die Nichtigkeit des Patentes behauptet, so ist das Verfahren vor- läufig auszusetzen 1).
Die Nichtigkeits-Erklärung kann nur auf Antrag erfolgen; über die Aktivlegitimation zur Stellung eines solchen Antrages gelten dieselben Regeln wie über die Aktivlegitimation zur Erhebung des Einspruchs gegen die Patent-Ertheilung 2). An eine bestimmte Frist ist der Antrag nicht geknüpft; er ist schriftlich an das Patentamt zu richten und muß die Thatsachen enthalten, auf welche er gestützt wird. Eine Zurückweisung des Antrages a limine wegen Unzuläs- sigkeit oder unzulänglicher Begründung ist unstatthaft 3); das Pa- tentamt muß die Einleitung des Verfahrens verfügen und den Pa- tentinhaber unter Mittheilung des Antrages auffordern, sich über denselben binnen vier Wochen zu erklären 4).
Unterläßt der Patentinhaber die Erklärung, so kann das Pa- tentamt ohne Ladung und Anhörung der Betheiligten sofort nach dem Antrage entscheiden und dabei die von dem Antragsteller be- haupteten Thatsachen für erwiesen annehmen 5); das Patentamt kann aber auch, bevor es entscheidet, noch weitere Ermittelungen zur Aufhellung des Sachverhaltes veranlassen. Wenn der Patent- inhaber rechtzeitig widerspricht, so findet ein contradiktorisches Ver- fahren statt, auf welches die Vorschriften der Civilprozeß-Ordnung entsprechende Anwendung finden 6). Die Gerichte sind verpflichtet, dem Patentamte Rechtshülfe zu leisten 7). Die Entscheidung erfolgt nach Ladung und Anhörung der Betheiligten 8); in derselben wird zugleich nach freiem Ermessen des Patentamtes bestimmt, zu wel- chem Antheil die Kosten des Verfahrens den Betheiligten zur Last fallen 9). Zur Beschlußfassung und Entscheidung ist zuständig die Abtheilung VII. des Patentamtes; über Beschwerden gegen Be- schlüsse derselben entscheiden diejenigen beiden Abtheilungen ge- meinsam, welche über die Ertheilung von Patenten aus demjenigen
1) Kommissionsbericht S. 43.
2) Ges. §. 27.
3) Kommissionsbericht S. 35.
4) Patentges. §. 28 Abs. 1.
5) §. 28 Abs. 2.
6) a. a. O. §. 29 Abs. 1.
7) a. a. O. §. 31.
8) §. 29 Abs. 2.
9) §. 30.
§. 76. Die Verwaltung des Gewerbeweſens.
die Nichtigkeit des Patentes behauptet, ſo iſt das Verfahren vor- läufig auszuſetzen 1).
Die Nichtigkeits-Erklärung kann nur auf Antrag erfolgen; über die Aktivlegitimation zur Stellung eines ſolchen Antrages gelten dieſelben Regeln wie über die Aktivlegitimation zur Erhebung des Einſpruchs gegen die Patent-Ertheilung 2). An eine beſtimmte Friſt iſt der Antrag nicht geknüpft; er iſt ſchriftlich an das Patentamt zu richten und muß die Thatſachen enthalten, auf welche er geſtützt wird. Eine Zurückweiſung des Antrages a limine wegen Unzuläſ- ſigkeit oder unzulänglicher Begründung iſt unſtatthaft 3); das Pa- tentamt muß die Einleitung des Verfahrens verfügen und den Pa- tentinhaber unter Mittheilung des Antrages auffordern, ſich über denſelben binnen vier Wochen zu erklären 4).
Unterläßt der Patentinhaber die Erklärung, ſo kann das Pa- tentamt ohne Ladung und Anhörung der Betheiligten ſofort nach dem Antrage entſcheiden und dabei die von dem Antragſteller be- haupteten Thatſachen für erwieſen annehmen 5); das Patentamt kann aber auch, bevor es entſcheidet, noch weitere Ermittelungen zur Aufhellung des Sachverhaltes veranlaſſen. Wenn der Patent- inhaber rechtzeitig widerſpricht, ſo findet ein contradiktoriſches Ver- fahren ſtatt, auf welches die Vorſchriften der Civilprozeß-Ordnung entſprechende Anwendung finden 6). Die Gerichte ſind verpflichtet, dem Patentamte Rechtshülfe zu leiſten 7). Die Entſcheidung erfolgt nach Ladung und Anhörung der Betheiligten 8); in derſelben wird zugleich nach freiem Ermeſſen des Patentamtes beſtimmt, zu wel- chem Antheil die Koſten des Verfahrens den Betheiligten zur Laſt fallen 9). Zur Beſchlußfaſſung und Entſcheidung iſt zuſtändig die Abtheilung VII. des Patentamtes; über Beſchwerden gegen Be- ſchlüſſe derſelben entſcheiden diejenigen beiden Abtheilungen ge- meinſam, welche über die Ertheilung von Patenten aus demjenigen
1) Kommiſſionsbericht S. 43.
2) Geſ. §. 27.
3) Kommiſſionsbericht S. 35.
4) Patentgeſ. §. 28 Abſ. 1.
5) §. 28 Abſ. 2.
6) a. a. O. §. 29 Abſ. 1.
7) a. a. O. §. 31.
8) §. 29 Abſ. 2.
9) §. 30.
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§. 76. Die Verwaltung des Gewerbeweſens.
die Nichtigkeit des Patentes behauptet, ſo iſt das Verfahren vor-
läufig auszuſetzen 1).
Die Nichtigkeits-Erklärung kann nur auf Antrag erfolgen; über
die Aktivlegitimation zur Stellung eines ſolchen Antrages gelten
dieſelben Regeln wie über die Aktivlegitimation zur Erhebung des
Einſpruchs gegen die Patent-Ertheilung 2). An eine beſtimmte Friſt
iſt der Antrag nicht geknüpft; er iſt ſchriftlich an das Patentamt
zu richten und muß die Thatſachen enthalten, auf welche er geſtützt
wird. Eine Zurückweiſung des Antrages a limine wegen Unzuläſ-
ſigkeit oder unzulänglicher Begründung iſt unſtatthaft 3); das Pa-
tentamt muß die Einleitung des Verfahrens verfügen und den Pa-
tentinhaber unter Mittheilung des Antrages auffordern, ſich über
denſelben binnen vier Wochen zu erklären 4).
Unterläßt der Patentinhaber die Erklärung, ſo kann das Pa-
tentamt ohne Ladung und Anhörung der Betheiligten ſofort nach
dem Antrage entſcheiden und dabei die von dem Antragſteller be-
haupteten Thatſachen für erwieſen annehmen 5); das Patentamt
kann aber auch, bevor es entſcheidet, noch weitere Ermittelungen
zur Aufhellung des Sachverhaltes veranlaſſen. Wenn der Patent-
inhaber rechtzeitig widerſpricht, ſo findet ein contradiktoriſches Ver-
fahren ſtatt, auf welches die Vorſchriften der Civilprozeß-Ordnung
entſprechende Anwendung finden 6). Die Gerichte ſind verpflichtet,
dem Patentamte Rechtshülfe zu leiſten 7). Die Entſcheidung erfolgt
nach Ladung und Anhörung der Betheiligten 8); in derſelben wird
zugleich nach freiem Ermeſſen des Patentamtes beſtimmt, zu wel-
chem Antheil die Koſten des Verfahrens den Betheiligten zur Laſt
fallen 9). Zur Beſchlußfaſſung und Entſcheidung iſt zuſtändig die
Abtheilung VII. des Patentamtes; über Beſchwerden gegen Be-
ſchlüſſe derſelben entſcheiden diejenigen beiden Abtheilungen ge-
meinſam, welche über die Ertheilung von Patenten aus demjenigen
1) Kommiſſionsbericht S. 43.
2) Geſ. §. 27.
3) Kommiſſionsbericht S. 35.
4) Patentgeſ. §. 28 Abſ. 1.
5) §. 28 Abſ. 2.
6) a. a. O. §. 29 Abſ. 1.
7) a. a. O. §. 31.
8) §. 29 Abſ. 2.
9) §. 30.
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Laband, Paul: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Bd. 2. Tübingen, 1877, S. 486. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laband_staatsrecht02_1878/500>, abgerufen am 23.11.2024.
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