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Laband, Paul: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Bd. 3, Abt. 2. Freiburg (Breisgau) u. a., 1882.

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§. 126. Die Rechnungskontrole und Entlastung der Verwaltung.
mit dem Reichskanzler, zum Austrag zu bringen. Demgemäß ist
zu unterscheiden, ob die rechnungslegende Verwaltungsstelle oder
die vorgesetzte Dienstbehörde derselben die Erinnerung des Rech-
nungshofes für begründet anerkennt oder nicht.

Ist das erstere der Fall, so gehört es zu den Pflichten des
Beamten, gegen welchen das Monitum gerichtet ist, dasselbe zu
erledigen, beziehentl. zu den Funktionen der ihm dienstlich vorge-
setzten Behörde, für die Erledigung Sorge zu tragen. Ob eine
Verfügung der letzteren Behörde genügt oder ob ein verwaltungs-
gerichtliches oder civilgerichtliches Verfahren erforderlich ist, um
für die Beitreibung der Defecte u. s. w. einen exekutorischen Titel
zu erlangen, ist nach Lage des einzelnen Falles zu beurtheilen.
Der Rechnungshof selbst kann gegen den Beamten nicht unmittelbar
vorgehen, da ihm die Dienstgewalt fehlt 1), und ebensowenig kann
er selbstständig gegen Dritte, gegen welche nach seiner Ansicht dem
Reichsfiskus Ansprüche zustehen, die letzteren geltend machen. Da-
gegen ergibt sich aus der dem Rechnungshof obliegenden allge-
meinen Aufsicht der gesammten Verwaltung, daß er auch seine
Kontrole darauf zu erstrecken hat, ob die von ihm festgestellten
Defecte u. s. w. Seitens der hierzu verpflichteten Behörde wirklich
eingezogen worden sind, und er kann diese Kontrole dadurch sichern,
daß er die Eintragung solcher Beträge in das Einnahme-Soll
späterer Rechnungen anordnet 2).

Bleibt jedoch zwischen dem Rechnungshofe und dem Verwal-
tungschef (Reichskanzler) eine Meinungsverschiedenheit bestehen,
welche durch die Notatenbeantwortung nicht erledigt werden kann,
so muß die Entscheidung bei einer höheren Stelle durch den Reichs-
kanzler herbeigeführt werden und bis dieselbe erfolgt ist, die Er-
theilung der Decharge aufgeschoben werden. Welches Organ des
Reiches zur Fällung der Entscheidung zwischen Rechnungshof und
Verwaltungschef zuständig ist, bestimmt sich nach dem Gegenstand
des Streitpunktes. Als Princip ist hierbei der aus der Natur der
Sache sich ergebende Satz festzuhalten, daß über die richtige und
angemessene Handhabung und Anwendung einer Vorschrift diejenige

1) Nur Auskunft kann er einfordern und Anordnungen hinsichtlich der
Rechnungslegung treffen. Siehe oben S. 384 Note 3.
2) Vgl. die Motive zum angeführten Reichsgesetzentwurf S. 15 und Preuß.
Ges. §. 17 a. E.

§. 126. Die Rechnungskontrole und Entlaſtung der Verwaltung.
mit dem Reichskanzler, zum Austrag zu bringen. Demgemäß iſt
zu unterſcheiden, ob die rechnungslegende Verwaltungsſtelle oder
die vorgeſetzte Dienſtbehörde derſelben die Erinnerung des Rech-
nungshofes für begründet anerkennt oder nicht.

Iſt das erſtere der Fall, ſo gehört es zu den Pflichten des
Beamten, gegen welchen das Monitum gerichtet iſt, dasſelbe zu
erledigen, beziehentl. zu den Funktionen der ihm dienſtlich vorge-
ſetzten Behörde, für die Erledigung Sorge zu tragen. Ob eine
Verfügung der letzteren Behörde genügt oder ob ein verwaltungs-
gerichtliches oder civilgerichtliches Verfahren erforderlich iſt, um
für die Beitreibung der Defecte u. ſ. w. einen exekutoriſchen Titel
zu erlangen, iſt nach Lage des einzelnen Falles zu beurtheilen.
Der Rechnungshof ſelbſt kann gegen den Beamten nicht unmittelbar
vorgehen, da ihm die Dienſtgewalt fehlt 1), und ebenſowenig kann
er ſelbſtſtändig gegen Dritte, gegen welche nach ſeiner Anſicht dem
Reichsfiskus Anſprüche zuſtehen, die letzteren geltend machen. Da-
gegen ergibt ſich aus der dem Rechnungshof obliegenden allge-
meinen Aufſicht der geſammten Verwaltung, daß er auch ſeine
Kontrole darauf zu erſtrecken hat, ob die von ihm feſtgeſtellten
Defecte u. ſ. w. Seitens der hierzu verpflichteten Behörde wirklich
eingezogen worden ſind, und er kann dieſe Kontrole dadurch ſichern,
daß er die Eintragung ſolcher Beträge in das Einnahme-Soll
ſpäterer Rechnungen anordnet 2).

Bleibt jedoch zwiſchen dem Rechnungshofe und dem Verwal-
tungschef (Reichskanzler) eine Meinungsverſchiedenheit beſtehen,
welche durch die Notatenbeantwortung nicht erledigt werden kann,
ſo muß die Entſcheidung bei einer höheren Stelle durch den Reichs-
kanzler herbeigeführt werden und bis dieſelbe erfolgt iſt, die Er-
theilung der Decharge aufgeſchoben werden. Welches Organ des
Reiches zur Fällung der Entſcheidung zwiſchen Rechnungshof und
Verwaltungschef zuſtändig iſt, beſtimmt ſich nach dem Gegenſtand
des Streitpunktes. Als Princip iſt hierbei der aus der Natur der
Sache ſich ergebende Satz feſtzuhalten, daß über die richtige und
angemeſſene Handhabung und Anwendung einer Vorſchrift diejenige

1) Nur Auskunft kann er einfordern und Anordnungen hinſichtlich der
Rechnungslegung treffen. Siehe oben S. 384 Note 3.
2) Vgl. die Motive zum angeführten Reichsgeſetzentwurf S. 15 und Preuß.
Geſ. §. 17 a. E.
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[388/0398] §. 126. Die Rechnungskontrole und Entlaſtung der Verwaltung. mit dem Reichskanzler, zum Austrag zu bringen. Demgemäß iſt zu unterſcheiden, ob die rechnungslegende Verwaltungsſtelle oder die vorgeſetzte Dienſtbehörde derſelben die Erinnerung des Rech- nungshofes für begründet anerkennt oder nicht. Iſt das erſtere der Fall, ſo gehört es zu den Pflichten des Beamten, gegen welchen das Monitum gerichtet iſt, dasſelbe zu erledigen, beziehentl. zu den Funktionen der ihm dienſtlich vorge- ſetzten Behörde, für die Erledigung Sorge zu tragen. Ob eine Verfügung der letzteren Behörde genügt oder ob ein verwaltungs- gerichtliches oder civilgerichtliches Verfahren erforderlich iſt, um für die Beitreibung der Defecte u. ſ. w. einen exekutoriſchen Titel zu erlangen, iſt nach Lage des einzelnen Falles zu beurtheilen. Der Rechnungshof ſelbſt kann gegen den Beamten nicht unmittelbar vorgehen, da ihm die Dienſtgewalt fehlt 1), und ebenſowenig kann er ſelbſtſtändig gegen Dritte, gegen welche nach ſeiner Anſicht dem Reichsfiskus Anſprüche zuſtehen, die letzteren geltend machen. Da- gegen ergibt ſich aus der dem Rechnungshof obliegenden allge- meinen Aufſicht der geſammten Verwaltung, daß er auch ſeine Kontrole darauf zu erſtrecken hat, ob die von ihm feſtgeſtellten Defecte u. ſ. w. Seitens der hierzu verpflichteten Behörde wirklich eingezogen worden ſind, und er kann dieſe Kontrole dadurch ſichern, daß er die Eintragung ſolcher Beträge in das Einnahme-Soll ſpäterer Rechnungen anordnet 2). Bleibt jedoch zwiſchen dem Rechnungshofe und dem Verwal- tungschef (Reichskanzler) eine Meinungsverſchiedenheit beſtehen, welche durch die Notatenbeantwortung nicht erledigt werden kann, ſo muß die Entſcheidung bei einer höheren Stelle durch den Reichs- kanzler herbeigeführt werden und bis dieſelbe erfolgt iſt, die Er- theilung der Decharge aufgeſchoben werden. Welches Organ des Reiches zur Fällung der Entſcheidung zwiſchen Rechnungshof und Verwaltungschef zuſtändig iſt, beſtimmt ſich nach dem Gegenſtand des Streitpunktes. Als Princip iſt hierbei der aus der Natur der Sache ſich ergebende Satz feſtzuhalten, daß über die richtige und angemeſſene Handhabung und Anwendung einer Vorſchrift diejenige 1) Nur Auskunft kann er einfordern und Anordnungen hinſichtlich der Rechnungslegung treffen. Siehe oben S. 384 Note 3. 2) Vgl. die Motive zum angeführten Reichsgeſetzentwurf S. 15 und Preuß. Geſ. §. 17 a. E.

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Zitationshilfe: Laband, Paul: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Bd. 3, Abt. 2. Freiburg (Breisgau) u. a., 1882, S. 388. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laband_staatsrecht0302_1882/398>, abgerufen am 21.11.2024.