rechnen könnten. Eine ausdrückliche Anerkennung hat der Rechts- grundsatz, daß der Reichsfiskus in jedem Gliedstaate des Bundes dem Landesfiskus gleichgestellt ist, in dem Gesetz vom 25. Mai 1873 §. 1 Abs. 2 gefunden:
"Hinsichtlich der Befreiung von Steuern und sonstigen ding- lichen Lasten sind die im Eigenthum des Reiches befindlichen Gegenstände den im Eigenthume des einzelnen Staates be- findlichen gleichartigen Gegenständen gleichgestellt."
Auch die Reichsbank und ihre Zweiganstalten sind im ge- sammten Reichsgebiete frei von staatlichen Einkommen- und Ge- werbesteuern 1).
Dagegen besteht durchaus kein Grund, aus welchem der Reichs- fiskus in irgend einem Theile des Bundesgebietes eine bessere Stellung als der Landesfiskus beanspruchen könnte.
Von diesem Prinzip aus ist die bestrittene Frage zu ent- scheiden, ob der Reichsfiskus der Kommunal-Besteuerung unter- liegt. Insoweit der Landesfiskus von der Entrichtung der Kom- munalsteuer befreit ist, wird auch dem Reichsfiskus das gleiche Recht zuzusprechen sein, da dieselben Gründe, auf denen die Kom- munalsteuerfreiheit des Landesfiskus beruht, auch für den Reichs- fiskus Geltung haben, weil auch dieser einheimischer Fiskus ist. Wenn dagegen in einem Bundesstaate die Finanzwirthschaft der Kommunen auf Grund der Landesgesetze in der Weise geregelt ist, daß fiskalisches Eigenthum oder ein fiskalischer Gewerbebetrieb zu den Kosten des Gemeindehaushalts beitragspflichtig ist, so muß dies den Reichsfiskus in demselben Umfange wie den Landesfiskus treffen, da ja auch den Etablissements des Reiches die kommunalen Einrichtungen und Anlagen in vollem Maaße zu Gute kommen. Hinsichtlich der von den Kommunen erhobenen Grundsteuer- und Gebäudesteuer-Beträge ist dies durch das citirte Reichs- gesetz ausdrücklich anerkannt; für die indirecten Abgaben (städtisches Octroi, Gassteuer u. dgl.) versteht sich die Steuerpflicht von selbst; auch der Entrichtung einer Kommunal-Gewerbesteuer kann sich der Reichsfiskus nicht entziehen, falls er ein steuerpflich- tiges Gewerbe betreibt 2). Dagegen ist es in hohem Grade zwei-
1) Bankgesetz v. 14. März 1875 §. 21 (R.G.Bl. S. 183).
2) Die Post und Telegraphie ist als industrielles Unternehmen
§. 107. Der Reichsfiskus.
rechnen könnten. Eine ausdrückliche Anerkennung hat der Rechts- grundſatz, daß der Reichsfiskus in jedem Gliedſtaate des Bundes dem Landesfiskus gleichgeſtellt iſt, in dem Geſetz vom 25. Mai 1873 §. 1 Abſ. 2 gefunden:
„Hinſichtlich der Befreiung von Steuern und ſonſtigen ding- lichen Laſten ſind die im Eigenthum des Reiches befindlichen Gegenſtände den im Eigenthume des einzelnen Staates be- findlichen gleichartigen Gegenſtänden gleichgeſtellt.“
Auch die Reichsbank und ihre Zweiganſtalten ſind im ge- ſammten Reichsgebiete frei von ſtaatlichen Einkommen- und Ge- werbeſteuern 1).
Dagegen beſteht durchaus kein Grund, aus welchem der Reichs- fiskus in irgend einem Theile des Bundesgebietes eine beſſere Stellung als der Landesfiskus beanſpruchen könnte.
Von dieſem Prinzip aus iſt die beſtrittene Frage zu ent- ſcheiden, ob der Reichsfiskus der Kommunal-Beſteuerung unter- liegt. Inſoweit der Landesfiskus von der Entrichtung der Kom- munalſteuer befreit iſt, wird auch dem Reichsfiskus das gleiche Recht zuzuſprechen ſein, da dieſelben Gründe, auf denen die Kom- munalſteuerfreiheit des Landesfiskus beruht, auch für den Reichs- fiskus Geltung haben, weil auch dieſer einheimiſcher Fiskus iſt. Wenn dagegen in einem Bundesſtaate die Finanzwirthſchaft der Kommunen auf Grund der Landesgeſetze in der Weiſe geregelt iſt, daß fiskaliſches Eigenthum oder ein fiskaliſcher Gewerbebetrieb zu den Koſten des Gemeindehaushalts beitragspflichtig iſt, ſo muß dies den Reichsfiskus in demſelben Umfange wie den Landesfiskus treffen, da ja auch den Etabliſſements des Reiches die kommunalen Einrichtungen und Anlagen in vollem Maaße zu Gute kommen. Hinſichtlich der von den Kommunen erhobenen Grundſteuer- und Gebäudeſteuer-Beträge iſt dies durch das citirte Reichs- geſetz ausdrücklich anerkannt; für die indirecten Abgaben (ſtädtiſches Octroi, Gasſteuer u. dgl.) verſteht ſich die Steuerpflicht von ſelbſt; auch der Entrichtung einer Kommunal-Gewerbeſteuer kann ſich der Reichsfiskus nicht entziehen, falls er ein ſteuerpflich- tiges Gewerbe betreibt 2). Dagegen iſt es in hohem Grade zwei-
1) Bankgeſetz v. 14. März 1875 §. 21 (R.G.Bl. S. 183).
2) Die Poſt und Telegraphie iſt als induſtrielles Unternehmen
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dem Landesfiskus gleichgeſtellt iſt, in dem Geſetz vom 25. Mai
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„Hinſichtlich der Befreiung von Steuern und ſonſtigen ding-
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findlichen gleichartigen Gegenſtänden gleichgeſtellt.“
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zu den Koſten des Gemeindehaushalts beitragspflichtig iſt, ſo muß
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treffen, da ja auch den Etabliſſements des Reiches die kommunalen
Einrichtungen und Anlagen in vollem Maaße zu Gute kommen.
Hinſichtlich der von den Kommunen erhobenen Grundſteuer-
und Gebäudeſteuer-Beträge iſt dies durch das citirte Reichs-
geſetz ausdrücklich anerkannt; für die indirecten Abgaben
(ſtädtiſches Octroi, Gasſteuer u. dgl.) verſteht ſich die Steuerpflicht
von ſelbſt; auch der Entrichtung einer Kommunal-Gewerbeſteuer
kann ſich der Reichsfiskus nicht entziehen, falls er ein ſteuerpflich-
tiges Gewerbe betreibt 2). Dagegen iſt es in hohem Grade zwei-
1) Bankgeſetz v. 14. März 1875 §. 21 (R.G.Bl. S. 183).
2) Die Poſt und Telegraphie iſt als induſtrielles Unternehmen
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Laband, Paul: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Bd. 3, Abt. 2. Freiburg (Breisgau) u. a., 1882, S. 200. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laband_staatsrecht0302_1882/210>, abgerufen am 16.02.2025.
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