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Laband, Paul: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Bd. 3, Abt. 1. Tübingen, 1880.

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§. 91. Die Versorgung der Militairpersonen und ihrer Hinterbliebenen.
gungs-Ansprüche sind demnach auch nicht durch eine Dienstzeit von
bestimmter Dauer bedingt 1). Bei einer consequenten Durchfüh-
rung des Rechtsgedankens, auf welchem diese Ansprüche beruhen,
müßte auch das Maß der Entschädigung von der Länge der Dienst-
zeit unabhängig sein und sich allein nach der Schwere der Beschä-
digung und dem Grade der Erwerbsstörung bestimmen. Allein
praktisch ist dies nur für die durch den Krieg herbeigeführte
Invalidität und außerdem für die Fälle schwerer Beschädigungen
insoweit festgehalten, als in diesen Fällen ohne alle Rücksicht auf
die Dienstzeit bestimmte Erhöhungen der Pension gewährt werden 2).
In den übrigen Fällen bestimmt sich die Höhe der Pension, auch
wenn sie auf Grund der Dienstbeschädigung beansprucht wird, nach
der Dienstzeit; denn eine Abschätzung der durch die Dienstbeschädi-
gung eingetretenen Erwerbsstörungen ist praktisch unausführbar.

Zur Begründung dieser Ansprüche ist der Causalzusammen-
hang zwischen der Leistung des Militairdienstes und der eingetre-
tenen Beschädigung wesentliche Voraussetzung. Derselbe wird durch
die Bezeichnung der Beschädigung als Dienstbeschädigung angedeu-
tet. Ein solcher Causalzusammenhang ist vorhanden zunächst bei
jeder Verwundung und anderen äußeren Beschädigung, welche
bei Ausübung des aktiven Militairdienstes im Kriege oder Frieden
ohne eigene Verschuldung erlitten worden ist 3). Als Dienstbe-
schädigung gilt aber ferner jede anderweite, nachweisbar durch die
Eigenthümlichkeiten des Militäirdienstes, sowie durch epidemische
oder endemische Krankheiten, welche an dem zum dienstlichen Auf-
enthalt angewiesenen Orte herrschen (insbesondere durch die kon-
tagiöse Augenkrankheit) hervorgerufene bleibende Störung der Ge-
sundheit 4). Diese Störung muß der obigen Ausführung gemäß

1) Pens.Ges. §. 2 Abs. 2. §. 58 Abs. 1.
2) Pens.Ges. §. 12. §. 13. §. 66 ff. §. 71. 72.
3) Pens.Ges. §. 2 Abs. 2. §. 3 Ziff. a. §. 50 Zfff. a u. b. Es ist nicht
erforderlich, daß die Beschädigung durch den Militairdienst erfolgt ist; es ge-
nügt, daß sie im aktiven Dienst während Ausübung einer dienstlichen Hand-
lung erlitten worden ist. Beschluß des Bundesrathes v. 5. Dez. 1874. Erl.
des Preuß. Kriegsminist. v. 20. Januar 1875.
4) Pens.Ges. §. 3 Ziff. b. §. 59 Ziff. c u. d. -- "Die Unterscheidung der
[ - 2 Zeichen fehlen]ßeren von der inneren Dienstbeschädigung wird durch die Entstehungs-
[ - 3 Zeichen fehlen]ache bedingt, insofern alle durch von außen kommende mechanische Ein-
[ - 4 Zeichen fehlen]ungen (Verwundung, Stoß, Schlag, Sturz u. a.) entstandene Leiden selbst

§. 91. Die Verſorgung der Militairperſonen und ihrer Hinterbliebenen.
gungs-Anſprüche ſind demnach auch nicht durch eine Dienſtzeit von
beſtimmter Dauer bedingt 1). Bei einer conſequenten Durchfüh-
rung des Rechtsgedankens, auf welchem dieſe Anſprüche beruhen,
müßte auch das Maß der Entſchädigung von der Länge der Dienſt-
zeit unabhängig ſein und ſich allein nach der Schwere der Beſchä-
digung und dem Grade der Erwerbsſtörung beſtimmen. Allein
praktiſch iſt dies nur für die durch den Krieg herbeigeführte
Invalidität und außerdem für die Fälle ſchwerer Beſchädigungen
inſoweit feſtgehalten, als in dieſen Fällen ohne alle Rückſicht auf
die Dienſtzeit beſtimmte Erhöhungen der Penſion gewährt werden 2).
In den übrigen Fällen beſtimmt ſich die Höhe der Penſion, auch
wenn ſie auf Grund der Dienſtbeſchädigung beanſprucht wird, nach
der Dienſtzeit; denn eine Abſchätzung der durch die Dienſtbeſchädi-
gung eingetretenen Erwerbsſtörungen iſt praktiſch unausführbar.

Zur Begründung dieſer Anſprüche iſt der Cauſalzuſammen-
hang zwiſchen der Leiſtung des Militairdienſtes und der eingetre-
tenen Beſchädigung weſentliche Vorausſetzung. Derſelbe wird durch
die Bezeichnung der Beſchädigung als Dienſtbeſchädigung angedeu-
tet. Ein ſolcher Cauſalzuſammenhang iſt vorhanden zunächſt bei
jeder Verwundung und anderen äußeren Beſchädigung, welche
bei Ausübung des aktiven Militairdienſtes im Kriege oder Frieden
ohne eigene Verſchuldung erlitten worden iſt 3). Als Dienſtbe-
ſchädigung gilt aber ferner jede anderweite, nachweisbar durch die
Eigenthümlichkeiten des Militäirdienſtes, ſowie durch epidemiſche
oder endemiſche Krankheiten, welche an dem zum dienſtlichen Auf-
enthalt angewieſenen Orte herrſchen (insbeſondere durch die kon-
tagiöſe Augenkrankheit) hervorgerufene bleibende Störung der Ge-
ſundheit 4). Dieſe Störung muß der obigen Ausführung gemäß

1) Penſ.Geſ. §. 2 Abſ. 2. §. 58 Abſ. 1.
2) Penſ.Geſ. §. 12. §. 13. §. 66 ff. §. 71. 72.
3) Penſ.Geſ. §. 2 Abſ. 2. §. 3 Ziff. a. §. 50 Zfff. a u. b. Es iſt nicht
erforderlich, daß die Beſchädigung durch den Militairdienſt erfolgt iſt; es ge-
nügt, daß ſie im aktiven Dienſt während Ausübung einer dienſtlichen Hand-
lung erlitten worden iſt. Beſchluß des Bundesrathes v. 5. Dez. 1874. Erl.
des Preuß. Kriegsminiſt. v. 20. Januar 1875.
4) Penſ.Geſ. §. 3 Ziff. b. §. 59 Ziff. c u. d. — „Die Unterſcheidung der
[ – 2 Zeichen fehlen]ßeren von der inneren Dienſtbeſchädigung wird durch die Entſtehungs-
[ – 3 Zeichen fehlen]ache bedingt, inſofern alle durch von außen kommende mechaniſche Ein-
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[280/0290] §. 91. Die Verſorgung der Militairperſonen und ihrer Hinterbliebenen. gungs-Anſprüche ſind demnach auch nicht durch eine Dienſtzeit von beſtimmter Dauer bedingt 1). Bei einer conſequenten Durchfüh- rung des Rechtsgedankens, auf welchem dieſe Anſprüche beruhen, müßte auch das Maß der Entſchädigung von der Länge der Dienſt- zeit unabhängig ſein und ſich allein nach der Schwere der Beſchä- digung und dem Grade der Erwerbsſtörung beſtimmen. Allein praktiſch iſt dies nur für die durch den Krieg herbeigeführte Invalidität und außerdem für die Fälle ſchwerer Beſchädigungen inſoweit feſtgehalten, als in dieſen Fällen ohne alle Rückſicht auf die Dienſtzeit beſtimmte Erhöhungen der Penſion gewährt werden 2). In den übrigen Fällen beſtimmt ſich die Höhe der Penſion, auch wenn ſie auf Grund der Dienſtbeſchädigung beanſprucht wird, nach der Dienſtzeit; denn eine Abſchätzung der durch die Dienſtbeſchädi- gung eingetretenen Erwerbsſtörungen iſt praktiſch unausführbar. Zur Begründung dieſer Anſprüche iſt der Cauſalzuſammen- hang zwiſchen der Leiſtung des Militairdienſtes und der eingetre- tenen Beſchädigung weſentliche Vorausſetzung. Derſelbe wird durch die Bezeichnung der Beſchädigung als Dienſtbeſchädigung angedeu- tet. Ein ſolcher Cauſalzuſammenhang iſt vorhanden zunächſt bei jeder Verwundung und anderen äußeren Beſchädigung, welche bei Ausübung des aktiven Militairdienſtes im Kriege oder Frieden ohne eigene Verſchuldung erlitten worden iſt 3). Als Dienſtbe- ſchädigung gilt aber ferner jede anderweite, nachweisbar durch die Eigenthümlichkeiten des Militäirdienſtes, ſowie durch epidemiſche oder endemiſche Krankheiten, welche an dem zum dienſtlichen Auf- enthalt angewieſenen Orte herrſchen (insbeſondere durch die kon- tagiöſe Augenkrankheit) hervorgerufene bleibende Störung der Ge- ſundheit 4). Dieſe Störung muß der obigen Ausführung gemäß 1) Penſ.Geſ. §. 2 Abſ. 2. §. 58 Abſ. 1. 2) Penſ.Geſ. §. 12. §. 13. §. 66 ff. §. 71. 72. 3) Penſ.Geſ. §. 2 Abſ. 2. §. 3 Ziff. a. §. 50 Zfff. a u. b. Es iſt nicht erforderlich, daß die Beſchädigung durch den Militairdienſt erfolgt iſt; es ge- nügt, daß ſie im aktiven Dienſt während Ausübung einer dienſtlichen Hand- lung erlitten worden iſt. Beſchluß des Bundesrathes v. 5. Dez. 1874. Erl. des Preuß. Kriegsminiſt. v. 20. Januar 1875. 4) Penſ.Geſ. §. 3 Ziff. b. §. 59 Ziff. c u. d. — „Die Unterſcheidung der __ßeren von der inneren Dienſtbeſchädigung wird durch die Entſtehungs- ___ache bedingt, inſofern alle durch von außen kommende mechaniſche Ein- ____ungen (Verwundung, Stoß, Schlag, Sturz u. a.) entſtandene Leiden ſelbſt

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Zitationshilfe: Laband, Paul: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Bd. 3, Abt. 1. Tübingen, 1880, S. 280. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laband_staatsrecht0301_1880/290>, abgerufen am 22.11.2024.