Laband, Paul: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Bd. 3, Abt. 1. Tübingen, 1880.§. 95. Beschränkungen des Grundeigenthums im Rayon der Festungen. Besitzers wieder so viel zugeführt wird, als ihm durch die Rayon-beschränkungen entzogen worden ist 1). Ein wichtiger Anwendungs- fall dieses Grundsatzes liegt vor, wenn das von der Beschränkung betroffene Grundstück mit einem anderen Grundstück desselben Be- sitzers dergestalt in Zusammenhang steht, daß die Beschränkung des ersteren auch auf den Werth des letzteren Einfluß übt. In diesem Falle wird das Vermögen des Besitzers um so viel verringert als die Werthsverminderung des gesammten Grundbesitzes beträgt 2). Immer aber kann es sich nur um den Ersatz von Vermögens- einbußen handeln, niemals um eine Entschädigung für blos ge- hofften Gewinn oder für einen imaginären Werth. Um den er- littenen Schaden festzustellen ist es in allen Fällen erforderlich, den Werth des Grundstückes vor Auferlegung der Rayonbeschränkungen mit dem Werth desselben nach ihrer Auferlegung zu vergleichen. Nun tritt aber eine Werthsverminderung regelmäßig schon vor dem wirklichen Inkrafttreten der Rayonbeschränkungen ein, sobald es gewiß ist, daß ein Festungsbau in Aussicht steht, dessen Rayon das Grundstück umfassen wird. Aus diesem Grunde darf bei der Feststellung des bisherigen Werthes die Zeit nach der im Reichs- gesetzblatt erfolgten Bekanntmachung des Reichskanzlers, daß die Neubefestigung des Platzes oder die Erweiterung der schon beste- henden Festungsanlage oder deren Rayons in Aussicht genommen ist, nicht berücksichtigt werden 3). Ist Entschädigung dafür zu ge- währen, daß dem Besitzer eines im dritten Rayon belegenen Grund- stücks die Genehmigung zu einer der in §. 13 erwähnten Anlagen versagt wird, so ist bei Feststellung des Schadens die Zeit der Anbringung des Gesuchs bei der Kommandantur zu Grunde zu legen 4). 3. Das Verfahren behufs Feststellung der Ent- a) Die Gutsbesitzer, welche Anspruch auf Entschädigung zu 1) Vgl. Kommissionsbericht S. 21. 22. 2) Ges. §. 35 Abs. 3. 3) Ges. §. 35 Abs. 2. Beispiele solcher Bekanntmachungen siehe im R.G.Bl. 1872 S. 56. 1873 S. 39. 58. 1876 S. 165. 4) Ges. §. 38 Abs. 1.
§. 95. Beſchränkungen des Grundeigenthums im Rayon der Feſtungen. Beſitzers wieder ſo viel zugeführt wird, als ihm durch die Rayon-beſchränkungen entzogen worden iſt 1). Ein wichtiger Anwendungs- fall dieſes Grundſatzes liegt vor, wenn das von der Beſchränkung betroffene Grundſtück mit einem anderen Grundſtück deſſelben Be- ſitzers dergeſtalt in Zuſammenhang ſteht, daß die Beſchränkung des erſteren auch auf den Werth des letzteren Einfluß übt. In dieſem Falle wird das Vermögen des Beſitzers um ſo viel verringert als die Werthsverminderung des geſammten Grundbeſitzes beträgt 2). Immer aber kann es ſich nur um den Erſatz von Vermögens- einbußen handeln, niemals um eine Entſchädigung für blos ge- hofften Gewinn oder für einen imaginären Werth. Um den er- littenen Schaden feſtzuſtellen iſt es in allen Fällen erforderlich, den Werth des Grundſtückes vor Auferlegung der Rayonbeſchränkungen mit dem Werth deſſelben nach ihrer Auferlegung zu vergleichen. Nun tritt aber eine Werthsverminderung regelmäßig ſchon vor dem wirklichen Inkrafttreten der Rayonbeſchränkungen ein, ſobald es gewiß iſt, daß ein Feſtungsbau in Ausſicht ſteht, deſſen Rayon das Grundſtück umfaſſen wird. Aus dieſem Grunde darf bei der Feſtſtellung des bisherigen Werthes die Zeit nach der im Reichs- geſetzblatt erfolgten Bekanntmachung des Reichskanzlers, daß die Neubefeſtigung des Platzes oder die Erweiterung der ſchon beſte- henden Feſtungsanlage oder deren Rayons in Ausſicht genommen iſt, nicht berückſichtigt werden 3). Iſt Entſchädigung dafür zu ge- währen, daß dem Beſitzer eines im dritten Rayon belegenen Grund- ſtücks die Genehmigung zu einer der in §. 13 erwähnten Anlagen verſagt wird, ſo iſt bei Feſtſtellung des Schadens die Zeit der Anbringung des Geſuchs bei der Kommandantur zu Grunde zu legen 4). 3. Das Verfahren behufs Feſtſtellung der Ent- a) Die Gutsbeſitzer, welche Anſpruch auf Entſchädigung zu 1) Vgl. Kommiſſionsbericht S. 21. 22. 2) Geſ. §. 35 Abſ. 3. 3) Geſ. §. 35 Abſ. 2. Beiſpiele ſolcher Bekanntmachungen ſiehe im R.G.Bl. 1872 S. 56. 1873 S. 39. 58. 1876 S. 165. 4) Geſ. §. 38 Abſ. 1.
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§. 95. Beſchränkungen des Grundeigenthums im Rayon der Feſtungen.
Beſitzers wieder ſo viel zugeführt wird, als ihm durch die Rayon-
beſchränkungen entzogen worden iſt 1). Ein wichtiger Anwendungs-
fall dieſes Grundſatzes liegt vor, wenn das von der Beſchränkung
betroffene Grundſtück mit einem anderen Grundſtück deſſelben Be-
ſitzers dergeſtalt in Zuſammenhang ſteht, daß die Beſchränkung des
erſteren auch auf den Werth des letzteren Einfluß übt. In dieſem
Falle wird das Vermögen des Beſitzers um ſo viel verringert als
die Werthsverminderung des geſammten Grundbeſitzes beträgt 2).
Immer aber kann es ſich nur um den Erſatz von Vermögens-
einbußen handeln, niemals um eine Entſchädigung für blos ge-
hofften Gewinn oder für einen imaginären Werth. Um den er-
littenen Schaden feſtzuſtellen iſt es in allen Fällen erforderlich, den
Werth des Grundſtückes vor Auferlegung der Rayonbeſchränkungen
mit dem Werth deſſelben nach ihrer Auferlegung zu vergleichen.
Nun tritt aber eine Werthsverminderung regelmäßig ſchon vor
dem wirklichen Inkrafttreten der Rayonbeſchränkungen ein, ſobald
es gewiß iſt, daß ein Feſtungsbau in Ausſicht ſteht, deſſen Rayon
das Grundſtück umfaſſen wird. Aus dieſem Grunde darf bei der
Feſtſtellung des bisherigen Werthes die Zeit nach der im Reichs-
geſetzblatt erfolgten Bekanntmachung des Reichskanzlers, daß die
Neubefeſtigung des Platzes oder die Erweiterung der ſchon beſte-
henden Feſtungsanlage oder deren Rayons in Ausſicht genommen
iſt, nicht berückſichtigt werden 3). Iſt Entſchädigung dafür zu ge-
währen, daß dem Beſitzer eines im dritten Rayon belegenen Grund-
ſtücks die Genehmigung zu einer der in §. 13 erwähnten Anlagen
verſagt wird, ſo iſt bei Feſtſtellung des Schadens die Zeit der
Anbringung des Geſuchs bei der Kommandantur zu Grunde zu
legen 4).
3. Das Verfahren behufs Feſtſtellung der Ent-
ſchädigung.
a) Die Gutsbeſitzer, welche Anſpruch auf Entſchädigung zu
haben glauben, müſſen denſelben binnen einer ſechswöchentlichen
Präcluſivfriſt nach Feſtſtellung des Rayonplanes bei der Kom-
1) Vgl. Kommiſſionsbericht S. 21. 22.
2) Geſ. §. 35 Abſ. 3.
3) Geſ. §. 35 Abſ. 2. Beiſpiele ſolcher Bekanntmachungen ſiehe im R.G.Bl.
1872 S. 56. 1873 S. 39. 58. 1876 S. 165.
4) Geſ. §. 38 Abſ. 1.
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