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Laband, Paul: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Bd. 3, Abt. 1. Tübingen, 1880.

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§. 83. Das stehende Heer.
dauernd Geltung haben und welche deshalb mit dem im §. 1 des
Militairgesetzes angegebenen Endtermin nicht mit erlöschen. Diese
Grundlagen sind folgende:

a) Die im Militairgesetz §. 2 bis 4 angegebenen Kadres und
deren Formationen bleiben bestehen 1).

b) Der Grundsatz der Reichsverfassung Art. 63
Abs. 4: "Der Kaiser bestimmt den Präsenzstand ...
der Kontingente des Reichsheeres" gilt fort
. Die
Behauptung, daß diese Anordnung durch das Militairgesetz §. 1
aufgehoben sei, ist eine ganz grundlose. Diese Bestimmung
steht in der R.V. neben dem Art. 60, kann also mit ihr nicht
im Widerspruch sich befinden; das Gesetz vom 9. Dezember 1871
und das Milit.-Gesetz §. 1 haben den im Art. 60 enthaltenen Satz
prolongirt, haben sich also ebenfalls nicht an Stelle der Regel des
Art. 63 Abs. 4, sondern neben diese Regel gesetzt. Sie enthalten
allerdings eine Einschränkung derselben, indem der Kaiser die für
jedes Jahr in das Heer einzustellenden Rekruten "nach Maßgabe
des Gesetzes" zu bestimmen hat 2); sobald aber die Geltung des
Militairgesetzes erlischt, hört eben nur diese Einschränkung
auf
, aber nicht die im Art. 63 Abs. 4 der R.V. sanctionirte
dauernde Regel.

c) Die allgemeine Wehrpflicht dauert in dem Umfange,
den die Reichsverfassung, das Wehrgesetz und das Militairgesetz
normirt haben, fort; die Reichsangehörigen können also nach Vor-
schrift dieses Gesetzes zum Dienst herangezogen werden ohne Rück-
sicht darauf, ob eine Präsenzstärke des Heeres gesetzlich festgestellt
ist oder nicht.

d) Der im Art. 62 Abs. 2 der R.V. enthaltene Grundsatz hat
dauernde Geltung. Er lautet: "Nach dem 31. Dezember 1871
müssen diese Beiträge von den einzelnen Staaten des Bundes zur
Reichskasse fortgezahlt werden. Zur Berechnung derselben wird
die im Art. 60 interimistisch festgestellte Friedens-Präsenzstärke so
lange festgehalten, bis sie durch ein Reichsgesetz abgeändert ist."
Die Behauptung, daß diese Bestimmung ihre Geltung verloren
habe, seitdem an die Stelle des Pauschquantums die jährliche Ver-

1) Siehe oben S. 79 fg.
2) Wehrges. v. 1867 §. 9.

§. 83. Das ſtehende Heer.
dauernd Geltung haben und welche deshalb mit dem im §. 1 des
Militairgeſetzes angegebenen Endtermin nicht mit erlöſchen. Dieſe
Grundlagen ſind folgende:

a) Die im Militairgeſetz §. 2 bis 4 angegebenen Kadres und
deren Formationen bleiben beſtehen 1).

b) Der Grundſatz der Reichsverfaſſung Art. 63
Abſ. 4: „Der Kaiſer beſtimmt den Präſenzſtand …
der Kontingente des Reichsheeres“ gilt fort
. Die
Behauptung, daß dieſe Anordnung durch das Militairgeſetz §. 1
aufgehoben ſei, iſt eine ganz grundloſe. Dieſe Beſtimmung
ſteht in der R.V. neben dem Art. 60, kann alſo mit ihr nicht
im Widerſpruch ſich befinden; das Geſetz vom 9. Dezember 1871
und das Milit.-Geſetz §. 1 haben den im Art. 60 enthaltenen Satz
prolongirt, haben ſich alſo ebenfalls nicht an Stelle der Regel des
Art. 63 Abſ. 4, ſondern neben dieſe Regel geſetzt. Sie enthalten
allerdings eine Einſchränkung derſelben, indem der Kaiſer die für
jedes Jahr in das Heer einzuſtellenden Rekruten „nach Maßgabe
des Geſetzes“ zu beſtimmen hat 2); ſobald aber die Geltung des
Militairgeſetzes erliſcht, hört eben nur dieſe Einſchränkung
auf
, aber nicht die im Art. 63 Abſ. 4 der R.V. ſanctionirte
dauernde Regel.

c) Die allgemeine Wehrpflicht dauert in dem Umfange,
den die Reichsverfaſſung, das Wehrgeſetz und das Militairgeſetz
normirt haben, fort; die Reichsangehörigen können alſo nach Vor-
ſchrift dieſes Geſetzes zum Dienſt herangezogen werden ohne Rück-
ſicht darauf, ob eine Präſenzſtärke des Heeres geſetzlich feſtgeſtellt
iſt oder nicht.

d) Der im Art. 62 Abſ. 2 der R.V. enthaltene Grundſatz hat
dauernde Geltung. Er lautet: „Nach dem 31. Dezember 1871
müſſen dieſe Beiträge von den einzelnen Staaten des Bundes zur
Reichskaſſe fortgezahlt werden. Zur Berechnung derſelben wird
die im Art. 60 interimiſtiſch feſtgeſtellte Friedens-Präſenzſtärke ſo
lange feſtgehalten, bis ſie durch ein Reichsgeſetz abgeändert iſt.“
Die Behauptung, daß dieſe Beſtimmung ihre Geltung verloren
habe, ſeitdem an die Stelle des Pauſchquantums die jährliche Ver-

1) Siehe oben S. 79 fg.
2) Wehrgeſ. v. 1867 §. 9.
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[92/0102] §. 83. Das ſtehende Heer. dauernd Geltung haben und welche deshalb mit dem im §. 1 des Militairgeſetzes angegebenen Endtermin nicht mit erlöſchen. Dieſe Grundlagen ſind folgende: a) Die im Militairgeſetz §. 2 bis 4 angegebenen Kadres und deren Formationen bleiben beſtehen 1). b) Der Grundſatz der Reichsverfaſſung Art. 63 Abſ. 4: „Der Kaiſer beſtimmt den Präſenzſtand … der Kontingente des Reichsheeres“ gilt fort. Die Behauptung, daß dieſe Anordnung durch das Militairgeſetz §. 1 aufgehoben ſei, iſt eine ganz grundloſe. Dieſe Beſtimmung ſteht in der R.V. neben dem Art. 60, kann alſo mit ihr nicht im Widerſpruch ſich befinden; das Geſetz vom 9. Dezember 1871 und das Milit.-Geſetz §. 1 haben den im Art. 60 enthaltenen Satz prolongirt, haben ſich alſo ebenfalls nicht an Stelle der Regel des Art. 63 Abſ. 4, ſondern neben dieſe Regel geſetzt. Sie enthalten allerdings eine Einſchränkung derſelben, indem der Kaiſer die für jedes Jahr in das Heer einzuſtellenden Rekruten „nach Maßgabe des Geſetzes“ zu beſtimmen hat 2); ſobald aber die Geltung des Militairgeſetzes erliſcht, hört eben nur dieſe Einſchränkung auf, aber nicht die im Art. 63 Abſ. 4 der R.V. ſanctionirte dauernde Regel. c) Die allgemeine Wehrpflicht dauert in dem Umfange, den die Reichsverfaſſung, das Wehrgeſetz und das Militairgeſetz normirt haben, fort; die Reichsangehörigen können alſo nach Vor- ſchrift dieſes Geſetzes zum Dienſt herangezogen werden ohne Rück- ſicht darauf, ob eine Präſenzſtärke des Heeres geſetzlich feſtgeſtellt iſt oder nicht. d) Der im Art. 62 Abſ. 2 der R.V. enthaltene Grundſatz hat dauernde Geltung. Er lautet: „Nach dem 31. Dezember 1871 müſſen dieſe Beiträge von den einzelnen Staaten des Bundes zur Reichskaſſe fortgezahlt werden. Zur Berechnung derſelben wird die im Art. 60 interimiſtiſch feſtgeſtellte Friedens-Präſenzſtärke ſo lange feſtgehalten, bis ſie durch ein Reichsgeſetz abgeändert iſt.“ Die Behauptung, daß dieſe Beſtimmung ihre Geltung verloren habe, ſeitdem an die Stelle des Pauſchquantums die jährliche Ver- 1) Siehe oben S. 79 fg. 2) Wehrgeſ. v. 1867 §. 9.

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Zitationshilfe: Laband, Paul: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Bd. 3, Abt. 1. Tübingen, 1880, S. 92. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laband_staatsrecht0301_1880/102>, abgerufen am 22.11.2024.