Laband, Paul: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Bd. 3, Abt. 2. Freiburg (Breisgau) u. a., 1882.§. 112. Die Einheit des Zollgebietes. Veränderungen der thatsächlichen Verhältnisse verschiedenster Art,deren Aufzählung und Erörterung hier zu weit führen würde, kann ein anfänglich ausgeschlossenes Gebiet für die Zwecke des Frei- hafens entbehrlich werden, oder es kann in Folge der gemachten Erfahrungen oder sorgfältigerer Ermittelungen der Bundesrath die von ihm zuerst beschlossene Abgränzung als unzweckmäßig und zu weitreichend erkennen. Es liegt kein Grund vor, warum der Bundesrath nicht einen Ausführungsbeschluß zu Art. 34 der R.V. ebenso wie alle anderen nach Maßgabe des Art. 7 Ziff. 2 der R.V. gefaßten Beschlüsse solle abändern dürfen. Nur wird dabei freilich vorausgesetzt, daß der Bundesrath diese Befugniß nicht zur stückweisen Vernichtung oder Verstümmelung des den Hanse- städten im Art. 34 gewährleisteten Rechts mißbrauche. Alle diese Fragen haben den größten Theil ihres praktischen 1) R.G.Bl. 1882 S. 39 ff. 2) Vgl. den Entwurf mit Motiven in den Drucksachen des Reichstages
von 1881/82 Nro. 4. Verhandlungen darüber: Stenogr. Berichte ebendas. S. 101 ff. 777--841, S. 867. Vgl. ferner Tuch a. a. O. S. 205 ff. und Hirth's Annalen 1881 S. 489 ff. §. 112. Die Einheit des Zollgebietes. Veränderungen der thatſächlichen Verhältniſſe verſchiedenſter Art,deren Aufzählung und Erörterung hier zu weit führen würde, kann ein anfänglich ausgeſchloſſenes Gebiet für die Zwecke des Frei- hafens entbehrlich werden, oder es kann in Folge der gemachten Erfahrungen oder ſorgfältigerer Ermittelungen der Bundesrath die von ihm zuerſt beſchloſſene Abgränzung als unzweckmäßig und zu weitreichend erkennen. Es liegt kein Grund vor, warum der Bundesrath nicht einen Ausführungsbeſchluß zu Art. 34 der R.V. ebenſo wie alle anderen nach Maßgabe des Art. 7 Ziff. 2 der R.V. gefaßten Beſchlüſſe ſolle abändern dürfen. Nur wird dabei freilich vorausgeſetzt, daß der Bundesrath dieſe Befugniß nicht zur ſtückweiſen Vernichtung oder Verſtümmelung des den Hanſe- ſtädten im Art. 34 gewährleiſteten Rechts mißbrauche. Alle dieſe Fragen haben den größten Theil ihres praktiſchen 1) R.G.Bl. 1882 S. 39 ff. 2) Vgl. den Entwurf mit Motiven in den Druckſachen des Reichstages
von 1881/82 Nro. 4. Verhandlungen darüber: Stenogr. Berichte ebendaſ. S. 101 ff. 777—841, S. 867. Vgl. ferner Tuch a. a. O. S. 205 ff. und Hirth’s Annalen 1881 S. 489 ff. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <p><pb facs="#f0271" n="261"/><fw place="top" type="header">§. 112. Die Einheit des Zollgebietes.</fw><lb/> Veränderungen der thatſächlichen Verhältniſſe verſchiedenſter Art,<lb/> deren Aufzählung und Erörterung hier zu weit führen würde, kann<lb/> ein anfänglich ausgeſchloſſenes Gebiet für die Zwecke des Frei-<lb/> hafens entbehrlich werden, oder es kann in Folge der gemachten<lb/> Erfahrungen oder ſorgfältigerer Ermittelungen der Bundesrath<lb/> die von ihm zuerſt beſchloſſene Abgränzung als unzweckmäßig und<lb/> zu weitreichend erkennen. Es liegt kein Grund vor, warum der<lb/> Bundesrath nicht einen Ausführungsbeſchluß zu Art. 34 der R.V.<lb/> ebenſo wie alle anderen nach Maßgabe des Art. 7 Ziff. 2 der<lb/> R.V. gefaßten Beſchlüſſe ſolle abändern dürfen. Nur wird dabei<lb/> freilich vorausgeſetzt, daß der Bundesrath dieſe Befugniß nicht<lb/> zur ſtückweiſen Vernichtung oder Verſtümmelung des den Hanſe-<lb/> ſtädten im Art. 34 gewährleiſteten Rechts mißbrauche.</p><lb/> <p>Alle dieſe Fragen haben den größten Theil ihres praktiſchen<lb/> Intereſſes eingebüßt durch den zwiſchen dem Reichskanzler und<lb/> dem Hamburgiſchen Senat abgeſchloſſenen Vertrag vom 25. Mai<lb/> 1881 und das in Folge deſſelben ergangene Reichsgeſetz v. 16. Fe-<lb/> bruar 1882 <note place="foot" n="1)">R.G.Bl. 1882 S. 39 ff.</note>, betreffend die Ausführung des Anſchluſſes der<lb/> freien und Hanſeſtadt Hamburg an das Deutſche Zollgebiet <note place="foot" n="2)">Vgl. den Entwurf mit Motiven in den Druckſachen des Reichstages<lb/> von 1881/82 Nro. 4. Verhandlungen darüber: Stenogr. Berichte ebendaſ.<lb/> S. 101 ff. 777—841, S. 867. Vgl. ferner <hi rendition="#g">Tuch</hi> a. a. O. S. 205 ff. und<lb/><hi rendition="#g">Hirth</hi>’s <hi rendition="#g">Annalen</hi> 1881 S. 489 ff.</note>.<lb/> Auf Grund der mit der Reichsregierung geführten Verhandlungen<lb/> hat der Hamburgiſche Senat den Anſchluß ſeines Staatsgebietes<lb/> mit Ausnahme eines eigentlichen Freihafens an das Zollgebiet<lb/><hi rendition="#g">beantragt</hi> und der Bundesrath hat dieſen Antrag genehmigt.<lb/> Nunmehr iſt die Begränzung des Freihafens und „des dieſem<lb/> Zweck entſprechenden Bezirks“ für Hamburg durch Staatsvertrag<lb/> und durch ein denſelben beſtätigendes Reichsgeſetz definitiv feſtge-<lb/> ſtellt worden, ſo daß der Bundesrath <hi rendition="#g">einſeitig</hi> keine Verände-<lb/> rungen daran vornehmen kann, und es iſt ferner ſowohl im Art. 1<lb/> des Vertrages als im §. 1 des Reichsgeſetzes anerkannt worden,<lb/> daß auf dieſes Freihafengebiet Art. 34 der R.V. <hi rendition="#g">fortdauernd</hi><lb/> Anwendung finde, ſo daß die Freihafen-Eigenſchaft jenes Bezirks<lb/> ohne Hamburgs Zuſtimmung weder aufgehoben noch eingeſchränkt<lb/></p> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [261/0271]
§. 112. Die Einheit des Zollgebietes.
Veränderungen der thatſächlichen Verhältniſſe verſchiedenſter Art,
deren Aufzählung und Erörterung hier zu weit führen würde, kann
ein anfänglich ausgeſchloſſenes Gebiet für die Zwecke des Frei-
hafens entbehrlich werden, oder es kann in Folge der gemachten
Erfahrungen oder ſorgfältigerer Ermittelungen der Bundesrath
die von ihm zuerſt beſchloſſene Abgränzung als unzweckmäßig und
zu weitreichend erkennen. Es liegt kein Grund vor, warum der
Bundesrath nicht einen Ausführungsbeſchluß zu Art. 34 der R.V.
ebenſo wie alle anderen nach Maßgabe des Art. 7 Ziff. 2 der
R.V. gefaßten Beſchlüſſe ſolle abändern dürfen. Nur wird dabei
freilich vorausgeſetzt, daß der Bundesrath dieſe Befugniß nicht
zur ſtückweiſen Vernichtung oder Verſtümmelung des den Hanſe-
ſtädten im Art. 34 gewährleiſteten Rechts mißbrauche.
Alle dieſe Fragen haben den größten Theil ihres praktiſchen
Intereſſes eingebüßt durch den zwiſchen dem Reichskanzler und
dem Hamburgiſchen Senat abgeſchloſſenen Vertrag vom 25. Mai
1881 und das in Folge deſſelben ergangene Reichsgeſetz v. 16. Fe-
bruar 1882 1), betreffend die Ausführung des Anſchluſſes der
freien und Hanſeſtadt Hamburg an das Deutſche Zollgebiet 2).
Auf Grund der mit der Reichsregierung geführten Verhandlungen
hat der Hamburgiſche Senat den Anſchluß ſeines Staatsgebietes
mit Ausnahme eines eigentlichen Freihafens an das Zollgebiet
beantragt und der Bundesrath hat dieſen Antrag genehmigt.
Nunmehr iſt die Begränzung des Freihafens und „des dieſem
Zweck entſprechenden Bezirks“ für Hamburg durch Staatsvertrag
und durch ein denſelben beſtätigendes Reichsgeſetz definitiv feſtge-
ſtellt worden, ſo daß der Bundesrath einſeitig keine Verände-
rungen daran vornehmen kann, und es iſt ferner ſowohl im Art. 1
des Vertrages als im §. 1 des Reichsgeſetzes anerkannt worden,
daß auf dieſes Freihafengebiet Art. 34 der R.V. fortdauernd
Anwendung finde, ſo daß die Freihafen-Eigenſchaft jenes Bezirks
ohne Hamburgs Zuſtimmung weder aufgehoben noch eingeſchränkt
1) R.G.Bl. 1882 S. 39 ff.
2) Vgl. den Entwurf mit Motiven in den Druckſachen des Reichstages
von 1881/82 Nro. 4. Verhandlungen darüber: Stenogr. Berichte ebendaſ.
S. 101 ff. 777—841, S. 867. Vgl. ferner Tuch a. a. O. S. 205 ff. und
Hirth’s Annalen 1881 S. 489 ff.
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