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Laband, Paul: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Bd. 3, Abt. 2. Freiburg (Breisgau) u. a., 1882.

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§. 101. Die Gerichte.
niß zwischen Rheder oder Schiffer und Schiffsmannschaft beziehen,
kann die Entscheidung durch den Vorsitzenden allein erfolgen 1).

In zweiter Instanz entscheiden über die Rechtsmittel der
Berufung und Beschwerde die Civilsenate der Oberlandesge-
richte in der Besetzung von fünf rechtsgelehrten Mitgliedern mit
Einschluß des Vorsitzenden 2).

In dritter Instanz erkennt auf das Rechtsmittel der Revi-
sion 3), beziehentl. der Beschwerde, ein Civilsenat des Reichs-
gerichts
4) in der Besetzung von sieben rechtsgelehrten Mitglie-
dern mit Einschluß des Vorsitzenden 5).

2. Strafsachen.

Die Straffälle sind in Beziehung auf die Gerichtszuständigkeit
in drei Klassen zu theilen, zu denen noch als eine besondere Aus-
nahmsklasse die zur ausschließlichen Zuständigkeit des Reichsgerichts
gehörenden Fälle des Hochverraths und des Landesverraths gegen
Kaiser und Reich hinzutreten 6). Die Eintheilung in diese drei
Klassen beruht in der Hauptsache auf der dem materiellen Straf-
recht zu Grunde liegenden Eintheilung der strafbaren Handlungen
in Uebertretungen, Vergehen und Verbrechen 7); sie fällt aber mit
dieser Eintheilung keineswegs vollkommen zusammen, vielmehr ist
die Zuständigkeit der Gerichte mittlerer und unterster Ordnung er-
heblich erweitert 8). Ihr entsprechen als Spruchbehörden erster
Instanz die Schöffengerichte, die Strafkammern und die Schwur-
gerichte.

1. Die Schöffengerichte sind Collegien, welche aus
einem gelehrten Richter (Amtsrichter) und zwei Schöffen be-

1) Gerichtsverf.Ges. §. 109. Motive S. 139 a. E. (Hahn S. 129.)
2) Gerichtsverf.Ges. §. 123 Ziff. 1. u. 4. §. 124.
3) Ueber die Voraussetzungen desselben siehe oben S. 55.
4) In Bayern des obersten Landesgerichtshofes nach den oben S. 51
entwickelten Kompetenzbestimmungen.
5) Gerichtsverf.Ges. §. 135. 140.
6) Gerichtsverf.Ges. §. 136 Ziff. 1. Siehe oben S. 60.
7) Reichs-Strafgesetzb. §. 1.
8) Vgl. die ausführlichen Erörterungen hierüber in den Motiven z. Ge-
richtsverf.Ges. S. 65 ff. (Hahn S. 72) und über das positive Recht des Reichs
Löwe zu §. 1 der Strafprozeß-Ordnung; Schwarze in v. Holtzendorff's Hand-
buch des Strafprozeßrechts II. S. 555 ff. und die Uebersicht in Binding's
Grundriß §. 26.

§. 101. Die Gerichte.
niß zwiſchen Rheder oder Schiffer und Schiffsmannſchaft beziehen,
kann die Entſcheidung durch den Vorſitzenden allein erfolgen 1).

In zweiter Inſtanz entſcheiden über die Rechtsmittel der
Berufung und Beſchwerde die Civilſenate der Oberlandesge-
richte in der Beſetzung von fünf rechtsgelehrten Mitgliedern mit
Einſchluß des Vorſitzenden 2).

In dritter Inſtanz erkennt auf das Rechtsmittel der Revi-
ſion 3), beziehentl. der Beſchwerde, ein Civilſenat des Reichs-
gerichts
4) in der Beſetzung von ſieben rechtsgelehrten Mitglie-
dern mit Einſchluß des Vorſitzenden 5).

2. Strafſachen.

Die Straffälle ſind in Beziehung auf die Gerichtszuſtändigkeit
in drei Klaſſen zu theilen, zu denen noch als eine beſondere Aus-
nahmsklaſſe die zur ausſchließlichen Zuſtändigkeit des Reichsgerichts
gehörenden Fälle des Hochverraths und des Landesverraths gegen
Kaiſer und Reich hinzutreten 6). Die Eintheilung in dieſe drei
Klaſſen beruht in der Hauptſache auf der dem materiellen Straf-
recht zu Grunde liegenden Eintheilung der ſtrafbaren Handlungen
in Uebertretungen, Vergehen und Verbrechen 7); ſie fällt aber mit
dieſer Eintheilung keineswegs vollkommen zuſammen, vielmehr iſt
die Zuſtändigkeit der Gerichte mittlerer und unterſter Ordnung er-
heblich erweitert 8). Ihr entſprechen als Spruchbehörden erſter
Inſtanz die Schöffengerichte, die Strafkammern und die Schwur-
gerichte.

1. Die Schöffengerichte ſind Collegien, welche aus
einem gelehrten Richter (Amtsrichter) und zwei Schöffen be-

1) Gerichtsverf.Geſ. §. 109. Motive S. 139 a. E. (Hahn S. 129.)
2) Gerichtsverf.Geſ. §. 123 Ziff. 1. u. 4. §. 124.
3) Ueber die Vorausſetzungen deſſelben ſiehe oben S. 55.
4) In Bayern des oberſten Landesgerichtshofes nach den oben S. 51
entwickelten Kompetenzbeſtimmungen.
5) Gerichtsverf.Geſ. §. 135. 140.
6) Gerichtsverf.Geſ. §. 136 Ziff. 1. Siehe oben S. 60.
7) Reichs-Strafgeſetzb. §. 1.
8) Vgl. die ausführlichen Erörterungen hierüber in den Motiven z. Ge-
richtsverf.Geſ. S. 65 ff. (Hahn S. 72) und über das poſitive Recht des Reichs
Löwe zu §. 1 der Strafprozeß-Ordnung; Schwarze in v. Holtzendorff’s Hand-
buch des Strafprozeßrechts II. S. 555 ff. und die Ueberſicht in Binding’s
Grundriß §. 26.
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[79/0089] §. 101. Die Gerichte. niß zwiſchen Rheder oder Schiffer und Schiffsmannſchaft beziehen, kann die Entſcheidung durch den Vorſitzenden allein erfolgen 1). In zweiter Inſtanz entſcheiden über die Rechtsmittel der Berufung und Beſchwerde die Civilſenate der Oberlandesge- richte in der Beſetzung von fünf rechtsgelehrten Mitgliedern mit Einſchluß des Vorſitzenden 2). In dritter Inſtanz erkennt auf das Rechtsmittel der Revi- ſion 3), beziehentl. der Beſchwerde, ein Civilſenat des Reichs- gerichts 4) in der Beſetzung von ſieben rechtsgelehrten Mitglie- dern mit Einſchluß des Vorſitzenden 5). 2. Strafſachen. Die Straffälle ſind in Beziehung auf die Gerichtszuſtändigkeit in drei Klaſſen zu theilen, zu denen noch als eine beſondere Aus- nahmsklaſſe die zur ausſchließlichen Zuſtändigkeit des Reichsgerichts gehörenden Fälle des Hochverraths und des Landesverraths gegen Kaiſer und Reich hinzutreten 6). Die Eintheilung in dieſe drei Klaſſen beruht in der Hauptſache auf der dem materiellen Straf- recht zu Grunde liegenden Eintheilung der ſtrafbaren Handlungen in Uebertretungen, Vergehen und Verbrechen 7); ſie fällt aber mit dieſer Eintheilung keineswegs vollkommen zuſammen, vielmehr iſt die Zuſtändigkeit der Gerichte mittlerer und unterſter Ordnung er- heblich erweitert 8). Ihr entſprechen als Spruchbehörden erſter Inſtanz die Schöffengerichte, die Strafkammern und die Schwur- gerichte. 1. Die Schöffengerichte ſind Collegien, welche aus einem gelehrten Richter (Amtsrichter) und zwei Schöffen be- 1) Gerichtsverf.Geſ. §. 109. Motive S. 139 a. E. (Hahn S. 129.) 2) Gerichtsverf.Geſ. §. 123 Ziff. 1. u. 4. §. 124. 3) Ueber die Vorausſetzungen deſſelben ſiehe oben S. 55. 4) In Bayern des oberſten Landesgerichtshofes nach den oben S. 51 entwickelten Kompetenzbeſtimmungen. 5) Gerichtsverf.Geſ. §. 135. 140. 6) Gerichtsverf.Geſ. §. 136 Ziff. 1. Siehe oben S. 60. 7) Reichs-Strafgeſetzb. §. 1. 8) Vgl. die ausführlichen Erörterungen hierüber in den Motiven z. Ge- richtsverf.Geſ. S. 65 ff. (Hahn S. 72) und über das poſitive Recht des Reichs Löwe zu §. 1 der Strafprozeß-Ordnung; Schwarze in v. Holtzendorff’s Hand- buch des Strafprozeßrechts II. S. 555 ff. und die Ueberſicht in Binding’s Grundriß §. 26.

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Zitationshilfe: Laband, Paul: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Bd. 3, Abt. 2. Freiburg (Breisgau) u. a., 1882, S. 79. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laband_staatsrecht0302_1882/89>, abgerufen am 21.11.2024.