Laband, Paul: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Bd. 3, Abt. 1. Tübingen, 1880.§. 91. Die Versorgung der Militairpersonen und ihrer Hinterbliebenen. der Handlungsfreiheit und Erwerbsthätigkeit, daß der Staat dafüreine Versorgungspflicht übernähme. Für alle Klassen des Beur- laubtenstandes ist vielmehr reichsgesetzlich der Grundsatz anerkannt, daß sie den Anspruch auf eine Invaliden-Versorgung nicht auf Grund der Dienstzeit, sondern lediglich durch eine im Militairdienst erlittene Verwundung oder Beschädigung erwerben 1). Die Erfüllung der gesetzlichen Wehrpflicht als solche Daß die Invalidität in Folge des Militairdienstes ent- Der andere Verpflichtungsgrund des Staates dagegen hat 1) Pens.Ges. §. 8. Novelle v. 4. April 1874 §. 10 Abs. 2. 2) Vgl. Bd. I S. 471 fg. Dem entspricht es, daß die Reichsgesetzgebung
von der Tendenz ausgegangen ist, für die Pensionirung der Offiziere im All- gemeinen dieselben Grundsätze wie für die Pensionirung der Reichsbeamten zur Anerkennung zu bringen. Vgl. Motive zum Pensionsges. S. 30. 32. (Drucks. des Reichtstages. 1871. I. Sess. Nro. 96.) §. 91. Die Verſorgung der Militairperſonen und ihrer Hinterbliebenen. der Handlungsfreiheit und Erwerbsthätigkeit, daß der Staat dafüreine Verſorgungspflicht übernähme. Für alle Klaſſen des Beur- laubtenſtandes iſt vielmehr reichsgeſetzlich der Grundſatz anerkannt, daß ſie den Anſpruch auf eine Invaliden-Verſorgung nicht auf Grund der Dienſtzeit, ſondern lediglich durch eine im Militairdienſt erlittene Verwundung oder Beſchädigung erwerben 1). Die Erfüllung der geſetzlichen Wehrpflicht als ſolche Daß die Invalidität in Folge des Militairdienſtes ent- Der andere Verpflichtungsgrund des Staates dagegen hat 1) Penſ.Geſ. §. 8. Novelle v. 4. April 1874 §. 10 Abſ. 2. 2) Vgl. Bd. I S. 471 fg. Dem entſpricht es, daß die Reichsgeſetzgebung
von der Tendenz ausgegangen iſt, für die Penſionirung der Offiziere im All- gemeinen dieſelben Grundſätze wie für die Penſionirung der Reichsbeamten zur Anerkennung zu bringen. Vgl. Motive zum Penſionsgeſ. S. 30. 32. (Druckſ. des Reichtstages. 1871. I. Seſſ. Nro. 96.) <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <p><pb facs="#f0289" n="279"/><fw place="top" type="header">§. 91. Die Verſorgung der Militairperſonen und ihrer Hinterbliebenen.</fw><lb/> der Handlungsfreiheit und Erwerbsthätigkeit, daß der Staat dafür<lb/> eine Verſorgungspflicht übernähme. Für alle Klaſſen des Beur-<lb/> laubtenſtandes iſt vielmehr reichsgeſetzlich der Grundſatz anerkannt,<lb/> daß ſie den Anſpruch auf eine Invaliden-Verſorgung nicht auf<lb/> Grund der Dienſtzeit, ſondern lediglich durch eine im Militairdienſt<lb/> erlittene Verwundung oder Beſchädigung erwerben <note place="foot" n="1)">Penſ.Geſ. §. 8. Novelle v. 4. April 1874 §. 10 Abſ. 2.</note>.</p><lb/> <p>Die Erfüllung der <hi rendition="#g">geſetzlichen</hi> Wehrpflicht <hi rendition="#g">als ſolche</hi><lb/> begründet daher überhaupt gar keinen Anſpruch auf Verſorgung.<lb/> Dagegen erzeugt die Erfüllung der <hi rendition="#g">berufsmäßigen</hi>, alſo<lb/> freiwillig übernommenen Dienſtpflicht einen nach Verhältniß der<lb/> Dienſtzeit bemeſſenen Verſorgungs-Anſpruch. Der Anſpruch auf<lb/> Grund der Dienſtzeit iſt demnach ſeinem juriſtiſchen Weſen nach<lb/> ein Anſpruch auf Grund des berufsmäßigen Militairdienſtes. Er<lb/> ſteht begrifflich dem Verſorgungs-Anſpruch der Beamten auf Grund<lb/> ihres berufsmäßigen Staatsdienſtes ganz gleich; er iſt wie dieſer<lb/> ein Anſpruch auf Fortgewährung des ſtandesmäßigen Lebensunter-<lb/> haltes auch für die Zeit, in welcher die wirkliche Leiſtung der<lb/> Militairdienſte wegen Invalidität nicht mehr erfolgen kann <note place="foot" n="2)">Vgl. Bd. <hi rendition="#aq">I</hi> S. 471 fg. Dem entſpricht es, daß die Reichsgeſetzgebung<lb/> von der Tendenz ausgegangen iſt, für die Penſionirung der Offiziere im All-<lb/> gemeinen dieſelben Grundſätze wie für die Penſionirung der Reichsbeamten<lb/> zur Anerkennung zu bringen. Vgl. <hi rendition="#g">Motive</hi> zum Penſionsgeſ. S. 30. 32.<lb/> (Druckſ. des Reichtstages. 1871. <hi rendition="#aq">I.</hi> Seſſ. Nro. 96.)</note>.</p><lb/> <p>Daß die Invalidität <hi rendition="#g">in Folge</hi> des Militairdienſtes ent-<lb/> ſtanden ſei, iſt keine Vorausſetzung dieſes Anſpruchs.</p><lb/> <p>Der andere Verpflichtungsgrund des Staates dagegen hat<lb/> keinen Zuſammenhang mit dem Rechtsgrund der Dienſtpflicht, ſon-<lb/> dern mit der thatſächlichen Beſchaffenheit der Dienſte, mit ihrer<lb/> Gefährlichkeit für die Geſundheit und Erwerbsfähigkeit. Der Staat<lb/> erkennt die Verpflichtung an, für die bei Ausübung des aktiven<lb/> Militairdienſtes erlittenen Beſchädigungen einen pekuniären Erſatz<lb/> zu leiſten, das von ihm aufgenöthigte <hi rendition="#aq">periculum</hi> — wenigſtens<lb/> theilweiſe — zu übernehmen. Dies findet ganz gleichmäßige An-<lb/> wendung auf alle Perſonen, welche ſich den mit dem Militairdienſt<lb/> verbundenen Gefahren ausſetzen müſſen, gleichviel ob ſie die Ver-<lb/> pflichtung hierzu freiwillig (vertragsmäßig) übernommen haben oder<lb/> ob ſie ihnen durch Geſetz auferlegt worden iſt. Dieſe Entſchädi-<lb/></p> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [279/0289]
§. 91. Die Verſorgung der Militairperſonen und ihrer Hinterbliebenen.
der Handlungsfreiheit und Erwerbsthätigkeit, daß der Staat dafür
eine Verſorgungspflicht übernähme. Für alle Klaſſen des Beur-
laubtenſtandes iſt vielmehr reichsgeſetzlich der Grundſatz anerkannt,
daß ſie den Anſpruch auf eine Invaliden-Verſorgung nicht auf
Grund der Dienſtzeit, ſondern lediglich durch eine im Militairdienſt
erlittene Verwundung oder Beſchädigung erwerben 1).
Die Erfüllung der geſetzlichen Wehrpflicht als ſolche
begründet daher überhaupt gar keinen Anſpruch auf Verſorgung.
Dagegen erzeugt die Erfüllung der berufsmäßigen, alſo
freiwillig übernommenen Dienſtpflicht einen nach Verhältniß der
Dienſtzeit bemeſſenen Verſorgungs-Anſpruch. Der Anſpruch auf
Grund der Dienſtzeit iſt demnach ſeinem juriſtiſchen Weſen nach
ein Anſpruch auf Grund des berufsmäßigen Militairdienſtes. Er
ſteht begrifflich dem Verſorgungs-Anſpruch der Beamten auf Grund
ihres berufsmäßigen Staatsdienſtes ganz gleich; er iſt wie dieſer
ein Anſpruch auf Fortgewährung des ſtandesmäßigen Lebensunter-
haltes auch für die Zeit, in welcher die wirkliche Leiſtung der
Militairdienſte wegen Invalidität nicht mehr erfolgen kann 2).
Daß die Invalidität in Folge des Militairdienſtes ent-
ſtanden ſei, iſt keine Vorausſetzung dieſes Anſpruchs.
Der andere Verpflichtungsgrund des Staates dagegen hat
keinen Zuſammenhang mit dem Rechtsgrund der Dienſtpflicht, ſon-
dern mit der thatſächlichen Beſchaffenheit der Dienſte, mit ihrer
Gefährlichkeit für die Geſundheit und Erwerbsfähigkeit. Der Staat
erkennt die Verpflichtung an, für die bei Ausübung des aktiven
Militairdienſtes erlittenen Beſchädigungen einen pekuniären Erſatz
zu leiſten, das von ihm aufgenöthigte periculum — wenigſtens
theilweiſe — zu übernehmen. Dies findet ganz gleichmäßige An-
wendung auf alle Perſonen, welche ſich den mit dem Militairdienſt
verbundenen Gefahren ausſetzen müſſen, gleichviel ob ſie die Ver-
pflichtung hierzu freiwillig (vertragsmäßig) übernommen haben oder
ob ſie ihnen durch Geſetz auferlegt worden iſt. Dieſe Entſchädi-
1) Penſ.Geſ. §. 8. Novelle v. 4. April 1874 §. 10 Abſ. 2.
2) Vgl. Bd. I S. 471 fg. Dem entſpricht es, daß die Reichsgeſetzgebung
von der Tendenz ausgegangen iſt, für die Penſionirung der Offiziere im All-
gemeinen dieſelben Grundſätze wie für die Penſionirung der Reichsbeamten
zur Anerkennung zu bringen. Vgl. Motive zum Penſionsgeſ. S. 30. 32.
(Druckſ. des Reichtstages. 1871. I. Seſſ. Nro. 96.)
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |