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Laband, Paul: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Bd. 3, Abt. 2. Freiburg (Breisgau) u. a., 1882.

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§. 109. Die Reichsschulden.
Dem entspricht die stereotype Formel, welche in sämmtlichen
Anleihegesetzen des Nordd. Bundes und des Deutschen Reiches für
den Hauptparagraphen derselben verwendet wird. Sie lautet:
"Der Reichskanzler wird ermächtigt, die zur Bestreitung
der . . . . Ausgaben erforderlichen Geldmittel bis zur Höhe
von . . . . . . . Mark im Wege des Credits flüssig zu machen
und zu diesem Zwecke in dem Nominalbetrage, wie er zur Be-
schaffung jener Summe erforderlich sein wird, eine verzinsliche
. . . . Anleihe aufzunehmen und Schatzanweisungen auszugeben."

Mit dieser Bestimmung ist der wesentliche Bestandtheil eines
Anleihegesetzes abgeschlossen; alles Uebrige, was sonst noch in den
Anleihegesetzen sich findet, könnte -- wie gleich ausgeführt werden
wird -- fehlen. Dem Art. 73 der R.V. ist mit diesem ersten
Paragraphen der Anleihegesetze vollständig genügt 1).

Allein die Ermächtigung zum Abschluß der Anleihe kann
beschränkt werden, indem dem Reichskanzler gewisse Bedingungen
vorgeschrieben werden, welche er bei dem Creditgeschäft beobachten
muß, so daß er das letztere anders als unter diesen Bedingungen
nicht contrahiren darf. Dies ist in der That der Fall hinsichtlich
der Bedingungen der Rückzahlung der Schuld. Das Gesetz vom
6. April 1870 2) hat bestimmt, daß die in Aussicht genommene
(damals einzige) Anleihe des Nordd. Bundes in der Art contra-
hirt werden sollte, daß den Inhabern der Schuldverschreibungen
kein Kündigungsrecht zustehe, daß dagegen dem Nordd.
Bunde das Recht vorbehalten bliebe, die im Umlauf befindlichen
Schuldverschreibungen zur Einlösung gegen Baarzahlung des Ka-
pitalbetrages binnen einer gesetzlich festzusetzenden Frist zu kündi-
gen 3). Diese Bestimmung ist in allen Anleihegesetzen des Deutschen

1) Dies würde übrigens auch dann der Fall sein, wenn der Anleihever-
trag vom Reichskanzler schon vorher mit den Creditgebern vereinbart worden
ist und vom Bundesrath und Reichstag hiezu die Genehmigung in der für
Gesetze vorgeschriebenen Form ertheilt wird.
2) B.G.Bl. 1870 S. 65.
3) Außerdem enthält das Gesetz noch die gänzlich inhaltlose und selbst-
verständliche Bestimmung, daß die Tilgung des Schuldkapitals durch Ankauf
einer entsprechenden Anzahl von Schuldverschreibungen erfolgen kann, wenn
im Bundeshaushalts-Etathierfür Mittel bestimmt wer-
den
. Es ist dies blos eine phrasenhafte Umschreibung des Satzes, daß eine
Verpflichtung des Bundesfiskus zur Tilgung des Schuldkapitals nicht besteht.

§. 109. Die Reichsſchulden.
Dem entſpricht die ſtereotype Formel, welche in ſämmtlichen
Anleihegeſetzen des Nordd. Bundes und des Deutſchen Reiches für
den Hauptparagraphen derſelben verwendet wird. Sie lautet:
„Der Reichskanzler wird ermächtigt, die zur Beſtreitung
der . . . . Ausgaben erforderlichen Geldmittel bis zur Höhe
von . . . . . . . Mark im Wege des Credits flüſſig zu machen
und zu dieſem Zwecke in dem Nominalbetrage, wie er zur Be-
ſchaffung jener Summe erforderlich ſein wird, eine verzinsliche
. . . . Anleihe aufzunehmen und Schatzanweiſungen auszugeben.“

Mit dieſer Beſtimmung iſt der weſentliche Beſtandtheil eines
Anleihegeſetzes abgeſchloſſen; alles Uebrige, was ſonſt noch in den
Anleihegeſetzen ſich findet, könnte — wie gleich ausgeführt werden
wird — fehlen. Dem Art. 73 der R.V. iſt mit dieſem erſten
Paragraphen der Anleihegeſetze vollſtändig genügt 1).

Allein die Ermächtigung zum Abſchluß der Anleihe kann
beſchränkt werden, indem dem Reichskanzler gewiſſe Bedingungen
vorgeſchrieben werden, welche er bei dem Creditgeſchäft beobachten
muß, ſo daß er das letztere anders als unter dieſen Bedingungen
nicht contrahiren darf. Dies iſt in der That der Fall hinſichtlich
der Bedingungen der Rückzahlung der Schuld. Das Geſetz vom
6. April 1870 2) hat beſtimmt, daß die in Ausſicht genommene
(damals einzige) Anleihe des Nordd. Bundes in der Art contra-
hirt werden ſollte, daß den Inhabern der Schuldverſchreibungen
kein Kündigungsrecht zuſtehe, daß dagegen dem Nordd.
Bunde das Recht vorbehalten bliebe, die im Umlauf befindlichen
Schuldverſchreibungen zur Einlöſung gegen Baarzahlung des Ka-
pitalbetrages binnen einer geſetzlich feſtzuſetzenden Friſt zu kündi-
gen 3). Dieſe Beſtimmung iſt in allen Anleihegeſetzen des Deutſchen

1) Dies würde übrigens auch dann der Fall ſein, wenn der Anleihever-
trag vom Reichskanzler ſchon vorher mit den Creditgebern vereinbart worden
iſt und vom Bundesrath und Reichstag hiezu die Genehmigung in der für
Geſetze vorgeſchriebenen Form ertheilt wird.
2) B.G.Bl. 1870 S. 65.
3) Außerdem enthält das Geſetz noch die gänzlich inhaltloſe und ſelbſt-
verſtändliche Beſtimmung, daß die Tilgung des Schuldkapitals durch Ankauf
einer entſprechenden Anzahl von Schuldverſchreibungen erfolgen kann, wenn
im Bundeshaushalts-Etathierfür Mittel beſtimmt wer-
den
. Es iſt dies blos eine phraſenhafte Umſchreibung des Satzes, daß eine
Verpflichtung des Bundesfiskus zur Tilgung des Schuldkapitals nicht beſteht.
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[234/0244] §. 109. Die Reichsſchulden. Dem entſpricht die ſtereotype Formel, welche in ſämmtlichen Anleihegeſetzen des Nordd. Bundes und des Deutſchen Reiches für den Hauptparagraphen derſelben verwendet wird. Sie lautet: „Der Reichskanzler wird ermächtigt, die zur Beſtreitung der . . . . Ausgaben erforderlichen Geldmittel bis zur Höhe von . . . . . . . Mark im Wege des Credits flüſſig zu machen und zu dieſem Zwecke in dem Nominalbetrage, wie er zur Be- ſchaffung jener Summe erforderlich ſein wird, eine verzinsliche . . . . Anleihe aufzunehmen und Schatzanweiſungen auszugeben.“ Mit dieſer Beſtimmung iſt der weſentliche Beſtandtheil eines Anleihegeſetzes abgeſchloſſen; alles Uebrige, was ſonſt noch in den Anleihegeſetzen ſich findet, könnte — wie gleich ausgeführt werden wird — fehlen. Dem Art. 73 der R.V. iſt mit dieſem erſten Paragraphen der Anleihegeſetze vollſtändig genügt 1). Allein die Ermächtigung zum Abſchluß der Anleihe kann beſchränkt werden, indem dem Reichskanzler gewiſſe Bedingungen vorgeſchrieben werden, welche er bei dem Creditgeſchäft beobachten muß, ſo daß er das letztere anders als unter dieſen Bedingungen nicht contrahiren darf. Dies iſt in der That der Fall hinſichtlich der Bedingungen der Rückzahlung der Schuld. Das Geſetz vom 6. April 1870 2) hat beſtimmt, daß die in Ausſicht genommene (damals einzige) Anleihe des Nordd. Bundes in der Art contra- hirt werden ſollte, daß den Inhabern der Schuldverſchreibungen kein Kündigungsrecht zuſtehe, daß dagegen dem Nordd. Bunde das Recht vorbehalten bliebe, die im Umlauf befindlichen Schuldverſchreibungen zur Einlöſung gegen Baarzahlung des Ka- pitalbetrages binnen einer geſetzlich feſtzuſetzenden Friſt zu kündi- gen 3). Dieſe Beſtimmung iſt in allen Anleihegeſetzen des Deutſchen 1) Dies würde übrigens auch dann der Fall ſein, wenn der Anleihever- trag vom Reichskanzler ſchon vorher mit den Creditgebern vereinbart worden iſt und vom Bundesrath und Reichstag hiezu die Genehmigung in der für Geſetze vorgeſchriebenen Form ertheilt wird. 2) B.G.Bl. 1870 S. 65. 3) Außerdem enthält das Geſetz noch die gänzlich inhaltloſe und ſelbſt- verſtändliche Beſtimmung, daß die Tilgung des Schuldkapitals durch Ankauf einer entſprechenden Anzahl von Schuldverſchreibungen erfolgen kann, wenn im Bundeshaushalts-Etathierfür Mittel beſtimmt wer- den. Es iſt dies blos eine phraſenhafte Umſchreibung des Satzes, daß eine Verpflichtung des Bundesfiskus zur Tilgung des Schuldkapitals nicht beſteht.

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Zitationshilfe: Laband, Paul: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Bd. 3, Abt. 2. Freiburg (Breisgau) u. a., 1882, S. 234. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laband_staatsrecht0302_1882/244>, abgerufen am 24.11.2024.