Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Laband, Paul: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Bd. 3, Abt. 2. Freiburg (Breisgau) u. a., 1882.

Bild:
<< vorherige Seite

§. 105. Die Zeugenpflicht.
diejenigen, welche in Folge gerichtlicher Anordnung in der Ver-
fügung über ihr Vermögen beschränkt sind 1).

5. Der Grundsatz, daß die Ernennung der Richter auf Lebens-
zeit erfolgt, findet auf Handelsrichter keine Anwendung; sie werden
für die Dauer von drei Jahren ernannt, können aber nach Ablauf
dieser Zeit wieder ernannt werden 2). Wenn ein Handelsrichter
während dieser Zeit eine derjenigen Eigenschaften verliert, von
denen die Befähigung zum Handelsrichteramt abhängig ist, so er-
folgt seine Enthebung vom Amte, falls er dieselbe nicht selbst bei
dem Landesherrn (oder Senat) beantragt, durch Richterspruch. Die
Entscheidung erfolgt nach Anhörung des Betheiligten durch den
ersten Civilsenat des Oberlandesgerichts 3).

6. Die Beisitzer der Konsulargerichte sind den Han-
delsrichtern in Beziehung auf die staatsrechtliche Natur ihrer Amts-
führung an die Seite zu stellen; auch sie werden für einen ge-
wissen Zeitraum ernannt, es besteht keine Verpflichtung
das Amt zu übernehmen, und dasselbe wird als Ehrenamt d. h.
unentgeldlich geführt. Die Ernennung erfolgt durch den
Konsul, eine kaiserliche Bestallung wird nicht ertheilt; die Amts-
periode dauert ein Jahr, nach dessen Ablauf eine Wieder-Er-
nennung derselben Personen gestattet ist. Fähig zu Beisitzern er-
nannt zu werden sind alle "achtbaren Gerichtseingesessenen" und
in deren Ermangelung alle sonstigen achtbaren Einwohner des
Konsularbezirks; es ist also nicht einmal die Reichsangehörigkeit
ein absolutes Erforderniß 4).

§. 105. Die Zeugenpflicht*).

I. Die Verpflichtung, einer Behörde auf Erfordern eine Aus-
sage über das Wissen oder Nichtwissen von Thatsachen zu machen,

1) ebendas. §. 113 Abs. 2.
2) ebenda §. 112.
3) ebenda §. 117.
4) Ges. über die Konsulargerichtsbarkeit v. 10. Juli 1879. §. 7.
*) Wahlberg in Grünhut's Zeitschrift Bd. I. (1874) S. 171 ff. Do-
chow
, der Zeugnißzwang. Jena 1877. Fr. Oetker in Goltdammer's
Archiv Bd. 26 S. 113 ff. v. Schrutka-Rechtenstamm, Zeugnißpflicht
und Zeugnißzwang im österr. Civilproz. Wien 1879. Geyer in v. Holtzen-

§. 105. Die Zeugenpflicht.
diejenigen, welche in Folge gerichtlicher Anordnung in der Ver-
fügung über ihr Vermögen beſchränkt ſind 1).

5. Der Grundſatz, daß die Ernennung der Richter auf Lebens-
zeit erfolgt, findet auf Handelsrichter keine Anwendung; ſie werden
für die Dauer von drei Jahren ernannt, können aber nach Ablauf
dieſer Zeit wieder ernannt werden 2). Wenn ein Handelsrichter
während dieſer Zeit eine derjenigen Eigenſchaften verliert, von
denen die Befähigung zum Handelsrichteramt abhängig iſt, ſo er-
folgt ſeine Enthebung vom Amte, falls er dieſelbe nicht ſelbſt bei
dem Landesherrn (oder Senat) beantragt, durch Richterſpruch. Die
Entſcheidung erfolgt nach Anhörung des Betheiligten durch den
erſten Civilſenat des Oberlandesgerichts 3).

6. Die Beiſitzer der Konſulargerichte ſind den Han-
delsrichtern in Beziehung auf die ſtaatsrechtliche Natur ihrer Amts-
führung an die Seite zu ſtellen; auch ſie werden für einen ge-
wiſſen Zeitraum ernannt, es beſteht keine Verpflichtung
das Amt zu übernehmen, und daſſelbe wird als Ehrenamt d. h.
unentgeldlich geführt. Die Ernennung erfolgt durch den
Konſul, eine kaiſerliche Beſtallung wird nicht ertheilt; die Amts-
periode dauert ein Jahr, nach deſſen Ablauf eine Wieder-Er-
nennung derſelben Perſonen geſtattet iſt. Fähig zu Beiſitzern er-
nannt zu werden ſind alle „achtbaren Gerichtseingeſeſſenen“ und
in deren Ermangelung alle ſonſtigen achtbaren Einwohner des
Konſularbezirks; es iſt alſo nicht einmal die Reichsangehörigkeit
ein abſolutes Erforderniß 4).

§. 105. Die Zeugenpflicht*).

I. Die Verpflichtung, einer Behörde auf Erfordern eine Aus-
ſage über das Wiſſen oder Nichtwiſſen von Thatſachen zu machen,

1) ebendaſ. §. 113 Abſ. 2.
2) ebenda §. 112.
3) ebenda §. 117.
4) Geſ. über die Konſulargerichtsbarkeit v. 10. Juli 1879. §. 7.
*) Wahlberg in Grünhut’s Zeitſchrift Bd. I. (1874) S. 171 ff. Do-
chow
, der Zeugnißzwang. Jena 1877. Fr. Oetker in Goltdammer’s
Archiv Bd. 26 S. 113 ff. v. Schrutka-Rechtenſtamm, Zeugnißpflicht
und Zeugnißzwang im öſterr. Civilproz. Wien 1879. Geyer in v. Holtzen-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0164" n="154"/><fw place="top" type="header">§. 105. Die Zeugenpflicht.</fw><lb/>
diejenigen, welche in Folge gerichtlicher Anordnung in der Ver-<lb/>
fügung über ihr Vermögen be&#x017F;chränkt &#x017F;ind <note place="foot" n="1)">ebenda&#x017F;. §. 113 Ab&#x017F;. 2.</note>.</p><lb/>
            <p>5. Der Grund&#x017F;atz, daß die Ernennung der Richter auf Lebens-<lb/>
zeit erfolgt, findet auf Handelsrichter keine Anwendung; &#x017F;ie werden<lb/>
für die Dauer von drei Jahren ernannt, können aber nach Ablauf<lb/>
die&#x017F;er Zeit wieder ernannt werden <note place="foot" n="2)">ebenda §. 112.</note>. Wenn ein Handelsrichter<lb/>
während die&#x017F;er Zeit eine derjenigen Eigen&#x017F;chaften verliert, von<lb/>
denen die Befähigung zum Handelsrichteramt abhängig i&#x017F;t, &#x017F;o er-<lb/>
folgt &#x017F;eine Enthebung vom Amte, falls er die&#x017F;elbe nicht &#x017F;elb&#x017F;t bei<lb/>
dem Landesherrn (oder Senat) beantragt, durch Richter&#x017F;pruch. Die<lb/>
Ent&#x017F;cheidung erfolgt nach Anhörung des Betheiligten durch den<lb/>
er&#x017F;ten Civil&#x017F;enat des Oberlandesgerichts <note place="foot" n="3)">ebenda §. 117.</note>.</p><lb/>
            <p>6. Die <hi rendition="#g">Bei&#x017F;itzer der Kon&#x017F;ulargerichte</hi> &#x017F;ind den Han-<lb/>
delsrichtern in Beziehung auf die &#x017F;taatsrechtliche Natur ihrer Amts-<lb/>
führung an die Seite zu &#x017F;tellen; auch &#x017F;ie werden für einen ge-<lb/>
wi&#x017F;&#x017F;en Zeitraum <hi rendition="#g">ernannt</hi>, es be&#x017F;teht <hi rendition="#g">keine Verpflichtung</hi><lb/>
das Amt zu übernehmen, und da&#x017F;&#x017F;elbe wird als Ehrenamt d. h.<lb/><hi rendition="#g">unentgeldlich</hi> geführt. Die Ernennung erfolgt durch den<lb/><hi rendition="#g">Kon&#x017F;ul</hi>, eine kai&#x017F;erliche Be&#x017F;tallung wird nicht ertheilt; die Amts-<lb/>
periode dauert <hi rendition="#g">ein Jahr</hi>, nach de&#x017F;&#x017F;en Ablauf eine Wieder-Er-<lb/>
nennung der&#x017F;elben Per&#x017F;onen ge&#x017F;tattet i&#x017F;t. Fähig zu Bei&#x017F;itzern er-<lb/>
nannt zu werden &#x017F;ind alle &#x201E;achtbaren Gerichtseinge&#x017F;e&#x017F;&#x017F;enen&#x201C; und<lb/>
in deren Ermangelung alle &#x017F;on&#x017F;tigen achtbaren Einwohner des<lb/>
Kon&#x017F;ularbezirks; es i&#x017F;t al&#x017F;o nicht einmal die Reichsangehörigkeit<lb/>
ein ab&#x017F;olutes Erforderniß <note place="foot" n="4)">Ge&#x017F;. über die Kon&#x017F;ulargerichtsbarkeit v. 10. Juli 1879. §. 7.</note>.</p>
          </div>
        </div><lb/>
        <div n="2">
          <head>§. 105. <hi rendition="#b">Die Zeugenpflicht</hi><note xml:id="seg2pn_17_1" next="#seg2pn_17_2" place="foot" n="*)"><hi rendition="#g">Wahlberg</hi> in Grünhut&#x2019;s Zeit&#x017F;chrift Bd. <hi rendition="#aq">I.</hi> (1874) S. 171 ff. <hi rendition="#g">Do-<lb/>
chow</hi>, der Zeugnißzwang. Jena 1877. Fr. <hi rendition="#g">Oetker</hi> in Goltdammer&#x2019;s<lb/>
Archiv Bd. 26 S. 113 ff. v. <hi rendition="#g">Schrutka-Rechten&#x017F;tamm</hi>, Zeugnißpflicht<lb/>
und Zeugnißzwang im ö&#x017F;terr. Civilproz. Wien 1879. <hi rendition="#g">Geyer</hi> in v. Holtzen-</note>.</head><lb/>
          <p><hi rendition="#aq">I.</hi> Die Verpflichtung, einer Behörde auf Erfordern eine Aus-<lb/>
&#x017F;age über das Wi&#x017F;&#x017F;en oder Nichtwi&#x017F;&#x017F;en von That&#x017F;achen zu machen,<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[154/0164] §. 105. Die Zeugenpflicht. diejenigen, welche in Folge gerichtlicher Anordnung in der Ver- fügung über ihr Vermögen beſchränkt ſind 1). 5. Der Grundſatz, daß die Ernennung der Richter auf Lebens- zeit erfolgt, findet auf Handelsrichter keine Anwendung; ſie werden für die Dauer von drei Jahren ernannt, können aber nach Ablauf dieſer Zeit wieder ernannt werden 2). Wenn ein Handelsrichter während dieſer Zeit eine derjenigen Eigenſchaften verliert, von denen die Befähigung zum Handelsrichteramt abhängig iſt, ſo er- folgt ſeine Enthebung vom Amte, falls er dieſelbe nicht ſelbſt bei dem Landesherrn (oder Senat) beantragt, durch Richterſpruch. Die Entſcheidung erfolgt nach Anhörung des Betheiligten durch den erſten Civilſenat des Oberlandesgerichts 3). 6. Die Beiſitzer der Konſulargerichte ſind den Han- delsrichtern in Beziehung auf die ſtaatsrechtliche Natur ihrer Amts- führung an die Seite zu ſtellen; auch ſie werden für einen ge- wiſſen Zeitraum ernannt, es beſteht keine Verpflichtung das Amt zu übernehmen, und daſſelbe wird als Ehrenamt d. h. unentgeldlich geführt. Die Ernennung erfolgt durch den Konſul, eine kaiſerliche Beſtallung wird nicht ertheilt; die Amts- periode dauert ein Jahr, nach deſſen Ablauf eine Wieder-Er- nennung derſelben Perſonen geſtattet iſt. Fähig zu Beiſitzern er- nannt zu werden ſind alle „achtbaren Gerichtseingeſeſſenen“ und in deren Ermangelung alle ſonſtigen achtbaren Einwohner des Konſularbezirks; es iſt alſo nicht einmal die Reichsangehörigkeit ein abſolutes Erforderniß 4). §. 105. Die Zeugenpflicht *). I. Die Verpflichtung, einer Behörde auf Erfordern eine Aus- ſage über das Wiſſen oder Nichtwiſſen von Thatſachen zu machen, 1) ebendaſ. §. 113 Abſ. 2. 2) ebenda §. 112. 3) ebenda §. 117. 4) Geſ. über die Konſulargerichtsbarkeit v. 10. Juli 1879. §. 7. *) Wahlberg in Grünhut’s Zeitſchrift Bd. I. (1874) S. 171 ff. Do- chow, der Zeugnißzwang. Jena 1877. Fr. Oetker in Goltdammer’s Archiv Bd. 26 S. 113 ff. v. Schrutka-Rechtenſtamm, Zeugnißpflicht und Zeugnißzwang im öſterr. Civilproz. Wien 1879. Geyer in v. Holtzen-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/laband_staatsrecht0302_1882
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/laband_staatsrecht0302_1882/164
Zitationshilfe: Laband, Paul: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Bd. 3, Abt. 2. Freiburg (Breisgau) u. a., 1882, S. 154. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laband_staatsrecht0302_1882/164>, abgerufen am 24.11.2024.