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Laband, Paul: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Bd. 3, Abt. 1. Tübingen, 1880.

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§. 91. Die Versorgung der Militairpersonen und ihrer Hinterbliebenen.
bei Ausstellung von Attesten ist von dem Preuß. Kriegsministerium
am 8. April 1877 eine ausführliche Dienstanweisung erlassen
worden 1).

Ist die Beschädigung von der Art, daß eine Besserung des
Zustandes erwartet werden kann, so wird die Versorgung nur auf
Zeit bis zur Wiederherstellung der Dienstfähigkeit resp. Erwerbs-
fähigkeit bewilligt, sofern nicht bereits die zum Pensionsanspruch
berechtigende Dienstzeit von 10 beziehentl. 8 Jahren vollendet ist 2).
Offizieren (mit Einschluß der Sanitäts-Offiziere) wird jedoch die
Pension stets auf Lebenszeit gewährt, wenn die Ursache der In-
validität in einer vor dem Feinde erlittenen Verwundung oder
äußerlichen Beschädigung beruht 3). Auf die Temporärinvaliden
der Unterklassen sind die Vorschriften des Pensionsgesetzes so lange
ohne Einschränkung maßgebend, bis ihrem Zustande nach definitiv
über sie entschieden wird, und sie bleiben versorgungsberechtigt bis
zur Rückkehr der Felddienst fähigkeit 4).

Den Soldaten, welche sich in der zweiten Klasse des Solda-
tenstandes befinden, ist ein Rechtsanspruch auf Invalidenversorgung
nur in dem Falle zugestanden, wenn sie vor dem Feinde verwun-
det und in Folge dessen invalide sind. Den übrigen Soldaten
der zweiten Klasse kann jedoch im Falle der Bedürftigkeit unter
beschränkenden Voraussetzungen eine Unterstützung gewährt wer-
den 5).

3. Obgleich der militairische Rang des Versorgungsberechtig-
ten für die juristische Begründung und den Rechtscharakter des
Versorgungsanspruchs unerheblich und nur für die Höhe des Pen-

1) Die wichtigsten Bestimmungen derselben sind abgedruckt in: die Mili-
tairgesetze des Deutschen Reichs. Bd. II. Abth. V S. 90 ff. Weder im Armee-
V.Bl. noch im Centralblatt des D. R. ist dieses Reglement bekannt gemacht
worden.
2) Pens.Ges. §. 4 Abs. 1. §. 63.
3) Pens.Ges. §. 4 Abs. 2. Auf Offiziere des Beurlaubtenstandes findet
diese Bestimmung ebenfalls Anwendung. Vgl. Erl. des Preuß. Kriegsminist.
v. 24. April 1872. (Militairgesetze u. s. w. Bd. II. Abth. V S. 6.)
4) Pens.Ges. §. 86. Nov. v. 4. April 1874 §. 13 Ziff. 3. Wenn sie also
wieder völlig erwerbsfähig, jedoch nicht felddienstfähig werden, so verbleibt
ihnen die einmal zugebilligte Pension. -- Die sehr unklare Fassung des Ge-
setzes wird mit Recht von Seydel in Hirth's Annalen 1875 S. 74 getadelt.
5) Pens.Ges. §. 80.

§. 91. Die Verſorgung der Militairperſonen und ihrer Hinterbliebenen.
bei Ausſtellung von Atteſten iſt von dem Preuß. Kriegsminiſterium
am 8. April 1877 eine ausführliche Dienſtanweiſung erlaſſen
worden 1).

Iſt die Beſchädigung von der Art, daß eine Beſſerung des
Zuſtandes erwartet werden kann, ſo wird die Verſorgung nur auf
Zeit bis zur Wiederherſtellung der Dienſtfähigkeit reſp. Erwerbs-
fähigkeit bewilligt, ſofern nicht bereits die zum Penſionsanſpruch
berechtigende Dienſtzeit von 10 beziehentl. 8 Jahren vollendet iſt 2).
Offizieren (mit Einſchluß der Sanitäts-Offiziere) wird jedoch die
Penſion ſtets auf Lebenszeit gewährt, wenn die Urſache der In-
validität in einer vor dem Feinde erlittenen Verwundung oder
äußerlichen Beſchädigung beruht 3). Auf die Temporärinvaliden
der Unterklaſſen ſind die Vorſchriften des Penſionsgeſetzes ſo lange
ohne Einſchränkung maßgebend, bis ihrem Zuſtande nach definitiv
über ſie entſchieden wird, und ſie bleiben verſorgungsberechtigt bis
zur Rückkehr der Felddienſt fähigkeit 4).

Den Soldaten, welche ſich in der zweiten Klaſſe des Solda-
tenſtandes befinden, iſt ein Rechtsanſpruch auf Invalidenverſorgung
nur in dem Falle zugeſtanden, wenn ſie vor dem Feinde verwun-
det und in Folge deſſen invalide ſind. Den übrigen Soldaten
der zweiten Klaſſe kann jedoch im Falle der Bedürftigkeit unter
beſchränkenden Vorausſetzungen eine Unterſtützung gewährt wer-
den 5).

3. Obgleich der militairiſche Rang des Verſorgungsberechtig-
ten für die juriſtiſche Begründung und den Rechtscharakter des
Verſorgungsanſpruchs unerheblich und nur für die Höhe des Pen-

1) Die wichtigſten Beſtimmungen derſelben ſind abgedruckt in: die Mili-
tairgeſetze des Deutſchen Reichs. Bd. II. Abth. V S. 90 ff. Weder im Armee-
V.Bl. noch im Centralblatt des D. R. iſt dieſes Reglement bekannt gemacht
worden.
2) Penſ.Geſ. §. 4 Abſ. 1. §. 63.
3) Penſ.Geſ. §. 4 Abſ. 2. Auf Offiziere des Beurlaubtenſtandes findet
dieſe Beſtimmung ebenfalls Anwendung. Vgl. Erl. des Preuß. Kriegsminiſt.
v. 24. April 1872. (Militairgeſetze u. ſ. w. Bd. II. Abth. V S. 6.)
4) Penſ.Geſ. §. 86. Nov. v. 4. April 1874 §. 13 Ziff. 3. Wenn ſie alſo
wieder völlig erwerbsfähig, jedoch nicht felddienſtfähig werden, ſo verbleibt
ihnen die einmal zugebilligte Penſion. — Die ſehr unklare Faſſung des Ge-
ſetzes wird mit Recht von Seydel in Hirth’s Annalen 1875 S. 74 getadelt.
5) Penſ.Geſ. §. 80.
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[282/0292] §. 91. Die Verſorgung der Militairperſonen und ihrer Hinterbliebenen. bei Ausſtellung von Atteſten iſt von dem Preuß. Kriegsminiſterium am 8. April 1877 eine ausführliche Dienſtanweiſung erlaſſen worden 1). Iſt die Beſchädigung von der Art, daß eine Beſſerung des Zuſtandes erwartet werden kann, ſo wird die Verſorgung nur auf Zeit bis zur Wiederherſtellung der Dienſtfähigkeit reſp. Erwerbs- fähigkeit bewilligt, ſofern nicht bereits die zum Penſionsanſpruch berechtigende Dienſtzeit von 10 beziehentl. 8 Jahren vollendet iſt 2). Offizieren (mit Einſchluß der Sanitäts-Offiziere) wird jedoch die Penſion ſtets auf Lebenszeit gewährt, wenn die Urſache der In- validität in einer vor dem Feinde erlittenen Verwundung oder äußerlichen Beſchädigung beruht 3). Auf die Temporärinvaliden der Unterklaſſen ſind die Vorſchriften des Penſionsgeſetzes ſo lange ohne Einſchränkung maßgebend, bis ihrem Zuſtande nach definitiv über ſie entſchieden wird, und ſie bleiben verſorgungsberechtigt bis zur Rückkehr der Felddienſt fähigkeit 4). Den Soldaten, welche ſich in der zweiten Klaſſe des Solda- tenſtandes befinden, iſt ein Rechtsanſpruch auf Invalidenverſorgung nur in dem Falle zugeſtanden, wenn ſie vor dem Feinde verwun- det und in Folge deſſen invalide ſind. Den übrigen Soldaten der zweiten Klaſſe kann jedoch im Falle der Bedürftigkeit unter beſchränkenden Vorausſetzungen eine Unterſtützung gewährt wer- den 5). 3. Obgleich der militairiſche Rang des Verſorgungsberechtig- ten für die juriſtiſche Begründung und den Rechtscharakter des Verſorgungsanſpruchs unerheblich und nur für die Höhe des Pen- 1) Die wichtigſten Beſtimmungen derſelben ſind abgedruckt in: die Mili- tairgeſetze des Deutſchen Reichs. Bd. II. Abth. V S. 90 ff. Weder im Armee- V.Bl. noch im Centralblatt des D. R. iſt dieſes Reglement bekannt gemacht worden. 2) Penſ.Geſ. §. 4 Abſ. 1. §. 63. 3) Penſ.Geſ. §. 4 Abſ. 2. Auf Offiziere des Beurlaubtenſtandes findet dieſe Beſtimmung ebenfalls Anwendung. Vgl. Erl. des Preuß. Kriegsminiſt. v. 24. April 1872. (Militairgeſetze u. ſ. w. Bd. II. Abth. V S. 6.) 4) Penſ.Geſ. §. 86. Nov. v. 4. April 1874 §. 13 Ziff. 3. Wenn ſie alſo wieder völlig erwerbsfähig, jedoch nicht felddienſtfähig werden, ſo verbleibt ihnen die einmal zugebilligte Penſion. — Die ſehr unklare Faſſung des Ge- ſetzes wird mit Recht von Seydel in Hirth’s Annalen 1875 S. 74 getadelt. 5) Penſ.Geſ. §. 80.

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Zitationshilfe: Laband, Paul: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Bd. 3, Abt. 1. Tübingen, 1880, S. 282. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laband_staatsrecht0301_1880/292>, abgerufen am 22.11.2024.