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Laband, Paul: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Bd. 3, Abt. 1. Tübingen, 1880.

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§. 86. Die Militair-Verwaltung.
ten Grundsätzen durch die Anordnungen des Reiches gebunden sind.
Hinsichtlich der eigentlichen Reichsverwaltung bleiben nur folgende
Punkte zu erwähnen:

1. Dem Reiche steht nach Art. 4 der R.V. die Beaufsich-
tigung
des Militairwesens aller Bundesstaaten zu 1). Ueber
diese Funktion gelten die Bd. II §. 69, insbesondere S. 232 ff.,
erörterten Rechtssätze. Die Ausübung dieser Thätigkeit liegt dem
Reichskanzler ob; für dieselbe kann ein Spezial-Stellvertreter
nicht ernannt werden, da das Militairwesen nicht zu denjenigen
Amtszweigen gehört, welche sich in der eigenen und unmittelbaren
Verwaltung des Reiches befinden 2).

2. Für die Herstellung übereinstimmender Verwaltungsnormen
und zur Ausgleichung hervorgetretener Verschiedenheiten oder Mängel
besteht beim Bundesrath der Ausschuß für das Land-
heer und die Festungen
, in welchem alle 4 Staaten mit
eigener Kontingentsverwaltung vertreten sind 3). Diesem Ausschuß
liegt verfassungsmäßig 4) die Vermittelung der dienstlichen Bezieh-
ungen zwischen der Preußischen Kontingentsverwaltung und den
übrigen Kontingentsverwaltungen ob 5).

3. Diejenigen Geschäfte, welche ihrer Natur nach einheitlich
für die ganze deutsche Armee oder wenigstens für die ganze Armee
mit Ausnahme des Bayerischen Kontingents erledigt werden müssen,
werden von den betreffenden Centralstellen der Preußischen Kontin-
gentsverwaltung, insbesondere vom Preuß. Kriegsministerium und
dem Generalstab der Armee, wahrgenommen. Eine Theilnahme
an den gemeinschaftlichen Heereseinrichtungen, namentlich an den
höheren Militair-Bildungsanstalten, Examinationskommissionen, den
militairwissenschaftlichen und technischen Instituten u. s. w. hat

1) Die Wortfassung ist wie an zahlreichen Stellen der R.V. so auch hier
mißglückt; wörtlich sagt der Art. 4: Der Beaufsichtigung Seitens des Reichs
. . . . unterliegen ... 14) das Militairwesen des Reichs und die Kriegsmarine.
Das wäre also eine Selbstbeaufsichtigung! Es wäre genügend, wenn Ziff. 14
lautete: das Militairwesen.
2) Reichsges. v. 17. März 1878 §. 2 (R.G.Bl. S. 7). Ein Kriegsmini-
sterium des Reiches existirt nicht. Vgl. Joel in Hirth's Annalen 1878 S. 786.
3) R.V. Art. 8. Vgl. Bd. I §. 31, insbes. S. 287.
4) R.V. Art. 63 Abs. 5.
5) Bei den einzelnen Lehren sind die dem Bundesrathe resp. dem in Rede
stehenden Bundesraths-Ausschusse obliegenden Thätigkeiten dargestellt worden.

§. 86. Die Militair-Verwaltung.
ten Grundſätzen durch die Anordnungen des Reiches gebunden ſind.
Hinſichtlich der eigentlichen Reichsverwaltung bleiben nur folgende
Punkte zu erwähnen:

1. Dem Reiche ſteht nach Art. 4 der R.V. die Beaufſich-
tigung
des Militairweſens aller Bundesſtaaten zu 1). Ueber
dieſe Funktion gelten die Bd. II §. 69, insbeſondere S. 232 ff.,
erörterten Rechtsſätze. Die Ausübung dieſer Thätigkeit liegt dem
Reichskanzler ob; für dieſelbe kann ein Spezial-Stellvertreter
nicht ernannt werden, da das Militairweſen nicht zu denjenigen
Amtszweigen gehört, welche ſich in der eigenen und unmittelbaren
Verwaltung des Reiches befinden 2).

2. Für die Herſtellung übereinſtimmender Verwaltungsnormen
und zur Ausgleichung hervorgetretener Verſchiedenheiten oder Mängel
beſteht beim Bundesrath der Ausſchuß für das Land-
heer und die Feſtungen
, in welchem alle 4 Staaten mit
eigener Kontingentsverwaltung vertreten ſind 3). Dieſem Ausſchuß
liegt verfaſſungsmäßig 4) die Vermittelung der dienſtlichen Bezieh-
ungen zwiſchen der Preußiſchen Kontingentsverwaltung und den
übrigen Kontingentsverwaltungen ob 5).

3. Diejenigen Geſchäfte, welche ihrer Natur nach einheitlich
für die ganze deutſche Armee oder wenigſtens für die ganze Armee
mit Ausnahme des Bayeriſchen Kontingents erledigt werden müſſen,
werden von den betreffenden Centralſtellen der Preußiſchen Kontin-
gentsverwaltung, insbeſondere vom Preuß. Kriegsminiſterium und
dem Generalſtab der Armee, wahrgenommen. Eine Theilnahme
an den gemeinſchaftlichen Heereseinrichtungen, namentlich an den
höheren Militair-Bildungsanſtalten, Examinationskommiſſionen, den
militairwiſſenſchaftlichen und techniſchen Inſtituten u. ſ. w. hat

1) Die Wortfaſſung iſt wie an zahlreichen Stellen der R.V. ſo auch hier
mißglückt; wörtlich ſagt der Art. 4: Der Beaufſichtigung Seitens des Reichs
. . . . unterliegen … 14) das Militairweſen des Reichs und die Kriegsmarine.
Das wäre alſo eine Selbſtbeaufſichtigung! Es wäre genügend, wenn Ziff. 14
lautete: das Militairweſen.
2) Reichsgeſ. v. 17. März 1878 §. 2 (R.G.Bl. S. 7). Ein Kriegsmini-
ſterium des Reiches exiſtirt nicht. Vgl. Joël in Hirth’s Annalen 1878 S. 786.
3) R.V. Art. 8. Vgl. Bd. I §. 31, insbeſ. S. 287.
4) R.V. Art. 63 Abſ. 5.
5) Bei den einzelnen Lehren ſind die dem Bundesrathe reſp. dem in Rede
ſtehenden Bundesraths-Ausſchuſſe obliegenden Thätigkeiten dargeſtellt worden.
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[105/0115] §. 86. Die Militair-Verwaltung. ten Grundſätzen durch die Anordnungen des Reiches gebunden ſind. Hinſichtlich der eigentlichen Reichsverwaltung bleiben nur folgende Punkte zu erwähnen: 1. Dem Reiche ſteht nach Art. 4 der R.V. die Beaufſich- tigung des Militairweſens aller Bundesſtaaten zu 1). Ueber dieſe Funktion gelten die Bd. II §. 69, insbeſondere S. 232 ff., erörterten Rechtsſätze. Die Ausübung dieſer Thätigkeit liegt dem Reichskanzler ob; für dieſelbe kann ein Spezial-Stellvertreter nicht ernannt werden, da das Militairweſen nicht zu denjenigen Amtszweigen gehört, welche ſich in der eigenen und unmittelbaren Verwaltung des Reiches befinden 2). 2. Für die Herſtellung übereinſtimmender Verwaltungsnormen und zur Ausgleichung hervorgetretener Verſchiedenheiten oder Mängel beſteht beim Bundesrath der Ausſchuß für das Land- heer und die Feſtungen, in welchem alle 4 Staaten mit eigener Kontingentsverwaltung vertreten ſind 3). Dieſem Ausſchuß liegt verfaſſungsmäßig 4) die Vermittelung der dienſtlichen Bezieh- ungen zwiſchen der Preußiſchen Kontingentsverwaltung und den übrigen Kontingentsverwaltungen ob 5). 3. Diejenigen Geſchäfte, welche ihrer Natur nach einheitlich für die ganze deutſche Armee oder wenigſtens für die ganze Armee mit Ausnahme des Bayeriſchen Kontingents erledigt werden müſſen, werden von den betreffenden Centralſtellen der Preußiſchen Kontin- gentsverwaltung, insbeſondere vom Preuß. Kriegsminiſterium und dem Generalſtab der Armee, wahrgenommen. Eine Theilnahme an den gemeinſchaftlichen Heereseinrichtungen, namentlich an den höheren Militair-Bildungsanſtalten, Examinationskommiſſionen, den militairwiſſenſchaftlichen und techniſchen Inſtituten u. ſ. w. hat 1) Die Wortfaſſung iſt wie an zahlreichen Stellen der R.V. ſo auch hier mißglückt; wörtlich ſagt der Art. 4: Der Beaufſichtigung Seitens des Reichs . . . . unterliegen … 14) das Militairweſen des Reichs und die Kriegsmarine. Das wäre alſo eine Selbſtbeaufſichtigung! Es wäre genügend, wenn Ziff. 14 lautete: das Militairweſen. 2) Reichsgeſ. v. 17. März 1878 §. 2 (R.G.Bl. S. 7). Ein Kriegsmini- ſterium des Reiches exiſtirt nicht. Vgl. Joël in Hirth’s Annalen 1878 S. 786. 3) R.V. Art. 8. Vgl. Bd. I §. 31, insbeſ. S. 287. 4) R.V. Art. 63 Abſ. 5. 5) Bei den einzelnen Lehren ſind die dem Bundesrathe reſp. dem in Rede ſtehenden Bundesraths-Ausſchuſſe obliegenden Thätigkeiten dargeſtellt worden.

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Zitationshilfe: Laband, Paul: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Bd. 3, Abt. 1. Tübingen, 1880, S. 105. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laband_staatsrecht0301_1880/115>, abgerufen am 22.11.2024.