Laband, Paul: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Bd. 3, Abt. 2. Freiburg (Breisgau) u. a., 1882.§ 99. Die Gerichtsbarkeit des Reichs. worden, durch welchen prinzipiell bereits die Gerichtsbarkeit desReichs für Strafsachen der bezeichneten Art anerkannt war 1). Zu- gleich ist angeordnet worden, daß in Sachen, in denen das Reichs- gericht in erster Instanz erkannt hat, das Begnadigungsrecht dem Kaiser zusteht und die Vollstreckung von Todesstrafen erst dann zulässig ist, wenn die Entschließung des Kaisers ergangen ist, von dem Begnadigungsrecht keinen Gebrauch machen zu wollen 2). b) in zweiter und letzter Instanz zur Verhandlung und c) in zweiter und letzter Instanz für die Verhandlung und d) in zweiter und letzter Instanz für die Verhandlung und das Hauptverfahren vor dem vereinigten zweiten und dritten Strafsenate statt- findet. §. 138 a. a. O. 1) Vgl. hiezu die Motive des Gerichtsverf.Ges. S. 149 ff. (Hahn S. 137.) 2) Strafproz.O. 484. 485. 3) Ges. über die Konsulargerichtsbark. §, 36. 4) ebendas. §. 42. 5) Gerichtsverf.Ges. §. 136 Ziff. 2. 6) Strafproz.Ordn. §. 376. 7) Gerichtsverf.Ges. §. 136 Ziff. 2. Hierbei ist zu beachten, daß die Zu-
ständigkeit des Reichsgerichts nicht nur dann begründet ist, wenn das Rechts- mittel der Revision auf Verletzung eines Reichsstrafgesetzes oder der Straf- prozeß-Ordnung gestützt wird, sondern auch dann, wenn behauptet wird, daß das Urtheil der Strafkammer auf Verletzung einer vom Reich sanctionirten staats rechtlichen oder privat rechtlichen Rechtsnorm beruht, was auch bei Strafurtheilen nicht unmöglich ist. Vgl. auch Löwe Note 3 zu §. 123 a. a. O. § 99. Die Gerichtsbarkeit des Reichs. worden, durch welchen prinzipiell bereits die Gerichtsbarkeit desReichs für Strafſachen der bezeichneten Art anerkannt war 1). Zu- gleich iſt angeordnet worden, daß in Sachen, in denen das Reichs- gericht in erſter Inſtanz erkannt hat, das Begnadigungsrecht dem Kaiſer zuſteht und die Vollſtreckung von Todesſtrafen erſt dann zuläſſig iſt, wenn die Entſchließung des Kaiſers ergangen iſt, von dem Begnadigungsrecht keinen Gebrauch machen zu wollen 2). b) in zweiter und letzter Inſtanz zur Verhandlung und c) in zweiter und letzter Inſtanz für die Verhandlung und d) in zweiter und letzter Inſtanz für die Verhandlung und das Hauptverfahren vor dem vereinigten zweiten und dritten Strafſenate ſtatt- findet. §. 138 a. a. O. 1) Vgl. hiezu die Motive des Gerichtsverf.Geſ. S. 149 ff. (Hahn S. 137.) 2) Strafproz.O. 484. 485. 3) Geſ. über die Konſulargerichtsbark. §, 36. 4) ebendaſ. §. 42. 5) Gerichtsverf.Geſ. §. 136 Ziff. 2. 6) Strafproz.Ordn. §. 376. 7) Gerichtsverf.Geſ. §. 136 Ziff. 2. Hierbei iſt zu beachten, daß die Zu-
ſtändigkeit des Reichsgerichts nicht nur dann begründet iſt, wenn das Rechts- mittel der Reviſion auf Verletzung eines Reichsſtrafgeſetzes oder der Straf- prozeß-Ordnung geſtützt wird, ſondern auch dann, wenn behauptet wird, daß das Urtheil der Strafkammer auf Verletzung einer vom Reich ſanctionirten ſtaats rechtlichen oder privat rechtlichen Rechtsnorm beruht, was auch bei Strafurtheilen nicht unmöglich iſt. Vgl. auch Löwe Note 3 zu §. 123 a. a. O. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <p><pb facs="#f0071" n="61"/><fw place="top" type="header">§ 99. Die Gerichtsbarkeit des Reichs.</fw><lb/> worden, durch welchen prinzipiell bereits die Gerichtsbarkeit des<lb/> Reichs für Strafſachen der bezeichneten Art anerkannt war <note place="foot" n="1)">Vgl. hiezu die <hi rendition="#g">Motive</hi> des Gerichtsverf.Geſ. S. 149 ff. (Hahn S. 137.)</note>. Zu-<lb/> gleich iſt angeordnet worden, daß in Sachen, in denen das Reichs-<lb/> gericht in erſter Inſtanz erkannt hat, das <hi rendition="#g">Begnadigungsrecht</hi><lb/> dem <hi rendition="#g">Kaiſer</hi> zuſteht und die Vollſtreckung von Todesſtrafen erſt<lb/> dann zuläſſig iſt, wenn die Entſchließung des Kaiſers ergangen iſt,<lb/> von dem Begnadigungsrecht keinen Gebrauch machen zu wollen <note place="foot" n="2)">Strafproz.O. 484. 485.</note>.</p><lb/> <p><hi rendition="#aq">b</hi>) in <hi rendition="#g">zweiter</hi> und letzter Inſtanz zur Verhandlung und<lb/> Entſcheidung über die Rechtsmittel der Berufung und Beſchwerde<lb/> gegen die Urtheile und Entſcheidungen der <hi rendition="#g">Konſularge-<lb/> richte</hi> <note place="foot" n="3)">Geſ. über die Konſulargerichtsbark. §, 36.</note>. Auch in dieſen Sachen ſteht das Begnadigungsrecht<lb/> dem <hi rendition="#g">Kaiſer</hi> zu <note place="foot" n="4)">ebendaſ. §. 42.</note>.</p><lb/> <p><hi rendition="#aq">c</hi>) in <hi rendition="#g">zweiter</hi> und letzter Inſtanz für die Verhandlung und<lb/> Entſcheidung über das Rechtsmittel der Reviſion gegen Urtheile<lb/> der <hi rendition="#g">Schwurgerichte</hi> <note place="foot" n="5)">Gerichtsverf.Geſ. §. 136 Ziff. 2.</note>. Das Rechtsmittel kann nur darauf<lb/> geſtützt werden, daß das Urtheil auf einer Verletzung des Geſetzes<lb/> beruhe <note place="foot" n="6)">Strafproz.Ordn. §. 376.</note>.</p><lb/> <p><hi rendition="#aq">d</hi>) in <hi rendition="#g">zweiter</hi> und letzter Inſtanz für die Verhandlung und<lb/> Entſcheidung über das Rechtsmittel der Reviſion gegen erſtinſtanz-<lb/> liche Urtheile <hi rendition="#g">der Strafkammern</hi> der Landgerichte, ſofern das<lb/> Rechtsmittel nicht ausſchließlich auf Verletzung einer in den <hi rendition="#g">Lan-<lb/> desgeſetzen</hi> enthaltenen Rechtsnorm geſtützt wird <note place="foot" n="7)">Gerichtsverf.Geſ. §. 136 Ziff. 2. Hierbei iſt zu beachten, daß die Zu-<lb/> ſtändigkeit des Reichsgerichts nicht nur dann begründet iſt, wenn das Rechts-<lb/> mittel der Reviſion auf Verletzung eines Reich<hi rendition="#g">sſtrafg</hi>eſetzes oder der Straf-<lb/> prozeß-Ordnung geſtützt wird, ſondern auch dann, wenn behauptet wird, daß<lb/> das Urtheil der Strafkammer auf Verletzung einer vom Reich ſanctionirten<lb/><hi rendition="#g">ſtaats</hi> rechtlichen oder <hi rendition="#g">privat</hi> rechtlichen Rechtsnorm beruht, was auch bei<lb/> Strafurtheilen nicht unmöglich iſt. Vgl. auch <hi rendition="#g">Löwe</hi> Note 3 zu §. 123 a. a. O.</note>. In dieſer<lb/> Beſchränkung kömmt derſelbe ſtaatsrechtliche Geſichtspunkt zur Gel-<lb/> tung wie bei der Beſtimmung der Zuſtändigkeit des Reichsgerichts in<lb/><note xml:id="seg2pn_9_2" prev="#seg2pn_9_1" place="foot" n="4)">das Hauptverfahren vor dem vereinigten zweiten und dritten Strafſenate ſtatt-<lb/> findet. §. 138 a. a. O.</note><lb/></p> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [61/0071]
§ 99. Die Gerichtsbarkeit des Reichs.
worden, durch welchen prinzipiell bereits die Gerichtsbarkeit des
Reichs für Strafſachen der bezeichneten Art anerkannt war 1). Zu-
gleich iſt angeordnet worden, daß in Sachen, in denen das Reichs-
gericht in erſter Inſtanz erkannt hat, das Begnadigungsrecht
dem Kaiſer zuſteht und die Vollſtreckung von Todesſtrafen erſt
dann zuläſſig iſt, wenn die Entſchließung des Kaiſers ergangen iſt,
von dem Begnadigungsrecht keinen Gebrauch machen zu wollen 2).
b) in zweiter und letzter Inſtanz zur Verhandlung und
Entſcheidung über die Rechtsmittel der Berufung und Beſchwerde
gegen die Urtheile und Entſcheidungen der Konſularge-
richte 3). Auch in dieſen Sachen ſteht das Begnadigungsrecht
dem Kaiſer zu 4).
c) in zweiter und letzter Inſtanz für die Verhandlung und
Entſcheidung über das Rechtsmittel der Reviſion gegen Urtheile
der Schwurgerichte 5). Das Rechtsmittel kann nur darauf
geſtützt werden, daß das Urtheil auf einer Verletzung des Geſetzes
beruhe 6).
d) in zweiter und letzter Inſtanz für die Verhandlung und
Entſcheidung über das Rechtsmittel der Reviſion gegen erſtinſtanz-
liche Urtheile der Strafkammern der Landgerichte, ſofern das
Rechtsmittel nicht ausſchließlich auf Verletzung einer in den Lan-
desgeſetzen enthaltenen Rechtsnorm geſtützt wird 7). In dieſer
Beſchränkung kömmt derſelbe ſtaatsrechtliche Geſichtspunkt zur Gel-
tung wie bei der Beſtimmung der Zuſtändigkeit des Reichsgerichts in
4)
1) Vgl. hiezu die Motive des Gerichtsverf.Geſ. S. 149 ff. (Hahn S. 137.)
2) Strafproz.O. 484. 485.
3) Geſ. über die Konſulargerichtsbark. §, 36.
4) ebendaſ. §. 42.
5) Gerichtsverf.Geſ. §. 136 Ziff. 2.
6) Strafproz.Ordn. §. 376.
7) Gerichtsverf.Geſ. §. 136 Ziff. 2. Hierbei iſt zu beachten, daß die Zu-
ſtändigkeit des Reichsgerichts nicht nur dann begründet iſt, wenn das Rechts-
mittel der Reviſion auf Verletzung eines Reichsſtrafgeſetzes oder der Straf-
prozeß-Ordnung geſtützt wird, ſondern auch dann, wenn behauptet wird, daß
das Urtheil der Strafkammer auf Verletzung einer vom Reich ſanctionirten
ſtaats rechtlichen oder privat rechtlichen Rechtsnorm beruht, was auch bei
Strafurtheilen nicht unmöglich iſt. Vgl. auch Löwe Note 3 zu §. 123 a. a. O.
4) das Hauptverfahren vor dem vereinigten zweiten und dritten Strafſenate ſtatt-
findet. §. 138 a. a. O.
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