Lambert, Johann Heinrich: Anlage zur Architectonic. Bd. 1. Riga, 1771.Das Seyn und das Nicht seyn. schon und schlechterdings nicht widersprechend, undzum Beweise ihrer Möglichkeit wird auch weiter nichts, als die Gedenkbarkeit erfordert, weil sie sich selbst ihr eigenes und einiges inneres Merkmal sind. Die Widersprüche können daher nur in zusammen- gesetzten Begriffen vorkommen, oder da jede Wider- sprüche schlechthin symbolisch sind (§. 231.), so kom- men die Widersprüche eigentlich nur in solchen Be- griffen vor, die wir glauben zusammensetzen zu kön- nen, weil ihre Wörter sich zusammen setzen lassen. Da nun die symbolische Zusammensetzung der Wör- ter weiter möglich ist, als die reale von den Sachen und Begriffen (§. 236.), so sind die Widersprüche gleichsam die Gränzlinie zwischen der bloßen Zusam- mensetzung leerer Töne und möglicher Begriffe. §. 250. Nun kömmt es darauf an, woran es sich erkennen dieses
Das Seyn und das Nicht ſeyn. ſchon und ſchlechterdings nicht widerſprechend, undzum Beweiſe ihrer Moͤglichkeit wird auch weiter nichts, als die Gedenkbarkeit erfordert, weil ſie ſich ſelbſt ihr eigenes und einiges inneres Merkmal ſind. Die Widerſpruͤche koͤnnen daher nur in zuſammen- geſetzten Begriffen vorkommen, oder da jede Wider- ſpruͤche ſchlechthin ſymboliſch ſind (§. 231.), ſo kom- men die Widerſpruͤche eigentlich nur in ſolchen Be- griffen vor, die wir glauben zuſammenſetzen zu koͤn- nen, weil ihre Woͤrter ſich zuſammen ſetzen laſſen. Da nun die ſymboliſche Zuſammenſetzung der Woͤr- ter weiter moͤglich iſt, als die reale von den Sachen und Begriffen (§. 236.), ſo ſind die Widerſpruͤche gleichſam die Graͤnzlinie zwiſchen der bloßen Zuſam- menſetzung leerer Toͤne und moͤglicher Begriffe. §. 250. Nun koͤmmt es darauf an, woran es ſich erkennen dieſes
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Das Seyn und das Nicht ſeyn.
ſchon und ſchlechterdings nicht widerſprechend, und
zum Beweiſe ihrer Moͤglichkeit wird auch weiter
nichts, als die Gedenkbarkeit erfordert, weil ſie ſich
ſelbſt ihr eigenes und einiges inneres Merkmal ſind.
Die Widerſpruͤche koͤnnen daher nur in zuſammen-
geſetzten Begriffen vorkommen, oder da jede Wider-
ſpruͤche ſchlechthin ſymboliſch ſind (§. 231.), ſo kom-
men die Widerſpruͤche eigentlich nur in ſolchen Be-
griffen vor, die wir glauben zuſammenſetzen zu koͤn-
nen, weil ihre Woͤrter ſich zuſammen ſetzen laſſen.
Da nun die ſymboliſche Zuſammenſetzung der Woͤr-
ter weiter moͤglich iſt, als die reale von den Sachen
und Begriffen (§. 236.), ſo ſind die Widerſpruͤche
gleichſam die Graͤnzlinie zwiſchen der bloßen Zuſam-
menſetzung leerer Toͤne und moͤglicher Begriffe.
§. 250.
Nun koͤmmt es darauf an, woran es ſich erkennen
laſſe, daß in einem bloß vermittelſt der Worte zu-
ſammengeſetzten Begriffe ein Widerſpruch ſey, oder
daß die darinn zuſammengenommene Merkmale nicht
beyſammen ſeyn koͤnnen? So lange man nun dieſe
Frage auf eine bloß ſymboliſche Art aufloͤſet, giebt
man den Rath, den Begriff zu definiren, die in der
Definition gebrauchten Woͤrter wiederum zu defini-
ren, und damit forzufahren, bis man auf Saͤtze
koͤmmt, deren der eine eben das bejahet, was der
andere in eben dem Sinne verneinet. Denn ſo wird
man es nicht der Sache ſelbſt, ſondern ſchlechthin
nur den Worten anſehen, ob in der Sache etwas
Widerſprechendes ſey? Dieſes hieße nun im eigent-
lichſten Verſtande, die Theorie der Sache auf die
Theorie der Zeichen reduciren, (Semiot. §. 23.).
Und es iſt nur zu bedauern, daß unſere Sprachen
dieſes
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