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Laband, Paul: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Bd. 3, Abt. 1. Tübingen, 1880.

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§. 93. Die Friedensleistungen.
die einzuquartierenden Truppen von dem Gemeindevorstand in ge-
mietheten Quartieren untergebracht und in welcher Weise die da-
durch entstehenden Kosten gedeckt werden sollen. Zwischen selbst-
ständigen Gutsbezirken und Gemeinden können Verbände zur ge-
meinsamen Leistung der Einquartierungslast nach Maßgabe des
Ortsstatuts eingegangen werden 1). In den dazu geeigneten Ort-
schaften, namentlich in großen Städten oder ausgedehnten Land-
gemeinden, können besondere Quartierbezirke gebildet werden 2).

Der Ortsvorstand kann nach Ablauf von drei Monaten einen
allgemeinen oder theilweisen Wechsel der Quartiere vornehmen,
nach Ablauf einer kürzeren Frist nur mit Zustimmung der Mili-
tairbehörde 3).

b) Der Gemeindevorstand oder die vorgesetzte Aufsichtsbehörde
desselben sind befugt, die Quartierträger durch Anwendung admi-
nistrativer Zwangsmittel zur Erfüllung ihrer Obliegenheiten --
mit Einschluß der Beschaffung der erforderlichen Utensilien -- anzu-
halten und die verauslagten Kosten von dem Verpflichteten auf
dem für die Einziehung der Gemeindeabgaben vorgeschriebenen
Wege beizutreiben 4). Ebenso haben die erwähnten Behörden Be-
schwerden über mangelhafte oder nicht vollständige Quartierleistung
endgültig zu erledigen. Die einquartierten Offiziere oder Mann-
schaften sind indeß nicht berechtigt, die Beschwerde unmittelbar bei
dem Gemeindevorstand oder der Kommunal-Aufsichtsbehörde vor-
zubringen; zur Erhebung der Beschwerde ist vielmehr in Garni-
sonen nur der Garnisonälteste oder dessen Beauftragter, auf Mär-
schen etc. der Truppenbefehlshaber, beziehentl. der Fourieroffizier
befugt 5), so daß diesen Offizieren eine Vorprüfung in Betreff der
ihnen gemeldeten oder von ihnen bemerkten Mängel obliegt. Dem
entspricht es, daß auch Beschwerden der Quartiertträger durch
die Kommunal-Behörden in Gemeinschaft mit den genannten Offi-

1) Quartierl.Ges. §. 7 Abs. 3--6.
2) ebendas. §. 9.
3) Ges. §. 14. Nach der Ausführungs-Instr. §. 14 muß der Ortsvor-
stand den Truppentheil noch vor Beginn des dritten Monats unter Angabe
des neuen Quartierbezirks davon in Kenntniß setzen, daß eine solche Maßregel
beabsichtigt wird.
4) Ges. §. 11. Ausf.Instr. §. 13.
5) Ges. §. 12.

§. 93. Die Friedensleiſtungen.
die einzuquartierenden Truppen von dem Gemeindevorſtand in ge-
mietheten Quartieren untergebracht und in welcher Weiſe die da-
durch entſtehenden Koſten gedeckt werden ſollen. Zwiſchen ſelbſt-
ſtändigen Gutsbezirken und Gemeinden können Verbände zur ge-
meinſamen Leiſtung der Einquartierungslaſt nach Maßgabe des
Ortsſtatuts eingegangen werden 1). In den dazu geeigneten Ort-
ſchaften, namentlich in großen Städten oder ausgedehnten Land-
gemeinden, können beſondere Quartierbezirke gebildet werden 2).

Der Ortsvorſtand kann nach Ablauf von drei Monaten einen
allgemeinen oder theilweiſen Wechſel der Quartiere vornehmen,
nach Ablauf einer kürzeren Friſt nur mit Zuſtimmung der Mili-
tairbehörde 3).

b) Der Gemeindevorſtand oder die vorgeſetzte Aufſichtsbehörde
deſſelben ſind befugt, die Quartierträger durch Anwendung admi-
niſtrativer Zwangsmittel zur Erfüllung ihrer Obliegenheiten —
mit Einſchluß der Beſchaffung der erforderlichen Utenſilien — anzu-
halten und die verauslagten Koſten von dem Verpflichteten auf
dem für die Einziehung der Gemeindeabgaben vorgeſchriebenen
Wege beizutreiben 4). Ebenſo haben die erwähnten Behörden Be-
ſchwerden über mangelhafte oder nicht vollſtändige Quartierleiſtung
endgültig zu erledigen. Die einquartierten Offiziere oder Mann-
ſchaften ſind indeß nicht berechtigt, die Beſchwerde unmittelbar bei
dem Gemeindevorſtand oder der Kommunal-Aufſichtsbehörde vor-
zubringen; zur Erhebung der Beſchwerde iſt vielmehr in Garni-
ſonen nur der Garniſonälteſte oder deſſen Beauftragter, auf Mär-
ſchen ꝛc. der Truppenbefehlshaber, beziehentl. der Fourieroffizier
befugt 5), ſo daß dieſen Offizieren eine Vorprüfung in Betreff der
ihnen gemeldeten oder von ihnen bemerkten Mängel obliegt. Dem
entſpricht es, daß auch Beſchwerden der Quartiertträger durch
die Kommunal-Behörden in Gemeinſchaft mit den genannten Offi-

1) Quartierl.Geſ. §. 7 Abſ. 3—6.
2) ebendaſ. §. 9.
3) Geſ. §. 14. Nach der Ausführungs-Inſtr. §. 14 muß der Ortsvor-
ſtand den Truppentheil noch vor Beginn des dritten Monats unter Angabe
des neuen Quartierbezirks davon in Kenntniß ſetzen, daß eine ſolche Maßregel
beabſichtigt wird.
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5) Geſ. §. 12.
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[324/0334] §. 93. Die Friedensleiſtungen. die einzuquartierenden Truppen von dem Gemeindevorſtand in ge- mietheten Quartieren untergebracht und in welcher Weiſe die da- durch entſtehenden Koſten gedeckt werden ſollen. Zwiſchen ſelbſt- ſtändigen Gutsbezirken und Gemeinden können Verbände zur ge- meinſamen Leiſtung der Einquartierungslaſt nach Maßgabe des Ortsſtatuts eingegangen werden 1). In den dazu geeigneten Ort- ſchaften, namentlich in großen Städten oder ausgedehnten Land- gemeinden, können beſondere Quartierbezirke gebildet werden 2). Der Ortsvorſtand kann nach Ablauf von drei Monaten einen allgemeinen oder theilweiſen Wechſel der Quartiere vornehmen, nach Ablauf einer kürzeren Friſt nur mit Zuſtimmung der Mili- tairbehörde 3). b) Der Gemeindevorſtand oder die vorgeſetzte Aufſichtsbehörde deſſelben ſind befugt, die Quartierträger durch Anwendung admi- niſtrativer Zwangsmittel zur Erfüllung ihrer Obliegenheiten — mit Einſchluß der Beſchaffung der erforderlichen Utenſilien — anzu- halten und die verauslagten Koſten von dem Verpflichteten auf dem für die Einziehung der Gemeindeabgaben vorgeſchriebenen Wege beizutreiben 4). Ebenſo haben die erwähnten Behörden Be- ſchwerden über mangelhafte oder nicht vollſtändige Quartierleiſtung endgültig zu erledigen. Die einquartierten Offiziere oder Mann- ſchaften ſind indeß nicht berechtigt, die Beſchwerde unmittelbar bei dem Gemeindevorſtand oder der Kommunal-Aufſichtsbehörde vor- zubringen; zur Erhebung der Beſchwerde iſt vielmehr in Garni- ſonen nur der Garniſonälteſte oder deſſen Beauftragter, auf Mär- ſchen ꝛc. der Truppenbefehlshaber, beziehentl. der Fourieroffizier befugt 5), ſo daß dieſen Offizieren eine Vorprüfung in Betreff der ihnen gemeldeten oder von ihnen bemerkten Mängel obliegt. Dem entſpricht es, daß auch Beſchwerden der Quartiertträger durch die Kommunal-Behörden in Gemeinſchaft mit den genannten Offi- 1) Quartierl.Geſ. §. 7 Abſ. 3—6. 2) ebendaſ. §. 9. 3) Geſ. §. 14. Nach der Ausführungs-Inſtr. §. 14 muß der Ortsvor- ſtand den Truppentheil noch vor Beginn des dritten Monats unter Angabe des neuen Quartierbezirks davon in Kenntniß ſetzen, daß eine ſolche Maßregel beabſichtigt wird. 4) Geſ. §. 11. Ausf.Inſtr. §. 13. 5) Geſ. §. 12.

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Zitationshilfe: Laband, Paul: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Bd. 3, Abt. 1. Tübingen, 1880, S. 324. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laband_staatsrecht0301_1880/334>, abgerufen am 22.11.2024.