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Lambert, Johann Heinrich: Anlage zur Architectonic. Bd. 1. Riga, 1771.

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einer wissenschaftlichen Grundlehre.
§. 18.

Endlich sollte die Grundlehre, wie jede Wis-
senschaften, einen practischen Theil haben,
weil
sie ohne denselben eine bloße Speculation bliebe. Die-
ser Theil muß darinn vorkommen, es sey, daß man
ihn mit dem theoretischen durchflechte, oder denselben
besonders beyfüge. Hiebey sind nun die Postulata,
welche allgemeine und unbedingte Möglichkeiten oder
Thulichkeiten angeben, schlechthin unentbehrlich.
Wolf hatte den practischen Theil der Weltweisheit
nur in Absicht auf die Fähigkeiten, Fertigkeiten und
Vollkommenheiten des Menschen betrachtet, und das
Objective, was nämlich von den Dingen selbst her-
genommen ist, nicht weiter in Betrachtung gezogen,
als in so fern es unter dem Begriffe des moralischen
Guten und Uebels
vorkömmt. Das Practische
geht auf das Finden und Thun, und in so fern steht
es mit den Fähigkeiten des Verstandes und des Lei-
bes
in ungleich näherer Verbindung, als mit dem
Willen, welcher eigentlich der Gegenstand der Moral
ist. Jn der Grundlehre kömmt z. E. die Theorie der
Ordnung, der Vollkommenheit, der Ursachen, Wir-
kungen, Mittel und Absichten, der Kräfte, Ver-
hältnisse etc. vor. Sie soll demnach allerdings ange-
ben, was hiebey in einzeln Fällen zu suchen, zu finden
und zu thun sey?

§. 19.

Da der practische Theil der Grundlehre, und so
auch jeder Wissenschaften auf der Theorie der Mög-
lichkeiten und Thulichkeiten beruht: so können wir
noch anmerken, daß die Kennzeichen und Grundsätze
der Möglichkeit, die bisher in der Ontologie vorkom-
men, dazu nicht hinreichend sind. Man hat vornehm-

lich
einer wiſſenſchaftlichen Grundlehre.
§. 18.

Endlich ſollte die Grundlehre, wie jede Wiſ-
ſenſchaften, einen practiſchen Theil haben,
weil
ſie ohne denſelben eine bloße Speculation bliebe. Die-
ſer Theil muß darinn vorkommen, es ſey, daß man
ihn mit dem theoretiſchen durchflechte, oder denſelben
beſonders beyfuͤge. Hiebey ſind nun die Poſtulata,
welche allgemeine und unbedingte Moͤglichkeiten oder
Thulichkeiten angeben, ſchlechthin unentbehrlich.
Wolf hatte den practiſchen Theil der Weltweisheit
nur in Abſicht auf die Faͤhigkeiten, Fertigkeiten und
Vollkommenheiten des Menſchen betrachtet, und das
Objective, was naͤmlich von den Dingen ſelbſt her-
genommen iſt, nicht weiter in Betrachtung gezogen,
als in ſo fern es unter dem Begriffe des moraliſchen
Guten und Uebels
vorkoͤmmt. Das Practiſche
geht auf das Finden und Thun, und in ſo fern ſteht
es mit den Faͤhigkeiten des Verſtandes und des Lei-
bes
in ungleich naͤherer Verbindung, als mit dem
Willen, welcher eigentlich der Gegenſtand der Moral
iſt. Jn der Grundlehre koͤmmt z. E. die Theorie der
Ordnung, der Vollkommenheit, der Urſachen, Wir-
kungen, Mittel und Abſichten, der Kraͤfte, Ver-
haͤltniſſe ꝛc. vor. Sie ſoll demnach allerdings ange-
ben, was hiebey in einzeln Faͤllen zu ſuchen, zu finden
und zu thun ſey?

§. 19.

Da der practiſche Theil der Grundlehre, und ſo
auch jeder Wiſſenſchaften auf der Theorie der Moͤg-
lichkeiten und Thulichkeiten beruht: ſo koͤnnen wir
noch anmerken, daß die Kennzeichen und Grundſaͤtze
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men, dazu nicht hinreichend ſind. Man hat vornehm-

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[15/0051] einer wiſſenſchaftlichen Grundlehre. §. 18. Endlich ſollte die Grundlehre, wie jede Wiſ- ſenſchaften, einen practiſchen Theil haben, weil ſie ohne denſelben eine bloße Speculation bliebe. Die- ſer Theil muß darinn vorkommen, es ſey, daß man ihn mit dem theoretiſchen durchflechte, oder denſelben beſonders beyfuͤge. Hiebey ſind nun die Poſtulata, welche allgemeine und unbedingte Moͤglichkeiten oder Thulichkeiten angeben, ſchlechthin unentbehrlich. Wolf hatte den practiſchen Theil der Weltweisheit nur in Abſicht auf die Faͤhigkeiten, Fertigkeiten und Vollkommenheiten des Menſchen betrachtet, und das Objective, was naͤmlich von den Dingen ſelbſt her- genommen iſt, nicht weiter in Betrachtung gezogen, als in ſo fern es unter dem Begriffe des moraliſchen Guten und Uebels vorkoͤmmt. Das Practiſche geht auf das Finden und Thun, und in ſo fern ſteht es mit den Faͤhigkeiten des Verſtandes und des Lei- bes in ungleich naͤherer Verbindung, als mit dem Willen, welcher eigentlich der Gegenſtand der Moral iſt. Jn der Grundlehre koͤmmt z. E. die Theorie der Ordnung, der Vollkommenheit, der Urſachen, Wir- kungen, Mittel und Abſichten, der Kraͤfte, Ver- haͤltniſſe ꝛc. vor. Sie ſoll demnach allerdings ange- ben, was hiebey in einzeln Faͤllen zu ſuchen, zu finden und zu thun ſey? §. 19. Da der practiſche Theil der Grundlehre, und ſo auch jeder Wiſſenſchaften auf der Theorie der Moͤg- lichkeiten und Thulichkeiten beruht: ſo koͤnnen wir noch anmerken, daß die Kennzeichen und Grundſaͤtze der Moͤglichkeit, die bisher in der Ontologie vorkom- men, dazu nicht hinreichend ſind. Man hat vornehm- lich

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Zitationshilfe: Lambert, Johann Heinrich: Anlage zur Architectonic. Bd. 1. Riga, 1771, S. 15. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lambert_architectonic01_1771/51>, abgerufen am 21.11.2024.