und das Bewußtseyn, man würde mit dem Wahren auch Jrriges annehmen, oder mit dem Jrrigen auch Wahres verwerfen, daß man sich dabey mehr Zeit und Geduld läßt, und die Sache wird nicht oscilla- tions- sondern asymtotenweise nach und nach ins Rei- ne gebracht.
§. 562.
So fern die Kräfte des Verstandes bey dem stär- kern Anstrengen, ebenfalls wie die andern zwo Ar- ten von Kräften, ermüden, und sich wiederum erho- len müssen, so ferne haben auch hierinn die oben (§. 484.) angeführten zwey Maxima statt; und be- sonders ist hiebey auch darauf zu sehen, daß die Kräfte so wenig als möglich ist, vergebens ange- wandt werden, welches dadurch erhalten wird, wenn man die Erkenntniß, die man zu erlangen suchet, vorerst von der Seite betrachtet, ob sie sich erlangen und finden lasse, und ob, wenn es auch angeht, nicht so viel Zeit darauf gehe, daß man statt deren eine Summe von andern hätte erlangen können, welche vorzuziehen wäre? Dieses will nun allerdings nicht sagen, daß man das Wahre nur nach der Zeit, Mü- he und Vortheil schätzen müsse. Man würde viel nützliches nicht wissen, wenn weder jemand curios gewesen wäre, noch die bloße Neugierde einen Trieb zum Erfinden abgegeben hätte, und wenn sich die Erfinder von jeder Schwierigkeit hätten abschrecken lassen. Diese ziehen die Mühe gar nicht, oder erst zuletzt in die Rechnung, (Phänomenol. §. 136.). Jn- dessen suchen sie auch nicht mit Gewalt, was von der Art ist, daß es von glücklichen Einfällen und Anläs- sen abhängt, denen man nicht gebiethen kann, und was daher bey aufgeräumtem Kopfe sich eher als bey ermüdendem Nachsinnen anbiethet.
§. 563.
XVII. Hauptſtuͤck.
und das Bewußtſeyn, man wuͤrde mit dem Wahren auch Jrriges annehmen, oder mit dem Jrrigen auch Wahres verwerfen, daß man ſich dabey mehr Zeit und Geduld laͤßt, und die Sache wird nicht oſcilla- tions- ſondern aſymtotenweiſe nach und nach ins Rei- ne gebracht.
§. 562.
So fern die Kraͤfte des Verſtandes bey dem ſtaͤr- kern Anſtrengen, ebenfalls wie die andern zwo Ar- ten von Kraͤften, ermuͤden, und ſich wiederum erho- len muͤſſen, ſo ferne haben auch hierinn die oben (§. 484.) angefuͤhrten zwey Maxima ſtatt; und be- ſonders iſt hiebey auch darauf zu ſehen, daß die Kraͤfte ſo wenig als moͤglich iſt, vergebens ange- wandt werden, welches dadurch erhalten wird, wenn man die Erkenntniß, die man zu erlangen ſuchet, vorerſt von der Seite betrachtet, ob ſie ſich erlangen und finden laſſe, und ob, wenn es auch angeht, nicht ſo viel Zeit darauf gehe, daß man ſtatt deren eine Summe von andern haͤtte erlangen koͤnnen, welche vorzuziehen waͤre? Dieſes will nun allerdings nicht ſagen, daß man das Wahre nur nach der Zeit, Muͤ- he und Vortheil ſchaͤtzen muͤſſe. Man wuͤrde viel nuͤtzliches nicht wiſſen, wenn weder jemand curios geweſen waͤre, noch die bloße Neugierde einen Trieb zum Erfinden abgegeben haͤtte, und wenn ſich die Erfinder von jeder Schwierigkeit haͤtten abſchrecken laſſen. Dieſe ziehen die Muͤhe gar nicht, oder erſt zuletzt in die Rechnung, (Phaͤnomenol. §. 136.). Jn- deſſen ſuchen ſie auch nicht mit Gewalt, was von der Art iſt, daß es von gluͤcklichen Einfaͤllen und Anlaͤſ- ſen abhaͤngt, denen man nicht gebiethen kann, und was daher bey aufgeraͤumtem Kopfe ſich eher als bey ermuͤdendem Nachſinnen anbiethet.
§. 563.
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XVII. Hauptſtuͤck.
und das Bewußtſeyn, man wuͤrde mit dem Wahren
auch Jrriges annehmen, oder mit dem Jrrigen auch
Wahres verwerfen, daß man ſich dabey mehr Zeit
und Geduld laͤßt, und die Sache wird nicht oſcilla-
tions- ſondern aſymtotenweiſe nach und nach ins Rei-
ne gebracht.
§. 562.
So fern die Kraͤfte des Verſtandes bey dem ſtaͤr-
kern Anſtrengen, ebenfalls wie die andern zwo Ar-
ten von Kraͤften, ermuͤden, und ſich wiederum erho-
len muͤſſen, ſo ferne haben auch hierinn die oben
(§. 484.) angefuͤhrten zwey Maxima ſtatt; und be-
ſonders iſt hiebey auch darauf zu ſehen, daß die
Kraͤfte ſo wenig als moͤglich iſt, vergebens ange-
wandt werden, welches dadurch erhalten wird, wenn
man die Erkenntniß, die man zu erlangen ſuchet,
vorerſt von der Seite betrachtet, ob ſie ſich erlangen
und finden laſſe, und ob, wenn es auch angeht, nicht
ſo viel Zeit darauf gehe, daß man ſtatt deren eine
Summe von andern haͤtte erlangen koͤnnen, welche
vorzuziehen waͤre? Dieſes will nun allerdings nicht
ſagen, daß man das Wahre nur nach der Zeit, Muͤ-
he und Vortheil ſchaͤtzen muͤſſe. Man wuͤrde viel
nuͤtzliches nicht wiſſen, wenn weder jemand curios
geweſen waͤre, noch die bloße Neugierde einen Trieb
zum Erfinden abgegeben haͤtte, und wenn ſich die
Erfinder von jeder Schwierigkeit haͤtten abſchrecken
laſſen. Dieſe ziehen die Muͤhe gar nicht, oder erſt
zuletzt in die Rechnung, (Phaͤnomenol. §. 136.). Jn-
deſſen ſuchen ſie auch nicht mit Gewalt, was von der
Art iſt, daß es von gluͤcklichen Einfaͤllen und Anlaͤſ-
ſen abhaͤngt, denen man nicht gebiethen kann, und
was daher bey aufgeraͤumtem Kopfe ſich eher als bey
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Lambert, Johann Heinrich: Anlage zur Architectonic. Bd. 2. Riga, 1771, S. 182. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lambert_architectonic02_1771/190>, abgerufen am 23.11.2024.
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