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Laband, Paul: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Bd. 3, Abt. 2. Freiburg (Breisgau) u. a., 1882.

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§. 97. Die ordentliche streitige Gerichtsbarkeit.
der Person getrennt gedacht und dem Landesherrn in ähnlicher
Art gegenübergestellt wird wie der Fiskus dem Staat als öffent-
lichrechtlicher Persönlichkeit. Die vermögensrechtlichen Verhältnisse
stehen unter der allgemeinen Rechtsordnung und unterliegen auch
hinsichtlich der Verfolgung von Rechtsansprüchen im Allgemeinen
dem sonst geltenden Recht. Indeß sind hinsichtlich des Gerichts-
standes oder hinsichtlich der Zusammensetzung der zur Entscheidung
solcher Streitigkeiten berufenen Gerichtsbehörden in manchen
Staaten besondere Vorschriften ergangen und es ist bisweilen hin-
sichtlich der familienrechtlichen Verhältnisse und Streitigkeiten die
Zuständigkeit der Gerichte ausgeschlossen. Diese Sonderstellung
der Landesherren und ihrer Familien hat die Reichsgesetzgebung
fortbestehen lassen und sie gemäß der bundesstaatlichen Einigung
der deutschen Staaten nicht nur für jeden Landesherrn und seine
Familie innerhalb seines Staatsgebietes sondern im ganzen Bundes-
gebiet zur Geltung gebracht. Soweit besondere Vorschriften in
dieser Richtung nicht bestehen, kommt allerdings das allgemeine
Recht zur Anwendung. Demgemäß ist reichsgesetzlich angeordnet,
daß in Ansehung der Landesherren und der Mitglieder der landes-
herrlichen Familien, sowie der Mitglieder der fürstlichen Familie
Hohenzollern die Bestimmungen des Gerichtsverfassungsgesetzes, der
Strafprozeßordnung, der Civilprozeßordnung und der Konkurs-
ordnung nur insoweit Anwendung finden, als nicht besondere Vor-
schriften der Hausverfassungen oder der Landesgesetze abweichende
Bestimmungen enthalten 1). Diese Reichsgesetze haben daher in
Ansehung der in Rede stehenden Personen nur subsidiäre Gel-
tung und es folgt hieraus, daß nicht blos die zur Zeit der Ein-
führung der Reichsgesetze bestehenden, sondern auch die später er-
lassenen hausgesetzlichen oder landesgesetzlichen Vorschriften den
Vorrang vor den Reichsgesetzen haben.

Aufgehoben ist jedoch die in einigen Staaten 2) in Geltung
gewesene Beschränkung, wonach der Rechtsweg bei Klagen gegen
den Landesherrn von der Einwilligung desselben abhängig war,

1) Einführungsgesetze z. Gerichtsverf.Ges. §. 5, zur Strafproc.Ordn. §. 4,
zur Civilproz.O. §. 5, zur Konk.Ordn. §. 7.
2) Nach Angabe der Motive S. 210 (Hahn S. 184) Mecklenburg-Schwerin,
Mecklenburg-Strelitz und Sachsen-Meiningen; nach den Ausführungen des Abg.
Gaupp auch Württemberg. Protok. I. Les. S. 438 (Hahn S. 649).

§. 97. Die ordentliche ſtreitige Gerichtsbarkeit.
der Perſon getrennt gedacht und dem Landesherrn in ähnlicher
Art gegenübergeſtellt wird wie der Fiskus dem Staat als öffent-
lichrechtlicher Perſönlichkeit. Die vermögensrechtlichen Verhältniſſe
ſtehen unter der allgemeinen Rechtsordnung und unterliegen auch
hinſichtlich der Verfolgung von Rechtsanſprüchen im Allgemeinen
dem ſonſt geltenden Recht. Indeß ſind hinſichtlich des Gerichts-
ſtandes oder hinſichtlich der Zuſammenſetzung der zur Entſcheidung
ſolcher Streitigkeiten berufenen Gerichtsbehörden in manchen
Staaten beſondere Vorſchriften ergangen und es iſt bisweilen hin-
ſichtlich der familienrechtlichen Verhältniſſe und Streitigkeiten die
Zuſtändigkeit der Gerichte ausgeſchloſſen. Dieſe Sonderſtellung
der Landesherren und ihrer Familien hat die Reichsgeſetzgebung
fortbeſtehen laſſen und ſie gemäß der bundesſtaatlichen Einigung
der deutſchen Staaten nicht nur für jeden Landesherrn und ſeine
Familie innerhalb ſeines Staatsgebietes ſondern im ganzen Bundes-
gebiet zur Geltung gebracht. Soweit beſondere Vorſchriften in
dieſer Richtung nicht beſtehen, kommt allerdings das allgemeine
Recht zur Anwendung. Demgemäß iſt reichsgeſetzlich angeordnet,
daß in Anſehung der Landesherren und der Mitglieder der landes-
herrlichen Familien, ſowie der Mitglieder der fürſtlichen Familie
Hohenzollern die Beſtimmungen des Gerichtsverfaſſungsgeſetzes, der
Strafprozeßordnung, der Civilprozeßordnung und der Konkurs-
ordnung nur inſoweit Anwendung finden, als nicht beſondere Vor-
ſchriften der Hausverfaſſungen oder der Landesgeſetze abweichende
Beſtimmungen enthalten 1). Dieſe Reichsgeſetze haben daher in
Anſehung der in Rede ſtehenden Perſonen nur ſubſidiäre Gel-
tung und es folgt hieraus, daß nicht blos die zur Zeit der Ein-
führung der Reichsgeſetze beſtehenden, ſondern auch die ſpäter er-
laſſenen hausgeſetzlichen oder landesgeſetzlichen Vorſchriften den
Vorrang vor den Reichsgeſetzen haben.

Aufgehoben iſt jedoch die in einigen Staaten 2) in Geltung
geweſene Beſchränkung, wonach der Rechtsweg bei Klagen gegen
den Landesherrn von der Einwilligung deſſelben abhängig war,

1) Einführungsgeſetze z. Gerichtsverf.Geſ. §. 5, zur Strafproc.Ordn. §. 4,
zur Civilproz.O. §. 5, zur Konk.Ordn. §. 7.
2) Nach Angabe der Motive S. 210 (Hahn S. 184) Mecklenburg-Schwerin,
Mecklenburg-Strelitz und Sachſen-Meiningen; nach den Ausführungen des Abg.
Gaupp auch Württemberg. Protok. I. Leſ. S. 438 (Hahn S. 649).
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[41/0051] §. 97. Die ordentliche ſtreitige Gerichtsbarkeit. der Perſon getrennt gedacht und dem Landesherrn in ähnlicher Art gegenübergeſtellt wird wie der Fiskus dem Staat als öffent- lichrechtlicher Perſönlichkeit. Die vermögensrechtlichen Verhältniſſe ſtehen unter der allgemeinen Rechtsordnung und unterliegen auch hinſichtlich der Verfolgung von Rechtsanſprüchen im Allgemeinen dem ſonſt geltenden Recht. Indeß ſind hinſichtlich des Gerichts- ſtandes oder hinſichtlich der Zuſammenſetzung der zur Entſcheidung ſolcher Streitigkeiten berufenen Gerichtsbehörden in manchen Staaten beſondere Vorſchriften ergangen und es iſt bisweilen hin- ſichtlich der familienrechtlichen Verhältniſſe und Streitigkeiten die Zuſtändigkeit der Gerichte ausgeſchloſſen. Dieſe Sonderſtellung der Landesherren und ihrer Familien hat die Reichsgeſetzgebung fortbeſtehen laſſen und ſie gemäß der bundesſtaatlichen Einigung der deutſchen Staaten nicht nur für jeden Landesherrn und ſeine Familie innerhalb ſeines Staatsgebietes ſondern im ganzen Bundes- gebiet zur Geltung gebracht. Soweit beſondere Vorſchriften in dieſer Richtung nicht beſtehen, kommt allerdings das allgemeine Recht zur Anwendung. Demgemäß iſt reichsgeſetzlich angeordnet, daß in Anſehung der Landesherren und der Mitglieder der landes- herrlichen Familien, ſowie der Mitglieder der fürſtlichen Familie Hohenzollern die Beſtimmungen des Gerichtsverfaſſungsgeſetzes, der Strafprozeßordnung, der Civilprozeßordnung und der Konkurs- ordnung nur inſoweit Anwendung finden, als nicht beſondere Vor- ſchriften der Hausverfaſſungen oder der Landesgeſetze abweichende Beſtimmungen enthalten 1). Dieſe Reichsgeſetze haben daher in Anſehung der in Rede ſtehenden Perſonen nur ſubſidiäre Gel- tung und es folgt hieraus, daß nicht blos die zur Zeit der Ein- führung der Reichsgeſetze beſtehenden, ſondern auch die ſpäter er- laſſenen hausgeſetzlichen oder landesgeſetzlichen Vorſchriften den Vorrang vor den Reichsgeſetzen haben. Aufgehoben iſt jedoch die in einigen Staaten 2) in Geltung geweſene Beſchränkung, wonach der Rechtsweg bei Klagen gegen den Landesherrn von der Einwilligung deſſelben abhängig war, 1) Einführungsgeſetze z. Gerichtsverf.Geſ. §. 5, zur Strafproc.Ordn. §. 4, zur Civilproz.O. §. 5, zur Konk.Ordn. §. 7. 2) Nach Angabe der Motive S. 210 (Hahn S. 184) Mecklenburg-Schwerin, Mecklenburg-Strelitz und Sachſen-Meiningen; nach den Ausführungen des Abg. Gaupp auch Württemberg. Protok. I. Leſ. S. 438 (Hahn S. 649).

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Zitationshilfe: Laband, Paul: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Bd. 3, Abt. 2. Freiburg (Breisgau) u. a., 1882, S. 41. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laband_staatsrecht0302_1882/51>, abgerufen am 21.11.2024.