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Laband, Paul: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Bd. 3, Abt. 1. Tübingen, 1880.

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§. 89. Die freiwillig übernommene Militairdienstpflicht.
füllt werden können, zu vermeiden. Als thatsächliche Regel ist es
daher allerdings richtig, daß die Kapitulation das Mittel ist, um
der Armee und Marine den erforderlichen Bedarf an Unterof-
fizieren
zu sichern 1). Juristisch begründet aber die Kapitula-
tion lediglich eine Dienstpflicht, keine Amtsgewalt; die letztere und
alle damit verbundenen obrigkeitlichen Befugnisse und vermögens-
rechtlichen Ansprüche beruhen auf der Ernennung zum Unteroffizier
oder der Uebertragung einer bestimmten Dienststelle.

2. Die Bestimmungen über Kapitulationen für die Preußische
Armee sind durch Kabinets-Ordre vom 8. Juni 1876 2) genehmigt
worden. Ermächtigt zum Abschluß der Kapitulation ist der Befehls-
haber eines Truppentheils (Regiment, selbstst. Bataillon, Bezirks-
kommando) 3); der Kapitulant muß großjährig sein oder -- falls er
bereits vor erreichter Großjährigkeit eine Kapitulation abschließen
will, die schriftliche und beglaubigte Zustimmung des Vaters oder
Vormundes beibringen 4). Er kann die Kapitulation bereits vor
Erfüllung der aktiven Dienstpflicht, ja sogar schon bei der Annahme
oder dem Diensteintritt abschließen 5). Der Vertrag muß in allen
Fällen schriftlich abgeschlossen werden 6). Kein Truppentheil darf
mit Kapitulanten eines andern Truppentheils ohne Zustimmung des
letzteren behufs Gewinnung derselben in Verbindung treten und
er darf mit Mannschaften, welche Truppentheilen oder Instituten
derselben Garnison angehört haben, nicht früher eine Kapitulation
abschließen als nach Ablauf eines Jahres nach ihrer Entlassung

1) Ferner werden Kapitulationen mit tüchtigen Militairmusikern, Lazareth-
gehülfen, ausnahmsweise auch wol mit Oekonomiehandwerkern, geschlossen.
2) Armee-V.Bl. 1876 S. 141. Für die Marine sind ganz entsprechende
Bestimmungen eingeführt worden durch Kabin.Ordre v. 29. August 1876.
Mar.V.Bl. S. 149 ff. Für Bayern V. v. 14. Juli 1876. Mil.V.Bl.
S. 438.
3) Für die Marine sind außer den Marinetheilen und Artillerie-Depots
auch die Kommandanten der Schiffe und Fahrzeuge in außereuropäischen Ge-
wässern und bei längerer Abwesenheit berechtigt, Mannschaften deutscher Ab-
stammung als Kapitulanten einzustellen. Verf. v. 25. Mai 1873. Marine-
V.Bl. S. 116. Bestimmungen v. 29. Aug. 1876 Ziff. 1.
4) V. v. 8. Juni 1876 §. 7 Abs. 1.
5) ebendas. §. 1 Abs. 2. §. 6.
6) ebendas. §. 2. Die Verhandlung wird von einem Offizier nach einem
vorgeschriebenen Schema aufgenommen.

§. 89. Die freiwillig übernommene Militairdienſtpflicht.
füllt werden können, zu vermeiden. Als thatſächliche Regel iſt es
daher allerdings richtig, daß die Kapitulation das Mittel iſt, um
der Armee und Marine den erforderlichen Bedarf an Unterof-
fizieren
zu ſichern 1). Juriſtiſch begründet aber die Kapitula-
tion lediglich eine Dienſtpflicht, keine Amtsgewalt; die letztere und
alle damit verbundenen obrigkeitlichen Befugniſſe und vermögens-
rechtlichen Anſprüche beruhen auf der Ernennung zum Unteroffizier
oder der Uebertragung einer beſtimmten Dienſtſtelle.

2. Die Beſtimmungen über Kapitulationen für die Preußiſche
Armee ſind durch Kabinets-Ordre vom 8. Juni 1876 2) genehmigt
worden. Ermächtigt zum Abſchluß der Kapitulation iſt der Befehls-
haber eines Truppentheils (Regiment, ſelbſtſt. Bataillon, Bezirks-
kommando) 3); der Kapitulant muß großjährig ſein oder — falls er
bereits vor erreichter Großjährigkeit eine Kapitulation abſchließen
will, die ſchriftliche und beglaubigte Zuſtimmung des Vaters oder
Vormundes beibringen 4). Er kann die Kapitulation bereits vor
Erfüllung der aktiven Dienſtpflicht, ja ſogar ſchon bei der Annahme
oder dem Dienſteintritt abſchließen 5). Der Vertrag muß in allen
Fällen ſchriftlich abgeſchloſſen werden 6). Kein Truppentheil darf
mit Kapitulanten eines andern Truppentheils ohne Zuſtimmung des
letzteren behufs Gewinnung derſelben in Verbindung treten und
er darf mit Mannſchaften, welche Truppentheilen oder Inſtituten
derſelben Garniſon angehört haben, nicht früher eine Kapitulation
abſchließen als nach Ablauf eines Jahres nach ihrer Entlaſſung

1) Ferner werden Kapitulationen mit tüchtigen Militairmuſikern, Lazareth-
gehülfen, ausnahmsweiſe auch wol mit Oekonomiehandwerkern, geſchloſſen.
2) Armee-V.Bl. 1876 S. 141. Für die Marine ſind ganz entſprechende
Beſtimmungen eingeführt worden durch Kabin.Ordre v. 29. Auguſt 1876.
Mar.V.Bl. S. 149 ff. Für Bayern V. v. 14. Juli 1876. Mil.V.Bl.
S. 438.
3) Für die Marine ſind außer den Marinetheilen und Artillerie-Depots
auch die Kommandanten der Schiffe und Fahrzeuge in außereuropäiſchen Ge-
wäſſern und bei längerer Abweſenheit berechtigt, Mannſchaften deutſcher Ab-
ſtammung als Kapitulanten einzuſtellen. Verf. v. 25. Mai 1873. Marine-
V.Bl. S. 116. Beſtimmungen v. 29. Aug. 1876 Ziff. 1.
4) V. v. 8. Juni 1876 §. 7 Abſ. 1.
5) ebendaſ. §. 1 Abſ. 2. §. 6.
6) ebendaſ. §. 2. Die Verhandlung wird von einem Offizier nach einem
vorgeſchriebenen Schema aufgenommen.
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[239/0249] §. 89. Die freiwillig übernommene Militairdienſtpflicht. füllt werden können, zu vermeiden. Als thatſächliche Regel iſt es daher allerdings richtig, daß die Kapitulation das Mittel iſt, um der Armee und Marine den erforderlichen Bedarf an Unterof- fizieren zu ſichern 1). Juriſtiſch begründet aber die Kapitula- tion lediglich eine Dienſtpflicht, keine Amtsgewalt; die letztere und alle damit verbundenen obrigkeitlichen Befugniſſe und vermögens- rechtlichen Anſprüche beruhen auf der Ernennung zum Unteroffizier oder der Uebertragung einer beſtimmten Dienſtſtelle. 2. Die Beſtimmungen über Kapitulationen für die Preußiſche Armee ſind durch Kabinets-Ordre vom 8. Juni 1876 2) genehmigt worden. Ermächtigt zum Abſchluß der Kapitulation iſt der Befehls- haber eines Truppentheils (Regiment, ſelbſtſt. Bataillon, Bezirks- kommando) 3); der Kapitulant muß großjährig ſein oder — falls er bereits vor erreichter Großjährigkeit eine Kapitulation abſchließen will, die ſchriftliche und beglaubigte Zuſtimmung des Vaters oder Vormundes beibringen 4). Er kann die Kapitulation bereits vor Erfüllung der aktiven Dienſtpflicht, ja ſogar ſchon bei der Annahme oder dem Dienſteintritt abſchließen 5). Der Vertrag muß in allen Fällen ſchriftlich abgeſchloſſen werden 6). Kein Truppentheil darf mit Kapitulanten eines andern Truppentheils ohne Zuſtimmung des letzteren behufs Gewinnung derſelben in Verbindung treten und er darf mit Mannſchaften, welche Truppentheilen oder Inſtituten derſelben Garniſon angehört haben, nicht früher eine Kapitulation abſchließen als nach Ablauf eines Jahres nach ihrer Entlaſſung 1) Ferner werden Kapitulationen mit tüchtigen Militairmuſikern, Lazareth- gehülfen, ausnahmsweiſe auch wol mit Oekonomiehandwerkern, geſchloſſen. 2) Armee-V.Bl. 1876 S. 141. Für die Marine ſind ganz entſprechende Beſtimmungen eingeführt worden durch Kabin.Ordre v. 29. Auguſt 1876. Mar.V.Bl. S. 149 ff. Für Bayern V. v. 14. Juli 1876. Mil.V.Bl. S. 438. 3) Für die Marine ſind außer den Marinetheilen und Artillerie-Depots auch die Kommandanten der Schiffe und Fahrzeuge in außereuropäiſchen Ge- wäſſern und bei längerer Abweſenheit berechtigt, Mannſchaften deutſcher Ab- ſtammung als Kapitulanten einzuſtellen. Verf. v. 25. Mai 1873. Marine- V.Bl. S. 116. Beſtimmungen v. 29. Aug. 1876 Ziff. 1. 4) V. v. 8. Juni 1876 §. 7 Abſ. 1. 5) ebendaſ. §. 1 Abſ. 2. §. 6. 6) ebendaſ. §. 2. Die Verhandlung wird von einem Offizier nach einem vorgeſchriebenen Schema aufgenommen.

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Zitationshilfe: Laband, Paul: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Bd. 3, Abt. 1. Tübingen, 1880, S. 239. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laband_staatsrecht0301_1880/249>, abgerufen am 22.11.2024.