Laband, Paul: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Bd. 3, Abt. 1. Tübingen, 1880.§. 81. Die Militairhoheitsrechte der Einzelstaaten. 1. Die gesetzliche Wehrpflicht ist eine Unterthanenpflicht a) Wenn in dem Kontingent eines Staates Angehörige eines 1) Siehe S. 53 fg. 2) Militairges. §. 12. Vgl. unten §. 88. II. 3) d. h. Preußen mit den Annexen, Bayern, Sachsen und Württemberg. 4) Vgl. oben S. 55. Vgl. hierzu die Auseinandersetzung des Bericht-
§. 81. Die Militairhoheitsrechte der Einzelſtaaten. 1. Die geſetzliche Wehrpflicht iſt eine Unterthanenpflicht a) Wenn in dem Kontingent eines Staates Angehörige eines 1) Siehe S. 53 fg. 2) Militairgeſ. §. 12. Vgl. unten §. 88. II. 3) d. h. Preußen mit den Annexen, Bayern, Sachſen und Württemberg. 4) Vgl. oben S. 55. Vgl. hierzu die Auseinanderſetzung des Bericht-
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§. 81. Die Militairhoheitsrechte der Einzelſtaaten.
1. Die geſetzliche Wehrpflicht iſt eine Unterthanenpflicht
und als ſolche von den Angehörigen der einzelnen Staaten ihrem
Landesherrn zu leiſten. Für die thatſächliche Erfüllung der
Militairpflicht iſt dieſer Grundſatz zwar modifizirt, theils durch das
bereits erörterte Recht des Kaiſers zur Verfügung über die von
den Einzelſtaaten geſtellten Rekruten 1), theils durch die Vorſchrift,
daß die Geſtellung und Aushebung des einzelnen Wehrpflichtigen
im Bezirke ſeines dauernden Aufenthaltsortes erfolgt 2); es iſt
daher die Möglichkeit ſehr wohl gegeben, daß der Angehörige eines
Bundesſtaates ſeine Militairdienſtpflicht in dem Kontingent eines
andern Bundesſtaates ableiſtet. Deſſenungeachtet beſteht dieſe Pflicht
für jeden Deutſchen ſeinem Staat gegenüber; der Dienſt in einem
andern Kontingent des Reichsheeres iſt nur ein reichsgeſetzlich ge-
ſtatteter Modus der Leiſtung; durch Ableiſtung des Dienſtes in
einem andern Kontingent erfüllt man die Dienſtverpflichtung ſeinem
eigenen Staate gegenüber. Dieſes Prinzip kommt in zwei Conſe-
quenzen zur Geltung, die ſich nur aus dieſem Prinzip erklären
laſſen und die ihrerſeits die Richtigkeit deſſelben beſtätigen.
a) Wenn in dem Kontingent eines Staates Angehörige eines
andern Staates dienen, ſo empfängt der erſtere Leiſtungen, die
dem letzteren gebühren; er empfängt ſie deshalb gewiſſermaſſen
für Rechnung des letzteren und iſt verpflichtet, ſie ihm zu reſtituiren
d. h. ebenſoviele Angehörige ſeines Staates zum Dienſt in dem
Kontingent des andern Staates abzugeben, als Angehörige des
letzteren in ſeinem Kontigente dienen. Die Staaten mit ſelbſt-
ſtändiger Kontingentsverwaltung 3) halten demnach unter einander
Abrechuung über diejenigen Mannſchaften, welche in einem
andern Kontingente als in demjenigen des Staates, deſſen Ange-
hörige ſie ſind, ihrer Dienſtpflicht genügen und gleichen die ſich
hierbei ergebende Differenz dadurch aus, daß ſie von ihren eigenen
Angehörigen die entſprechende Anzahl von Rekruten an die anderen
Armeekorps abgeben. Es iſt dieſes, urſprünglich auf einem Ab-
kommen unter den Staaten beruhende Verfahren ausdrücklich in
dem Mililtairgeſetz §. 9 Abſ. 4 ſanctionirt worden 4). Unter den-
1) Siehe S. 53 fg.
2) Militairgeſ. §. 12. Vgl. unten §. 88. II.
3) d. h. Preußen mit den Annexen, Bayern, Sachſen und Württemberg.
4) Vgl. oben S. 55. Vgl. hierzu die Auseinanderſetzung des Bericht-
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