Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Laband, Paul: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Bd. 3, Abt. 1. Tübingen, 1880.

Bild:
<< vorherige Seite

§. 90. Einfluß d. Militairdienst-Verhältnisses auf and. Rechtsverhältnisse.
ist übereinstimmend der Grundsatz anerkannt worden, daß die per-
sönlichen Verhältnisse der Militairpersonen durch Verlegung ihres
Domicils nicht verändert werden 1) und daß ihr eheliches Güterrecht,
die Erbfolge in ihre Verlassenschaft und die Bevormundung ihrer
Hinterbliebenen sich nach den Rechtsnormen ihrer Heimath
richtet 2).

Auch hinsichtlich des Bürgerlichen Prozeßverfahrens
(ausgenommen die Zwangsvollstreckung) bestehen für Militairper-
sonen keine abweichenden Vorschriften, mit der alleinigen Ausnahme,
daß die Zustellungen für einen Unteroffizier oder einen Ge-
meinen
des aktiven Heeres oder der aktiven Marine an den Chef
der zunächst vorgesetzten Kommandobehörde (der Kompagnie, Schwa-
dron, Batterie u. s. w.) erfolgen müssen, und daß Zustellun-
gen an Personen, welche zu einem im Auslande befindlichen oder
zu einem mobilen Truppentheile oder zur Besatzung eines in Dienst
gestellten Kriegsfahrzeuges gehören, mittelst Ersuchens der vorge-
setzten Kommandobehörde erfolgen können 3).

Zu erwähnen ist ferner, daß zu denjenigen Fällen, in denen
die Aussetzung des Prozeßverfahrens statthaft ist, auch der gehört,

Offiziersrang des Bayerischen Heeres ohne Rücksicht auf ihre Garnison be-
züglich aller nach den Gesetzen des Wohnsitzes zu entscheidenden Rechtsverhält-
nissen das Bayerische Landrecht als geltendes Recht erklärt ist. Verordn.
v. 16. Juni 1816. Roth Bayr. Civilr. I S. 198.
1) Vgl. hierzu das Urth. des Reichsoberhandelsger. v. 20. Januar 1877
Entschdg. Bd. XXII S. 330 ff.
2) Vgl. Milit.Konvent. mit Hessen Art. 15 Abs. 1, mit beiden Meck-
lenburg
v. 1872 Art. 8. Baden Art. 15 Abs. 1 u. 2. Oldenburg
Art. 18 Abs. 1. Waldeck Art. 5 Abs. 3. Lübeck Art. 5 Abs. 3 und
Art. 17 Abs. 2. Hamburg Art. 10. 27 Abs. 2. Bremen Art. 8. 35
Abs. 2. -- Dagegen enthalten einige andere Konventionen nur die Erklärung,
daß die in den betreffenden Staaten garnisonirenden Militairpersonen "den
dortigen Landesgesetzen und Rechtsnormen" unterworfen sind. So die Konvent.
mit den Thüringischen Staaten 14. Anhalt 14. Schwarzburg-
Sondersh. 12. Schaumburg-Lippe 11. Lippe-Detmold
12.
-- Auch in den Verhandlungen des Reichstages über das Militair-Gesetz ist
anerkannt worden, daß die Beurtheilung der Statusverhältnisse sich nach dem
Recht der Heimath regelt. Stenogr. Berichte 1874 S. 877 fg.
3) Civilproz.Ordn. §. 158. 184. Die Anordnung des §. 158 beruht auf
der ähnlichen Vorschrift des §. 54 des Anhangs zur Preuß. Allgem. Gerichts-
Ordn. I Tit. 7 §. 19.
17*

§. 90. Einfluß d. Militairdienſt-Verhältniſſes auf and. Rechtsverhältniſſe.
iſt übereinſtimmend der Grundſatz anerkannt worden, daß die per-
ſönlichen Verhältniſſe der Militairperſonen durch Verlegung ihres
Domicils nicht verändert werden 1) und daß ihr eheliches Güterrecht,
die Erbfolge in ihre Verlaſſenſchaft und die Bevormundung ihrer
Hinterbliebenen ſich nach den Rechtsnormen ihrer Heimath
richtet 2).

Auch hinſichtlich des Bürgerlichen Prozeßverfahrens
(ausgenommen die Zwangsvollſtreckung) beſtehen für Militairper-
ſonen keine abweichenden Vorſchriften, mit der alleinigen Ausnahme,
daß die Zuſtellungen für einen Unteroffizier oder einen Ge-
meinen
des aktiven Heeres oder der aktiven Marine an den Chef
der zunächſt vorgeſetzten Kommandobehörde (der Kompagnie, Schwa-
dron, Batterie u. ſ. w.) erfolgen müſſen, und daß Zuſtellun-
gen an Perſonen, welche zu einem im Auslande befindlichen oder
zu einem mobilen Truppentheile oder zur Beſatzung eines in Dienſt
geſtellten Kriegsfahrzeuges gehören, mittelſt Erſuchens der vorge-
ſetzten Kommandobehörde erfolgen können 3).

Zu erwähnen iſt ferner, daß zu denjenigen Fällen, in denen
die Ausſetzung des Prozeßverfahrens ſtatthaft iſt, auch der gehört,

Offiziersrang des Bayeriſchen Heeres ohne Rückſicht auf ihre Garniſon be-
züglich aller nach den Geſetzen des Wohnſitzes zu entſcheidenden Rechtsverhält-
niſſen das Bayeriſche Landrecht als geltendes Recht erklärt iſt. Verordn.
v. 16. Juni 1816. Roth Bayr. Civilr. I S. 198.
1) Vgl. hierzu das Urth. des Reichsoberhandelsger. v. 20. Januar 1877
Entſchdg. Bd. XXII S. 330 ff.
2) Vgl. Milit.Konvent. mit Heſſen Art. 15 Abſ. 1, mit beiden Meck-
lenburg
v. 1872 Art. 8. Baden Art. 15 Abſ. 1 u. 2. Oldenburg
Art. 18 Abſ. 1. Waldeck Art. 5 Abſ. 3. Lübeck Art. 5 Abſ. 3 und
Art. 17 Abſ. 2. Hamburg Art. 10. 27 Abſ. 2. Bremen Art. 8. 35
Abſ. 2. — Dagegen enthalten einige andere Konventionen nur die Erklärung,
daß die in den betreffenden Staaten garniſonirenden Militairperſonen „den
dortigen Landesgeſetzen und Rechtsnormen“ unterworfen ſind. So die Konvent.
mit den Thüringiſchen Staaten 14. Anhalt 14. Schwarzburg-
Sondersh. 12. Schaumburg-Lippe 11. Lippe-Detmold
12.
— Auch in den Verhandlungen des Reichstages über das Militair-Geſetz iſt
anerkannt worden, daß die Beurtheilung der Statusverhältniſſe ſich nach dem
Recht der Heimath regelt. Stenogr. Berichte 1874 S. 877 fg.
3) Civilproz.Ordn. §. 158. 184. Die Anordnung des §. 158 beruht auf
der ähnlichen Vorſchrift des §. 54 des Anhangs zur Preuß. Allgem. Gerichts-
Ordn. I Tit. 7 §. 19.
17*
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <p><pb facs="#f0269" n="259"/><fw place="top" type="header">§. 90. Einfluß d. Militairdien&#x017F;t-Verhältni&#x017F;&#x017F;es auf and. Rechtsverhältni&#x017F;&#x017F;e.</fw><lb/>
i&#x017F;t überein&#x017F;timmend der Grund&#x017F;atz anerkannt worden, daß die per-<lb/>
&#x017F;önlichen Verhältni&#x017F;&#x017F;e der Militairper&#x017F;onen durch Verlegung ihres<lb/>
Domicils nicht verändert werden <note place="foot" n="1)">Vgl. hierzu das Urth. des Reichsoberhandelsger. v. 20. Januar 1877<lb/>
Ent&#x017F;chdg. Bd. <hi rendition="#aq">XXII</hi> S. 330 ff.</note> und daß ihr eheliches Güterrecht,<lb/>
die Erbfolge in ihre Verla&#x017F;&#x017F;en&#x017F;chaft und die Bevormundung ihrer<lb/>
Hinterbliebenen &#x017F;ich nach den Rechtsnormen ihrer <hi rendition="#g">Heimath</hi><lb/>
richtet <note place="foot" n="2)">Vgl. Milit.Konvent. mit <hi rendition="#g">He&#x017F;&#x017F;en</hi> Art. 15 Ab&#x017F;. 1, mit beiden <hi rendition="#g">Meck-<lb/>
lenburg</hi> v. 1872 Art. 8. <hi rendition="#g">Baden</hi> Art. 15 Ab&#x017F;. 1 u. 2. <hi rendition="#g">Oldenburg</hi><lb/>
Art. 18 Ab&#x017F;. 1. <hi rendition="#g">Waldeck</hi> Art. 5 Ab&#x017F;. 3. <hi rendition="#g">Lübeck</hi> Art. 5 Ab&#x017F;. 3 und<lb/>
Art. 17 Ab&#x017F;. 2. <hi rendition="#g">Hamburg</hi> Art. 10. 27 Ab&#x017F;. 2. <hi rendition="#g">Bremen</hi> Art. 8. 35<lb/>
Ab&#x017F;. 2. &#x2014; Dagegen enthalten einige andere Konventionen nur die Erklärung,<lb/>
daß die in den betreffenden Staaten garni&#x017F;onirenden Militairper&#x017F;onen &#x201E;den<lb/>
dortigen Landesge&#x017F;etzen und Rechtsnormen&#x201C; unterworfen &#x017F;ind. So die Konvent.<lb/>
mit den <hi rendition="#g">Thüringi&#x017F;chen</hi> Staaten 14. <hi rendition="#g">Anhalt 14. Schwarzburg-<lb/>
Sondersh. 12. Schaumburg-Lippe 11. Lippe-Detmold</hi> 12.<lb/>
&#x2014; Auch in den Verhandlungen des Reichstages über das Militair-Ge&#x017F;etz i&#x017F;t<lb/>
anerkannt worden, daß die Beurtheilung der Statusverhältni&#x017F;&#x017F;e &#x017F;ich nach dem<lb/>
Recht der Heimath regelt. Stenogr. Berichte 1874 S. 877 fg.</note>.</p><lb/>
              <p>Auch hin&#x017F;ichtlich des Bürgerlichen <hi rendition="#g">Prozeßverfahrens</hi><lb/>
(ausgenommen die Zwangsvoll&#x017F;treckung) be&#x017F;tehen für Militairper-<lb/>
&#x017F;onen keine abweichenden Vor&#x017F;chriften, mit der alleinigen Ausnahme,<lb/>
daß die Zu&#x017F;tellungen für einen <hi rendition="#g">Unteroffizier</hi> oder einen <hi rendition="#g">Ge-<lb/>
meinen</hi> des aktiven Heeres oder der aktiven Marine an den Chef<lb/>
der zunäch&#x017F;t vorge&#x017F;etzten Kommandobehörde (der Kompagnie, Schwa-<lb/>
dron, Batterie u. &#x017F;. w.) erfolgen <hi rendition="#g">&#x017F;&#x017F;en</hi>, und daß Zu&#x017F;tellun-<lb/>
gen an Per&#x017F;onen, welche zu einem im Auslande befindlichen oder<lb/>
zu einem mobilen Truppentheile oder zur Be&#x017F;atzung eines in Dien&#x017F;t<lb/>
ge&#x017F;tellten Kriegsfahrzeuges gehören, mittel&#x017F;t Er&#x017F;uchens der vorge-<lb/>
&#x017F;etzten Kommandobehörde erfolgen <hi rendition="#g">können</hi> <note place="foot" n="3)">Civilproz.Ordn. §. 158. 184. Die Anordnung des §. 158 beruht auf<lb/>
der ähnlichen Vor&#x017F;chrift des §. 54 des Anhangs zur Preuß. Allgem. Gerichts-<lb/>
Ordn. <hi rendition="#aq">I</hi> Tit. 7 §. 19.</note>.</p><lb/>
              <p>Zu erwähnen i&#x017F;t ferner, daß zu denjenigen Fällen, in denen<lb/>
die Aus&#x017F;etzung des Prozeßverfahrens &#x017F;tatthaft i&#x017F;t, auch der gehört,<lb/><note xml:id="seg2pn_30_2" prev="#seg2pn_30_1" place="foot" n="4)">Offiziersrang des <hi rendition="#g">Bayeri&#x017F;chen</hi> Heeres ohne Rück&#x017F;icht auf ihre Garni&#x017F;on be-<lb/>
züglich aller nach den Ge&#x017F;etzen des Wohn&#x017F;itzes zu ent&#x017F;cheidenden Rechtsverhält-<lb/>
ni&#x017F;&#x017F;en das <hi rendition="#g">Bayeri&#x017F;che Landrecht</hi> als geltendes Recht erklärt i&#x017F;t. Verordn.<lb/>
v. 16. Juni 1816. <hi rendition="#g">Roth</hi> Bayr. Civilr. <hi rendition="#aq">I</hi> S. 198.</note><lb/>
<fw place="bottom" type="sig">17*</fw><lb/></p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[259/0269] §. 90. Einfluß d. Militairdienſt-Verhältniſſes auf and. Rechtsverhältniſſe. iſt übereinſtimmend der Grundſatz anerkannt worden, daß die per- ſönlichen Verhältniſſe der Militairperſonen durch Verlegung ihres Domicils nicht verändert werden 1) und daß ihr eheliches Güterrecht, die Erbfolge in ihre Verlaſſenſchaft und die Bevormundung ihrer Hinterbliebenen ſich nach den Rechtsnormen ihrer Heimath richtet 2). Auch hinſichtlich des Bürgerlichen Prozeßverfahrens (ausgenommen die Zwangsvollſtreckung) beſtehen für Militairper- ſonen keine abweichenden Vorſchriften, mit der alleinigen Ausnahme, daß die Zuſtellungen für einen Unteroffizier oder einen Ge- meinen des aktiven Heeres oder der aktiven Marine an den Chef der zunächſt vorgeſetzten Kommandobehörde (der Kompagnie, Schwa- dron, Batterie u. ſ. w.) erfolgen müſſen, und daß Zuſtellun- gen an Perſonen, welche zu einem im Auslande befindlichen oder zu einem mobilen Truppentheile oder zur Beſatzung eines in Dienſt geſtellten Kriegsfahrzeuges gehören, mittelſt Erſuchens der vorge- ſetzten Kommandobehörde erfolgen können 3). Zu erwähnen iſt ferner, daß zu denjenigen Fällen, in denen die Ausſetzung des Prozeßverfahrens ſtatthaft iſt, auch der gehört, 4) 1) Vgl. hierzu das Urth. des Reichsoberhandelsger. v. 20. Januar 1877 Entſchdg. Bd. XXII S. 330 ff. 2) Vgl. Milit.Konvent. mit Heſſen Art. 15 Abſ. 1, mit beiden Meck- lenburg v. 1872 Art. 8. Baden Art. 15 Abſ. 1 u. 2. Oldenburg Art. 18 Abſ. 1. Waldeck Art. 5 Abſ. 3. Lübeck Art. 5 Abſ. 3 und Art. 17 Abſ. 2. Hamburg Art. 10. 27 Abſ. 2. Bremen Art. 8. 35 Abſ. 2. — Dagegen enthalten einige andere Konventionen nur die Erklärung, daß die in den betreffenden Staaten garniſonirenden Militairperſonen „den dortigen Landesgeſetzen und Rechtsnormen“ unterworfen ſind. So die Konvent. mit den Thüringiſchen Staaten 14. Anhalt 14. Schwarzburg- Sondersh. 12. Schaumburg-Lippe 11. Lippe-Detmold 12. — Auch in den Verhandlungen des Reichstages über das Militair-Geſetz iſt anerkannt worden, daß die Beurtheilung der Statusverhältniſſe ſich nach dem Recht der Heimath regelt. Stenogr. Berichte 1874 S. 877 fg. 3) Civilproz.Ordn. §. 158. 184. Die Anordnung des §. 158 beruht auf der ähnlichen Vorſchrift des §. 54 des Anhangs zur Preuß. Allgem. Gerichts- Ordn. I Tit. 7 §. 19. 4) Offiziersrang des Bayeriſchen Heeres ohne Rückſicht auf ihre Garniſon be- züglich aller nach den Geſetzen des Wohnſitzes zu entſcheidenden Rechtsverhält- niſſen das Bayeriſche Landrecht als geltendes Recht erklärt iſt. Verordn. v. 16. Juni 1816. Roth Bayr. Civilr. I S. 198. 17*

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/laband_staatsrecht0301_1880
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/laband_staatsrecht0301_1880/269
Zitationshilfe: Laband, Paul: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Bd. 3, Abt. 1. Tübingen, 1880, S. 259. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laband_staatsrecht0301_1880/269>, abgerufen am 22.11.2024.