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Laband, Paul: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Bd. 3, Abt. 2. Freiburg (Breisgau) u. a., 1882.

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§. 105. Die Zeugenpflicht.
ohne daß er einer gesetzlichen Ermächtigung dazu bedarf. Ergiebt
sich in einem schieds richterlichen Verfahren die Nothwendigkeit, je-
manden zur Ablegung eines Zeugnisses anzuhalten oder ihm einen
Zeugeneid abzunehmen, so muß auch hier ein Antrag an das or-
dentliche Gericht gemacht werden 1).

2. Die Konsulargerichte haben in demselben Umfange
und nach denselben Regeln wie die ordentlichen Gerichte die Be-
fugniß zur Erzwingung der Zeugenpflicht, da auf das Verfahren
dieser Gerichte in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten und Konkurs-
sachen die Civilprozeß-Ordnung und die Konkurs-Ordnung 2) und
auf das Verfahren in Strafsachen die Strafprozeß-Ordnung 3) für
anwendbar erklärt sind 4).

3. Die durch §. 26 des Gesetzes gegen die Socialdemokratie
v. 21. Oktob. 1878 eingesetzte Kommission zur Entscheidung
über Beschwerden hat das Recht zur Zeugenvernehmung und zur
Geltendmachung des Zeugenzwanges nach Maßgabe der Civil-
prozeßordnung 5).

4. In einer Reihe von Fällen, die nicht zur ordentlichen strei-
tigen Gerichtsbarkeit gehören, ist reichsgesetzlich die Zeugenpflicht
anerkannt; jedoch hinsichtlich der Geltendmachung derselben eine
bemerkenswerthe Unterscheidung gemacht. Die Behörden, zu deren
Ressort diese Angelegenheiten gehören, sind befugt in dem von
ihnen einzuschlagenden Verfahren Zeugen zu vernehmen, ohne
daß sie der Mithülfe der Gerichte bedürfen, falls der Zeuge ihren
Anordnungen Folge leistet; in Beziehung auf die Erzwingung
der Zeugnißablegung dagegen, also in staatsrechtlicher Hin-
sicht, müssen diese Behörden sich an die ordentlichen Gerichte wen-
den, denen es zur Pflicht gemacht ist, einem darauf gerichteten
Ersuchen zu entsprechen. Es besteht also die Zeugenpflicht zwar
diesen Behörden gegenüber, ihre Erfüllung aber kann nur mittel-
bar von denseben erzwungen werden. Diese Fälle sind folgende:

a) Die Postbehörden sind im Strafverfahren bei Post-

1) Civilproz.Ordn. §. 862.
2) Ges. über die Konsulargerichtsbarkeit v. 10. Juli 1879 §. 14. 15.
3) ebendas. §. 21 ff.
4) Eine spezielle Bestätigung der Befugniß des Konsuls zur eidlichen Ver-
nehmung von Zeugen findet sich ebendas. §. 39.
5) Ges. v. 21. Okt. 1878 §. 27 Abs. 1. R.G.Bl. S. 357.

§. 105. Die Zeugenpflicht.
ohne daß er einer geſetzlichen Ermächtigung dazu bedarf. Ergiebt
ſich in einem ſchieds richterlichen Verfahren die Nothwendigkeit, je-
manden zur Ablegung eines Zeugniſſes anzuhalten oder ihm einen
Zeugeneid abzunehmen, ſo muß auch hier ein Antrag an das or-
dentliche Gericht gemacht werden 1).

2. Die Konſulargerichte haben in demſelben Umfange
und nach denſelben Regeln wie die ordentlichen Gerichte die Be-
fugniß zur Erzwingung der Zeugenpflicht, da auf das Verfahren
dieſer Gerichte in bürgerlichen Rechtsſtreitigkeiten und Konkurs-
ſachen die Civilprozeß-Ordnung und die Konkurs-Ordnung 2) und
auf das Verfahren in Strafſachen die Strafprozeß-Ordnung 3) für
anwendbar erklärt ſind 4).

3. Die durch §. 26 des Geſetzes gegen die Socialdemokratie
v. 21. Oktob. 1878 eingeſetzte Kommiſſion zur Entſcheidung
über Beſchwerden hat das Recht zur Zeugenvernehmung und zur
Geltendmachung des Zeugenzwanges nach Maßgabe der Civil-
prozeßordnung 5).

4. In einer Reihe von Fällen, die nicht zur ordentlichen ſtrei-
tigen Gerichtsbarkeit gehören, iſt reichsgeſetzlich die Zeugenpflicht
anerkannt; jedoch hinſichtlich der Geltendmachung derſelben eine
bemerkenswerthe Unterſcheidung gemacht. Die Behörden, zu deren
Reſſort dieſe Angelegenheiten gehören, ſind befugt in dem von
ihnen einzuſchlagenden Verfahren Zeugen zu vernehmen, ohne
daß ſie der Mithülfe der Gerichte bedürfen, falls der Zeuge ihren
Anordnungen Folge leiſtet; in Beziehung auf die Erzwingung
der Zeugnißablegung dagegen, alſo in ſtaatsrechtlicher Hin-
ſicht, müſſen dieſe Behörden ſich an die ordentlichen Gerichte wen-
den, denen es zur Pflicht gemacht iſt, einem darauf gerichteten
Erſuchen zu entſprechen. Es beſteht alſo die Zeugenpflicht zwar
dieſen Behörden gegenüber, ihre Erfüllung aber kann nur mittel-
bar von denſeben erzwungen werden. Dieſe Fälle ſind folgende:

a) Die Poſtbehörden ſind im Strafverfahren bei Poſt-

1) Civilproz.Ordn. §. 862.
2) Geſ. über die Konſulargerichtsbarkeit v. 10. Juli 1879 §. 14. 15.
3) ebendaſ. §. 21 ff.
4) Eine ſpezielle Beſtätigung der Befugniß des Konſuls zur eidlichen Ver-
nehmung von Zeugen findet ſich ebendaſ. §. 39.
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[159/0169] §. 105. Die Zeugenpflicht. ohne daß er einer geſetzlichen Ermächtigung dazu bedarf. Ergiebt ſich in einem ſchieds richterlichen Verfahren die Nothwendigkeit, je- manden zur Ablegung eines Zeugniſſes anzuhalten oder ihm einen Zeugeneid abzunehmen, ſo muß auch hier ein Antrag an das or- dentliche Gericht gemacht werden 1). 2. Die Konſulargerichte haben in demſelben Umfange und nach denſelben Regeln wie die ordentlichen Gerichte die Be- fugniß zur Erzwingung der Zeugenpflicht, da auf das Verfahren dieſer Gerichte in bürgerlichen Rechtsſtreitigkeiten und Konkurs- ſachen die Civilprozeß-Ordnung und die Konkurs-Ordnung 2) und auf das Verfahren in Strafſachen die Strafprozeß-Ordnung 3) für anwendbar erklärt ſind 4). 3. Die durch §. 26 des Geſetzes gegen die Socialdemokratie v. 21. Oktob. 1878 eingeſetzte Kommiſſion zur Entſcheidung über Beſchwerden hat das Recht zur Zeugenvernehmung und zur Geltendmachung des Zeugenzwanges nach Maßgabe der Civil- prozeßordnung 5). 4. In einer Reihe von Fällen, die nicht zur ordentlichen ſtrei- tigen Gerichtsbarkeit gehören, iſt reichsgeſetzlich die Zeugenpflicht anerkannt; jedoch hinſichtlich der Geltendmachung derſelben eine bemerkenswerthe Unterſcheidung gemacht. Die Behörden, zu deren Reſſort dieſe Angelegenheiten gehören, ſind befugt in dem von ihnen einzuſchlagenden Verfahren Zeugen zu vernehmen, ohne daß ſie der Mithülfe der Gerichte bedürfen, falls der Zeuge ihren Anordnungen Folge leiſtet; in Beziehung auf die Erzwingung der Zeugnißablegung dagegen, alſo in ſtaatsrechtlicher Hin- ſicht, müſſen dieſe Behörden ſich an die ordentlichen Gerichte wen- den, denen es zur Pflicht gemacht iſt, einem darauf gerichteten Erſuchen zu entſprechen. Es beſteht alſo die Zeugenpflicht zwar dieſen Behörden gegenüber, ihre Erfüllung aber kann nur mittel- bar von denſeben erzwungen werden. Dieſe Fälle ſind folgende: a) Die Poſtbehörden ſind im Strafverfahren bei Poſt- 1) Civilproz.Ordn. §. 862. 2) Geſ. über die Konſulargerichtsbarkeit v. 10. Juli 1879 §. 14. 15. 3) ebendaſ. §. 21 ff. 4) Eine ſpezielle Beſtätigung der Befugniß des Konſuls zur eidlichen Ver- nehmung von Zeugen findet ſich ebendaſ. §. 39. 5) Geſ. v. 21. Okt. 1878 §. 27 Abſ. 1. R.G.Bl. S. 357.

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Zitationshilfe: Laband, Paul: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Bd. 3, Abt. 2. Freiburg (Breisgau) u. a., 1882, S. 159. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laband_staatsrecht0302_1882/169>, abgerufen am 21.11.2024.