betheiligten, sowie die Be-
gutachtung des Antrages durch geeignete, in einem Zweige der
Technik sachverständige Personen und sonstige zur Aufklärung der
Sache erforderliche Ermittelungen anzuordnen 1).

d) Das Beschwerde-Verfahren. Die Einlegung der
Beschwerde steht dem Patentsucher zu: gegen den Beschluß des Pa-
tentamtes, durch welchen vor Einleitung des Aufgebots-Verfahrens
die Anmeldung zurückgewiesen wird, und sowohl dem Patentsucher
wie dem Einsprechenden: gegen den Beschluß, durch welchen über
die Ertheilung des Patentes entschieden wird. Die Frist für die
Einlegung der Beschwerde beträgt vier Wochen von dem Tage der
Zustellung des angegriffenen Beschlußes an. Bei Einlegung der
Beschwerde sind für die Kosten des Beschwerde-Verfahrens 20 Mark
zu zahlen, widrigenfalls die Beschwerde als nicht erhoben gilt 2).

Ueber die Beschwerde entscheidet das Patentamt selbst; der
Rechtsweg ist völlig ausgeschlossen. Die Entscheidung über die
Beschwerde gegen den Beschluß einer Abtheilung erfolgt von der-
jenigen Abtheilung, welche neben der ersteren über Patentgesuche
aus demselben Gebiete der Technik zu beschließen hat 3). Die Be-

Patentsucher später ein Patent wirklich erlangt, die gewerbliche Ausbeutung
seiner Erfindung durch Andere auch in dem Falle als Patentverletzung behandelt
wird, wenn sie vor der Ertheilung des Patents geschehen ist. Wenn dagegen
der Antrag auf Patentertheilung zurückgewiesen wird, so erscheint der in der
Zwischenzeit seit der Bekanntmachung der Patentanmeldung geschehene Gebrauch
der Erfindung als nicht rechtswidrig. Juristisch ist demnach der "einstweilige"
Patentschutz des §. 22 Abs. 1 ein resolutiv bedingter. Schwebt ein
Prozeß wegen Verletzung des einstweiligen Patentschutzes, so wird das Gericht
die Entscheidung auszusetzen haben, bis das Patentamt über die Ertheilung
oder Versagung des Patentes Beschluß gefaßt hat. Klostermann S. 235.
1) §. 24 a. a. O.
2) §. 25 a. a. O.
3) V. v. 18. Juni 1877 §. 2 Abs. 1. Es bilden demnach die Abtheilungen
I. u. II. gegenseitig die Beschwerde-Instanz für einander; ebenso die Abthei-
lungen III. und IV. und die Abtheilungen V. u. VI.
Laband, Reichsstaatsrecht. II. 31
§. 76. Die Verwaltung des Gewerbeweſens.

Die Friſt für Erhebung des Einſpruchs beträgt acht Wochen
ſeit dem Tage der Veröffentlichung; der Einſpruch muß ſchrift-
lich erfolgen und mit Gründen verſehen ſein. Nach Ablauf der
achtwöchentlichen Friſt hat das Patentamt über die Ertheilung
des Patentes Beſchluß zu faſſen; es iſt befugt, vor der Beſchluß-
faſſung die Ladung und Anhörung der Betheiligten, ſowie die Be-
gutachtung des Antrages durch geeignete, in einem Zweige der
Technik ſachverſtändige Perſonen und ſonſtige zur Aufklärung der
Sache erforderliche Ermittelungen anzuordnen 1).

δ) Das Beſchwerde-Verfahren. Die Einlegung der
Beſchwerde ſteht dem Patentſucher zu: gegen den Beſchluß des Pa-
tentamtes, durch welchen vor Einleitung des Aufgebots-Verfahrens
die Anmeldung zurückgewieſen wird, und ſowohl dem Patentſucher
wie dem Einſprechenden: gegen den Beſchluß, durch welchen über
die Ertheilung des Patentes entſchieden wird. Die Friſt für die
Einlegung der Beſchwerde beträgt vier Wochen von dem Tage der
Zuſtellung des angegriffenen Beſchlußes an. Bei Einlegung der
Beſchwerde ſind für die Koſten des Beſchwerde-Verfahrens 20 Mark
zu zahlen, widrigenfalls die Beſchwerde als nicht erhoben gilt 2).

Ueber die Beſchwerde entſcheidet das Patentamt ſelbſt; der
Rechtsweg iſt völlig ausgeſchloſſen. Die Entſcheidung über die
Beſchwerde gegen den Beſchluß einer Abtheilung erfolgt von der-
jenigen Abtheilung, welche neben der erſteren über Patentgeſuche
aus demſelben Gebiete der Technik zu beſchließen hat 3). Die Be-

Patentſucher ſpäter ein Patent wirklich erlangt, die gewerbliche Ausbeutung
ſeiner Erfindung durch Andere auch in dem Falle als Patentverletzung behandelt
wird, wenn ſie vor der Ertheilung des Patents geſchehen iſt. Wenn dagegen
der Antrag auf Patentertheilung zurückgewieſen wird, ſo erſcheint der in der
Zwiſchenzeit ſeit der Bekanntmachung der Patentanmeldung geſchehene Gebrauch
der Erfindung als nicht rechtswidrig. Juriſtiſch iſt demnach der „einſtweilige“
Patentſchutz des §. 22 Abſ. 1 ein reſolutiv bedingter. Schwebt ein
Prozeß wegen Verletzung des einſtweiligen Patentſchutzes, ſo wird das Gericht
die Entſcheidung auszuſetzen haben, bis das Patentamt über die Ertheilung
oder Verſagung des Patentes Beſchluß gefaßt hat. Kloſtermann S. 235.
1) §. 24 a. a. O.
2) §. 25 a. a. O.
3) V. v. 18. Juni 1877 §. 2 Abſ. 1. Es bilden demnach die Abtheilungen
I. u. II. gegenſeitig die Beſchwerde-Inſtanz für einander; ebenſo die Abthei-
lungen III. und IV. und die Abtheilungen V. u. VI.
Laband, Reichsſtaatsrecht. II. 31
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[481/0495] §. 76. Die Verwaltung des Gewerbeweſens. Die Friſt für Erhebung des Einſpruchs beträgt acht Wochen ſeit dem Tage der Veröffentlichung; der Einſpruch muß ſchrift- lich erfolgen und mit Gründen verſehen ſein. Nach Ablauf der achtwöchentlichen Friſt hat das Patentamt über die Ertheilung des Patentes Beſchluß zu faſſen; es iſt befugt, vor der Beſchluß- faſſung die Ladung und Anhörung der Betheiligten, ſowie die Be- gutachtung des Antrages durch geeignete, in einem Zweige der Technik ſachverſtändige Perſonen und ſonſtige zur Aufklärung der Sache erforderliche Ermittelungen anzuordnen 1). δ) Das Beſchwerde-Verfahren. Die Einlegung der Beſchwerde ſteht dem Patentſucher zu: gegen den Beſchluß des Pa- tentamtes, durch welchen vor Einleitung des Aufgebots-Verfahrens die Anmeldung zurückgewieſen wird, und ſowohl dem Patentſucher wie dem Einſprechenden: gegen den Beſchluß, durch welchen über die Ertheilung des Patentes entſchieden wird. Die Friſt für die Einlegung der Beſchwerde beträgt vier Wochen von dem Tage der Zuſtellung des angegriffenen Beſchlußes an. Bei Einlegung der Beſchwerde ſind für die Koſten des Beſchwerde-Verfahrens 20 Mark zu zahlen, widrigenfalls die Beſchwerde als nicht erhoben gilt 2). Ueber die Beſchwerde entſcheidet das Patentamt ſelbſt; der Rechtsweg iſt völlig ausgeſchloſſen. Die Entſcheidung über die Beſchwerde gegen den Beſchluß einer Abtheilung erfolgt von der- jenigen Abtheilung, welche neben der erſteren über Patentgeſuche aus demſelben Gebiete der Technik zu beſchließen hat 3). Die Be- 5) 1) §. 24 a. a. O. 2) §. 25 a. a. O. 3) V. v. 18. Juni 1877 §. 2 Abſ. 1. Es bilden demnach die Abtheilungen I. u. II. gegenſeitig die Beſchwerde-Inſtanz für einander; ebenſo die Abthei- lungen III. und IV. und die Abtheilungen V. u. VI. 5) Patentſucher ſpäter ein Patent wirklich erlangt, die gewerbliche Ausbeutung ſeiner Erfindung durch Andere auch in dem Falle als Patentverletzung behandelt wird, wenn ſie vor der Ertheilung des Patents geſchehen iſt. Wenn dagegen der Antrag auf Patentertheilung zurückgewieſen wird, ſo erſcheint der in der Zwiſchenzeit ſeit der Bekanntmachung der Patentanmeldung geſchehene Gebrauch der Erfindung als nicht rechtswidrig. Juriſtiſch iſt demnach der „einſtweilige“ Patentſchutz des §. 22 Abſ. 1 ein reſolutiv bedingter. Schwebt ein Prozeß wegen Verletzung des einſtweiligen Patentſchutzes, ſo wird das Gericht die Entſcheidung auszuſetzen haben, bis das Patentamt über die Ertheilung oder Verſagung des Patentes Beſchluß gefaßt hat. Kloſtermann S. 235. Laband, Reichsſtaatsrecht. II. 31

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Zitationshilfe: Laband, Paul: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Bd. 2. Tübingen, 1877, S. 481. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laband_staatsrecht02_1878/495>, abgerufen am 23.11.2024.