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Laband, Paul: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Bd. 3, Abt. 1. Tübingen, 1880.

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§. 89. Die freiwillig übernommene Militairdienstpflicht.
weit dieselben durch Richterspruch aberkannt werden können 1), in-
gleichen die Verwirkung des Rechts, die Offizieruniform zu tra-
gen; dagegen ist der Verlust des Diensttitels mit dieser Strafe
nicht verbunden 2). Gegen pensionirte Offiziere, welche das Recht
zum Tragen der Offizieruniform haben, ist statt auf Dienstent-
lassung auf Verlust dieses Rechtes zu erkennen 3).

Der Dienstentlassung kraft gerichtlichen Urtheils steht hinsicht-
lich der Wirkungen gleich die Entlassung mit schlichtem
Abschied
auf Grund eines ehrengerichtlichen Spruches, welcher
auf schuldig der Verletzung der Standesehre lautet 4).

III. Das Dienstverhältniß der Kapitulanten.

1. Unter Kapitulation versteht man einen schriftlichen Vertrag
zwischen einem Truppenbefehlshaber oder einer Militairbehörde
und einem militairdienstfähigen Mann, durch welchen der letztere
sich verpflichtet, nach erfüllter aktiver Dienstpflicht noch eine gewisse
Zeit im aktiven Dienst zu verbleiben, wogegen ihm die mit seiner
Dienststelle gesetzlich und reglementsmäßig verbundenen Einkünfte
und andere Vortheile zugesichert werden. Daß diese Dienststelle
eine Unteroffiziers- oder Sergeanten-Stelle sei, ist durchaus nicht
erforderlich. Auch zu einem verlängerten Dienst als gemeiner
Soldat kann man sich verpflichten; es werden solche Verträge ab-
geschlossen insbesondere mit den Mannschaften der Kavallerie, welche
sich freiwillig zu einem vierjährigen activen Dienst verpflichten;
sie sind ferner früher abgeschlossen worden mit solchen Soldaten,
welche als Offiziersburschen verwendet und in einer solchen Stel-
lung nach Ableistung der gesetzlichen Dienstpflicht beibehalten wur-
den. Aus finanziellen und militairischen Gründen dürfen aber
nur solche Personen als Kapitulanten angenommen werden, durch
welche ein wesentlicher Nutzen für den Dienst zu erwarten
ist und in allen Fällen sind Kapitulationen zu solchen Zwecken
und Aufgaben, welche vermittelst der gesetzlichen Wehrpflicht er-

1) Siehe oben S. 237 Note 2.
2) Mil.Strafgesetzb. §. 35. Ebensowenig der Verlust der Orden und Ehren-
zeichen. Auch die Möglichkeit des Wiedereintrittes in den Militair-
dienst ist nicht von Rechtswegen ausgeschlossen.
3) Mil.Strafgesetzb. §. 36.
4) V. über die Ehrengerichte §. 51 Ziff. 5. §. 52. 53.

§. 89. Die freiwillig übernommene Militairdienſtpflicht.
weit dieſelben durch Richterſpruch aberkannt werden können 1), in-
gleichen die Verwirkung des Rechts, die Offizieruniform zu tra-
gen; dagegen iſt der Verluſt des Dienſttitels mit dieſer Strafe
nicht verbunden 2). Gegen penſionirte Offiziere, welche das Recht
zum Tragen der Offizieruniform haben, iſt ſtatt auf Dienſtent-
laſſung auf Verluſt dieſes Rechtes zu erkennen 3).

Der Dienſtentlaſſung kraft gerichtlichen Urtheils ſteht hinſicht-
lich der Wirkungen gleich die Entlaſſung mit ſchlichtem
Abſchied
auf Grund eines ehrengerichtlichen Spruches, welcher
auf ſchuldig der Verletzung der Standesehre lautet 4).

III. Das Dienſtverhältniß der Kapitulanten.

1. Unter Kapitulation verſteht man einen ſchriftlichen Vertrag
zwiſchen einem Truppenbefehlshaber oder einer Militairbehörde
und einem militairdienſtfähigen Mann, durch welchen der letztere
ſich verpflichtet, nach erfüllter aktiver Dienſtpflicht noch eine gewiſſe
Zeit im aktiven Dienſt zu verbleiben, wogegen ihm die mit ſeiner
Dienſtſtelle geſetzlich und reglementsmäßig verbundenen Einkünfte
und andere Vortheile zugeſichert werden. Daß dieſe Dienſtſtelle
eine Unteroffiziers- oder Sergeanten-Stelle ſei, iſt durchaus nicht
erforderlich. Auch zu einem verlängerten Dienſt als gemeiner
Soldat kann man ſich verpflichten; es werden ſolche Verträge ab-
geſchloſſen insbeſondere mit den Mannſchaften der Kavallerie, welche
ſich freiwillig zu einem vierjährigen activen Dienſt verpflichten;
ſie ſind ferner früher abgeſchloſſen worden mit ſolchen Soldaten,
welche als Offiziersburſchen verwendet und in einer ſolchen Stel-
lung nach Ableiſtung der geſetzlichen Dienſtpflicht beibehalten wur-
den. Aus finanziellen und militairiſchen Gründen dürfen aber
nur ſolche Perſonen als Kapitulanten angenommen werden, durch
welche ein weſentlicher Nutzen für den Dienſt zu erwarten
iſt und in allen Fällen ſind Kapitulationen zu ſolchen Zwecken
und Aufgaben, welche vermittelſt der geſetzlichen Wehrpflicht er-

1) Siehe oben S. 237 Note 2.
2) Mil.Strafgeſetzb. §. 35. Ebenſowenig der Verluſt der Orden und Ehren-
zeichen. Auch die Möglichkeit des Wiedereintrittes in den Militair-
dienſt iſt nicht von Rechtswegen ausgeſchloſſen.
3) Mil.Strafgeſetzb. §. 36.
4) V. über die Ehrengerichte §. 51 Ziff. 5. §. 52. 53.
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[238/0248] §. 89. Die freiwillig übernommene Militairdienſtpflicht. weit dieſelben durch Richterſpruch aberkannt werden können 1), in- gleichen die Verwirkung des Rechts, die Offizieruniform zu tra- gen; dagegen iſt der Verluſt des Dienſttitels mit dieſer Strafe nicht verbunden 2). Gegen penſionirte Offiziere, welche das Recht zum Tragen der Offizieruniform haben, iſt ſtatt auf Dienſtent- laſſung auf Verluſt dieſes Rechtes zu erkennen 3). Der Dienſtentlaſſung kraft gerichtlichen Urtheils ſteht hinſicht- lich der Wirkungen gleich die Entlaſſung mit ſchlichtem Abſchied auf Grund eines ehrengerichtlichen Spruches, welcher auf ſchuldig der Verletzung der Standesehre lautet 4). III. Das Dienſtverhältniß der Kapitulanten. 1. Unter Kapitulation verſteht man einen ſchriftlichen Vertrag zwiſchen einem Truppenbefehlshaber oder einer Militairbehörde und einem militairdienſtfähigen Mann, durch welchen der letztere ſich verpflichtet, nach erfüllter aktiver Dienſtpflicht noch eine gewiſſe Zeit im aktiven Dienſt zu verbleiben, wogegen ihm die mit ſeiner Dienſtſtelle geſetzlich und reglementsmäßig verbundenen Einkünfte und andere Vortheile zugeſichert werden. Daß dieſe Dienſtſtelle eine Unteroffiziers- oder Sergeanten-Stelle ſei, iſt durchaus nicht erforderlich. Auch zu einem verlängerten Dienſt als gemeiner Soldat kann man ſich verpflichten; es werden ſolche Verträge ab- geſchloſſen insbeſondere mit den Mannſchaften der Kavallerie, welche ſich freiwillig zu einem vierjährigen activen Dienſt verpflichten; ſie ſind ferner früher abgeſchloſſen worden mit ſolchen Soldaten, welche als Offiziersburſchen verwendet und in einer ſolchen Stel- lung nach Ableiſtung der geſetzlichen Dienſtpflicht beibehalten wur- den. Aus finanziellen und militairiſchen Gründen dürfen aber nur ſolche Perſonen als Kapitulanten angenommen werden, durch welche ein weſentlicher Nutzen für den Dienſt zu erwarten iſt und in allen Fällen ſind Kapitulationen zu ſolchen Zwecken und Aufgaben, welche vermittelſt der geſetzlichen Wehrpflicht er- 1) Siehe oben S. 237 Note 2. 2) Mil.Strafgeſetzb. §. 35. Ebenſowenig der Verluſt der Orden und Ehren- zeichen. Auch die Möglichkeit des Wiedereintrittes in den Militair- dienſt iſt nicht von Rechtswegen ausgeſchloſſen. 3) Mil.Strafgeſetzb. §. 36. 4) V. über die Ehrengerichte §. 51 Ziff. 5. §. 52. 53.

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Zitationshilfe: Laband, Paul: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Bd. 3, Abt. 1. Tübingen, 1880, S. 238. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laband_staatsrecht0301_1880/248>, abgerufen am 22.11.2024.