Laband, Paul: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Bd. 3, Abt. 1. Tübingen, 1880.§. 83. Das stehende Heer. sind in dem "Mobilmachungs-Plan" enthalten 1). Die wesentlichstenUnterschiede der Kriegsformation des stehenden Heers von der Frie- densformation bestehen in der größeren Kopfstärke (Kriegsstärke) der Kadres, in der Formirung von Ersatz-Truppenkörpern bei den Regi- mentern etc. behufs Ausbildung von Rekruten und behufs Nachsen- dung ausgebildeter Rekruten zum Ersatz für die Abgänge bei den im Felde stehenden Truppen, sodann in der Bildung gewisser, im Frieden entbehrlicher Formationen, insbesondere Feldeisenbahn- und Feld- telegraphie-Abtheilungen, Feldpost, Munitionsdepots, Etappenkom- mando's, Lazarethe, Feld-Proviantämter u. s. w., und endlich in der Einsetzung von stellvertretenden Kommando- und Militairver- waltungs-Behörden 2). Im Allgemeinen bleiben die taktischen Ver- bände der Friedensorganisation auch im mobilen Zustande erhalten, insbesondere die Eintheilung in Brigaden, Divisionen und Armee- Korps. Jeder Infanterie-Division wird aber ein Kavallerie-Regi- ment und eine Artillerie-Abtheilung zugetheilt; während die übrigen Kavallerie-Regimenter unter Beigabe von einer oder mehreren rei- tenden Batterien in Divisionen oder selbstständigen Brigaden formirt und den Armee-Korps (resp. Armeen) überwiesen werden. Eigen- thümlich der Kriegsformation ist die Bildung einer, unter dem unmittelbaren Befehle des kommandirenden Generals stehenden "Korps-Artillerie", welche aus denjenigen Theilen der Feldartillerie zusammengesetzt wird, die nicht den Infanterie- und Kavallerie- Divisionen einverleibt werden. Das Heer zerfällt in den mobilen und den nicht mobilen Theil; im mobilen Zustande befinden sich die Feldtruppen nebst den zu ihnen gehörenden Kommando- und Verwaltungsbehörden; dagegen sind die Ersatztruppen und die Be- satzungstruppen, sowie die stellvertretenden Kommando- und Ver- 1) Für das Bayerische Kontingent ist der Mobilmachungsplan zwar vom Könige zu erlassen, allein "in voller Uebereinstimmung mit den für das Bundes- heer bestehenden Normen." Vertr. v. 23. Nov. 1870 III §. 5 Ziff. III Abs. 2. 2) Einen Ueberblick über die gesammte Kriegsformation gewährt das "Reglement über die Bekleidung und Ausrüstung der Armee im Kriege" vom 8. Februar 1877, insbesondere die Beilage Nro. 2 zu demselben: "Nachweisung über die Sicherstellung und Aufbewahrung des Kriegsbedarfs an Bekleidungs- und Ausrüstungs-Stücken für sämmtliche mobile und immobile Formationen." (Bei v. Helldorff Dienstvorschriften III. Abth. 4. II. S. 39 ff.) Eine über- sichtliche und sehr anschauliche Darstellung der Kriegsformation des Deutschen Heeres in den Jahresberichten f. Militairwesen I (1874) S. 73 ff. Laband, Reichsstaatsrecht. III. 7
§. 83. Das ſtehende Heer. ſind in dem „Mobilmachungs-Plan“ enthalten 1). Die weſentlichſtenUnterſchiede der Kriegsformation des ſtehenden Heers von der Frie- densformation beſtehen in der größeren Kopfſtärke (Kriegsſtärke) der Kadres, in der Formirung von Erſatz-Truppenkörpern bei den Regi- mentern ꝛc. behufs Ausbildung von Rekruten und behufs Nachſen- dung ausgebildeter Rekruten zum Erſatz für die Abgänge bei den im Felde ſtehenden Truppen, ſodann in der Bildung gewiſſer, im Frieden entbehrlicher Formationen, insbeſondere Feldeiſenbahn- und Feld- telegraphie-Abtheilungen, Feldpoſt, Munitionsdepots, Etappenkom- mando’s, Lazarethe, Feld-Proviantämter u. ſ. w., und endlich in der Einſetzung von ſtellvertretenden Kommando- und Militairver- waltungs-Behörden 2). Im Allgemeinen bleiben die taktiſchen Ver- bände der Friedensorganiſation auch im mobilen Zuſtande erhalten, insbeſondere die Eintheilung in Brigaden, Diviſionen und Armee- Korps. Jeder Infanterie-Diviſion wird aber ein Kavallerie-Regi- ment und eine Artillerie-Abtheilung zugetheilt; während die übrigen Kavallerie-Regimenter unter Beigabe von einer oder mehreren rei- tenden Batterien in Diviſionen oder ſelbſtſtändigen Brigaden formirt und den Armee-Korps (reſp. Armeen) überwieſen werden. Eigen- thümlich der Kriegsformation iſt die Bildung einer, unter dem unmittelbaren Befehle des kommandirenden Generals ſtehenden „Korps-Artillerie“, welche aus denjenigen Theilen der Feldartillerie zuſammengeſetzt wird, die nicht den Infanterie- und Kavallerie- Diviſionen einverleibt werden. Das Heer zerfällt in den mobilen und den nicht mobilen Theil; im mobilen Zuſtande befinden ſich die Feldtruppen nebſt den zu ihnen gehörenden Kommando- und Verwaltungsbehörden; dagegen ſind die Erſatztruppen und die Be- ſatzungstruppen, ſowie die ſtellvertretenden Kommando- und Ver- 1) Für das Bayeriſche Kontingent iſt der Mobilmachungsplan zwar vom Könige zu erlaſſen, allein „in voller Uebereinſtimmung mit den für das Bundes- heer beſtehenden Normen.“ Vertr. v. 23. Nov. 1870 III §. 5 Ziff. III Abſ. 2. 2) Einen Ueberblick über die geſammte Kriegsformation gewährt das „Reglement über die Bekleidung und Ausrüſtung der Armee im Kriege“ vom 8. Februar 1877, insbeſondere die Beilage Nro. 2 zu demſelben: „Nachweiſung über die Sicherſtellung und Aufbewahrung des Kriegsbedarfs an Bekleidungs- und Ausrüſtungs-Stücken für ſämmtliche mobile und immobile Formationen.“ (Bei v. Helldorff Dienſtvorſchriften III. Abth. 4. II. S. 39 ff.) Eine über- ſichtliche und ſehr anſchauliche Darſtellung der Kriegsformation des Deutſchen Heeres in den Jahresberichten f. Militairweſen I (1874) S. 73 ff. Laband, Reichsſtaatsrecht. III. 7
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§. 83. Das ſtehende Heer.
ſind in dem „Mobilmachungs-Plan“ enthalten 1). Die weſentlichſten
Unterſchiede der Kriegsformation des ſtehenden Heers von der Frie-
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Kadres, in der Formirung von Erſatz-Truppenkörpern bei den Regi-
mentern ꝛc. behufs Ausbildung von Rekruten und behufs Nachſen-
dung ausgebildeter Rekruten zum Erſatz für die Abgänge bei den im
Felde ſtehenden Truppen, ſodann in der Bildung gewiſſer, im Frieden
entbehrlicher Formationen, insbeſondere Feldeiſenbahn- und Feld-
telegraphie-Abtheilungen, Feldpoſt, Munitionsdepots, Etappenkom-
mando’s, Lazarethe, Feld-Proviantämter u. ſ. w., und endlich in
der Einſetzung von ſtellvertretenden Kommando- und Militairver-
waltungs-Behörden 2). Im Allgemeinen bleiben die taktiſchen Ver-
bände der Friedensorganiſation auch im mobilen Zuſtande erhalten,
insbeſondere die Eintheilung in Brigaden, Diviſionen und Armee-
Korps. Jeder Infanterie-Diviſion wird aber ein Kavallerie-Regi-
ment und eine Artillerie-Abtheilung zugetheilt; während die übrigen
Kavallerie-Regimenter unter Beigabe von einer oder mehreren rei-
tenden Batterien in Diviſionen oder ſelbſtſtändigen Brigaden formirt
und den Armee-Korps (reſp. Armeen) überwieſen werden. Eigen-
thümlich der Kriegsformation iſt die Bildung einer, unter dem
unmittelbaren Befehle des kommandirenden Generals ſtehenden
„Korps-Artillerie“, welche aus denjenigen Theilen der Feldartillerie
zuſammengeſetzt wird, die nicht den Infanterie- und Kavallerie-
Diviſionen einverleibt werden. Das Heer zerfällt in den mobilen
und den nicht mobilen Theil; im mobilen Zuſtande befinden ſich
die Feldtruppen nebſt den zu ihnen gehörenden Kommando- und
Verwaltungsbehörden; dagegen ſind die Erſatztruppen und die Be-
ſatzungstruppen, ſowie die ſtellvertretenden Kommando- und Ver-
1) Für das Bayeriſche Kontingent iſt der Mobilmachungsplan zwar vom
Könige zu erlaſſen, allein „in voller Uebereinſtimmung mit den für das Bundes-
heer beſtehenden Normen.“ Vertr. v. 23. Nov. 1870 III §. 5 Ziff. III Abſ. 2.
2) Einen Ueberblick über die geſammte Kriegsformation gewährt das
„Reglement über die Bekleidung und Ausrüſtung der Armee im Kriege“ vom
8. Februar 1877, insbeſondere die Beilage Nro. 2 zu demſelben: „Nachweiſung
über die Sicherſtellung und Aufbewahrung des Kriegsbedarfs an Bekleidungs-
und Ausrüſtungs-Stücken für ſämmtliche mobile und immobile Formationen.“
(Bei v. Helldorff Dienſtvorſchriften III. Abth. 4. II. S. 39 ff.) Eine über-
ſichtliche und ſehr anſchauliche Darſtellung der Kriegsformation des Deutſchen
Heeres in den Jahresberichten f. Militairweſen I (1874) S. 73 ff.
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