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Laband, Paul: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Bd. 3, Abt. 1. Tübingen, 1880.

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§. 90. Einfluß d. Militairdienst-Verhältnisses auf and. Rechtsverhältnisse.
daß eine Partei "zu Kriegszeiten" im Militairdienste sich
befindet 1).

3. Das Militairdienstverhältniß bildet das Motiv für eine be-
deutende Anzahl von Sonderbestimmungen hinsichtlich der Zwangs-
vollstreckung
. Diese Bestimmungen finden nicht nur auf die
gerichtliche, sondern auch auf jede andere Art von Zwangsvoll-
streckungen, insbesondere auf die von Verwaltungsbehörden auszu-
führenden, Anwendung, und da sie nicht im persönlichen Interesse
des Schuldners, sondern im Interesse des militairischen Dienstes
getroffen sind, so haben sie den Charakter des jus cogens und
können durch Einwilligung des Schuldners nicht aufgehoben wer-
den 2). Für alle Arten von Exekutionen besteht der Grundsatz,
daß sie gegen eine dem aktiven Heere oder der aktiven Ma-
rine angehörende Militairperson erst beginnen dürfen, nachdem die
vorgesetzte Militairbehörde davon Anzeige erhalten hat 3), und daß
die Zwangsvollstreckung gegen eine dem aktiven Heere oder der
aktiven Marine angehörende Person des Soldatenstandes 4) in Ka-
sernen
und andern militairischen Dienstgebäuden, sowie auf
Kriegsfahrzeugen in der Art erfolgen muß, daß das Voll-
streckungsgericht die zuständige Militairbehörde um die Zwangs-
vollstreckung ersucht 5).

Der Pfändung sind nicht unterworfen:

a) Der Sold und die Invalidenpension der Unteroffiziere und
der Soldaten 6); das Diensteinkommen der Militairpersonen, welche
zu einem mobilen Truppentheile oder zur Besatzung eines in Dienst

1) Civilproz.Ordn. §. 224.
2) Militairgesetz §. 45 Abs. 1.
3) Civilproz.Ordn. §. 673 Abs. 1. Die Militairbehörde ist gesetzlich ver-
pflichtet, dem Gläubiger auf Verlangen den Empfang der Anzeige zu be-
scheinigen. eod. Abs. 2.
4) Auf Militair- und Marine-Beamte findet diese Vorschrift demnach
keine Anwendung. Auch hierin folgt die Civilproz.Ordn. dem früheren Preuß.
Recht. Vgl. Kab.Ordre v. 4. Januar 1833 bei v. Helldorff Th. IV Abth. 5
S. 7 fg.
5) Civilproz.Ordn. §. 699. Für die Mitwirkung des Gerichts werden in
diesem Falle Gebühren nicht erhoben. Gerichtskosten-Gesetz v. 18. Juni 1878
§. 47 Ziff. 13.
6) Civilproz.O. §. 749 Ziff. 5.

§. 90. Einfluß d. Militairdienſt-Verhältniſſes auf and. Rechtsverhältniſſe.
daß eine Partei „zu Kriegszeiten“ im Militairdienſte ſich
befindet 1).

3. Das Militairdienſtverhältniß bildet das Motiv für eine be-
deutende Anzahl von Sonderbeſtimmungen hinſichtlich der Zwangs-
vollſtreckung
. Dieſe Beſtimmungen finden nicht nur auf die
gerichtliche, ſondern auch auf jede andere Art von Zwangsvoll-
ſtreckungen, insbeſondere auf die von Verwaltungsbehörden auszu-
führenden, Anwendung, und da ſie nicht im perſönlichen Intereſſe
des Schuldners, ſondern im Intereſſe des militairiſchen Dienſtes
getroffen ſind, ſo haben ſie den Charakter des jus cogens und
können durch Einwilligung des Schuldners nicht aufgehoben wer-
den 2). Für alle Arten von Exekutionen beſteht der Grundſatz,
daß ſie gegen eine dem aktiven Heere oder der aktiven Ma-
rine angehörende Militairperſon erſt beginnen dürfen, nachdem die
vorgeſetzte Militairbehörde davon Anzeige erhalten hat 3), und daß
die Zwangsvollſtreckung gegen eine dem aktiven Heere oder der
aktiven Marine angehörende Perſon des Soldatenſtandes 4) in Ka-
ſernen
und andern militairiſchen Dienſtgebäuden, ſowie auf
Kriegsfahrzeugen in der Art erfolgen muß, daß das Voll-
ſtreckungsgericht die zuſtändige Militairbehörde um die Zwangs-
vollſtreckung erſucht 5).

Der Pfändung ſind nicht unterworfen:

a) Der Sold und die Invalidenpenſion der Unteroffiziere und
der Soldaten 6); das Dienſteinkommen der Militairperſonen, welche
zu einem mobilen Truppentheile oder zur Beſatzung eines in Dienſt

1) Civilproz.Ordn. §. 224.
2) Militairgeſetz §. 45 Abſ. 1.
3) Civilproz.Ordn. §. 673 Abſ. 1. Die Militairbehörde iſt geſetzlich ver-
pflichtet, dem Gläubiger auf Verlangen den Empfang der Anzeige zu be-
ſcheinigen. eod. Abſ. 2.
4) Auf Militair- und Marine-Beamte findet dieſe Vorſchrift demnach
keine Anwendung. Auch hierin folgt die Civilproz.Ordn. dem früheren Preuß.
Recht. Vgl. Kab.Ordre v. 4. Januar 1833 bei v. Helldorff Th. IV Abth. 5
S. 7 fg.
5) Civilproz.Ordn. §. 699. Für die Mitwirkung des Gerichts werden in
dieſem Falle Gebühren nicht erhoben. Gerichtskoſten-Geſetz v. 18. Juni 1878
§. 47 Ziff. 13.
6) Civilproz.O. §. 749 Ziff. 5.
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[260/0270] §. 90. Einfluß d. Militairdienſt-Verhältniſſes auf and. Rechtsverhältniſſe. daß eine Partei „zu Kriegszeiten“ im Militairdienſte ſich befindet 1). 3. Das Militairdienſtverhältniß bildet das Motiv für eine be- deutende Anzahl von Sonderbeſtimmungen hinſichtlich der Zwangs- vollſtreckung. Dieſe Beſtimmungen finden nicht nur auf die gerichtliche, ſondern auch auf jede andere Art von Zwangsvoll- ſtreckungen, insbeſondere auf die von Verwaltungsbehörden auszu- führenden, Anwendung, und da ſie nicht im perſönlichen Intereſſe des Schuldners, ſondern im Intereſſe des militairiſchen Dienſtes getroffen ſind, ſo haben ſie den Charakter des jus cogens und können durch Einwilligung des Schuldners nicht aufgehoben wer- den 2). Für alle Arten von Exekutionen beſteht der Grundſatz, daß ſie gegen eine dem aktiven Heere oder der aktiven Ma- rine angehörende Militairperſon erſt beginnen dürfen, nachdem die vorgeſetzte Militairbehörde davon Anzeige erhalten hat 3), und daß die Zwangsvollſtreckung gegen eine dem aktiven Heere oder der aktiven Marine angehörende Perſon des Soldatenſtandes 4) in Ka- ſernen und andern militairiſchen Dienſtgebäuden, ſowie auf Kriegsfahrzeugen in der Art erfolgen muß, daß das Voll- ſtreckungsgericht die zuſtändige Militairbehörde um die Zwangs- vollſtreckung erſucht 5). Der Pfändung ſind nicht unterworfen: a) Der Sold und die Invalidenpenſion der Unteroffiziere und der Soldaten 6); das Dienſteinkommen der Militairperſonen, welche zu einem mobilen Truppentheile oder zur Beſatzung eines in Dienſt 1) Civilproz.Ordn. §. 224. 2) Militairgeſetz §. 45 Abſ. 1. 3) Civilproz.Ordn. §. 673 Abſ. 1. Die Militairbehörde iſt geſetzlich ver- pflichtet, dem Gläubiger auf Verlangen den Empfang der Anzeige zu be- ſcheinigen. eod. Abſ. 2. 4) Auf Militair- und Marine-Beamte findet dieſe Vorſchrift demnach keine Anwendung. Auch hierin folgt die Civilproz.Ordn. dem früheren Preuß. Recht. Vgl. Kab.Ordre v. 4. Januar 1833 bei v. Helldorff Th. IV Abth. 5 S. 7 fg. 5) Civilproz.Ordn. §. 699. Für die Mitwirkung des Gerichts werden in dieſem Falle Gebühren nicht erhoben. Gerichtskoſten-Geſetz v. 18. Juni 1878 §. 47 Ziff. 13. 6) Civilproz.O. §. 749 Ziff. 5.

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Zitationshilfe: Laband, Paul: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Bd. 3, Abt. 1. Tübingen, 1880, S. 260. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laband_staatsrecht0301_1880/270>, abgerufen am 22.11.2024.