Laband, Paul: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Bd. 3, Abt. 1. Tübingen, 1880.§. 91. Die Versorgung der Militairpersonen und ihrer Hinterbliebenen. Ob auch die Zeit des Gemeinde-, Kirchen-, Schul- oder landes-herrl. Haus- oder Hofdienstes anzurechnen sei, ist dem Befinden der obersten Militairverwaltung des Kontingents überlassen, in keinem Falle aber ist eine doppelte Anrechnung desselben Zeitraums statthaft 1). Außer Ansatz bleibt die Dienstzeit, welche vor den Beginn des 18. Lebensjahres fällt, sofern sie nicht während der Dauer eines Krieges bei einem mobilen oder Ersatztruppentheile abgeleistet ist 2), ferner die Zeit eines Festungsarrestes von ein- jähriger und längerer Dauer und die Zeit der Kriegsgefangen- schaft 3). Bei den zur Marine gehörenden Personen wird jedoch die Zeit, die sie im aktiven Marinedienste zugebracht haben, von dem Zeitpunkt der ersten Einschiffung ab in Anrechnung gebracht, auch wenn derselbe vor den für den Beginn der pensionsberechti- genden Dienstzeit vorgeschriebenen Termin fällt und die Fahrzeit auf der Handelsflotte vom 18. Lebensjahre an bis zum Eintritt in die Kriegsmarine wird zur Hälfte auf die Dienstzeit ange- rechnet 4). Für jeden Feldzug, an welchem eine Militairperson (ausge- 1) Pens.Ges. §. 20. Ob die im Dienste eines dem Reiche nicht angehören- den Staates verbrachte Zeit anzurechnen ist, hängt ebenfalls von der Genehmi- gung der obersten Militairverwaltungsbehörde des Kontingentes ab. Pens.- Ges. §. 25. 2) Pens.Ges. §. 22. 3) Pens.Ges. §. 24. Unter besonderen Umständen kann jedoch die Zeit des Festungsarrestes mit Genehmigung des Kontingentsherrn, die Zeit der Kriegsgefangenschaft mit Genehmigung des Kaisers angerechnet werden. eod. Abs. 2. Diese Genehmigung ist hinsichtlich der während des Krieges von 1870/71 in Französ. Kriegsgefangenschaft gerathenen Militairpersonen ertheilt worden durch die Kab.Ordre v. 18. Mai 1871 (A.V.Bl. S. 113). 4) Pens.Ges. §. 54. Nov. v. 4. April 1874 §. 9. Vgl. über die legislator. Gründe für diese Begünstigung die Motive zum Pensionsges. S. 42 fg. 5) Pens.Ges. §. 23. Ob eine militairische Unternehmung als "ein Feld-
zug" anzusehen ist und ob bei größeren Kriegen mehrere Kriegsjahre in An- rechnung kommen sollen, wird in jedem einzelnen Falle durch Kaiserl. Anord- nung bestimmt. Für die Vergangenheit sind die in den einzelnen Bundes- §. 91. Die Verſorgung der Militairperſonen und ihrer Hinterbliebenen. Ob auch die Zeit des Gemeinde-, Kirchen-, Schul- oder landes-herrl. Haus- oder Hofdienſtes anzurechnen ſei, iſt dem Befinden der oberſten Militairverwaltung des Kontingents überlaſſen, in keinem Falle aber iſt eine doppelte Anrechnung desſelben Zeitraums ſtatthaft 1). Außer Anſatz bleibt die Dienſtzeit, welche vor den Beginn des 18. Lebensjahres fällt, ſofern ſie nicht während der Dauer eines Krieges bei einem mobilen oder Erſatztruppentheile abgeleiſtet iſt 2), ferner die Zeit eines Feſtungsarreſtes von ein- jähriger und längerer Dauer und die Zeit der Kriegsgefangen- ſchaft 3). Bei den zur Marine gehörenden Perſonen wird jedoch die Zeit, die ſie im aktiven Marinedienſte zugebracht haben, von dem Zeitpunkt der erſten Einſchiffung ab in Anrechnung gebracht, auch wenn derſelbe vor den für den Beginn der penſionsberechti- genden Dienſtzeit vorgeſchriebenen Termin fällt und die Fahrzeit auf der Handelsflotte vom 18. Lebensjahre an bis zum Eintritt in die Kriegsmarine wird zur Hälfte auf die Dienſtzeit ange- rechnet 4). Für jeden Feldzug, an welchem eine Militairperſon (ausge- 1) Penſ.Geſ. §. 20. Ob die im Dienſte eines dem Reiche nicht angehören- den Staates verbrachte Zeit anzurechnen iſt, hängt ebenfalls von der Genehmi- gung der oberſten Militairverwaltungsbehörde des Kontingentes ab. Penſ.- Geſ. §. 25. 2) Penſ.Geſ. §. 22. 3) Penſ.Geſ. §. 24. Unter beſonderen Umſtänden kann jedoch die Zeit des Feſtungsarreſtes mit Genehmigung des Kontingentsherrn, die Zeit der Kriegsgefangenſchaft mit Genehmigung des Kaiſers angerechnet werden. eod. Abſ. 2. Dieſe Genehmigung iſt hinſichtlich der während des Krieges von 1870/71 in Franzöſ. Kriegsgefangenſchaft gerathenen Militairperſonen ertheilt worden durch die Kab.Ordre v. 18. Mai 1871 (A.V.Bl. S. 113). 4) Penſ.Geſ. §. 54. Nov. v. 4. April 1874 §. 9. Vgl. über die legislator. Gründe für dieſe Begünſtigung die Motive zum Penſionsgeſ. S. 42 fg. 5) Penſ.Geſ. §. 23. Ob eine militairiſche Unternehmung als „ein Feld-
zug“ anzuſehen iſt und ob bei größeren Kriegen mehrere Kriegsjahre in An- rechnung kommen ſollen, wird in jedem einzelnen Falle durch Kaiſerl. Anord- nung beſtimmt. Für die Vergangenheit ſind die in den einzelnen Bundes- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <p><pb facs="#f0295" n="285"/><fw place="top" type="header">§. 91. Die Verſorgung der Militairperſonen und ihrer Hinterbliebenen.</fw><lb/> Ob auch die Zeit des Gemeinde-, Kirchen-, Schul- oder landes-<lb/> herrl. Haus- oder Hofdienſtes anzurechnen ſei, iſt dem Befinden<lb/> der oberſten Militairverwaltung des Kontingents überlaſſen, in<lb/> keinem Falle aber iſt eine doppelte Anrechnung desſelben Zeitraums<lb/> ſtatthaft <note place="foot" n="1)">Penſ.Geſ. §. 20. Ob die im Dienſte eines dem Reiche nicht angehören-<lb/> den Staates verbrachte Zeit anzurechnen iſt, hängt ebenfalls von der Genehmi-<lb/> gung der oberſten Militairverwaltungsbehörde des Kontingentes ab. Penſ.-<lb/> Geſ. §. 25.</note>. Außer Anſatz bleibt die Dienſtzeit, welche vor den<lb/> Beginn des 18. Lebensjahres fällt, ſofern ſie nicht während der<lb/> Dauer eines Krieges bei einem mobilen oder Erſatztruppentheile<lb/> abgeleiſtet iſt <note place="foot" n="2)">Penſ.Geſ. §. 22.</note>, ferner die Zeit eines Feſtungsarreſtes von ein-<lb/> jähriger und längerer Dauer und die Zeit der Kriegsgefangen-<lb/> ſchaft <note place="foot" n="3)">Penſ.Geſ. §. 24. Unter beſonderen Umſtänden kann jedoch die Zeit<lb/> des Feſtungsarreſtes mit Genehmigung des Kontingentsherrn, die Zeit der<lb/> Kriegsgefangenſchaft mit Genehmigung des Kaiſers angerechnet werden. <hi rendition="#aq">eod.</hi><lb/> Abſ. 2. Dieſe Genehmigung iſt hinſichtlich der während des Krieges von<lb/> 1870/71 in Franzöſ. Kriegsgefangenſchaft gerathenen Militairperſonen ertheilt<lb/> worden durch die Kab.Ordre v. 18. Mai 1871 (A.V.Bl. S. 113).</note>. Bei den zur Marine gehörenden Perſonen wird jedoch<lb/> die Zeit, die ſie im aktiven Marinedienſte zugebracht haben, von<lb/> dem Zeitpunkt der erſten Einſchiffung ab in Anrechnung gebracht,<lb/> auch wenn derſelbe vor den für den Beginn der penſionsberechti-<lb/> genden Dienſtzeit vorgeſchriebenen Termin fällt und die Fahrzeit<lb/> auf der Handelsflotte vom 18. Lebensjahre an bis zum Eintritt<lb/> in die Kriegsmarine wird zur Hälfte auf die Dienſtzeit ange-<lb/> rechnet <note place="foot" n="4)">Penſ.Geſ. §. 54. Nov. v. 4. April 1874 §. 9. Vgl. über die legislator.<lb/> Gründe für dieſe Begünſtigung die <hi rendition="#g">Motive</hi> zum Penſionsgeſ. S. 42 fg.</note>.</p><lb/> <p>Für jeden Feldzug, an welchem eine Militairperſon (ausge-<lb/> nommen Militairbeamte) derart theilgenommen hat, daß ſie wirk-<lb/> lich vor den Feind gekommen oder bei den mobilen Truppen an-<lb/> geſtellt geweſen und mit dieſen in das Feld gerückt iſt, wird zu<lb/> der wirklichen Dauer der Dienſtzeit ein Jahr zugerechnet <note xml:id="seg2pn_35_1" next="#seg2pn_35_2" place="foot" n="5)">Penſ.Geſ. §. 23. Ob eine militairiſche Unternehmung als „ein Feld-<lb/> zug“ anzuſehen iſt und ob bei größeren Kriegen mehrere Kriegsjahre in An-<lb/> rechnung kommen ſollen, wird in jedem einzelnen Falle durch Kaiſerl. Anord-<lb/> nung beſtimmt. Für die Vergangenheit ſind die in den einzelnen Bundes-</note>. Für<lb/></p> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [285/0295]
§. 91. Die Verſorgung der Militairperſonen und ihrer Hinterbliebenen.
Ob auch die Zeit des Gemeinde-, Kirchen-, Schul- oder landes-
herrl. Haus- oder Hofdienſtes anzurechnen ſei, iſt dem Befinden
der oberſten Militairverwaltung des Kontingents überlaſſen, in
keinem Falle aber iſt eine doppelte Anrechnung desſelben Zeitraums
ſtatthaft 1). Außer Anſatz bleibt die Dienſtzeit, welche vor den
Beginn des 18. Lebensjahres fällt, ſofern ſie nicht während der
Dauer eines Krieges bei einem mobilen oder Erſatztruppentheile
abgeleiſtet iſt 2), ferner die Zeit eines Feſtungsarreſtes von ein-
jähriger und längerer Dauer und die Zeit der Kriegsgefangen-
ſchaft 3). Bei den zur Marine gehörenden Perſonen wird jedoch
die Zeit, die ſie im aktiven Marinedienſte zugebracht haben, von
dem Zeitpunkt der erſten Einſchiffung ab in Anrechnung gebracht,
auch wenn derſelbe vor den für den Beginn der penſionsberechti-
genden Dienſtzeit vorgeſchriebenen Termin fällt und die Fahrzeit
auf der Handelsflotte vom 18. Lebensjahre an bis zum Eintritt
in die Kriegsmarine wird zur Hälfte auf die Dienſtzeit ange-
rechnet 4).
Für jeden Feldzug, an welchem eine Militairperſon (ausge-
nommen Militairbeamte) derart theilgenommen hat, daß ſie wirk-
lich vor den Feind gekommen oder bei den mobilen Truppen an-
geſtellt geweſen und mit dieſen in das Feld gerückt iſt, wird zu
der wirklichen Dauer der Dienſtzeit ein Jahr zugerechnet 5). Für
1) Penſ.Geſ. §. 20. Ob die im Dienſte eines dem Reiche nicht angehören-
den Staates verbrachte Zeit anzurechnen iſt, hängt ebenfalls von der Genehmi-
gung der oberſten Militairverwaltungsbehörde des Kontingentes ab. Penſ.-
Geſ. §. 25.
2) Penſ.Geſ. §. 22.
3) Penſ.Geſ. §. 24. Unter beſonderen Umſtänden kann jedoch die Zeit
des Feſtungsarreſtes mit Genehmigung des Kontingentsherrn, die Zeit der
Kriegsgefangenſchaft mit Genehmigung des Kaiſers angerechnet werden. eod.
Abſ. 2. Dieſe Genehmigung iſt hinſichtlich der während des Krieges von
1870/71 in Franzöſ. Kriegsgefangenſchaft gerathenen Militairperſonen ertheilt
worden durch die Kab.Ordre v. 18. Mai 1871 (A.V.Bl. S. 113).
4) Penſ.Geſ. §. 54. Nov. v. 4. April 1874 §. 9. Vgl. über die legislator.
Gründe für dieſe Begünſtigung die Motive zum Penſionsgeſ. S. 42 fg.
5) Penſ.Geſ. §. 23. Ob eine militairiſche Unternehmung als „ein Feld-
zug“ anzuſehen iſt und ob bei größeren Kriegen mehrere Kriegsjahre in An-
rechnung kommen ſollen, wird in jedem einzelnen Falle durch Kaiſerl. Anord-
nung beſtimmt. Für die Vergangenheit ſind die in den einzelnen Bundes-
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |