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Laband, Paul: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Bd. 3, Abt. 1. Tübingen, 1880.

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§. 93. Die Friedensleistungen.
sind Gebäude, Wirthschafts- und Hofräume, Gärten, Parkanlagen,
Holzschonungen, Dünen-Anpflanzungen, Hopfengärten und Wein-
berge, sowie Versuchsfelder land- und forstwirthschaftlicher Lehr-
anstalten und Versuchsstationen. Außerdem ist den Militairbehör-
den die Verpflichtung auferlegt worden, wenn kultivirte Grund-
stücke zu Truppenübungen benutzt werden sollen, zuvor die betreffen-
den Ortsvorstände davon zu benachrichtigen, damit die vorzugsweise
zu schonenden Ländereien durch Warnungszeichen kenntlich gemacht
werden. Eine rechtliche Wirkung ist mit der Aufstellung der War-
nungszeichen nicht verbunden; weder ist es den Truppen verbo-
ten
, die durch Warnungszeichen bemerkbar gemachten Grundstücke
dennoch zu benutzen, noch ist die Pflicht des Schadensersatzes da-

herstellung der Regierungs-Vorlage verworfen. Dabei wurde aber von dem
Berichterstatter der Kommission Dr. Weigel (Stenogr. Berichte S. 890) er-
klärt, daß wegen der im Gesetz anerkannten Ausnahmen "auch der schärfste
Civilist nicht zweifelhaft sein kann, daß eine negatoria auf Anerkennung der
Freiheit der nicht ausdrücklich ausgeschlossenen Grundstücke nicht mehr zu-
lässig
ist. Denn in diesen Bestimmungen ist ausgesprochen, daß das Gesetz
in den nicht ausgeschlossenen Fällen eine Benutzung von Grundstücken statuirt."
Man verwarf also den ersten Absatz, um eine allgemeine "Militair-Servitut"
nicht anzuerkennen und erklärte zugleich, daß dieselbe im zweiten Absatz an-
erkannt sei. Aber auch materiell geht die Erklärung des Berichterstatters zu
weit. Denn das Reichsgesetz enthält nicht die mindeste Andeutung davon, daß
die Befugniß der Truppen zur Benutzung von Privat-Grundstücken da, wo sie
bisher nicht bestand, eingeführt werden solle. Der §. 11 des Gesetzes zählt
nur diejenigen Grundstücke auf, die von der Benutzung der Truppen ausge-
schlossen sind. Wenn also in einem Theil des Bundesgebietes diese Befugniß
der Truppen gewohnheitsrechtlich oder gesetzlich überhaupt nicht bestanden hat,
so kann sie auch auf Grund des §. 11 cit. nicht in Anspruch genommen wer-
den und man braucht keineswegs "der schärfste Civilist" zu sein, um die
actio negatoria des Grundbesitzers für wohlbegründet zu erachten. Eher
kann man der Erklärung des Bundesraths-Kommissarius v. Voigt-Rhetz
(Stenogr. Ber. S. 889) zustimmen, "daß durch die Fassung des §. 11 bezüg-
lich der Benutzung des Privatgrundbesitzes bei Truppenübungen eine Aende-
rung
in dem historisch begründeten Rechtszustande nicht beabsichtigt
werde." Allein auch hiergegen kann das Bedenken erhoben werden, daß nach
§. 1 des Ges. Naturalleistungen nur nach Maßgabe der Bestimmungen dieses
Gesetzes gefordert werden können, daß also allerdings alle Belastungen aufge-
hoben sind, deren Fortdauer nicht in dem Gesetze selbst sanctionirt ist. In
keinem Falle ist die Fassung des §. 11 eine gelungene zu nennen. Vgl. auch
Seydel in Hirth's Annalen 1875 S. 1095.

§. 93. Die Friedensleiſtungen.
ſind Gebäude, Wirthſchafts- und Hofräume, Gärten, Parkanlagen,
Holzſchonungen, Dünen-Anpflanzungen, Hopfengärten und Wein-
berge, ſowie Verſuchsfelder land- und forſtwirthſchaftlicher Lehr-
anſtalten und Verſuchsſtationen. Außerdem iſt den Militairbehör-
den die Verpflichtung auferlegt worden, wenn kultivirte Grund-
ſtücke zu Truppenübungen benutzt werden ſollen, zuvor die betreffen-
den Ortsvorſtände davon zu benachrichtigen, damit die vorzugsweiſe
zu ſchonenden Ländereien durch Warnungszeichen kenntlich gemacht
werden. Eine rechtliche Wirkung iſt mit der Aufſtellung der War-
nungszeichen nicht verbunden; weder iſt es den Truppen verbo-
ten
, die durch Warnungszeichen bemerkbar gemachten Grundſtücke
dennoch zu benutzen, noch iſt die Pflicht des Schadenserſatzes da-

herſtellung der Regierungs-Vorlage verworfen. Dabei wurde aber von dem
Berichterſtatter der Kommiſſion Dr. Weigel (Stenogr. Berichte S. 890) er-
klärt, daß wegen der im Geſetz anerkannten Ausnahmen „auch der ſchärfſte
Civiliſt nicht zweifelhaft ſein kann, daß eine negatoria auf Anerkennung der
Freiheit der nicht ausdrücklich ausgeſchloſſenen Grundſtücke nicht mehr zu-
läſſig
iſt. Denn in dieſen Beſtimmungen iſt ausgeſprochen, daß das Geſetz
in den nicht ausgeſchloſſenen Fällen eine Benutzung von Grundſtücken ſtatuirt.“
Man verwarf alſo den erſten Abſatz, um eine allgemeine „Militair-Servitut“
nicht anzuerkennen und erklärte zugleich, daß dieſelbe im zweiten Abſatz an-
erkannt ſei. Aber auch materiell geht die Erklärung des Berichterſtatters zu
weit. Denn das Reichsgeſetz enthält nicht die mindeſte Andeutung davon, daß
die Befugniß der Truppen zur Benutzung von Privat-Grundſtücken da, wo ſie
bisher nicht beſtand, eingeführt werden ſolle. Der §. 11 des Geſetzes zählt
nur diejenigen Grundſtücke auf, die von der Benutzung der Truppen ausge-
ſchloſſen ſind. Wenn alſo in einem Theil des Bundesgebietes dieſe Befugniß
der Truppen gewohnheitsrechtlich oder geſetzlich überhaupt nicht beſtanden hat,
ſo kann ſie auch auf Grund des §. 11 cit. nicht in Anſpruch genommen wer-
den und man braucht keineswegs „der ſchärfſte Civiliſt“ zu ſein, um die
actio negatoria des Grundbeſitzers für wohlbegründet zu erachten. Eher
kann man der Erklärung des Bundesraths-Kommiſſarius v. Voigt-Rhetz
(Stenogr. Ber. S. 889) zuſtimmen, „daß durch die Faſſung des §. 11 bezüg-
lich der Benutzung des Privatgrundbeſitzes bei Truppenübungen eine Aende-
rung
in dem hiſtoriſch begründeten Rechtszuſtande nicht beabſichtigt
werde.“ Allein auch hiergegen kann das Bedenken erhoben werden, daß nach
§. 1 des Geſ. Naturalleiſtungen nur nach Maßgabe der Beſtimmungen dieſes
Geſetzes gefordert werden können, daß alſo allerdings alle Belaſtungen aufge-
hoben ſind, deren Fortdauer nicht in dem Geſetze ſelbſt ſanctionirt iſt. In
keinem Falle iſt die Faſſung des §. 11 eine gelungene zu nennen. Vgl. auch
Seydel in Hirth’s Annalen 1875 S. 1095.
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[340/0350] §. 93. Die Friedensleiſtungen. ſind Gebäude, Wirthſchafts- und Hofräume, Gärten, Parkanlagen, Holzſchonungen, Dünen-Anpflanzungen, Hopfengärten und Wein- berge, ſowie Verſuchsfelder land- und forſtwirthſchaftlicher Lehr- anſtalten und Verſuchsſtationen. Außerdem iſt den Militairbehör- den die Verpflichtung auferlegt worden, wenn kultivirte Grund- ſtücke zu Truppenübungen benutzt werden ſollen, zuvor die betreffen- den Ortsvorſtände davon zu benachrichtigen, damit die vorzugsweiſe zu ſchonenden Ländereien durch Warnungszeichen kenntlich gemacht werden. Eine rechtliche Wirkung iſt mit der Aufſtellung der War- nungszeichen nicht verbunden; weder iſt es den Truppen verbo- ten, die durch Warnungszeichen bemerkbar gemachten Grundſtücke dennoch zu benutzen, noch iſt die Pflicht des Schadenserſatzes da- 5) 5) herſtellung der Regierungs-Vorlage verworfen. Dabei wurde aber von dem Berichterſtatter der Kommiſſion Dr. Weigel (Stenogr. Berichte S. 890) er- klärt, daß wegen der im Geſetz anerkannten Ausnahmen „auch der ſchärfſte Civiliſt nicht zweifelhaft ſein kann, daß eine negatoria auf Anerkennung der Freiheit der nicht ausdrücklich ausgeſchloſſenen Grundſtücke nicht mehr zu- läſſig iſt. Denn in dieſen Beſtimmungen iſt ausgeſprochen, daß das Geſetz in den nicht ausgeſchloſſenen Fällen eine Benutzung von Grundſtücken ſtatuirt.“ Man verwarf alſo den erſten Abſatz, um eine allgemeine „Militair-Servitut“ nicht anzuerkennen und erklärte zugleich, daß dieſelbe im zweiten Abſatz an- erkannt ſei. Aber auch materiell geht die Erklärung des Berichterſtatters zu weit. Denn das Reichsgeſetz enthält nicht die mindeſte Andeutung davon, daß die Befugniß der Truppen zur Benutzung von Privat-Grundſtücken da, wo ſie bisher nicht beſtand, eingeführt werden ſolle. Der §. 11 des Geſetzes zählt nur diejenigen Grundſtücke auf, die von der Benutzung der Truppen ausge- ſchloſſen ſind. Wenn alſo in einem Theil des Bundesgebietes dieſe Befugniß der Truppen gewohnheitsrechtlich oder geſetzlich überhaupt nicht beſtanden hat, ſo kann ſie auch auf Grund des §. 11 cit. nicht in Anſpruch genommen wer- den und man braucht keineswegs „der ſchärfſte Civiliſt“ zu ſein, um die actio negatoria des Grundbeſitzers für wohlbegründet zu erachten. Eher kann man der Erklärung des Bundesraths-Kommiſſarius v. Voigt-Rhetz (Stenogr. Ber. S. 889) zuſtimmen, „daß durch die Faſſung des §. 11 bezüg- lich der Benutzung des Privatgrundbeſitzes bei Truppenübungen eine Aende- rung in dem hiſtoriſch begründeten Rechtszuſtande nicht beabſichtigt werde.“ Allein auch hiergegen kann das Bedenken erhoben werden, daß nach §. 1 des Geſ. Naturalleiſtungen nur nach Maßgabe der Beſtimmungen dieſes Geſetzes gefordert werden können, daß alſo allerdings alle Belaſtungen aufge- hoben ſind, deren Fortdauer nicht in dem Geſetze ſelbſt ſanctionirt iſt. In keinem Falle iſt die Faſſung des §. 11 eine gelungene zu nennen. Vgl. auch Seydel in Hirth’s Annalen 1875 S. 1095.

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Zitationshilfe: Laband, Paul: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Bd. 3, Abt. 1. Tübingen, 1880, S. 340. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laband_staatsrecht0301_1880/350>, abgerufen am 22.11.2024.