Laband, Paul: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Bd. 3, Abt. 1. Tübingen, 1880.§. 78. Die Einheitlichkeit des Militairrechts und der Heeres-Einrichtungen. Theil des Bundes in Geltung stand, konnte auf den übrigen Theilausgedehnt werden, zumal im Königr. Sachsen eine Reorganisation der Armee ohnedies in Folge des Krieges von 1866 nothwendig war, die andern Bundesstaaten aber zu klein waren, als daß sie eine Militairgesetzgebung von selbstständiger Bedeutung hätten schaffen können. Die sofortige Herstellung der Rechtseinheit im Bunde war Für Bayern wurde dagegen durch den Bündnißvertrag vom 1) Glaser Archiv I Heft 3 S. 54. Thudichum Verfassungsr. des Nordd. Bundes S. 397 fg. 2) B.G.Bl. 1870 S. 650--654. Für Württemberg wurden in der
Milit.Konv. v. 21/25. Nov. 1870 Art. 10 zwar einige Ausnahmen gemacht, indem gewisse Württembergische Gesetze und Einrichtungen vorerst und bis zur Regelung im Wege der Bundesgesetzgebung in Geltung verbleiben sollten; dieser Vorbehalt hat aber gegenwärtig, abgesehen von der Milit.-Kirchenordnung, praktische Bedeutung nur noch hinsichtlich der Milit.-Strafgerichtsord- nung, da alle übrigen in dem Art. 10 aufgeführten Gegenstände seither durch Reichsgesetze geregelt worden sind. §. 78. Die Einheitlichkeit des Militairrechts und der Heeres-Einrichtungen. Theil des Bundes in Geltung ſtand, konnte auf den übrigen Theilausgedehnt werden, zumal im Königr. Sachſen eine Reorganiſation der Armee ohnedies in Folge des Krieges von 1866 nothwendig war, die andern Bundesſtaaten aber zu klein waren, als daß ſie eine Militairgeſetzgebung von ſelbſtſtändiger Bedeutung hätten ſchaffen können. Die ſofortige Herſtellung der Rechtseinheit im Bunde war Für Bayern wurde dagegen durch den Bündnißvertrag vom 1) Glaſer Archiv I Heft 3 S. 54. Thudichum Verfaſſungsr. des Nordd. Bundes S. 397 fg. 2) B.G.Bl. 1870 S. 650—654. Für Württemberg wurden in der
Milit.Konv. v. 21/25. Nov. 1870 Art. 10 zwar einige Ausnahmen gemacht, indem gewiſſe Württembergiſche Geſetze und Einrichtungen vorerſt und bis zur Regelung im Wege der Bundesgeſetzgebung in Geltung verbleiben ſollten; dieſer Vorbehalt hat aber gegenwärtig, abgeſehen von der Milit.-Kirchenordnung, praktiſche Bedeutung nur noch hinſichtlich der Milit.-Strafgerichtsord- nung, da alle übrigen in dem Art. 10 aufgeführten Gegenſtände ſeither durch Reichsgeſetze geregelt worden ſind. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <p><pb facs="#f0023" n="13"/><fw place="top" type="header">§. 78. Die Einheitlichkeit des Militairrechts und der Heeres-Einrichtungen.</fw><lb/> Theil des Bundes in Geltung ſtand, konnte auf den übrigen Theil<lb/> ausgedehnt werden, zumal im Königr. Sachſen eine Reorganiſation<lb/> der Armee ohnedies in Folge des Krieges von 1866 nothwendig<lb/> war, die andern Bundesſtaaten aber zu klein waren, als daß ſie<lb/> eine Militairgeſetzgebung von ſelbſtſtändiger Bedeutung hätten<lb/> ſchaffen können.</p><lb/> <p>Die ſofortige Herſtellung der Rechtseinheit im Bunde war<lb/> daher zu erreichen, indem man den Geltungsbereich der Preußiſchen<lb/> Geſetzgebung auf das ganze Bundesgebiet erſtreckte. Demgemäß<lb/> verordnete der Art. 61 der B.V., daß in dem ganzen Bundesge-<lb/> biete die geſammte Preußiſche Militairgeſetzgebung ungeſäumt ein-<lb/> zuführen ſei, mit alleiniger Ausnahme der Militair-Kirchenordnung.<lb/> Die hierdurch gewonnene Rechtseinheit ſollte aber in formeller<lb/> Hinſicht nur eine proviſoriſche ſein; durch ein „umfaſſendes Bundes-<lb/> Militairgeſetz“ ſollte die definitive Codifikation des Militairrechts im<lb/> verfaſſungsmäßigen Wege der Bundesgeſetzgebung erfolgen. Art. 61<lb/> Abſ. 2. Dem Geltungsgebiet der Preußiſchen und der Bundes-<lb/> Militairgeſetzgebung trat Südheſſen durch die Militair-Convention<lb/> vom 7. April 1867 Art. 2 hinzu <note place="foot" n="1)"><hi rendition="#g">Glaſer</hi> Archiv <hi rendition="#aq">I</hi> Heft 3 S. 54. <hi rendition="#g">Thudichum</hi> Verfaſſungsr. des<lb/> Nordd. Bundes S. 397 fg.</note>; ferner Baden und Württem-<lb/> berg durch die Bündnißverträge von Verſailles vom 15. Nov. 1870<lb/> und von Berlin vom 25. Nov. 1870 <note place="foot" n="2)">B.G.Bl. 1870 S. 650—654. Für <hi rendition="#g">Württemberg</hi> wurden in der<lb/> Milit.Konv. v. 21/25. Nov. 1870 Art. 10 zwar einige Ausnahmen gemacht,<lb/> indem gewiſſe Württembergiſche Geſetze und Einrichtungen vorerſt und bis zur<lb/> Regelung im Wege der Bundesgeſetzgebung in Geltung verbleiben ſollten;<lb/> dieſer Vorbehalt hat aber gegenwärtig, abgeſehen von der Milit.-Kirchenordnung,<lb/> praktiſche Bedeutung nur noch hinſichtlich der <hi rendition="#g">Milit.-Strafgerichtsord-<lb/> nung</hi>, da alle übrigen in dem Art. 10 aufgeführten Gegenſtände ſeither durch<lb/> Reichsgeſetze geregelt worden ſind.</note>, endlich Elſaß-Lothringen<lb/> durch das Geſetz vom 23. Januar 1872 (Geſ.Bl. f. Elſ.-Lothr. S. 83).</p><lb/> <p>Für <hi rendition="#g">Bayern</hi> wurde dagegen durch den Bündnißvertrag vom<lb/> 23. Nov. 1870 unter <hi rendition="#aq">III</hi> §. 5 und durch die Schlußbeſtimmung<lb/> zum <hi rendition="#aq">IX.</hi> Abſchn. der R.V. ein anderer Grundſatz anerkannt. Die<lb/> erſte der beiden oben erwähnten Vorſchriften der R.V., die im<lb/> Art. 4 Ziff. 14 ſanctionirte unumſchränkte Kompetenz des Reiches<lb/> zur Militairgeſetzgebung findet auch auf Bayern volle Anwendung;<lb/></p> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [13/0023]
§. 78. Die Einheitlichkeit des Militairrechts und der Heeres-Einrichtungen.
Theil des Bundes in Geltung ſtand, konnte auf den übrigen Theil
ausgedehnt werden, zumal im Königr. Sachſen eine Reorganiſation
der Armee ohnedies in Folge des Krieges von 1866 nothwendig
war, die andern Bundesſtaaten aber zu klein waren, als daß ſie
eine Militairgeſetzgebung von ſelbſtſtändiger Bedeutung hätten
ſchaffen können.
Die ſofortige Herſtellung der Rechtseinheit im Bunde war
daher zu erreichen, indem man den Geltungsbereich der Preußiſchen
Geſetzgebung auf das ganze Bundesgebiet erſtreckte. Demgemäß
verordnete der Art. 61 der B.V., daß in dem ganzen Bundesge-
biete die geſammte Preußiſche Militairgeſetzgebung ungeſäumt ein-
zuführen ſei, mit alleiniger Ausnahme der Militair-Kirchenordnung.
Die hierdurch gewonnene Rechtseinheit ſollte aber in formeller
Hinſicht nur eine proviſoriſche ſein; durch ein „umfaſſendes Bundes-
Militairgeſetz“ ſollte die definitive Codifikation des Militairrechts im
verfaſſungsmäßigen Wege der Bundesgeſetzgebung erfolgen. Art. 61
Abſ. 2. Dem Geltungsgebiet der Preußiſchen und der Bundes-
Militairgeſetzgebung trat Südheſſen durch die Militair-Convention
vom 7. April 1867 Art. 2 hinzu 1); ferner Baden und Württem-
berg durch die Bündnißverträge von Verſailles vom 15. Nov. 1870
und von Berlin vom 25. Nov. 1870 2), endlich Elſaß-Lothringen
durch das Geſetz vom 23. Januar 1872 (Geſ.Bl. f. Elſ.-Lothr. S. 83).
Für Bayern wurde dagegen durch den Bündnißvertrag vom
23. Nov. 1870 unter III §. 5 und durch die Schlußbeſtimmung
zum IX. Abſchn. der R.V. ein anderer Grundſatz anerkannt. Die
erſte der beiden oben erwähnten Vorſchriften der R.V., die im
Art. 4 Ziff. 14 ſanctionirte unumſchränkte Kompetenz des Reiches
zur Militairgeſetzgebung findet auch auf Bayern volle Anwendung;
1) Glaſer Archiv I Heft 3 S. 54. Thudichum Verfaſſungsr. des
Nordd. Bundes S. 397 fg.
2) B.G.Bl. 1870 S. 650—654. Für Württemberg wurden in der
Milit.Konv. v. 21/25. Nov. 1870 Art. 10 zwar einige Ausnahmen gemacht,
indem gewiſſe Württembergiſche Geſetze und Einrichtungen vorerſt und bis zur
Regelung im Wege der Bundesgeſetzgebung in Geltung verbleiben ſollten;
dieſer Vorbehalt hat aber gegenwärtig, abgeſehen von der Milit.-Kirchenordnung,
praktiſche Bedeutung nur noch hinſichtlich der Milit.-Strafgerichtsord-
nung, da alle übrigen in dem Art. 10 aufgeführten Gegenſtände ſeither durch
Reichsgeſetze geregelt worden ſind.
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