Lambert, Johann Heinrich: Anlage zur Architectonic. Bd. 1. Riga, 1771.Das Etwas seyn und das Nichts seyn. III°. Remotive Sätze. 9°. Was weder A noch Nicht - A ist, ist Nichts. Dieser Satz geht bey allgemeinen Dingen nicht schlechthin an. Man muß vorerst beweisen, daß sie entweder A oder Nicht - A seyn müssen, so allgemein sie sind, und dieser Beweis mag nur angehen, wenn A eine noch allgemeinere Bestimmung ist. Jn Ansehung der specialern und individualen Bestimmungen aber wird der Satz in folgenden verwandelt. Was weder A noch Nicht - A werden kann, ist Nichts. 10°. Was nicht Nichts ist, ist nicht weder A noch Nicht - A. Nun ist ein allgemeines Ding eben nicht durchaus Etwas, (§. 262. N°. 12.). So fern es aber Etwas ist, gilt der Satz. Hingegen, so fern ein Leeres oder eine Lü- cke darinn gelassen ist, welche erst mit A oder mit Nicht - A ausgefüllet werden muß, und mit beydem, aber nicht zugleich in einem Indiuiduo, ausgefüllet werden kann, kann man allerdings sagen, daß es weder A noch Nicht - A sey. (N°. 3. und §. 257.). 11°. Nichts ist weder A noch Nicht - A. Stellet man sich in diesem Satze das Nichts, als ein gedichtetes Indiuiduum vor (§. 262. N°. 12.), so geht der Satz ohnehin nicht auf all- gemeine Dinge. Da aber Nichts, zuweilen auch nur privative, so viel als kein mögliches Ding bedeutet, so können die allgemeinen Din- ge, so fern sie gedenkbar sind, auch in dem Sa- tze begriffen werden. Da sie aber ein Leeres ha- ben, so sind sie in Absicht, auf die Bestimmun- gen, Q 5
Das Etwas ſeyn und das Nichts ſeyn. III°. Remotive Saͤtze. 9°. Was weder A noch Nicht ‒ A iſt, iſt Nichts. Dieſer Satz geht bey allgemeinen Dingen nicht ſchlechthin an. Man muß vorerſt beweiſen, daß ſie entweder A oder Nicht ‒ A ſeyn muͤſſen, ſo allgemein ſie ſind, und dieſer Beweis mag nur angehen, wenn A eine noch allgemeinere Beſtimmung iſt. Jn Anſehung der ſpecialern und individualen Beſtimmungen aber wird der Satz in folgenden verwandelt. Was weder A noch Nicht ‒ A werden kann, iſt Nichts. 10°. Was nicht Nichts iſt, iſt nicht weder A noch Nicht ‒ A. Nun iſt ein allgemeines Ding eben nicht durchaus Etwas, (§. 262. N°. 12.). So fern es aber Etwas iſt, gilt der Satz. Hingegen, ſo fern ein Leeres oder eine Luͤ- cke darinn gelaſſen iſt, welche erſt mit A oder mit Nicht ‒ A ausgefuͤllet werden muß, und mit beydem, aber nicht zugleich in einem Indiuiduo, ausgefuͤllet werden kann, kann man allerdings ſagen, daß es weder A noch Nicht ‒ A ſey. (N°. 3. und §. 257.). 11°. Nichts iſt weder A noch Nicht ‒ A. Stellet man ſich in dieſem Satze das Nichts, als ein gedichtetes Indiuiduum vor (§. 262. N°. 12.), ſo geht der Satz ohnehin nicht auf all- gemeine Dinge. Da aber Nichts, zuweilen auch nur privative, ſo viel als kein moͤgliches Ding bedeutet, ſo koͤnnen die allgemeinen Din- ge, ſo fern ſie gedenkbar ſind, auch in dem Sa- tze begriffen werden. Da ſie aber ein Leeres ha- ben, ſo ſind ſie in Abſicht, auf die Beſtimmun- gen, Q 5
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <pb facs="#f0285" n="249"/> <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Das Etwas ſeyn und das Nichts ſeyn.</hi> </fw><lb/> <list> <item> <hi rendition="#c"> <hi rendition="#aq">III°.</hi> <hi rendition="#fr">Remotive Saͤtze.</hi> </hi> </item><lb/> <item>9°. <hi rendition="#fr">Was weder</hi> <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">A</hi></hi> <hi rendition="#fr">noch Nicht</hi> ‒ <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">A</hi></hi> <hi rendition="#fr">iſt, iſt<lb/> Nichts.</hi> Dieſer Satz geht bey allgemeinen<lb/> Dingen nicht ſchlechthin an. Man muß vorerſt<lb/> beweiſen, daß ſie entweder <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">A</hi></hi> oder <hi rendition="#fr">Nicht</hi> ‒ <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">A</hi></hi><lb/> ſeyn muͤſſen, ſo allgemein ſie ſind, und dieſer<lb/> Beweis mag nur angehen, wenn <hi rendition="#aq">A</hi> eine noch<lb/> allgemeinere Beſtimmung iſt. Jn Anſehung<lb/> der ſpecialern und individualen Beſtimmungen<lb/> aber wird der Satz in folgenden verwandelt.<lb/><hi rendition="#fr">Was weder</hi> <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">A</hi></hi> <hi rendition="#fr">noch Nicht</hi> ‒ <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">A</hi></hi> <hi rendition="#fr">werden<lb/> kann, iſt Nichts.</hi></item><lb/> <item>10°. <hi rendition="#fr">Was nicht Nichts iſt, iſt nicht weder</hi> <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">A</hi></hi><lb/><hi rendition="#fr">noch Nicht</hi> ‒ <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">A.</hi></hi> Nun iſt ein allgemeines<lb/> Ding eben nicht durchaus <hi rendition="#fr">Etwas,</hi> (§. 262.<lb/><hi rendition="#aq">N°.</hi> 12.). So fern es aber Etwas iſt, gilt der<lb/> Satz. Hingegen, ſo fern ein Leeres oder eine Luͤ-<lb/> cke darinn gelaſſen iſt, welche erſt mit <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">A</hi></hi> oder mit<lb/><hi rendition="#fr">Nicht</hi> ‒ <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">A</hi></hi> ausgefuͤllet werden muß, und mit<lb/> beydem, aber nicht zugleich in einem <hi rendition="#aq">Indiuiduo,</hi><lb/> ausgefuͤllet werden kann, kann man allerdings<lb/> ſagen, daß es weder <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">A</hi></hi> noch Nicht ‒ <hi rendition="#aq">A</hi> ſey.<lb/> (<hi rendition="#aq">N°.</hi> 3. und §. 257.).</item><lb/> <item>11°. <hi rendition="#fr">Nichts iſt weder</hi> <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">A</hi></hi> <hi rendition="#fr">noch Nicht</hi> ‒ <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">A.</hi></hi><lb/> Stellet man ſich in dieſem Satze das <hi rendition="#fr">Nichts,</hi><lb/> als ein gedichtetes <hi rendition="#aq">Indiuiduum</hi> vor (§. 262.<lb/><hi rendition="#aq">N°.</hi> 12.), ſo geht der Satz ohnehin nicht auf all-<lb/> gemeine Dinge. Da aber <hi rendition="#fr">Nichts,</hi> zuweilen<lb/> auch nur privative, ſo viel als <hi rendition="#fr">kein moͤgliches<lb/> Ding</hi> bedeutet, ſo koͤnnen die allgemeinen Din-<lb/> ge, ſo fern ſie gedenkbar ſind, auch in dem Sa-<lb/> tze begriffen werden. Da ſie aber ein Leeres ha-<lb/> ben, ſo ſind ſie in Abſicht, auf die Beſtimmun-<lb/> <fw place="bottom" type="sig">Q 5</fw><fw place="bottom" type="catch">gen,</fw><lb/></item> </list> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [249/0285]
Das Etwas ſeyn und das Nichts ſeyn.
III°. Remotive Saͤtze.
9°. Was weder A noch Nicht ‒ A iſt, iſt
Nichts. Dieſer Satz geht bey allgemeinen
Dingen nicht ſchlechthin an. Man muß vorerſt
beweiſen, daß ſie entweder A oder Nicht ‒ A
ſeyn muͤſſen, ſo allgemein ſie ſind, und dieſer
Beweis mag nur angehen, wenn A eine noch
allgemeinere Beſtimmung iſt. Jn Anſehung
der ſpecialern und individualen Beſtimmungen
aber wird der Satz in folgenden verwandelt.
Was weder A noch Nicht ‒ A werden
kann, iſt Nichts.
10°. Was nicht Nichts iſt, iſt nicht weder A
noch Nicht ‒ A. Nun iſt ein allgemeines
Ding eben nicht durchaus Etwas, (§. 262.
N°. 12.). So fern es aber Etwas iſt, gilt der
Satz. Hingegen, ſo fern ein Leeres oder eine Luͤ-
cke darinn gelaſſen iſt, welche erſt mit A oder mit
Nicht ‒ A ausgefuͤllet werden muß, und mit
beydem, aber nicht zugleich in einem Indiuiduo,
ausgefuͤllet werden kann, kann man allerdings
ſagen, daß es weder A noch Nicht ‒ A ſey.
(N°. 3. und §. 257.).
11°. Nichts iſt weder A noch Nicht ‒ A.
Stellet man ſich in dieſem Satze das Nichts,
als ein gedichtetes Indiuiduum vor (§. 262.
N°. 12.), ſo geht der Satz ohnehin nicht auf all-
gemeine Dinge. Da aber Nichts, zuweilen
auch nur privative, ſo viel als kein moͤgliches
Ding bedeutet, ſo koͤnnen die allgemeinen Din-
ge, ſo fern ſie gedenkbar ſind, auch in dem Sa-
tze begriffen werden. Da ſie aber ein Leeres ha-
ben, ſo ſind ſie in Abſicht, auf die Beſtimmun-
gen,
Q 5
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |