Laband, Paul: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Bd. 3, Abt. 2. Freiburg (Breisgau) u. a., 1882.§. 108. Das active Reichsvermögen. felhaft, ob der Reichsfiskus von den Kommunen einer Einkom-mensteuer unterworfen werden kann. In der Praxis wird dies von den Reichsbehörden verneint und die Reichsregierung hat in der Session des Reichstages von 1874/75 den Entwurf eines Ge- setzes vorgelegt, welches ausdrücklich aussprechen sollte, daß das Reich von allen "auf das Einkommen" gelegten Steuern frei sein sollte; der Entwurf hat jedoch nicht die Zustimmung des Reichs- tages erhalten 1). §. 108. Das active Reichsvermögen. Das fiskalische Vermögen zerfällt in zwei Arten, die sowohl Unter Verwaltungsvermögen sind alle diejenigen Werthobjecte nicht anzusehen; dagegen würde, wenn das Tabaksmonopol eingeführt werden sollte, der Betrieb einer Tabaksmanufactur zweifellos als industrieller Gewerbebetrieb zu erachten sein. Auch den Reichsbank-Niederlassungen ist Befreiung von der Kommunalsteuer nicht gewährt; es folgt dies mittelst argum. e contrario aus §. 21 des Bankgesetzes und ist positiv bei den Ver- handl. des Reichstages ausgesprochen worden. Stenogr. Berichte 1874/75 Bd. II. S. 1342 ff. Vgl. auch die hiermit übereinstimmende Entscheidung des bayer. Verwaltungs-Gerichtshofes v. 17. Dez. 1880 (bei A. Reger Ent- scheidungen der Gerichte und Verwaltungsbehörden. Bd. I. S. 427 ff.) 1) Drucksachen des Reichstages II. Sess. 1874/75 Nr. 22. Der Entwurf gelangte überhaupt nicht über die erste Lesung hinaus, bei welcher sich eine große Meinungsverschiedenheit ergab. Vgl. Stenogr. Ber. I. S. 143 ff. 266 ff. Die formalen Gründe für die Befreiung des Reichsfiskus, welche aus der Sou- veränetät des Reiches hergenommen worden sind, beweisen allerdings zu viel, da sie gegen jede Belastung des Reichsfiskus, auch mit der Grundsteuer, sprechen würden; dagegen sind die sachlichen Bedenken gegen die lokale Be- steuerung des Reichseinkommens in der That schwerwiegend. Für die Steuer- pflicht des Reichsfiskus erklärt sich Walcker in Hartmann's Zeitschr. f. Gesetzgebung u. Praxis des öffentl. Rechts II. S. 121 ff. (1876.) 2) Vgl. meine Abhandlung über das Reichsfinanzrecht in Hirth's Annalen
1873 S. 412 ff. Eine ziemlich vollständige und großentheils wortgetreue Re- produktion meiner Ausführungen findet sich bei v. Rönne Staatsr. des D. R. II. 1. S. 70 ff. (2. Aufl. 1877). §. 108. Das active Reichsvermögen. felhaft, ob der Reichsfiskus von den Kommunen einer Einkom-menſteuer unterworfen werden kann. In der Praxis wird dies von den Reichsbehörden verneint und die Reichsregierung hat in der Seſſion des Reichstages von 1874/75 den Entwurf eines Ge- ſetzes vorgelegt, welches ausdrücklich ausſprechen ſollte, daß das Reich von allen „auf das Einkommen“ gelegten Steuern frei ſein ſollte; der Entwurf hat jedoch nicht die Zuſtimmung des Reichs- tages erhalten 1). §. 108. Das active Reichsvermögen. Das fiskaliſche Vermögen zerfällt in zwei Arten, die ſowohl Unter Verwaltungsvermögen ſind alle diejenigen Werthobjecte nicht anzuſehen; dagegen würde, wenn das Tabaksmonopol eingeführt werden ſollte, der Betrieb einer Tabaksmanufactur zweifellos als induſtrieller Gewerbebetrieb zu erachten ſein. Auch den Reichsbank-Niederlaſſungen iſt Befreiung von der Kommunalſteuer nicht gewährt; es folgt dies mittelſt argum. e contrario aus §. 21 des Bankgeſetzes und iſt poſitiv bei den Ver- handl. des Reichstages ausgeſprochen worden. Stenogr. Berichte 1874/75 Bd. II. S. 1342 ff. Vgl. auch die hiermit übereinſtimmende Entſcheidung des bayer. Verwaltungs-Gerichtshofes v. 17. Dez. 1880 (bei A. Reger Ent- ſcheidungen der Gerichte und Verwaltungsbehörden. Bd. I. S. 427 ff.) 1) Druckſachen des Reichstages II. Seſſ. 1874/75 Nr. 22. Der Entwurf gelangte überhaupt nicht über die erſte Leſung hinaus, bei welcher ſich eine große Meinungsverſchiedenheit ergab. Vgl. Stenogr. Ber. I. S. 143 ff. 266 ff. Die formalen Gründe für die Befreiung des Reichsfiskus, welche aus der Sou- veränetät des Reiches hergenommen worden ſind, beweiſen allerdings zu viel, da ſie gegen jede Belaſtung des Reichsfiskus, auch mit der Grundſteuer, ſprechen würden; dagegen ſind die ſachlichen Bedenken gegen die lokale Be- ſteuerung des Reichseinkommens in der That ſchwerwiegend. Für die Steuer- pflicht des Reichsfiskus erklärt ſich Walcker in Hartmann’s Zeitſchr. f. Geſetzgebung u. Praxis des öffentl. Rechts II. S. 121 ff. (1876.) 2) Vgl. meine Abhandlung über das Reichsfinanzrecht in Hirth’s Annalen
1873 S. 412 ff. Eine ziemlich vollſtändige und großentheils wortgetreue Re- produktion meiner Ausführungen findet ſich bei v. Rönne Staatsr. des D. R. II. 1. S. 70 ff. (2. Aufl. 1877). <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0211" n="201"/><fw place="top" type="header">§. 108. Das active Reichsvermögen.</fw><lb/> felhaft, ob der Reichsfiskus von den Kommunen einer <hi rendition="#g">Einkom-<lb/> menſteuer</hi> unterworfen werden kann. In der Praxis wird dies<lb/> von den Reichsbehörden verneint und die Reichsregierung hat in<lb/> der Seſſion des Reichstages von 1874/75 den Entwurf eines Ge-<lb/> ſetzes vorgelegt, welches ausdrücklich ausſprechen ſollte, daß das<lb/> Reich von allen „auf das Einkommen“ gelegten Steuern frei ſein<lb/> ſollte; der Entwurf hat jedoch nicht die Zuſtimmung des Reichs-<lb/> tages erhalten <note place="foot" n="1)">Druckſachen des Reichstages <hi rendition="#aq">II.</hi> Seſſ. 1874/75 Nr. 22. Der Entwurf<lb/> gelangte überhaupt nicht über die erſte Leſung hinaus, bei welcher ſich eine<lb/> große Meinungsverſchiedenheit ergab. Vgl. Stenogr. Ber. <hi rendition="#aq">I.</hi> S. 143 ff. 266 ff.<lb/> Die formalen Gründe für die Befreiung des Reichsfiskus, welche aus der Sou-<lb/> veränetät des Reiches hergenommen worden ſind, beweiſen allerdings zu viel,<lb/> da ſie gegen <hi rendition="#g">jede</hi> Belaſtung des Reichsfiskus, auch mit der Grundſteuer,<lb/> ſprechen würden; dagegen ſind die ſachlichen Bedenken gegen die lokale Be-<lb/> ſteuerung des Reichseinkommens in der That ſchwerwiegend. <hi rendition="#g">Für</hi> die Steuer-<lb/> pflicht des Reichsfiskus erklärt ſich <hi rendition="#g">Walcker</hi> in <hi rendition="#g">Hartmann’s</hi> Zeitſchr. f.<lb/> Geſetzgebung u. Praxis des öffentl. Rechts <hi rendition="#aq">II.</hi> S. 121 ff. (1876.)</note>.</p> </div><lb/> <div n="3"> <head>§. 108. <hi rendition="#b">Das active Reichsvermögen.</hi></head><lb/> <p>Das fiskaliſche Vermögen zerfällt in zwei Arten, die ſowohl<lb/> in finanzwiſſenſchaftlicher als in ſtaatsrechtlicher Hinſicht vielfach<lb/> verſchiedenen Regeln unterſtellt ſind, nämlich in <hi rendition="#g">Finanzvermögen</hi><lb/> und in <hi rendition="#g">Verwaltungsvermögen</hi> <note place="foot" n="2)">Vgl. meine Abhandlung über das Reichsfinanzrecht in Hirth’s Annalen<lb/> 1873 S. 412 ff. Eine ziemlich vollſtändige und großentheils wortgetreue Re-<lb/> produktion meiner Ausführungen findet ſich bei v. <hi rendition="#g">Rönne</hi> Staatsr. des D.<lb/> R. <hi rendition="#aq">II.</hi> 1. S. 70 ff. (2. Aufl. 1877).</note>.</p><lb/> <p>Unter Verwaltungsvermögen ſind alle diejenigen Werthobjecte<lb/> zu verſtehen, welche den für die Erfüllung der ſtaatlichen Zwecke<lb/> und Aufgaben erforderlichen Apparat bilden, alſo zum Dienſte der<lb/> Behörden und zum Betriebe der Staatsanſtalten gehören: das<lb/><note xml:id="seg2pn_21_2" prev="#seg2pn_21_1" place="foot" n="2)">nicht anzuſehen; dagegen würde, wenn das Tabaksmonopol eingeführt werden<lb/> ſollte, der Betrieb einer <hi rendition="#g">Tabaksmanufactur</hi> zweifellos als induſtrieller<lb/> Gewerbebetrieb zu erachten ſein. Auch den <hi rendition="#g">Reichsbank</hi>-Niederlaſſungen<lb/> iſt Befreiung von der Kommunalſteuer <hi rendition="#g">nicht</hi> gewährt; es folgt dies mittelſt<lb/><hi rendition="#aq">argum. e contrario</hi> aus §. 21 des Bankgeſetzes und iſt poſitiv bei den Ver-<lb/> handl. des Reichstages ausgeſprochen worden. Stenogr. Berichte 1874/75<lb/> Bd. <hi rendition="#aq">II.</hi> S. 1342 ff. Vgl. auch die hiermit übereinſtimmende <hi rendition="#g">Entſcheidung</hi><lb/> des bayer. Verwaltungs-Gerichtshofes v. 17. Dez. 1880 (bei A. <hi rendition="#g">Reger</hi> Ent-<lb/> ſcheidungen der Gerichte und Verwaltungsbehörden. Bd. <hi rendition="#aq">I.</hi> S. 427 ff.)</note><lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [201/0211]
§. 108. Das active Reichsvermögen.
felhaft, ob der Reichsfiskus von den Kommunen einer Einkom-
menſteuer unterworfen werden kann. In der Praxis wird dies
von den Reichsbehörden verneint und die Reichsregierung hat in
der Seſſion des Reichstages von 1874/75 den Entwurf eines Ge-
ſetzes vorgelegt, welches ausdrücklich ausſprechen ſollte, daß das
Reich von allen „auf das Einkommen“ gelegten Steuern frei ſein
ſollte; der Entwurf hat jedoch nicht die Zuſtimmung des Reichs-
tages erhalten 1).
§. 108. Das active Reichsvermögen.
Das fiskaliſche Vermögen zerfällt in zwei Arten, die ſowohl
in finanzwiſſenſchaftlicher als in ſtaatsrechtlicher Hinſicht vielfach
verſchiedenen Regeln unterſtellt ſind, nämlich in Finanzvermögen
und in Verwaltungsvermögen 2).
Unter Verwaltungsvermögen ſind alle diejenigen Werthobjecte
zu verſtehen, welche den für die Erfüllung der ſtaatlichen Zwecke
und Aufgaben erforderlichen Apparat bilden, alſo zum Dienſte der
Behörden und zum Betriebe der Staatsanſtalten gehören: das
2)
1) Druckſachen des Reichstages II. Seſſ. 1874/75 Nr. 22. Der Entwurf
gelangte überhaupt nicht über die erſte Leſung hinaus, bei welcher ſich eine
große Meinungsverſchiedenheit ergab. Vgl. Stenogr. Ber. I. S. 143 ff. 266 ff.
Die formalen Gründe für die Befreiung des Reichsfiskus, welche aus der Sou-
veränetät des Reiches hergenommen worden ſind, beweiſen allerdings zu viel,
da ſie gegen jede Belaſtung des Reichsfiskus, auch mit der Grundſteuer,
ſprechen würden; dagegen ſind die ſachlichen Bedenken gegen die lokale Be-
ſteuerung des Reichseinkommens in der That ſchwerwiegend. Für die Steuer-
pflicht des Reichsfiskus erklärt ſich Walcker in Hartmann’s Zeitſchr. f.
Geſetzgebung u. Praxis des öffentl. Rechts II. S. 121 ff. (1876.)
2) Vgl. meine Abhandlung über das Reichsfinanzrecht in Hirth’s Annalen
1873 S. 412 ff. Eine ziemlich vollſtändige und großentheils wortgetreue Re-
produktion meiner Ausführungen findet ſich bei v. Rönne Staatsr. des D.
R. II. 1. S. 70 ff. (2. Aufl. 1877).
2) nicht anzuſehen; dagegen würde, wenn das Tabaksmonopol eingeführt werden
ſollte, der Betrieb einer Tabaksmanufactur zweifellos als induſtrieller
Gewerbebetrieb zu erachten ſein. Auch den Reichsbank-Niederlaſſungen
iſt Befreiung von der Kommunalſteuer nicht gewährt; es folgt dies mittelſt
argum. e contrario aus §. 21 des Bankgeſetzes und iſt poſitiv bei den Ver-
handl. des Reichstages ausgeſprochen worden. Stenogr. Berichte 1874/75
Bd. II. S. 1342 ff. Vgl. auch die hiermit übereinſtimmende Entſcheidung
des bayer. Verwaltungs-Gerichtshofes v. 17. Dez. 1880 (bei A. Reger Ent-
ſcheidungen der Gerichte und Verwaltungsbehörden. Bd. I. S. 427 ff.)
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