Laband, Paul: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Bd. 3, Abt. 2. Freiburg (Breisgau) u. a., 1882.§. 113. Die Einheit der Zoll- und Steuer-Gesetzgebung etc. Reichsgesetzlich ermächtigt und verpflichtet zur Anordnung geeigneterVerkehrsbeschränkungen sind die Verwaltungsbehörden der Einzel- staaten aber zur Verhütung der Verbreitung oder Einschleppung der Rinderpest und anderer übertragbarer Seuchen der Hausthiere 1). Auch zur Abwehr gefährlicher ansteckender Krankheiten für Menschen dürfen die Einzelstaaten die erforderlichen Maßregeln ergreifen, jedoch dürfen im Verhältniß von einem Staat zum andern keine hemmenderen Einrichtungen getroffen werden, als unter gleichen Umständen den inneren Verkehr des Staates treffen, welcher sie anordnet 2). Daß im Falle von Epidemien außer den Regierungen der Einzelstaaten auch der Bundesrath für den ganzen Umfang oder einen Theil des Bundesgebiets zur Anordnung vvn Be- schränkungen hinsichtlich des Waarenverkehrs berechtigt ist, ergiebt sich aus dem Zollgesetz v. 1. Juli 1869 §. 2 in Verbin- dung mit §. 167 Abs. 2 das. und Art. 7 Abs. 2 der R.V. 3). §. 113. Die Einheit der Zoll- und Steuer-Gesetzgebung und -Einrichtungen. I. Die Gesetzgebung. I. Die Einheit der Gesetzgebung über das gesammte Zoll- stimmungen sind nicht mehr anwendbar, was Seydel Comment. S. 166 mit Unrecht annimmt. Denn sie regeln nur das Verhältniß zwischen dem Nord- deutschen Bunde und den Süddeutschen Staaten, dagegen lassen sie das Ver- hältniß des ersteren zu seinen Mitgliedern unberührt. Durch die Gründung des Reichs ist dieses internationale Verhältniß durch ein staatsrechtliches er- setzt worden. Vgl. Bd. I. S. 195 und übereinstimmend Delbrück a. a. O. S. 24. 1) R.G. v. 7. April 1869 §. 1. 2. 9. 10 (B.G.Bl. S. 105). R.G. v. 23. Juni 1880 (R.G.Bl. S. 153) §. 6 ff. 2) Zollv.Vertr. Art. 4 Abs. 5. 3) Hinsichtlich der Beschränkung des Personen verkehrs und anderer
Sicherheitsmaßregeln ist dagegen der Bundesrath nicht zuständig, so lange nicht das Reichsgesetz über die Medizinalpolizei erlassen ist, wozu das Reich nach Art. 4 Ziff. 15 der R.V. kompetent ist; denn Ausführungs bestim- mungen können zu einem Gesetze, das noch gar nicht vorhanden ist, nicht be- schlossen werden. §. 113. Die Einheit der Zoll- und Steuer-Geſetzgebung ꝛc. Reichsgeſetzlich ermächtigt und verpflichtet zur Anordnung geeigneterVerkehrsbeſchränkungen ſind die Verwaltungsbehörden der Einzel- ſtaaten aber zur Verhütung der Verbreitung oder Einſchleppung der Rinderpeſt und anderer übertragbarer Seuchen der Hausthiere 1). Auch zur Abwehr gefährlicher anſteckender Krankheiten für Menſchen dürfen die Einzelſtaaten die erforderlichen Maßregeln ergreifen, jedoch dürfen im Verhältniß von einem Staat zum andern keine hemmenderen Einrichtungen getroffen werden, als unter gleichen Umſtänden den inneren Verkehr des Staates treffen, welcher ſie anordnet 2). Daß im Falle von Epidemien außer den Regierungen der Einzelſtaaten auch der Bundesrath für den ganzen Umfang oder einen Theil des Bundesgebiets zur Anordnung vvn Be- ſchränkungen hinſichtlich des Waarenverkehrs berechtigt iſt, ergiebt ſich aus dem Zollgeſetz v. 1. Juli 1869 §. 2 in Verbin- dung mit §. 167 Abſ. 2 daſ. und Art. 7 Abſ. 2 der R.V. 3). §. 113. Die Einheit der Zoll- und Steuer-Geſetzgebung und -Einrichtungen. I. Die Geſetzgebung. I. Die Einheit der Geſetzgebung über das geſammte Zoll- ſtimmungen ſind nicht mehr anwendbar, was Seydel Comment. S. 166 mit Unrecht annimmt. Denn ſie regeln nur das Verhältniß zwiſchen dem Nord- deutſchen Bunde und den Süddeutſchen Staaten, dagegen laſſen ſie das Ver- hältniß des erſteren zu ſeinen Mitgliedern unberührt. Durch die Gründung des Reichs iſt dieſes internationale Verhältniß durch ein ſtaatsrechtliches er- ſetzt worden. Vgl. Bd. I. S. 195 und übereinſtimmend Delbrück a. a. O. S. 24. 1) R.G. v. 7. April 1869 §. 1. 2. 9. 10 (B.G.Bl. S. 105). R.G. v. 23. Juni 1880 (R.G.Bl. S. 153) §. 6 ff. 2) Zollv.Vertr. Art. 4 Abſ. 5. 3) Hinſichtlich der Beſchränkung des Perſonen verkehrs und anderer
Sicherheitsmaßregeln iſt dagegen der Bundesrath nicht zuſtändig, ſo lange nicht das Reichsgeſetz über die Medizinalpolizei erlaſſen iſt, wozu das Reich nach Art. 4 Ziff. 15 der R.V. kompetent iſt; denn Ausführungs beſtim- mungen können zu einem Geſetze, das noch gar nicht vorhanden iſt, nicht be- ſchloſſen werden. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <p><pb facs="#f0278" n="268"/><fw place="top" type="header">§. 113. Die Einheit der Zoll- und Steuer-Geſetzgebung ꝛc.</fw><lb/> Reichsgeſetzlich ermächtigt und verpflichtet zur Anordnung geeigneter<lb/> Verkehrsbeſchränkungen ſind die Verwaltungsbehörden der Einzel-<lb/> ſtaaten aber zur Verhütung der Verbreitung oder Einſchleppung<lb/> der Rinderpeſt und anderer übertragbarer Seuchen der Hausthiere <note place="foot" n="1)">R.G. v. 7. April 1869 §. 1. 2. 9. 10 (B.G.Bl. S. 105). R.G. v.<lb/> 23. Juni 1880 (R.G.Bl. S. 153) §. 6 ff.</note>.<lb/> Auch zur Abwehr gefährlicher anſteckender Krankheiten für Menſchen<lb/> dürfen die Einzelſtaaten die erforderlichen Maßregeln ergreifen,<lb/> jedoch dürfen im Verhältniß von einem Staat zum andern keine<lb/> hemmenderen Einrichtungen getroffen werden, als unter gleichen<lb/> Umſtänden den inneren Verkehr des Staates treffen, welcher ſie<lb/> anordnet <note place="foot" n="2)">Zollv.Vertr. Art. 4 Abſ. 5.</note>. Daß im Falle von Epidemien außer den Regierungen<lb/> der Einzelſtaaten auch der Bundesrath für den ganzen Umfang<lb/> oder einen Theil des Bundesgebiets zur Anordnung vvn Be-<lb/> ſchränkungen hinſichtlich des <hi rendition="#g">Waarenverkehrs</hi> berechtigt iſt,<lb/> ergiebt ſich aus dem Zollgeſetz v. 1. Juli 1869 §. 2 in Verbin-<lb/> dung mit §. 167 Abſ. 2 daſ. und Art. 7 Abſ. 2 der R.V. <note place="foot" n="3)">Hinſichtlich der Beſchränkung des <hi rendition="#g">Perſonen</hi> verkehrs und anderer<lb/> Sicherheitsmaßregeln iſt dagegen der Bundesrath nicht zuſtändig, ſo lange<lb/> nicht das Reichsgeſetz über die Medizinalpolizei erlaſſen iſt, wozu das Reich<lb/> nach Art. 4 Ziff. 15 der R.V. kompetent iſt; denn <hi rendition="#g">Ausführungs</hi> beſtim-<lb/> mungen können zu einem Geſetze, das noch gar nicht vorhanden iſt, nicht be-<lb/> ſchloſſen werden.</note>.</p> </div><lb/> <div n="4"> <head>§. 113. <hi rendition="#b">Die Einheit der Zoll- und Steuer-Geſetzgebung und<lb/> -Einrichtungen.</hi></head><lb/> <div n="5"> <head><hi rendition="#aq">I.</hi><hi rendition="#g">Die Geſetzgebung</hi>.</head><lb/> <p><hi rendition="#aq">I.</hi> Die Einheit der Geſetzgebung über das geſammte Zoll-<lb/> weſen, ſowie über die Beſteuerung des im Bundesgebiete gewon-<lb/> nenen Salzes und Tabaks, bereiteten Branntweins und Bieres<lb/> und aus Rüben oder anderen inländiſchen Erzeugniſſen dargeſtellten<lb/> Zuckers und Syrups iſt dadurch in der vollſtändigſten Weiſe ge-<lb/><note xml:id="seg2pn_30_2" prev="#seg2pn_30_1" place="foot" n="7)">ſtimmungen ſind nicht mehr anwendbar, was <hi rendition="#g">Seydel</hi> Comment. S. 166 mit<lb/> Unrecht annimmt. Denn ſie regeln nur das Verhältniß zwiſchen dem Nord-<lb/> deutſchen Bunde und den Süddeutſchen Staaten, dagegen laſſen ſie das Ver-<lb/> hältniß des erſteren zu ſeinen Mitgliedern unberührt. Durch die Gründung<lb/> des Reichs iſt dieſes internationale Verhältniß durch ein ſtaatsrechtliches er-<lb/> ſetzt worden. Vgl. Bd. <hi rendition="#aq">I.</hi> S. 195 und übereinſtimmend <hi rendition="#g">Delbrück</hi> a. a. O. S. 24.</note><lb/></p> </div> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [268/0278]
§. 113. Die Einheit der Zoll- und Steuer-Geſetzgebung ꝛc.
Reichsgeſetzlich ermächtigt und verpflichtet zur Anordnung geeigneter
Verkehrsbeſchränkungen ſind die Verwaltungsbehörden der Einzel-
ſtaaten aber zur Verhütung der Verbreitung oder Einſchleppung
der Rinderpeſt und anderer übertragbarer Seuchen der Hausthiere 1).
Auch zur Abwehr gefährlicher anſteckender Krankheiten für Menſchen
dürfen die Einzelſtaaten die erforderlichen Maßregeln ergreifen,
jedoch dürfen im Verhältniß von einem Staat zum andern keine
hemmenderen Einrichtungen getroffen werden, als unter gleichen
Umſtänden den inneren Verkehr des Staates treffen, welcher ſie
anordnet 2). Daß im Falle von Epidemien außer den Regierungen
der Einzelſtaaten auch der Bundesrath für den ganzen Umfang
oder einen Theil des Bundesgebiets zur Anordnung vvn Be-
ſchränkungen hinſichtlich des Waarenverkehrs berechtigt iſt,
ergiebt ſich aus dem Zollgeſetz v. 1. Juli 1869 §. 2 in Verbin-
dung mit §. 167 Abſ. 2 daſ. und Art. 7 Abſ. 2 der R.V. 3).
§. 113. Die Einheit der Zoll- und Steuer-Geſetzgebung und
-Einrichtungen.
I. Die Geſetzgebung.
I. Die Einheit der Geſetzgebung über das geſammte Zoll-
weſen, ſowie über die Beſteuerung des im Bundesgebiete gewon-
nenen Salzes und Tabaks, bereiteten Branntweins und Bieres
und aus Rüben oder anderen inländiſchen Erzeugniſſen dargeſtellten
Zuckers und Syrups iſt dadurch in der vollſtändigſten Weiſe ge-
7)
1) R.G. v. 7. April 1869 §. 1. 2. 9. 10 (B.G.Bl. S. 105). R.G. v.
23. Juni 1880 (R.G.Bl. S. 153) §. 6 ff.
2) Zollv.Vertr. Art. 4 Abſ. 5.
3) Hinſichtlich der Beſchränkung des Perſonen verkehrs und anderer
Sicherheitsmaßregeln iſt dagegen der Bundesrath nicht zuſtändig, ſo lange
nicht das Reichsgeſetz über die Medizinalpolizei erlaſſen iſt, wozu das Reich
nach Art. 4 Ziff. 15 der R.V. kompetent iſt; denn Ausführungs beſtim-
mungen können zu einem Geſetze, das noch gar nicht vorhanden iſt, nicht be-
ſchloſſen werden.
7) ſtimmungen ſind nicht mehr anwendbar, was Seydel Comment. S. 166 mit
Unrecht annimmt. Denn ſie regeln nur das Verhältniß zwiſchen dem Nord-
deutſchen Bunde und den Süddeutſchen Staaten, dagegen laſſen ſie das Ver-
hältniß des erſteren zu ſeinen Mitgliedern unberührt. Durch die Gründung
des Reichs iſt dieſes internationale Verhältniß durch ein ſtaatsrechtliches er-
ſetzt worden. Vgl. Bd. I. S. 195 und übereinſtimmend Delbrück a. a. O. S. 24.
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