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Laband, Paul: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Bd. 3, Abt. 1. Tübingen, 1880.

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§. 78. Die Einheitlichkeit des Militairrechts und der Heeres-Einrichtungen.
dagegen ist die im Art. 61 der R.V. ausgesprochene Regel hin-
sichtlich Bayerns ausgeschlossen. Die in Bayern zur Zeit der Er-
richtung des Reiches in Geltung gewesene Militairgesetzgebung
nebst den dazu gehörigen Vollzugs-Instruktionen, Verordnungen,
Erläuterungen etc. ist in Kraft geblieben; die Einführung der be-
reits vor dem Eintritte Bayerns in den Bund in dieser Hinsicht
erlassenen Gesetze und sonstigen Bestimmungen in Bayern ist von
"freier Verständigung" d. h. von der Einwilligung der Bayerischen
Regierung abhängig gemacht worden 1); nur das in den Art. 57
und 59 der R.V. anerkannte Prinzip der allgemeinen Wehrpflicht
hat für Bayern sofort Geltung erhalten.

Sonach bildet das Bundesgebiet ein einheitliches Rechts-
gebiet nur hinsichtlich derjenigen Militairgesetze, welche seit Errich-
tung des Deutschen Reiches erlassen worden sind; hinsichtlich aller
übrigen auf das Heerwesen bezüglichen Rechts- und Verwaltungs-
vorschriften dagegen zerfällt es in zwei Rechtsgebiete, welche
man als die des Preußischen und des Bayerischen Rechts
einander gegenüberstellen kann 2). Der Gegensatz der beiden letz-
teren hat aber mit der fortschreitenden Ausbildung der Reichs-
Militairgesetzgebung und der allmälichen Umgestaltung der Bayeri-
schen Heereseinrichtungen nach Preußischem Vorbilde seine praktische
Bedeutung zum größten Theile eingebüßt.

Die Reichs-Militairgesetzgebung hat einheitliches Recht ge-
schaffen

1. hinsichtlich der Wehrpflicht, der Organisation des Heeres
und der Rechtsverhältnisse der Militairpersonen durch das Wehr-
gesetz
vom 9. Nov. 1867 (B.G.Bl. 1867 S. 131), eingeführt
in Bayern durch Reichsges. vom 24. Nov. 1871 (R.G.Bl. 1871
S. 398); das Militairgesetz vom 2. Mai 1874 (R.G.Bl.
1874 S. 45) 3), das Landsturmgesetz vom 12. Februar 1875
1) Vertrag vom 23. Nov. 1870 III §. 5 Ziff. I.
2) Das ältere Bayerische Militairrecht ist zum größten Theil codifizirt in
dem Gesetz, betreffend die Wehrverfassung, vom 30. Januar
1868
. Zu demselben ist ein ausführlicher Commentar erschienen von M.
Stenglein. Erlangen 1869. (In "die Gesetzgebung des Kgr. Bayern seit
Maximilian II." Thl. II Bd. 5.)
3) Daß gewisse in diesem Gesetz dem Kaiser zugewiesene Rechte für das
Bayerische Kontingent vom König von Bayern ausgeübt werden, was im §. 72

§. 78. Die Einheitlichkeit des Militairrechts und der Heeres-Einrichtungen.
dagegen iſt die im Art. 61 der R.V. ausgeſprochene Regel hin-
ſichtlich Bayerns ausgeſchloſſen. Die in Bayern zur Zeit der Er-
richtung des Reiches in Geltung geweſene Militairgeſetzgebung
nebſt den dazu gehörigen Vollzugs-Inſtruktionen, Verordnungen,
Erläuterungen ꝛc. iſt in Kraft geblieben; die Einführung der be-
reits vor dem Eintritte Bayerns in den Bund in dieſer Hinſicht
erlaſſenen Geſetze und ſonſtigen Beſtimmungen in Bayern iſt von
„freier Verſtändigung“ d. h. von der Einwilligung der Bayeriſchen
Regierung abhängig gemacht worden 1); nur das in den Art. 57
und 59 der R.V. anerkannte Prinzip der allgemeinen Wehrpflicht
hat für Bayern ſofort Geltung erhalten.

Sonach bildet das Bundesgebiet ein einheitliches Rechts-
gebiet nur hinſichtlich derjenigen Militairgeſetze, welche ſeit Errich-
tung des Deutſchen Reiches erlaſſen worden ſind; hinſichtlich aller
übrigen auf das Heerweſen bezüglichen Rechts- und Verwaltungs-
vorſchriften dagegen zerfällt es in zwei Rechtsgebiete, welche
man als die des Preußiſchen und des Bayeriſchen Rechts
einander gegenüberſtellen kann 2). Der Gegenſatz der beiden letz-
teren hat aber mit der fortſchreitenden Ausbildung der Reichs-
Militairgeſetzgebung und der allmälichen Umgeſtaltung der Bayeri-
ſchen Heereseinrichtungen nach Preußiſchem Vorbilde ſeine praktiſche
Bedeutung zum größten Theile eingebüßt.

Die Reichs-Militairgeſetzgebung hat einheitliches Recht ge-
ſchaffen

1. hinſichtlich der Wehrpflicht, der Organiſation des Heeres
und der Rechtsverhältniſſe der Militairperſonen durch das Wehr-
geſetz
vom 9. Nov. 1867 (B.G.Bl. 1867 S. 131), eingeführt
in Bayern durch Reichsgeſ. vom 24. Nov. 1871 (R.G.Bl. 1871
S. 398); das Militairgeſetz vom 2. Mai 1874 (R.G.Bl.
1874 S. 45) 3), das Landſturmgeſetz vom 12. Februar 1875
1) Vertrag vom 23. Nov. 1870 III §. 5 Ziff. I.
2) Das ältere Bayeriſche Militairrecht iſt zum größten Theil codifizirt in
dem Geſetz, betreffend die Wehrverfaſſung, vom 30. Januar
1868
. Zu demſelben iſt ein ausführlicher Commentar erſchienen von M.
Stenglein. Erlangen 1869. (In „die Geſetzgebung des Kgr. Bayern ſeit
Maximilian II.“ Thl. II Bd. 5.)
3) Daß gewiſſe in dieſem Geſetz dem Kaiſer zugewieſene Rechte für das
Bayeriſche Kontingent vom König von Bayern ausgeübt werden, was im §. 72
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[14/0024] §. 78. Die Einheitlichkeit des Militairrechts und der Heeres-Einrichtungen. dagegen iſt die im Art. 61 der R.V. ausgeſprochene Regel hin- ſichtlich Bayerns ausgeſchloſſen. Die in Bayern zur Zeit der Er- richtung des Reiches in Geltung geweſene Militairgeſetzgebung nebſt den dazu gehörigen Vollzugs-Inſtruktionen, Verordnungen, Erläuterungen ꝛc. iſt in Kraft geblieben; die Einführung der be- reits vor dem Eintritte Bayerns in den Bund in dieſer Hinſicht erlaſſenen Geſetze und ſonſtigen Beſtimmungen in Bayern iſt von „freier Verſtändigung“ d. h. von der Einwilligung der Bayeriſchen Regierung abhängig gemacht worden 1); nur das in den Art. 57 und 59 der R.V. anerkannte Prinzip der allgemeinen Wehrpflicht hat für Bayern ſofort Geltung erhalten. Sonach bildet das Bundesgebiet ein einheitliches Rechts- gebiet nur hinſichtlich derjenigen Militairgeſetze, welche ſeit Errich- tung des Deutſchen Reiches erlaſſen worden ſind; hinſichtlich aller übrigen auf das Heerweſen bezüglichen Rechts- und Verwaltungs- vorſchriften dagegen zerfällt es in zwei Rechtsgebiete, welche man als die des Preußiſchen und des Bayeriſchen Rechts einander gegenüberſtellen kann 2). Der Gegenſatz der beiden letz- teren hat aber mit der fortſchreitenden Ausbildung der Reichs- Militairgeſetzgebung und der allmälichen Umgeſtaltung der Bayeri- ſchen Heereseinrichtungen nach Preußiſchem Vorbilde ſeine praktiſche Bedeutung zum größten Theile eingebüßt. Die Reichs-Militairgeſetzgebung hat einheitliches Recht ge- ſchaffen 1. hinſichtlich der Wehrpflicht, der Organiſation des Heeres und der Rechtsverhältniſſe der Militairperſonen durch das Wehr- geſetz vom 9. Nov. 1867 (B.G.Bl. 1867 S. 131), eingeführt in Bayern durch Reichsgeſ. vom 24. Nov. 1871 (R.G.Bl. 1871 S. 398); das Militairgeſetz vom 2. Mai 1874 (R.G.Bl. 1874 S. 45) 3), das Landſturmgeſetz vom 12. Februar 1875 1) Vertrag vom 23. Nov. 1870 III §. 5 Ziff. I. 2) Das ältere Bayeriſche Militairrecht iſt zum größten Theil codifizirt in dem Geſetz, betreffend die Wehrverfaſſung, vom 30. Januar 1868. Zu demſelben iſt ein ausführlicher Commentar erſchienen von M. Stenglein. Erlangen 1869. (In „die Geſetzgebung des Kgr. Bayern ſeit Maximilian II.“ Thl. II Bd. 5.) 3) Daß gewiſſe in dieſem Geſetz dem Kaiſer zugewieſene Rechte für das Bayeriſche Kontingent vom König von Bayern ausgeübt werden, was im §. 72

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Zitationshilfe: Laband, Paul: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Bd. 3, Abt. 1. Tübingen, 1880, S. 14. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laband_staatsrecht0301_1880/24>, abgerufen am 23.11.2024.