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Laband, Paul: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Bd. 3, Abt. 2. Freiburg (Breisgau) u. a., 1882.

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§. 108. Das active Reichsvermögen.
waltungsvermögen, wenngleich dasselbe dem Fiscus privatrechtlich
gehört, doch nicht von ihm im Vermögensinteresse ausgebeutet
wird. Die Führung der Verwaltungsgeschäfte ist undenkbar ohne
die Verfügung über den hierzu erforderlichen Apparat und dem-
gemäß wäre die Abtretung von Verwaltungen an das Reich ohne
gleichzeitige Uebertragung des Gebrauchs- und Verfügungsrechts
über die zur Ausstattung dieser Verwaltungen bestimmten Gegen-
stände widersinnig gewesen. Soweit in Folge der Reichsorgani-
sation Geschäfte und Aufgaben der Verwaltung von den Einzel-
staaten auf das Reich übergegangen sind, ebensoweit hat das Reich
auch die Befugniß überkommen, das fiskalische Vermögen der
Einzelstaaten zum Zweck der Erledigung dieser Geschäfte und Auf-
gaben in demselben Umfange zu benutzen, wie dies den entspre-
chenden Verwaltungsbehörden der Einzelstaaten zugestanden haben
würde. Durch dieses Recht des Reiches zum Gebrauch war die
civilrechtliche Unterscheidung zwischen den Vermögensstücken
des Reichs und denjenigen der Einzelstaaten praktisch wieder auf-
gehoben und das Inventar der einzelnen Reichsverwaltungen ver-
waltungsrechtlich
zu einer Einheit verbunden worden. Theo-
retisch war das Verhältniß nicht anders zu construiren, als daß
das Reich an den von den Einzelstaaten eingebrachten Gegen-
ständen das Eigenthum des Landesfiskus behufs Er-
füllung der Verwaltungsaufgaben auszuüben befugt sei 1).

Diese "Ausübung" des fremden (landesfiskalischen) Eigen-
thums ist aber von der Ausübung des eigenen (reichsfiskalischen)
in einer, nicht unwichtigen Beziehung verschieden und zwar in
Folge der eigenartigen Natur des Verwaltungseigenthums. Da
diese nämlich auf der Zweckbestimmung der einzelnen Vermögens-
stücke beruht, so verlieren die letzteren den Charakter des Ver-
waltungsinventars und werden freies (Finanz-) Vermögen des
Fiskus, sobald sie für die Zwecke der Verwaltung entbehrlich oder
unbrauchbar werden. Die dem Reich gehörenden Gegenstände
werden hiernach, wenn sie für die Verwaltung entbehrlich werden,
Finanzvermögen des Reichsfiskus; die den Einzelstaaten ge-
hörigen, Finanzvermögen des betreffenden Landesfiskus. Die blos
verwaltungsrechtliche Einheit löst sich mit dem Wegfall des sie

1) Vgl. Annalen a. a. O. S. 425.

§. 108. Das active Reichsvermögen.
waltungsvermögen, wenngleich daſſelbe dem Fiscus privatrechtlich
gehört, doch nicht von ihm im Vermögensintereſſe ausgebeutet
wird. Die Führung der Verwaltungsgeſchäfte iſt undenkbar ohne
die Verfügung über den hierzu erforderlichen Apparat und dem-
gemäß wäre die Abtretung von Verwaltungen an das Reich ohne
gleichzeitige Uebertragung des Gebrauchs- und Verfügungsrechts
über die zur Ausſtattung dieſer Verwaltungen beſtimmten Gegen-
ſtände widerſinnig geweſen. Soweit in Folge der Reichsorgani-
ſation Geſchäfte und Aufgaben der Verwaltung von den Einzel-
ſtaaten auf das Reich übergegangen ſind, ebenſoweit hat das Reich
auch die Befugniß überkommen, das fiskaliſche Vermögen der
Einzelſtaaten zum Zweck der Erledigung dieſer Geſchäfte und Auf-
gaben in demſelben Umfange zu benutzen, wie dies den entſpre-
chenden Verwaltungsbehörden der Einzelſtaaten zugeſtanden haben
würde. Durch dieſes Recht des Reiches zum Gebrauch war die
civilrechtliche Unterſcheidung zwiſchen den Vermögensſtücken
des Reichs und denjenigen der Einzelſtaaten praktiſch wieder auf-
gehoben und das Inventar der einzelnen Reichsverwaltungen ver-
waltungsrechtlich
zu einer Einheit verbunden worden. Theo-
retiſch war das Verhältniß nicht anders zu conſtruiren, als daß
das Reich an den von den Einzelſtaaten eingebrachten Gegen-
ſtänden das Eigenthum des Landesfiskus behufs Er-
füllung der Verwaltungsaufgaben auszuüben befugt ſei 1).

Dieſe „Ausübung“ des fremden (landesfiskaliſchen) Eigen-
thums iſt aber von der Ausübung des eigenen (reichsfiskaliſchen)
in einer, nicht unwichtigen Beziehung verſchieden und zwar in
Folge der eigenartigen Natur des Verwaltungseigenthums. Da
dieſe nämlich auf der Zweckbeſtimmung der einzelnen Vermögens-
ſtücke beruht, ſo verlieren die letzteren den Charakter des Ver-
waltungsinventars und werden freies (Finanz-) Vermögen des
Fiskus, ſobald ſie für die Zwecke der Verwaltung entbehrlich oder
unbrauchbar werden. Die dem Reich gehörenden Gegenſtände
werden hiernach, wenn ſie für die Verwaltung entbehrlich werden,
Finanzvermögen des Reichsfiskus; die den Einzelſtaaten ge-
hörigen, Finanzvermögen des betreffenden Landesfiskus. Die blos
verwaltungsrechtliche Einheit löst ſich mit dem Wegfall des ſie

1) Vgl. Annalen a. a. O. S. 425.
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[219/0229] §. 108. Das active Reichsvermögen. waltungsvermögen, wenngleich daſſelbe dem Fiscus privatrechtlich gehört, doch nicht von ihm im Vermögensintereſſe ausgebeutet wird. Die Führung der Verwaltungsgeſchäfte iſt undenkbar ohne die Verfügung über den hierzu erforderlichen Apparat und dem- gemäß wäre die Abtretung von Verwaltungen an das Reich ohne gleichzeitige Uebertragung des Gebrauchs- und Verfügungsrechts über die zur Ausſtattung dieſer Verwaltungen beſtimmten Gegen- ſtände widerſinnig geweſen. Soweit in Folge der Reichsorgani- ſation Geſchäfte und Aufgaben der Verwaltung von den Einzel- ſtaaten auf das Reich übergegangen ſind, ebenſoweit hat das Reich auch die Befugniß überkommen, das fiskaliſche Vermögen der Einzelſtaaten zum Zweck der Erledigung dieſer Geſchäfte und Auf- gaben in demſelben Umfange zu benutzen, wie dies den entſpre- chenden Verwaltungsbehörden der Einzelſtaaten zugeſtanden haben würde. Durch dieſes Recht des Reiches zum Gebrauch war die civilrechtliche Unterſcheidung zwiſchen den Vermögensſtücken des Reichs und denjenigen der Einzelſtaaten praktiſch wieder auf- gehoben und das Inventar der einzelnen Reichsverwaltungen ver- waltungsrechtlich zu einer Einheit verbunden worden. Theo- retiſch war das Verhältniß nicht anders zu conſtruiren, als daß das Reich an den von den Einzelſtaaten eingebrachten Gegen- ſtänden das Eigenthum des Landesfiskus behufs Er- füllung der Verwaltungsaufgaben auszuüben befugt ſei 1). Dieſe „Ausübung“ des fremden (landesfiskaliſchen) Eigen- thums iſt aber von der Ausübung des eigenen (reichsfiskaliſchen) in einer, nicht unwichtigen Beziehung verſchieden und zwar in Folge der eigenartigen Natur des Verwaltungseigenthums. Da dieſe nämlich auf der Zweckbeſtimmung der einzelnen Vermögens- ſtücke beruht, ſo verlieren die letzteren den Charakter des Ver- waltungsinventars und werden freies (Finanz-) Vermögen des Fiskus, ſobald ſie für die Zwecke der Verwaltung entbehrlich oder unbrauchbar werden. Die dem Reich gehörenden Gegenſtände werden hiernach, wenn ſie für die Verwaltung entbehrlich werden, Finanzvermögen des Reichsfiskus; die den Einzelſtaaten ge- hörigen, Finanzvermögen des betreffenden Landesfiskus. Die blos verwaltungsrechtliche Einheit löst ſich mit dem Wegfall des ſie 1) Vgl. Annalen a. a. O. S. 425.

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Zitationshilfe: Laband, Paul: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Bd. 3, Abt. 2. Freiburg (Breisgau) u. a., 1882, S. 219. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laband_staatsrecht0302_1882/229>, abgerufen am 21.11.2024.