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Laband, Paul: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Bd. 3, Abt. 1. Tübingen, 1880.

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§. 86. Die Militair-Verwaltung.
in Bayern nach der Mil.-Strafger.-O. vom 6. Novemb 1872 1).
Eine Regelung der Gerichtsbarkeit über Militairpersonen durch
Reichsgesetz ist in dem Milit.-Ges. §. 39 in Aussicht gestellt.

VII. Das Militair-Kirchenwesen.

Die Heeresorganisation hat mit der Kirchenverfassung und der
Ausübung der gottesdienstlichen Handlungen einen nur losen Zu-
sammenhang und von der im Art. 61 der R.V. vorgesehenen Her-
stellung eines einheitlichen Militairrechts durch Einführung der
Preuß. Gesetzgebung ist die Militair-Kirchenordnung ausdrücklich
ausgeschlossen worden. Den Landesgesetzen ist es überlassen, die
kirchlichen Verhältnisse der Militairpersonen zu regeln. In meh-
reren Staaten sind in den Garnisonen besondere Militairgemeinden
gebildet. Die Wahrnehmung der Seelsorge und der anderen Ob-
liegenheiten des geistlichen Amtes für die Militairgemeinde ist theils
den Civilgeistlichen des Ortes übertragen, theils werden besondere
Militairgeistliche ernannt. Für das Reichsstaatsrecht sind diese
Einrichtungen insofern von Belang, als die Kosten des Militair-
Kirchenwesens aus der Reichskasse bestritten und im Reichsetat
festgesetzt werden und die Militairgeistlichen die rechtliche Eigen-
schaft von Reichsbeamten haben.

In Preußen sind die dienstlichen Verhältnisse der Militair-
Geistlichkeit geregelt durch die Militair-Kirchenordnung
vom 12. Februar 1832. Preuß. Ges.-Sammlung S. 69 2).

VIII. Wissenschaftliche Institute, Bildungs- und
Erziehungs-Anstalten
.

1. Der Generalstab der Armee ist zwar nicht aus-
schließlich wissenschaftlichen Zwecken gewidmet, er dient vielmehr
in erster Reihe zur Unterstützung der Oberbefehlshaber in allen
auf Taktik und Strategie bezüglichen Verhältnissen und er hat im
Frieden die Mobilmachung, die Dislokationen, die Telegraphen-
und Eisenbahn-Angelegenheiten u. s. w. zu bearbeiten; allein er
ist zugleich ein wissenschaftliches Institut ersten Ranges 3). Ihm

1) Bayr. M.V.Bl. 1872 S. 453. Sie beruht auf dem Gesetz v. 29. April 1869.
2) Eingeführt mit den erforderlichen Ergänzungen und Modifikationen in
Hannover durch Verordn. v. 24. Juni 1867 (A.V.Bl. S. 67), für den Bezirk
des XI. Armeekorps durch V. v. 12. Oktob. 1867 (A.V.Bl. S. 123), für den
Bezirk des IX. Armeekorps durch V. v. 25. Nov. 1868 (A.V.Bl. S. 233).
3) Ueber die "Organisation des Preuß. Generalstabes" giebt ein Aufsatz
im Militair-Wochenblatt 1875 S. 1746 detaillirte Auskunft. Vgl. ferner

§. 86. Die Militair-Verwaltung.
in Bayern nach der Mil.-Strafger.-O. vom 6. Novemb 1872 1).
Eine Regelung der Gerichtsbarkeit über Militairperſonen durch
Reichsgeſetz iſt in dem Milit.-Geſ. §. 39 in Ausſicht geſtellt.

VII. Das Militair-Kirchenweſen.

Die Heeresorganiſation hat mit der Kirchenverfaſſung und der
Ausübung der gottesdienſtlichen Handlungen einen nur loſen Zu-
ſammenhang und von der im Art. 61 der R.V. vorgeſehenen Her-
ſtellung eines einheitlichen Militairrechts durch Einführung der
Preuß. Geſetzgebung iſt die Militair-Kirchenordnung ausdrücklich
ausgeſchloſſen worden. Den Landesgeſetzen iſt es überlaſſen, die
kirchlichen Verhältniſſe der Militairperſonen zu regeln. In meh-
reren Staaten ſind in den Garniſonen beſondere Militairgemeinden
gebildet. Die Wahrnehmung der Seelſorge und der anderen Ob-
liegenheiten des geiſtlichen Amtes für die Militairgemeinde iſt theils
den Civilgeiſtlichen des Ortes übertragen, theils werden beſondere
Militairgeiſtliche ernannt. Für das Reichsſtaatsrecht ſind dieſe
Einrichtungen inſofern von Belang, als die Koſten des Militair-
Kirchenweſens aus der Reichskaſſe beſtritten und im Reichsetat
feſtgeſetzt werden und die Militairgeiſtlichen die rechtliche Eigen-
ſchaft von Reichsbeamten haben.

In Preußen ſind die dienſtlichen Verhältniſſe der Militair-
Geiſtlichkeit geregelt durch die Militair-Kirchenordnung
vom 12. Februar 1832. Preuß. Geſ.-Sammlung S. 69 2).

VIII. Wiſſenſchaftliche Inſtitute, Bildungs- und
Erziehungs-Anſtalten
.

1. Der Generalſtab der Armee iſt zwar nicht aus-
ſchließlich wiſſenſchaftlichen Zwecken gewidmet, er dient vielmehr
in erſter Reihe zur Unterſtützung der Oberbefehlshaber in allen
auf Taktik und Strategie bezüglichen Verhältniſſen und er hat im
Frieden die Mobilmachung, die Dislokationen, die Telegraphen-
und Eiſenbahn-Angelegenheiten u. ſ. w. zu bearbeiten; allein er
iſt zugleich ein wiſſenſchaftliches Inſtitut erſten Ranges 3). Ihm

1) Bayr. M.V.Bl. 1872 S. 453. Sie beruht auf dem Geſetz v. 29. April 1869.
2) Eingeführt mit den erforderlichen Ergänzungen und Modifikationen in
Hannover durch Verordn. v. 24. Juni 1867 (A.V.Bl. S. 67), für den Bezirk
des XI. Armeekorps durch V. v. 12. Oktob. 1867 (A.V.Bl. S. 123), für den
Bezirk des IX. Armeekorps durch V. v. 25. Nov. 1868 (A.V.Bl. S. 233).
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[121/0131] §. 86. Die Militair-Verwaltung. in Bayern nach der Mil.-Strafger.-O. vom 6. Novemb 1872 1). Eine Regelung der Gerichtsbarkeit über Militairperſonen durch Reichsgeſetz iſt in dem Milit.-Geſ. §. 39 in Ausſicht geſtellt. VII. Das Militair-Kirchenweſen. Die Heeresorganiſation hat mit der Kirchenverfaſſung und der Ausübung der gottesdienſtlichen Handlungen einen nur loſen Zu- ſammenhang und von der im Art. 61 der R.V. vorgeſehenen Her- ſtellung eines einheitlichen Militairrechts durch Einführung der Preuß. Geſetzgebung iſt die Militair-Kirchenordnung ausdrücklich ausgeſchloſſen worden. Den Landesgeſetzen iſt es überlaſſen, die kirchlichen Verhältniſſe der Militairperſonen zu regeln. In meh- reren Staaten ſind in den Garniſonen beſondere Militairgemeinden gebildet. Die Wahrnehmung der Seelſorge und der anderen Ob- liegenheiten des geiſtlichen Amtes für die Militairgemeinde iſt theils den Civilgeiſtlichen des Ortes übertragen, theils werden beſondere Militairgeiſtliche ernannt. Für das Reichsſtaatsrecht ſind dieſe Einrichtungen inſofern von Belang, als die Koſten des Militair- Kirchenweſens aus der Reichskaſſe beſtritten und im Reichsetat feſtgeſetzt werden und die Militairgeiſtlichen die rechtliche Eigen- ſchaft von Reichsbeamten haben. In Preußen ſind die dienſtlichen Verhältniſſe der Militair- Geiſtlichkeit geregelt durch die Militair-Kirchenordnung vom 12. Februar 1832. Preuß. Geſ.-Sammlung S. 69 2). VIII. Wiſſenſchaftliche Inſtitute, Bildungs- und Erziehungs-Anſtalten. 1. Der Generalſtab der Armee iſt zwar nicht aus- ſchließlich wiſſenſchaftlichen Zwecken gewidmet, er dient vielmehr in erſter Reihe zur Unterſtützung der Oberbefehlshaber in allen auf Taktik und Strategie bezüglichen Verhältniſſen und er hat im Frieden die Mobilmachung, die Dislokationen, die Telegraphen- und Eiſenbahn-Angelegenheiten u. ſ. w. zu bearbeiten; allein er iſt zugleich ein wiſſenſchaftliches Inſtitut erſten Ranges 3). Ihm 1) Bayr. M.V.Bl. 1872 S. 453. Sie beruht auf dem Geſetz v. 29. April 1869. 2) Eingeführt mit den erforderlichen Ergänzungen und Modifikationen in Hannover durch Verordn. v. 24. Juni 1867 (A.V.Bl. S. 67), für den Bezirk des XI. Armeekorps durch V. v. 12. Oktob. 1867 (A.V.Bl. S. 123), für den Bezirk des IX. Armeekorps durch V. v. 25. Nov. 1868 (A.V.Bl. S. 233). 3) Ueber die „Organiſation des Preuß. Generalſtabes“ giebt ein Aufſatz im Militair-Wochenblatt 1875 S. 1746 detaillirte Auskunft. Vgl. ferner

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Zitationshilfe: Laband, Paul: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Bd. 3, Abt. 1. Tübingen, 1880, S. 121. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laband_staatsrecht0301_1880/131>, abgerufen am 22.11.2024.