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Laband, Paul: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Bd. 3, Abt. 1. Tübingen, 1880.

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§. 88. Die gesetzliche Wehrpflicht.
Da die Entlassung des Angehörigen eines Deutschen Staates aus
dem Staatsverbande zugleich auch auf die noch unter väterlicher
Gewalt stehenden minderjährigen Kinder sich erstreckt, sofern nicht bei
der Entlassung eine Ausnahme gemacht wird 1), so ist in dem Falle,
daß der Auswanderer minderjährige Söhne hat, welche das 17.
Lebensjahr zurückgelegt haben, in der Entlassungsurkunde ein Vor-
behalt hinsichtlich dieser Söhne zu machen, wenn nicht für dieselben
das erforderliche Zeugniß der Ersatzkommission beigebracht wird 2).
In Kriegszeiten kann durch Kaiserliche Verordnung auf Grund des
§. 17 des Reichsgesetzes v. 1. Juni 1870 die Ertheilung der Aus-
wanderungs-Erlaubniß an Wehrpflichtige ganz untersagt werden 3).

b) Ein Wehrpflichtiger, welcher in der Absicht, sich dem
Eintritte in den Dienst des stehenden Heeres oder der
Flotte
zu entziehen, ohne Erlaubniß das Bundesgebiet
verläßt
oder nach erreichtem militärpflichtigen Alter sich außer-
halb des Bundesgebietes aufhält, wird mit Geldstrafe von 150
bis zu 3000 Mark oder mit Gefängniß von einem Monat bis zu
einem Jahre bestraft. Der Versuch ist strafbar. Die Beschlag-
nahme des Vermögens des Angeschuldigten zur Deckung von Geld-
strafe und Kosten ist statthaft 4). Für den Thatbestand des Deliktes

findet jedoch keine Anwendung, wenn der Wehrpflichtige, welcher die Entlassung
aus dem Staatsverbande nachsucht, den Nachweis erbringt, daß er in einem
andern Bundesstaate die Staatsangehörigkeit erworben hat, da durch
die Ueberwanderung aus einem Bundesstaate in einen andern die Wehrpflicht
nicht berührt wird. a. a. O. §. 15 Abs. 1. Vgl. Bd. I. S. 172.
1) Reichsges. v. 1. Juni 1870 §. 19.
2) W.O. I §. 25 Ziff. 3. Die beiden ständigen Mitglieder der Ersatz-
kommission haben nach den thatsächlichen Verhältnissen des einzelnen Falles
darüber zu entscheiden, ob das zur Entlassung erforderliche Zeugniß zu er-
theilen ist oder nicht. Der Beschluß der Ersatzkommission ist endgültig. Wenn
die beiden Mitglieder verschiedener Meinung sind, so ist die Entscheidung der
Ober-Ersatzkommission einzuholen und inzwischen von der Ertheilung der Aus-
wanderungs-Erlaubniß Abstand zu nehmen. a. a. O. Ziff. 2.
3) W.O. I §. 25 Ziff. 4.
4) St.G.B. §. 140 Z. 1. Diese Bestimmung ist nur anwendbar auf solche
Personen, welche noch nicht zum Soldatenstande gehören. Rekruten, die be-
beits ausgehoben, oder Freiwillige, die von einem Truppentheil bereits an-
genommen sind, verüben, wenn sie sich dem Dienste durch Entfernung aus dem
Bundesgebiet entziehen, das Delict der Fahnenflucht und sind nach Maß-
gabe des Militair-Strafgesetzbuchs zu bestrafen.

§. 88. Die geſetzliche Wehrpflicht.
Da die Entlaſſung des Angehörigen eines Deutſchen Staates aus
dem Staatsverbande zugleich auch auf die noch unter väterlicher
Gewalt ſtehenden minderjährigen Kinder ſich erſtreckt, ſofern nicht bei
der Entlaſſung eine Ausnahme gemacht wird 1), ſo iſt in dem Falle,
daß der Auswanderer minderjährige Söhne hat, welche das 17.
Lebensjahr zurückgelegt haben, in der Entlaſſungsurkunde ein Vor-
behalt hinſichtlich dieſer Söhne zu machen, wenn nicht für dieſelben
das erforderliche Zeugniß der Erſatzkommiſſion beigebracht wird 2).
In Kriegszeiten kann durch Kaiſerliche Verordnung auf Grund des
§. 17 des Reichsgeſetzes v. 1. Juni 1870 die Ertheilung der Aus-
wanderungs-Erlaubniß an Wehrpflichtige ganz unterſagt werden 3).

b) Ein Wehrpflichtiger, welcher in der Abſicht, ſich dem
Eintritte in den Dienſt des ſtehenden Heeres oder der
Flotte
zu entziehen, ohne Erlaubniß das Bundesgebiet
verläßt
oder nach erreichtem militärpflichtigen Alter ſich außer-
halb des Bundesgebietes aufhält, wird mit Geldſtrafe von 150
bis zu 3000 Mark oder mit Gefängniß von einem Monat bis zu
einem Jahre beſtraft. Der Verſuch iſt ſtrafbar. Die Beſchlag-
nahme des Vermögens des Angeſchuldigten zur Deckung von Geld-
ſtrafe und Koſten iſt ſtatthaft 4). Für den Thatbeſtand des Deliktes

findet jedoch keine Anwendung, wenn der Wehrpflichtige, welcher die Entlaſſung
aus dem Staatsverbande nachſucht, den Nachweis erbringt, daß er in einem
andern Bundesſtaate die Staatsangehörigkeit erworben hat, da durch
die Ueberwanderung aus einem Bundesſtaate in einen andern die Wehrpflicht
nicht berührt wird. a. a. O. §. 15 Abſ. 1. Vgl. Bd. I. S. 172.
1) Reichsgeſ. v. 1. Juni 1870 §. 19.
2) W.O. I §. 25 Ziff. 3. Die beiden ſtändigen Mitglieder der Erſatz-
kommiſſion haben nach den thatſächlichen Verhältniſſen des einzelnen Falles
darüber zu entſcheiden, ob das zur Entlaſſung erforderliche Zeugniß zu er-
theilen iſt oder nicht. Der Beſchluß der Erſatzkommiſſion iſt endgültig. Wenn
die beiden Mitglieder verſchiedener Meinung ſind, ſo iſt die Entſcheidung der
Ober-Erſatzkommiſſion einzuholen und inzwiſchen von der Ertheilung der Aus-
wanderungs-Erlaubniß Abſtand zu nehmen. a. a. O. Ziff. 2.
3) W.O. I §. 25 Ziff. 4.
4) St.G.B. §. 140 Z. 1. Dieſe Beſtimmung iſt nur anwendbar auf ſolche
Perſonen, welche noch nicht zum Soldatenſtande gehören. Rekruten, die be-
beits ausgehoben, oder Freiwillige, die von einem Truppentheil bereits an-
genommen ſind, verüben, wenn ſie ſich dem Dienſte durch Entfernung aus dem
Bundesgebiet entziehen, das Delict der Fahnenflucht und ſind nach Maß-
gabe des Militair-Strafgeſetzbuchs zu beſtrafen.
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[142/0152] §. 88. Die geſetzliche Wehrpflicht. Da die Entlaſſung des Angehörigen eines Deutſchen Staates aus dem Staatsverbande zugleich auch auf die noch unter väterlicher Gewalt ſtehenden minderjährigen Kinder ſich erſtreckt, ſofern nicht bei der Entlaſſung eine Ausnahme gemacht wird 1), ſo iſt in dem Falle, daß der Auswanderer minderjährige Söhne hat, welche das 17. Lebensjahr zurückgelegt haben, in der Entlaſſungsurkunde ein Vor- behalt hinſichtlich dieſer Söhne zu machen, wenn nicht für dieſelben das erforderliche Zeugniß der Erſatzkommiſſion beigebracht wird 2). In Kriegszeiten kann durch Kaiſerliche Verordnung auf Grund des §. 17 des Reichsgeſetzes v. 1. Juni 1870 die Ertheilung der Aus- wanderungs-Erlaubniß an Wehrpflichtige ganz unterſagt werden 3). b) Ein Wehrpflichtiger, welcher in der Abſicht, ſich dem Eintritte in den Dienſt des ſtehenden Heeres oder der Flotte zu entziehen, ohne Erlaubniß das Bundesgebiet verläßt oder nach erreichtem militärpflichtigen Alter ſich außer- halb des Bundesgebietes aufhält, wird mit Geldſtrafe von 150 bis zu 3000 Mark oder mit Gefängniß von einem Monat bis zu einem Jahre beſtraft. Der Verſuch iſt ſtrafbar. Die Beſchlag- nahme des Vermögens des Angeſchuldigten zur Deckung von Geld- ſtrafe und Koſten iſt ſtatthaft 4). Für den Thatbeſtand des Deliktes 5) 1) Reichsgeſ. v. 1. Juni 1870 §. 19. 2) W.O. I §. 25 Ziff. 3. Die beiden ſtändigen Mitglieder der Erſatz- kommiſſion haben nach den thatſächlichen Verhältniſſen des einzelnen Falles darüber zu entſcheiden, ob das zur Entlaſſung erforderliche Zeugniß zu er- theilen iſt oder nicht. Der Beſchluß der Erſatzkommiſſion iſt endgültig. Wenn die beiden Mitglieder verſchiedener Meinung ſind, ſo iſt die Entſcheidung der Ober-Erſatzkommiſſion einzuholen und inzwiſchen von der Ertheilung der Aus- wanderungs-Erlaubniß Abſtand zu nehmen. a. a. O. Ziff. 2. 3) W.O. I §. 25 Ziff. 4. 4) St.G.B. §. 140 Z. 1. Dieſe Beſtimmung iſt nur anwendbar auf ſolche Perſonen, welche noch nicht zum Soldatenſtande gehören. Rekruten, die be- beits ausgehoben, oder Freiwillige, die von einem Truppentheil bereits an- genommen ſind, verüben, wenn ſie ſich dem Dienſte durch Entfernung aus dem Bundesgebiet entziehen, das Delict der Fahnenflucht und ſind nach Maß- gabe des Militair-Strafgeſetzbuchs zu beſtrafen. 5) findet jedoch keine Anwendung, wenn der Wehrpflichtige, welcher die Entlaſſung aus dem Staatsverbande nachſucht, den Nachweis erbringt, daß er in einem andern Bundesſtaate die Staatsangehörigkeit erworben hat, da durch die Ueberwanderung aus einem Bundesſtaate in einen andern die Wehrpflicht nicht berührt wird. a. a. O. §. 15 Abſ. 1. Vgl. Bd. I. S. 172.

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Zitationshilfe: Laband, Paul: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Bd. 3, Abt. 1. Tübingen, 1880, S. 142. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laband_staatsrecht0301_1880/152>, abgerufen am 24.11.2024.