Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Lambert, Johann Heinrich: Anlage zur Architectonic. Bd. 2. Riga, 1771.

Bild:
<< vorherige Seite

Zusatz zum neunzehnten Hauptstücke.
Schritt für Schritt einläßt, und die Form ganz
beybehält. Dieses muß öfters und selbst in einfachen
und leichten Dingen bloß deswegen geschehen, damit,
wenn man gegen den einen von der strengen Form
nachläßt, weil man weiß, daß er keinen Misbrauch
davon machen werde, nicht ein anderer eben das
Nachlassen fordere, dem man in Ansehung des Mis-
brauches nicht so viel trauen kann. Jn Gesellschaf-
ten wird besonders das Wesentliche der Form selten
übergangen, ohne daß sich eines oder das andere der
Mitglieder dabey beleidigt oder vernachtheiligt finde,
es mag nun dieses unmittelbar oder erst in den Fol-
gen geschehen.

XVIII.

Die Absicht einer Gesellschaft steht mit der Dauer
und der Größe derselben in einem sehr bestimmten
Ebenmaaße. Denn daß eine größere Gesellschaft
und in längerer Zeit und so auch mit mehrern Hülfs-
mitteln größere und weiter aussehende Absichten vor-
nehmen könne, ist für sich klar. Die Anordnung
und besonders die Subordination wird durch alles die-
ses bestimmt, und macht sodann einen beträchtlichen
Theil der Form aus. Was aber zu der Form noch
hinzukömmt, betrifft das System derjenigen Hand-
lungen, die vorgenommen werden müssen, damit die
zweckmäßigen Verhältnisse erhalten werden, und da-
mit jeder sich in die nach und nach abgeänderte oder
abzuändernde Verhältnisse finden könne. So z. E.
muß, was jeder zu wissen nöthig hat, in behöriger
Form, und nach Maaßgabe der Wichtigkeit mit
behörigen Feyerlichkeiten kund gemacht werden.
Selbst auch die Art, es jedem bekannt zu machen,
muß so zu reden das Gepräge der Verhältnisse, in

welchen

Zuſatz zum neunzehnten Hauptſtuͤcke.
Schritt fuͤr Schritt einlaͤßt, und die Form ganz
beybehaͤlt. Dieſes muß oͤfters und ſelbſt in einfachen
und leichten Dingen bloß deswegen geſchehen, damit,
wenn man gegen den einen von der ſtrengen Form
nachlaͤßt, weil man weiß, daß er keinen Misbrauch
davon machen werde, nicht ein anderer eben das
Nachlaſſen fordere, dem man in Anſehung des Mis-
brauches nicht ſo viel trauen kann. Jn Geſellſchaf-
ten wird beſonders das Weſentliche der Form ſelten
uͤbergangen, ohne daß ſich eines oder das andere der
Mitglieder dabey beleidigt oder vernachtheiligt finde,
es mag nun dieſes unmittelbar oder erſt in den Fol-
gen geſchehen.

XVIII.

Die Abſicht einer Geſellſchaft ſteht mit der Dauer
und der Groͤße derſelben in einem ſehr beſtimmten
Ebenmaaße. Denn daß eine groͤßere Geſellſchaft
und in laͤngerer Zeit und ſo auch mit mehrern Huͤlfs-
mitteln groͤßere und weiter ausſehende Abſichten vor-
nehmen koͤnne, iſt fuͤr ſich klar. Die Anordnung
und beſonders die Subordination wird durch alles die-
ſes beſtimmt, und macht ſodann einen betraͤchtlichen
Theil der Form aus. Was aber zu der Form noch
hinzukoͤmmt, betrifft das Syſtem derjenigen Hand-
lungen, die vorgenommen werden muͤſſen, damit die
zweckmaͤßigen Verhaͤltniſſe erhalten werden, und da-
mit jeder ſich in die nach und nach abgeaͤnderte oder
abzuaͤndernde Verhaͤltniſſe finden koͤnne. So z. E.
muß, was jeder zu wiſſen noͤthig hat, in behoͤriger
Form, und nach Maaßgabe der Wichtigkeit mit
behoͤrigen Feyerlichkeiten kund gemacht werden.
Selbſt auch die Art, es jedem bekannt zu machen,
muß ſo zu reden das Gepraͤge der Verhaͤltniſſe, in

welchen
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0252" n="244"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Zu&#x017F;atz zum neunzehnten Haupt&#x017F;tu&#x0364;cke.</hi></fw><lb/>
Schritt fu&#x0364;r Schritt einla&#x0364;ßt, und die <hi rendition="#fr">Form</hi> ganz<lb/>
beybeha&#x0364;lt. Die&#x017F;es muß o&#x0364;fters und &#x017F;elb&#x017F;t in einfachen<lb/>
und leichten Dingen bloß deswegen ge&#x017F;chehen, damit,<lb/>
wenn man gegen den einen von der &#x017F;trengen <hi rendition="#fr">Form</hi><lb/>
nachla&#x0364;ßt, weil man weiß, daß er keinen Misbrauch<lb/>
davon machen werde, nicht ein anderer eben das<lb/>
Nachla&#x017F;&#x017F;en fordere, dem man in An&#x017F;ehung des Mis-<lb/>
brauches nicht &#x017F;o viel trauen kann. Jn Ge&#x017F;ell&#x017F;chaf-<lb/>
ten wird be&#x017F;onders das We&#x017F;entliche der <hi rendition="#fr">Form</hi> &#x017F;elten<lb/>
u&#x0364;bergangen, ohne daß &#x017F;ich eines oder das andere der<lb/>
Mitglieder dabey beleidigt oder vernachtheiligt finde,<lb/>
es mag nun die&#x017F;es unmittelbar oder er&#x017F;t in den Fol-<lb/>
gen ge&#x017F;chehen.</p>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head> <hi rendition="#aq">XVIII.</hi> </head><lb/>
            <p>Die <hi rendition="#fr">Ab&#x017F;icht</hi> einer Ge&#x017F;ell&#x017F;chaft &#x017F;teht mit der <hi rendition="#fr">Dauer</hi><lb/>
und der <hi rendition="#fr">Gro&#x0364;ße</hi> der&#x017F;elben in einem &#x017F;ehr be&#x017F;timmten<lb/>
Ebenmaaße. Denn daß eine gro&#x0364;ßere Ge&#x017F;ell&#x017F;chaft<lb/>
und in la&#x0364;ngerer Zeit und &#x017F;o auch mit mehrern Hu&#x0364;lfs-<lb/>
mitteln gro&#x0364;ßere und weiter aus&#x017F;ehende Ab&#x017F;ichten vor-<lb/>
nehmen ko&#x0364;nne, i&#x017F;t fu&#x0364;r &#x017F;ich klar. Die Anordnung<lb/>
und be&#x017F;onders die Subordination wird durch alles die-<lb/>
&#x017F;es be&#x017F;timmt, und macht &#x017F;odann einen betra&#x0364;chtlichen<lb/>
Theil der <hi rendition="#fr">Form</hi> aus. Was aber zu der <hi rendition="#fr">Form</hi> noch<lb/>
hinzuko&#x0364;mmt, betrifft das Sy&#x017F;tem derjenigen Hand-<lb/>
lungen, die vorgenommen werden mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en, damit die<lb/>
zweckma&#x0364;ßigen Verha&#x0364;ltni&#x017F;&#x017F;e erhalten werden, und da-<lb/>
mit jeder &#x017F;ich in die nach und nach abgea&#x0364;nderte oder<lb/>
abzua&#x0364;ndernde Verha&#x0364;ltni&#x017F;&#x017F;e finden ko&#x0364;nne. So z. E.<lb/>
muß, was jeder zu wi&#x017F;&#x017F;en no&#x0364;thig hat, in beho&#x0364;riger<lb/><hi rendition="#fr">Form,</hi> und nach Maaßgabe der Wichtigkeit mit<lb/>
beho&#x0364;rigen <hi rendition="#fr">Feyerlichkeiten</hi> kund gemacht werden.<lb/>
Selb&#x017F;t auch die Art, es jedem bekannt zu machen,<lb/>
muß &#x017F;o zu reden das <hi rendition="#fr">Gepra&#x0364;ge</hi> der Verha&#x0364;ltni&#x017F;&#x017F;e, in<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">welchen</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[244/0252] Zuſatz zum neunzehnten Hauptſtuͤcke. Schritt fuͤr Schritt einlaͤßt, und die Form ganz beybehaͤlt. Dieſes muß oͤfters und ſelbſt in einfachen und leichten Dingen bloß deswegen geſchehen, damit, wenn man gegen den einen von der ſtrengen Form nachlaͤßt, weil man weiß, daß er keinen Misbrauch davon machen werde, nicht ein anderer eben das Nachlaſſen fordere, dem man in Anſehung des Mis- brauches nicht ſo viel trauen kann. Jn Geſellſchaf- ten wird beſonders das Weſentliche der Form ſelten uͤbergangen, ohne daß ſich eines oder das andere der Mitglieder dabey beleidigt oder vernachtheiligt finde, es mag nun dieſes unmittelbar oder erſt in den Fol- gen geſchehen. XVIII. Die Abſicht einer Geſellſchaft ſteht mit der Dauer und der Groͤße derſelben in einem ſehr beſtimmten Ebenmaaße. Denn daß eine groͤßere Geſellſchaft und in laͤngerer Zeit und ſo auch mit mehrern Huͤlfs- mitteln groͤßere und weiter ausſehende Abſichten vor- nehmen koͤnne, iſt fuͤr ſich klar. Die Anordnung und beſonders die Subordination wird durch alles die- ſes beſtimmt, und macht ſodann einen betraͤchtlichen Theil der Form aus. Was aber zu der Form noch hinzukoͤmmt, betrifft das Syſtem derjenigen Hand- lungen, die vorgenommen werden muͤſſen, damit die zweckmaͤßigen Verhaͤltniſſe erhalten werden, und da- mit jeder ſich in die nach und nach abgeaͤnderte oder abzuaͤndernde Verhaͤltniſſe finden koͤnne. So z. E. muß, was jeder zu wiſſen noͤthig hat, in behoͤriger Form, und nach Maaßgabe der Wichtigkeit mit behoͤrigen Feyerlichkeiten kund gemacht werden. Selbſt auch die Art, es jedem bekannt zu machen, muß ſo zu reden das Gepraͤge der Verhaͤltniſſe, in welchen

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/lambert_architectonic02_1771
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/lambert_architectonic02_1771/252
Zitationshilfe: Lambert, Johann Heinrich: Anlage zur Architectonic. Bd. 2. Riga, 1771, S. 244. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lambert_architectonic02_1771/252>, abgerufen am 21.11.2024.