Lambert, Johann Heinrich: Anlage zur Architectonic. Bd. 2. Riga, 1771.XVII. Hauptstück. Unterscheidungszeichen ausgedacht, um einer Sache,deren Wesen in der Jntellectualwelt gleichsam ver- borgen ist, einen Körper zu geben. Die Weitläuf- tigkeit verschiedener Verrichtungen, welche macht, daß man dazu von Kindheit auf gewöhnt und erzogen werden muß, besonders wo die Natur die Talente zu anderm gegeben hatte; die natürlichen Triebe der Aeltern, für ihre Kinder zu verdienen; der daher genommene Anlaß, sie dazu noch mehr anzutreiben; die Nachtheile der ohne wichtigere Gründe vorgenom- menen Neuerungen, welche den Beharrungsstand än- dern, ohne ihn zu bessern oder dauerhafter zu machen; die Nothwendigkeit, weniger auf das Neue, als auf das Gute und Dauerhafte zu sehen etc. alles dieses hat bey der äußerlichen Gestalt von nothwendigen und an sich fortdauern sollenden Societäten verschiedenes erblich gemacht, zugleich aber auch verursacht, daß das Wesentliche oder die Seele derselben nicht nach der Gestalt des Körpers beurtheilet werden kann. §. 558. So fern die gesetzliche Einrichtung einer Societät stellungen,
XVII. Hauptſtuͤck. Unterſcheidungszeichen ausgedacht, um einer Sache,deren Weſen in der Jntellectualwelt gleichſam ver- borgen iſt, einen Koͤrper zu geben. Die Weitlaͤuf- tigkeit verſchiedener Verrichtungen, welche macht, daß man dazu von Kindheit auf gewoͤhnt und erzogen werden muß, beſonders wo die Natur die Talente zu anderm gegeben hatte; die natuͤrlichen Triebe der Aeltern, fuͤr ihre Kinder zu verdienen; der daher genommene Anlaß, ſie dazu noch mehr anzutreiben; die Nachtheile der ohne wichtigere Gruͤnde vorgenom- menen Neuerungen, welche den Beharrungsſtand aͤn- dern, ohne ihn zu beſſern oder dauerhafter zu machen; die Nothwendigkeit, weniger auf das Neue, als auf das Gute und Dauerhafte zu ſehen ꝛc. alles dieſes hat bey der aͤußerlichen Geſtalt von nothwendigen und an ſich fortdauern ſollenden Societaͤten verſchiedenes erblich gemacht, zugleich aber auch verurſacht, daß das Weſentliche oder die Seele derſelben nicht nach der Geſtalt des Koͤrpers beurtheilet werden kann. §. 558. So fern die geſetzliche Einrichtung einer Societaͤt ſtellungen,
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0186" n="178"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b"><hi rendition="#aq">XVII.</hi> Hauptſtuͤck.</hi></fw><lb/> Unterſcheidungszeichen ausgedacht, um einer Sache,<lb/> deren Weſen in der Jntellectualwelt gleichſam ver-<lb/> borgen iſt, einen Koͤrper zu geben. Die Weitlaͤuf-<lb/> tigkeit verſchiedener Verrichtungen, welche macht,<lb/> daß man dazu von Kindheit auf gewoͤhnt und erzogen<lb/> werden muß, beſonders wo die Natur die Talente zu<lb/> anderm gegeben hatte; die natuͤrlichen Triebe der<lb/> Aeltern, fuͤr ihre Kinder zu verdienen; der daher<lb/> genommene Anlaß, ſie dazu noch mehr anzutreiben;<lb/> die Nachtheile der ohne wichtigere Gruͤnde vorgenom-<lb/> menen Neuerungen, welche den Beharrungsſtand aͤn-<lb/> dern, ohne ihn zu beſſern oder dauerhafter zu machen;<lb/> die Nothwendigkeit, weniger auf das Neue, als auf<lb/> das Gute und Dauerhafte zu ſehen ꝛc. alles dieſes hat<lb/> bey der aͤußerlichen Geſtalt von nothwendigen und<lb/> an ſich fortdauern ſollenden Societaͤten verſchiedenes<lb/> erblich gemacht, zugleich aber auch verurſacht, daß<lb/> das Weſentliche oder die Seele derſelben nicht nach<lb/> der Geſtalt des Koͤrpers beurtheilet werden kann.</p> </div><lb/> <div n="3"> <head>§. 558.</head><lb/> <p>So fern die geſetzliche Einrichtung einer Societaͤt<lb/> nicht nach dem Beharrungsſtande getroffen iſt, richtet<lb/> ſich dieſe, wenn ſie dennoch ſeyn muß, von ſelbſt in<lb/> eine Art von Beharrungsſtand, welcher aber aller-<lb/> dings nicht immer der beſte moͤgliche iſt, und gewoͤhn-<lb/> lich geht es dabey wie bey den lebenden Kraͤften der<lb/> Koͤrperwelt und ihrer Syſtemen, oſcillationsweiſe<lb/> vom <hi rendition="#fr">zu vielen</hi> zum <hi rendition="#fr">zu wenigen,</hi> beſonders, wo die<lb/> wirkenden Kraͤfte <hi rendition="#fr">lebendig</hi> oder von dem wahren<lb/> Gleichgewichte weit entfernt ſind. Hingegen giebt<lb/> es auch Faͤlle, wo ſich die Sache ohne Oſcillationen<lb/> und gleichſam auf eine aſymtotiſche Art, dem Behar-<lb/> rungsſtande naͤhert, und dieſes geſchieht, wo die Vor-<lb/> <fw place="bottom" type="catch">ſtellungen,</fw><lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [178/0186]
XVII. Hauptſtuͤck.
Unterſcheidungszeichen ausgedacht, um einer Sache,
deren Weſen in der Jntellectualwelt gleichſam ver-
borgen iſt, einen Koͤrper zu geben. Die Weitlaͤuf-
tigkeit verſchiedener Verrichtungen, welche macht,
daß man dazu von Kindheit auf gewoͤhnt und erzogen
werden muß, beſonders wo die Natur die Talente zu
anderm gegeben hatte; die natuͤrlichen Triebe der
Aeltern, fuͤr ihre Kinder zu verdienen; der daher
genommene Anlaß, ſie dazu noch mehr anzutreiben;
die Nachtheile der ohne wichtigere Gruͤnde vorgenom-
menen Neuerungen, welche den Beharrungsſtand aͤn-
dern, ohne ihn zu beſſern oder dauerhafter zu machen;
die Nothwendigkeit, weniger auf das Neue, als auf
das Gute und Dauerhafte zu ſehen ꝛc. alles dieſes hat
bey der aͤußerlichen Geſtalt von nothwendigen und
an ſich fortdauern ſollenden Societaͤten verſchiedenes
erblich gemacht, zugleich aber auch verurſacht, daß
das Weſentliche oder die Seele derſelben nicht nach
der Geſtalt des Koͤrpers beurtheilet werden kann.
§. 558.
So fern die geſetzliche Einrichtung einer Societaͤt
nicht nach dem Beharrungsſtande getroffen iſt, richtet
ſich dieſe, wenn ſie dennoch ſeyn muß, von ſelbſt in
eine Art von Beharrungsſtand, welcher aber aller-
dings nicht immer der beſte moͤgliche iſt, und gewoͤhn-
lich geht es dabey wie bey den lebenden Kraͤften der
Koͤrperwelt und ihrer Syſtemen, oſcillationsweiſe
vom zu vielen zum zu wenigen, beſonders, wo die
wirkenden Kraͤfte lebendig oder von dem wahren
Gleichgewichte weit entfernt ſind. Hingegen giebt
es auch Faͤlle, wo ſich die Sache ohne Oſcillationen
und gleichſam auf eine aſymtotiſche Art, dem Behar-
rungsſtande naͤhert, und dieſes geſchieht, wo die Vor-
ſtellungen,
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |