Laband, Paul: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Bd. 3, Abt. 2. Freiburg (Breisgau) u. a., 1882.§. 112. Die Einheit des Zollgebietes. wollte -- was indeß unrichtig wäre -- daß die in der Elbschiff-fahrts-Akte vereinbarte völlige Freiheit der Schifffahrt die Freiheit vom Waarenzoll einschließt. Denn die Elbschifffahrts-Akte ist ein Staatsvertrag unter den Uferstaaten, hat also nur die Kraft der Landesgesetze und ist mithin, so weit diese Uferstaaten Glieder des Deutschen Reiches geworden sind, durch entgegenstehende An- ordnungen der Reichsgesetze aufgehoben 1). Für das Verhältniß unter den Deutschen Staaten sind demnach die Anordnungen der Reichsverfassung Art. 33. 34. 40 und insbesondere Art. 7 Ziff. 2 in ihrem Zusammenhange maßgebend und Oesterreich ist der einzige Staat, für welchen die völkerrechtliche Bedeutung der Elbschifffahrts-Akte ungeschmälert fortbesteht. Daraus ergiebt sich, daß Oesterreich allein gegen die Verlegung der Zollgränze an die Mündung der Elbe, gleichviel ob dieselbe im Wege des Bundes- rathsbeschlusses oder im Wege des Reichsgesetzes verfügt wird, die formelle Berechtigung des Einspruches erheben könnte; daß dagegen in staatsrechtlicher Beziehung im Deutschen Reiche die Elbschifffahrts-Akte der Verfassung gegenüber nicht in Betracht kommt. Der Bundesrath hat nun durch Beschluß vom 8. Dezemb. 1881 die Unterelbe einschließlich der in derselben befindlichen Elb- inseln vom 1. Januar 1882 ab dem Deutschen Zollgebiet ange- schlossen 2) und gleichzeitig Vorschriften über die Befreiung der nach und von Hamburg transitirenden Schiffe von zollamtlicher Behandlung erlassen. 4. Das Bundesgebiet umfaßt bekanntlich in völkerrechtlicher 1) Vgl. Bd. II. S. 195 ff. 2) Centralbl. des Deutschen Reichs 1881 S. 464. Auch der Reichstag
hat sich schließlich hiermit einverstanden erklärt, indem er die Kosten des An- schlusses im Etatsgesetz für 1882/83 genehmigt und nur durch eine Resolution ausgesprochen hat, daß er hierdurch kein "Präjudiz" für die ihm zustehende Mitwirkung habe herbeiführen wollen. Sitzung v. 14. Januar 1882. Stenogr. Berichte S. 656. 657. §. 112. Die Einheit des Zollgebietes. wollte — was indeß unrichtig wäre — daß die in der Elbſchiff-fahrts-Akte vereinbarte völlige Freiheit der Schifffahrt die Freiheit vom Waarenzoll einſchließt. Denn die Elbſchifffahrts-Akte iſt ein Staatsvertrag unter den Uferſtaaten, hat alſo nur die Kraft der Landesgeſetze und iſt mithin, ſo weit dieſe Uferſtaaten Glieder des Deutſchen Reiches geworden ſind, durch entgegenſtehende An- ordnungen der Reichsgeſetze aufgehoben 1). Für das Verhältniß unter den Deutſchen Staaten ſind demnach die Anordnungen der Reichsverfaſſung Art. 33. 34. 40 und insbeſondere Art. 7 Ziff. 2 in ihrem Zuſammenhange maßgebend und Oeſterreich iſt der einzige Staat, für welchen die völkerrechtliche Bedeutung der Elbſchifffahrts-Akte ungeſchmälert fortbeſteht. Daraus ergiebt ſich, daß Oeſterreich allein gegen die Verlegung der Zollgränze an die Mündung der Elbe, gleichviel ob dieſelbe im Wege des Bundes- rathsbeſchluſſes oder im Wege des Reichsgeſetzes verfügt wird, die formelle Berechtigung des Einſpruches erheben könnte; daß dagegen in ſtaatsrechtlicher Beziehung im Deutſchen Reiche die Elbſchifffahrts-Akte der Verfaſſung gegenüber nicht in Betracht kommt. Der Bundesrath hat nun durch Beſchluß vom 8. Dezemb. 1881 die Unterelbe einſchließlich der in derſelben befindlichen Elb- inſeln vom 1. Januar 1882 ab dem Deutſchen Zollgebiet ange- ſchloſſen 2) und gleichzeitig Vorſchriften über die Befreiung der nach und von Hamburg tranſitirenden Schiffe von zollamtlicher Behandlung erlaſſen. 4. Das Bundesgebiet umfaßt bekanntlich in völkerrechtlicher 1) Vgl. Bd. II. S. 195 ff. 2) Centralbl. des Deutſchen Reichs 1881 S. 464. Auch der Reichstag
hat ſich ſchließlich hiermit einverſtanden erklärt, indem er die Koſten des An- ſchluſſes im Etatsgeſetz für 1882/83 genehmigt und nur durch eine Reſolution ausgeſprochen hat, daß er hierdurch kein „Präjudiz“ für die ihm zuſtehende Mitwirkung habe herbeiführen wollen. Sitzung v. 14. Januar 1882. Stenogr. Berichte S. 656. 657. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <p><pb facs="#f0273" n="263"/><fw place="top" type="header">§. 112. Die Einheit des Zollgebietes.</fw><lb/> wollte — was indeß unrichtig wäre — daß die in der Elbſchiff-<lb/> fahrts-Akte vereinbarte völlige Freiheit der <hi rendition="#g">Schifffahrt</hi> die<lb/> Freiheit vom Waarenzoll einſchließt. Denn die Elbſchifffahrts-Akte<lb/> iſt ein Staatsvertrag unter den Uferſtaaten, hat alſo nur die Kraft<lb/> der Landesgeſetze und iſt mithin, ſo weit dieſe Uferſtaaten Glieder<lb/> des Deutſchen Reiches geworden ſind, durch entgegenſtehende An-<lb/> ordnungen der Reichsgeſetze aufgehoben <note place="foot" n="1)">Vgl. Bd. <hi rendition="#aq">II.</hi> S. 195 ff.</note>. Für das Verhältniß<lb/> unter den Deutſchen Staaten ſind demnach die Anordnungen der<lb/> Reichsverfaſſung Art. 33. 34. 40 und insbeſondere Art. 7 Ziff. 2<lb/> in ihrem Zuſammenhange maßgebend und <hi rendition="#g">Oeſterreich</hi> iſt der<lb/> einzige Staat, für welchen die <hi rendition="#g">völkerrechtliche</hi> Bedeutung der<lb/> Elbſchifffahrts-Akte ungeſchmälert fortbeſteht. Daraus ergiebt ſich,<lb/> daß Oeſterreich allein gegen die Verlegung der Zollgränze an die<lb/> Mündung der Elbe, gleichviel ob dieſelbe im Wege des Bundes-<lb/> rathsbeſchluſſes oder im Wege des Reichsgeſetzes verfügt wird,<lb/> die formelle Berechtigung des Einſpruches erheben könnte; daß<lb/> dagegen in <hi rendition="#g">ſtaatsrechtlicher</hi> Beziehung im Deutſchen Reiche<lb/> die Elbſchifffahrts-Akte der Verfaſſung gegenüber nicht in Betracht<lb/> kommt. Der Bundesrath hat nun durch Beſchluß vom 8. Dezemb.<lb/> 1881 die Unterelbe einſchließlich der in derſelben befindlichen Elb-<lb/> inſeln vom 1. Januar 1882 ab dem Deutſchen Zollgebiet ange-<lb/> ſchloſſen <note place="foot" n="2)">Centralbl. des Deutſchen Reichs 1881 S. 464. Auch der <hi rendition="#g">Reichstag</hi><lb/> hat ſich ſchließlich hiermit einverſtanden erklärt, indem er die Koſten des An-<lb/> ſchluſſes im Etatsgeſetz für 1882/83 genehmigt und nur durch eine Reſolution<lb/> ausgeſprochen hat, daß er hierdurch kein „Präjudiz“ für die ihm zuſtehende<lb/> Mitwirkung habe herbeiführen wollen. Sitzung v. 14. Januar 1882. Stenogr.<lb/> Berichte S. 656. 657.</note> und gleichzeitig Vorſchriften über die Befreiung der<lb/> nach und von Hamburg tranſitirenden Schiffe von zollamtlicher<lb/> Behandlung erlaſſen.</p><lb/> <p>4. Das Bundesgebiet umfaßt bekanntlich in völkerrechtlicher<lb/> Hinſicht auch den Meeresſaum auf Kanonenſchußweite von der<lb/> Küſte aus. In einem ſolchen Sinne kann aber der Grundſatz,<lb/> daß das Bundesgebiet von einer gemeinſchaftlichen Zollgränze um-<lb/> ſchloſſen werde, nicht verſtanden werden, da ſonſt die Waaren zoll-<lb/> pflichtig wären noch ehe ſie an das Land gebracht werden können.<lb/> Vielmehr beſtimmt in dieſer Beziehung §. 16 Abſ. 2 des Zoll-<lb/></p> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [263/0273]
§. 112. Die Einheit des Zollgebietes.
wollte — was indeß unrichtig wäre — daß die in der Elbſchiff-
fahrts-Akte vereinbarte völlige Freiheit der Schifffahrt die
Freiheit vom Waarenzoll einſchließt. Denn die Elbſchifffahrts-Akte
iſt ein Staatsvertrag unter den Uferſtaaten, hat alſo nur die Kraft
der Landesgeſetze und iſt mithin, ſo weit dieſe Uferſtaaten Glieder
des Deutſchen Reiches geworden ſind, durch entgegenſtehende An-
ordnungen der Reichsgeſetze aufgehoben 1). Für das Verhältniß
unter den Deutſchen Staaten ſind demnach die Anordnungen der
Reichsverfaſſung Art. 33. 34. 40 und insbeſondere Art. 7 Ziff. 2
in ihrem Zuſammenhange maßgebend und Oeſterreich iſt der
einzige Staat, für welchen die völkerrechtliche Bedeutung der
Elbſchifffahrts-Akte ungeſchmälert fortbeſteht. Daraus ergiebt ſich,
daß Oeſterreich allein gegen die Verlegung der Zollgränze an die
Mündung der Elbe, gleichviel ob dieſelbe im Wege des Bundes-
rathsbeſchluſſes oder im Wege des Reichsgeſetzes verfügt wird,
die formelle Berechtigung des Einſpruches erheben könnte; daß
dagegen in ſtaatsrechtlicher Beziehung im Deutſchen Reiche
die Elbſchifffahrts-Akte der Verfaſſung gegenüber nicht in Betracht
kommt. Der Bundesrath hat nun durch Beſchluß vom 8. Dezemb.
1881 die Unterelbe einſchließlich der in derſelben befindlichen Elb-
inſeln vom 1. Januar 1882 ab dem Deutſchen Zollgebiet ange-
ſchloſſen 2) und gleichzeitig Vorſchriften über die Befreiung der
nach und von Hamburg tranſitirenden Schiffe von zollamtlicher
Behandlung erlaſſen.
4. Das Bundesgebiet umfaßt bekanntlich in völkerrechtlicher
Hinſicht auch den Meeresſaum auf Kanonenſchußweite von der
Küſte aus. In einem ſolchen Sinne kann aber der Grundſatz,
daß das Bundesgebiet von einer gemeinſchaftlichen Zollgränze um-
ſchloſſen werde, nicht verſtanden werden, da ſonſt die Waaren zoll-
pflichtig wären noch ehe ſie an das Land gebracht werden können.
Vielmehr beſtimmt in dieſer Beziehung §. 16 Abſ. 2 des Zoll-
1) Vgl. Bd. II. S. 195 ff.
2) Centralbl. des Deutſchen Reichs 1881 S. 464. Auch der Reichstag
hat ſich ſchließlich hiermit einverſtanden erklärt, indem er die Koſten des An-
ſchluſſes im Etatsgeſetz für 1882/83 genehmigt und nur durch eine Reſolution
ausgeſprochen hat, daß er hierdurch kein „Präjudiz“ für die ihm zuſtehende
Mitwirkung habe herbeiführen wollen. Sitzung v. 14. Januar 1882. Stenogr.
Berichte S. 656. 657.
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