Laband, Paul: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Bd. 3, Abt. 2. Freiburg (Breisgau) u. a., 1882.§. 115. Das Rechtsverhältniß zwischen den Einzelstaaten etc. durch die Reichsverfassung derselbe Zustand thatsächlich conservirtworden, welcher durch den Zollvereinsvertrag von 1867 geschaffen worden war; innerhalb des vollen Bundesrathes, der dem ehe- maligen Zollvereinsbundesrathe entspricht, scheidet sich für die Ange- legenheiten der Branntwein- und Bierbesteuerung der ehemalige Bundesrath des Norddeutschen Bundes, verstärkt durch den Hinzu- tritt von Südhessen, aus 1). Auch in dem Ausschuß des Bundes- rathes für Zoll- und Steuerwesen können die Süddeutschen Staaten keine Stimme bei Angelegenheiten führen, welche die Besteuerung von inländischem Branntwein und Bier betreffen. Nach Außen hin aber ist die Unterscheidung zwischen Norddeutschem Bundes- rath und Zollvereinsbundesrath gänzlich beseitigt; auch wenn die von den Süddeutschen Staaten ernannten Mitglieder nicht mit- gestimmt haben, ist es immer der Bundesrath des Deutschen Reiches, welcher den Beschluß gefaßt hat. V. Im engsten Zusammenhange mit dem Selbstverwaltungs- §. 115. Das Rechtsverhältniß zwischen den Einzelstaaten und dem Reich. I. Der Ertrag der Zölle und der im Art. 35 der R.V. auf- 1) Daß Hamburg und Bremen an den Beschlüssen über die Besteuerung von inländischem Branntwein und Bier Antheil haben, ist zweifellos und ergiebt sich daraus, daß diese Staaten und die übrigen Zollexclaven ein der Abgabe entsprechendes Aversum an die Reichskasse zahlen. Vgl. Thudichum in v. Holtzendorffs Jahrbuch für Gesetzgebung, Verwaltung und Rechtspflege des Deutschen Reichs I. S. 23. 2) Ueber die Möglichkeit, Streitfragen hinsichtlich der in die Reichskasse fließenden Abgaben zur Entscheidung des Reichsgerichts zu bringen, siehe oben S. 63. 3) Zollv.V. v. 1867 Art. 18.
§. 115. Das Rechtsverhältniß zwiſchen den Einzelſtaaten ꝛc. durch die Reichsverfaſſung derſelbe Zuſtand thatſächlich conſervirtworden, welcher durch den Zollvereinsvertrag von 1867 geſchaffen worden war; innerhalb des vollen Bundesrathes, der dem ehe- maligen Zollvereinsbundesrathe entſpricht, ſcheidet ſich für die Ange- legenheiten der Branntwein- und Bierbeſteuerung der ehemalige Bundesrath des Norddeutſchen Bundes, verſtärkt durch den Hinzu- tritt von Südheſſen, aus 1). Auch in dem Ausſchuß des Bundes- rathes für Zoll- und Steuerweſen können die Süddeutſchen Staaten keine Stimme bei Angelegenheiten führen, welche die Beſteuerung von inländiſchem Branntwein und Bier betreffen. Nach Außen hin aber iſt die Unterſcheidung zwiſchen Norddeutſchem Bundes- rath und Zollvereinsbundesrath gänzlich beſeitigt; auch wenn die von den Süddeutſchen Staaten ernannten Mitglieder nicht mit- geſtimmt haben, iſt es immer der Bundesrath des Deutſchen Reiches, welcher den Beſchluß gefaßt hat. V. Im engſten Zuſammenhange mit dem Selbſtverwaltungs- §. 115. Das Rechtsverhältniß zwiſchen den Einzelſtaaten und dem Reich. I. Der Ertrag der Zölle und der im Art. 35 der R.V. auf- 1) Daß Hamburg und Bremen an den Beſchlüſſen über die Beſteuerung von inländiſchem Branntwein und Bier Antheil haben, iſt zweifellos und ergiebt ſich daraus, daß dieſe Staaten und die übrigen Zollexclaven ein der Abgabe entſprechendes Averſum an die Reichskaſſe zahlen. Vgl. Thudichum in v. Holtzendorffs Jahrbuch für Geſetzgebung, Verwaltung und Rechtspflege des Deutſchen Reichs I. S. 23. 2) Ueber die Möglichkeit, Streitfragen hinſichtlich der in die Reichskaſſe fließenden Abgaben zur Entſcheidung des Reichsgerichts zu bringen, ſiehe oben S. 63. 3) Zollv.V. v. 1867 Art. 18.
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§. 115. Das Rechtsverhältniß zwiſchen den Einzelſtaaten ꝛc.
durch die Reichsverfaſſung derſelbe Zuſtand thatſächlich conſervirt
worden, welcher durch den Zollvereinsvertrag von 1867 geſchaffen
worden war; innerhalb des vollen Bundesrathes, der dem ehe-
maligen Zollvereinsbundesrathe entſpricht, ſcheidet ſich für die Ange-
legenheiten der Branntwein- und Bierbeſteuerung der ehemalige
Bundesrath des Norddeutſchen Bundes, verſtärkt durch den Hinzu-
tritt von Südheſſen, aus 1). Auch in dem Ausſchuß des Bundes-
rathes für Zoll- und Steuerweſen können die Süddeutſchen Staaten
keine Stimme bei Angelegenheiten führen, welche die Beſteuerung
von inländiſchem Branntwein und Bier betreffen. Nach Außen
hin aber iſt die Unterſcheidung zwiſchen Norddeutſchem Bundes-
rath und Zollvereinsbundesrath gänzlich beſeitigt; auch wenn die
von den Süddeutſchen Staaten ernannten Mitglieder nicht mit-
geſtimmt haben, iſt es immer der Bundesrath des Deutſchen
Reiches, welcher den Beſchluß gefaßt hat.
V. Im engſten Zuſammenhange mit dem Selbſtverwaltungs-
recht der einzelnen Staaten ſteht die Jurisdiktion derſelben über
Zoll- und Steuerkontraventionen 2) und demgemäß hat jeder Staat
„in ſeinem Gebiete“ auch das Begnadigungs- und Strafverwand-
lungsrecht; die Einzelſtaaten ſind aber verpflichtet, auf Verlangen
periodiſche Ueberſichten der erfolgten Straferlaſſe dem Bundesrath
mitzutheilen 3).
§. 115. Das Rechtsverhältniß zwiſchen den Einzelſtaaten und
dem Reich.
I. Der Ertrag der Zölle und der im Art. 35 der R.V. auf-
geführten Verbrauchsſteuern, ſoweit die letzteren der Reichsgeſetz-
gebung unterliegen, fließt nach Art. 38 der R.V. in die Reichs-
1) Daß Hamburg und Bremen an den Beſchlüſſen über die Beſteuerung
von inländiſchem Branntwein und Bier Antheil haben, iſt zweifellos und
ergiebt ſich daraus, daß dieſe Staaten und die übrigen Zollexclaven ein der
Abgabe entſprechendes Averſum an die Reichskaſſe zahlen. Vgl. Thudichum
in v. Holtzendorffs Jahrbuch für Geſetzgebung, Verwaltung und Rechtspflege
des Deutſchen Reichs I. S. 23.
2) Ueber die Möglichkeit, Streitfragen hinſichtlich der in die Reichskaſſe
fließenden Abgaben zur Entſcheidung des Reichsgerichts zu bringen, ſiehe
oben S. 63.
3) Zollv.V. v. 1867 Art. 18.
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