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Laband, Paul: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Bd. 3, Abt. 2. Freiburg (Breisgau) u. a., 1882.

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§. 112. Die Einheit des Zollgebietes.
gesetzes vom 1. Juli 1869 1): "Wo das Vereinsgebiet durch das
Meer begrenzt wird, bildet die jedesmalige den Wasserspiegel be-
grenzende Linie des Landes die Zolllinie. Das Gleiche gilt, wo
das Vereinsgebiet an andere Gewässer gränzt, sofern deren Stand
von Ebbe und Fluth abhängig ist" 2). Die praktische Bedeutung
dieser Anordnung betrifft vorzugsweise die Frage, in welchem
Augenblick die Zollpflichtigkeit eintritt und eventuell der Thatbe-
stand einer Zolldefraudation perfekt wird.

II. Die sachliche Bedeutung des Grundprinzips, daß
Deutschland ein einheitliches Zoll- und Handelsgebiet bildet, ist im
Art. 33 Abs. 2 ausgesprochen: "Alle Gegenstände, welche im freien
Verkehr eines Bundesstaates befindlich sind, können in jedem anderen
Bundesstaat eingeführt und dürfen in letzterem einer Abgabe nur
insoweit unterworfen werden, als daselbst gleichartige inländische
Erzeugnisse einer inneren Steuer unterliegen." Die Tragweite
dieses Grundsatzes ergiebt sich aus den Artikeln des Zollvereins-
vertrages, die zum Theil lediglich den Zweck haben, diese Conse-
quenzen zu entwickeln und sicher zu stellen.

1. Den Einzelstaaten ist es nicht unbedingt verboten,
Abgaben von Verbrauchsgegenständen zu erheben; diese Befugniß
ist aber durch eine Reihe von Sätzen überaus beschränkt:

a) Ausgeschlossen ist die Erhebung irgend einer weiteren Ab-
gabe von allen vom Auslande eingeführten Gegenständen,
welche vom Reich bei der Einfuhr mit mehr als 15 Groschen vom
Zentner belegt sind, mit Ausnahme der auf die weitere Verarbei-
tung oder bei Getränken auf deren Umsatz (Cirkulation) allgemein
gelegten Steuern 3).


1) Bundes-Gesetzbl. 1869 S. 320.
2) Die Bestimmung steht in dem Abschnitt des Zollgesetzes, welcher die
Ueberschrift trägt: "Einrichtungen zur Beaufsichtigung und Erhebung des
Zolles" und hat mit der Frage wegen Abgränzung der Zollexclaven gar keinen
Zusammenhang. Unrichtiger Weise ist ein solcher hervorgesucht worden bei
den Erörterungen über den Zollanschluß der unteren Elbe, namentlich vom
Fürsten Bismarck. Stenogr. Berichte 1880 S. 1268; die richtige Be-
deutung des §. 16 cit. ist klargestellt worden von Lasker ebendas. S. 1309.
3) Zollvereinsvertrag Art. 5. I. Als Fabrikations-
steuern sind aber lediglich zugelassen
die Steuern von der
Fabrikation des Branntweins, Biers und Essigs sowie die Mahl- und Schlacht-
steuer, und hinsichtlich der Cirkulationssteuer von Getränken gilt der

§. 112. Die Einheit des Zollgebietes.
geſetzes vom 1. Juli 1869 1): „Wo das Vereinsgebiet durch das
Meer begrenzt wird, bildet die jedesmalige den Waſſerſpiegel be-
grenzende Linie des Landes die Zolllinie. Das Gleiche gilt, wo
das Vereinsgebiet an andere Gewäſſer gränzt, ſofern deren Stand
von Ebbe und Fluth abhängig iſt“ 2). Die praktiſche Bedeutung
dieſer Anordnung betrifft vorzugsweiſe die Frage, in welchem
Augenblick die Zollpflichtigkeit eintritt und eventuell der Thatbe-
ſtand einer Zolldefraudation perfekt wird.

II. Die ſachliche Bedeutung des Grundprinzips, daß
Deutſchland ein einheitliches Zoll- und Handelsgebiet bildet, iſt im
Art. 33 Abſ. 2 ausgeſprochen: „Alle Gegenſtände, welche im freien
Verkehr eines Bundesſtaates befindlich ſind, können in jedem anderen
Bundesſtaat eingeführt und dürfen in letzterem einer Abgabe nur
inſoweit unterworfen werden, als daſelbſt gleichartige inländiſche
Erzeugniſſe einer inneren Steuer unterliegen.“ Die Tragweite
dieſes Grundſatzes ergiebt ſich aus den Artikeln des Zollvereins-
vertrages, die zum Theil lediglich den Zweck haben, dieſe Conſe-
quenzen zu entwickeln und ſicher zu ſtellen.

1. Den Einzelſtaaten iſt es nicht unbedingt verboten,
Abgaben von Verbrauchsgegenſtänden zu erheben; dieſe Befugniß
iſt aber durch eine Reihe von Sätzen überaus beſchränkt:

a) Ausgeſchloſſen iſt die Erhebung irgend einer weiteren Ab-
gabe von allen vom Auslande eingeführten Gegenſtänden,
welche vom Reich bei der Einfuhr mit mehr als 15 Groſchen vom
Zentner belegt ſind, mit Ausnahme der auf die weitere Verarbei-
tung oder bei Getränken auf deren Umſatz (Cirkulation) allgemein
gelegten Steuern 3).


1) Bundes-Geſetzbl. 1869 S. 320.
2) Die Beſtimmung ſteht in dem Abſchnitt des Zollgeſetzes, welcher die
Ueberſchrift trägt: „Einrichtungen zur Beaufſichtigung und Erhebung des
Zolles“ und hat mit der Frage wegen Abgränzung der Zollexclaven gar keinen
Zuſammenhang. Unrichtiger Weiſe iſt ein ſolcher hervorgeſucht worden bei
den Erörterungen über den Zollanſchluß der unteren Elbe, namentlich vom
Fürſten Bismarck. Stenogr. Berichte 1880 S. 1268; die richtige Be-
deutung des §. 16 cit. iſt klargeſtellt worden von Lasker ebendaſ. S. 1309.
3) Zollvereinsvertrag Art. 5. I. Als Fabrikations-
ſteuern ſind aber lediglich zugelaſſen
die Steuern von der
Fabrikation des Branntweins, Biers und Eſſigs ſowie die Mahl- und Schlacht-
ſteuer, und hinſichtlich der Cirkulationsſteuer von Getränken gilt der
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[264/0274] §. 112. Die Einheit des Zollgebietes. geſetzes vom 1. Juli 1869 1): „Wo das Vereinsgebiet durch das Meer begrenzt wird, bildet die jedesmalige den Waſſerſpiegel be- grenzende Linie des Landes die Zolllinie. Das Gleiche gilt, wo das Vereinsgebiet an andere Gewäſſer gränzt, ſofern deren Stand von Ebbe und Fluth abhängig iſt“ 2). Die praktiſche Bedeutung dieſer Anordnung betrifft vorzugsweiſe die Frage, in welchem Augenblick die Zollpflichtigkeit eintritt und eventuell der Thatbe- ſtand einer Zolldefraudation perfekt wird. II. Die ſachliche Bedeutung des Grundprinzips, daß Deutſchland ein einheitliches Zoll- und Handelsgebiet bildet, iſt im Art. 33 Abſ. 2 ausgeſprochen: „Alle Gegenſtände, welche im freien Verkehr eines Bundesſtaates befindlich ſind, können in jedem anderen Bundesſtaat eingeführt und dürfen in letzterem einer Abgabe nur inſoweit unterworfen werden, als daſelbſt gleichartige inländiſche Erzeugniſſe einer inneren Steuer unterliegen.“ Die Tragweite dieſes Grundſatzes ergiebt ſich aus den Artikeln des Zollvereins- vertrages, die zum Theil lediglich den Zweck haben, dieſe Conſe- quenzen zu entwickeln und ſicher zu ſtellen. 1. Den Einzelſtaaten iſt es nicht unbedingt verboten, Abgaben von Verbrauchsgegenſtänden zu erheben; dieſe Befugniß iſt aber durch eine Reihe von Sätzen überaus beſchränkt: a) Ausgeſchloſſen iſt die Erhebung irgend einer weiteren Ab- gabe von allen vom Auslande eingeführten Gegenſtänden, welche vom Reich bei der Einfuhr mit mehr als 15 Groſchen vom Zentner belegt ſind, mit Ausnahme der auf die weitere Verarbei- tung oder bei Getränken auf deren Umſatz (Cirkulation) allgemein gelegten Steuern 3). 1) Bundes-Geſetzbl. 1869 S. 320. 2) Die Beſtimmung ſteht in dem Abſchnitt des Zollgeſetzes, welcher die Ueberſchrift trägt: „Einrichtungen zur Beaufſichtigung und Erhebung des Zolles“ und hat mit der Frage wegen Abgränzung der Zollexclaven gar keinen Zuſammenhang. Unrichtiger Weiſe iſt ein ſolcher hervorgeſucht worden bei den Erörterungen über den Zollanſchluß der unteren Elbe, namentlich vom Fürſten Bismarck. Stenogr. Berichte 1880 S. 1268; die richtige Be- deutung des §. 16 cit. iſt klargeſtellt worden von Lasker ebendaſ. S. 1309. 3) Zollvereinsvertrag Art. 5. I. Als Fabrikations- ſteuern ſind aber lediglich zugelaſſen die Steuern von der Fabrikation des Branntweins, Biers und Eſſigs ſowie die Mahl- und Schlacht- ſteuer, und hinſichtlich der Cirkulationsſteuer von Getränken gilt der

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Zitationshilfe: Laband, Paul: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Bd. 3, Abt. 2. Freiburg (Breisgau) u. a., 1882, S. 264. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laband_staatsrecht0302_1882/274>, abgerufen am 21.11.2024.