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Lambert, Johann Heinrich: Anlage zur Architectonic. Bd. 2. Riga, 1771.

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Substanzen und Accidenzen.
zählung derselben vorzunehmen, oder zu bestimmen,
welche und wie vielerley es deren giebt, die ohne
einander zu hindern, in einander seyn können. Jn
dieser Absicht ist das Leere, worüber man so viel ge-
stritten, nur relativ, und es folget nicht, daß gar
keine Substanz da sey, wo nichts Solides oder nichts
Materielles ist. Die Kräfte, die in dem Soliden
sind, müssen ihre Wirkung nothwendig auch außer
dasselbe erstrecken, weil sie dessen Theile und ein So-
lides mit dem andern verbinden. Und da finde ich
noch keine Möglichkeit, zu beweisen, daß der Raum
nicht ebenfalls eine Substanz seyn könne. Man muß
nur nicht eine materielle Substanz aus demselben ma-
chen wollen. So viel ist gewiß, daß man die Lehre
von der Mittheilung und Fortsetzung der Bewegung,
welche immer so viele Schwierigkeiten gefunden, da-
durch am leichtesten vortragen könnte, wenn man den
Raum als eine Substanz ansieht, in welcher das
Solide und die Kräfte so gut, als diese beyde in ein-
ander seyn können, welche aber nicht, wie das So-
lide und die Kräfte beweglich ist, sondern durch ihre
Unbeweglichkeit die Mittheilung und Fortsetzung der
Bewegung des Soliden und der darinn liegenden
Kräfte möglich machet etc. Denn wenn auch etwas
in Bewegung kommen soll, ohne von etwas anderm
gestoßen zu werden, so scheint es sehr klar zu seyn,
daß es sich irgend ansperren müsse, um die Kraft
gegen die entgegengesetzte Seite zu äußern. So
stößt z. E. ein Schiffer das Schiff, in welchem er
sich befindet, vom Ufer weg, und setzet sich dadurch
mit dem Schiffe in Bewegung. Es gehöret ein
Grund des Könnens dazu, (§. 488.). Wir sind
aber an den Begriff des ganz leeren Raumes, den
wir als ein Receptackel der Dinge ansehen, so sehr

gewöhnet,
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Subſtanzen und Accidenzen.
zaͤhlung derſelben vorzunehmen, oder zu beſtimmen,
welche und wie vielerley es deren giebt, die ohne
einander zu hindern, in einander ſeyn koͤnnen. Jn
dieſer Abſicht iſt das Leere, woruͤber man ſo viel ge-
ſtritten, nur relativ, und es folget nicht, daß gar
keine Subſtanz da ſey, wo nichts Solides oder nichts
Materielles iſt. Die Kraͤfte, die in dem Soliden
ſind, muͤſſen ihre Wirkung nothwendig auch außer
daſſelbe erſtrecken, weil ſie deſſen Theile und ein So-
lides mit dem andern verbinden. Und da finde ich
noch keine Moͤglichkeit, zu beweiſen, daß der Raum
nicht ebenfalls eine Subſtanz ſeyn koͤnne. Man muß
nur nicht eine materielle Subſtanz aus demſelben ma-
chen wollen. So viel iſt gewiß, daß man die Lehre
von der Mittheilung und Fortſetzung der Bewegung,
welche immer ſo viele Schwierigkeiten gefunden, da-
durch am leichteſten vortragen koͤnnte, wenn man den
Raum als eine Subſtanz anſieht, in welcher das
Solide und die Kraͤfte ſo gut, als dieſe beyde in ein-
ander ſeyn koͤnnen, welche aber nicht, wie das So-
lide und die Kraͤfte beweglich iſt, ſondern durch ihre
Unbeweglichkeit die Mittheilung und Fortſetzung der
Bewegung des Soliden und der darinn liegenden
Kraͤfte moͤglich machet ꝛc. Denn wenn auch etwas
in Bewegung kommen ſoll, ohne von etwas anderm
geſtoßen zu werden, ſo ſcheint es ſehr klar zu ſeyn,
daß es ſich irgend anſperren muͤſſe, um die Kraft
gegen die entgegengeſetzte Seite zu aͤußern. So
ſtoͤßt z. E. ein Schiffer das Schiff, in welchem er
ſich befindet, vom Ufer weg, und ſetzet ſich dadurch
mit dem Schiffe in Bewegung. Es gehoͤret ein
Grund des Koͤnnens dazu, (§. 488.). Wir ſind
aber an den Begriff des ganz leeren Raumes, den
wir als ein Receptackel der Dinge anſehen, ſo ſehr

gewoͤhnet,
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[261/0269] Subſtanzen und Accidenzen. zaͤhlung derſelben vorzunehmen, oder zu beſtimmen, welche und wie vielerley es deren giebt, die ohne einander zu hindern, in einander ſeyn koͤnnen. Jn dieſer Abſicht iſt das Leere, woruͤber man ſo viel ge- ſtritten, nur relativ, und es folget nicht, daß gar keine Subſtanz da ſey, wo nichts Solides oder nichts Materielles iſt. Die Kraͤfte, die in dem Soliden ſind, muͤſſen ihre Wirkung nothwendig auch außer daſſelbe erſtrecken, weil ſie deſſen Theile und ein So- lides mit dem andern verbinden. Und da finde ich noch keine Moͤglichkeit, zu beweiſen, daß der Raum nicht ebenfalls eine Subſtanz ſeyn koͤnne. Man muß nur nicht eine materielle Subſtanz aus demſelben ma- chen wollen. So viel iſt gewiß, daß man die Lehre von der Mittheilung und Fortſetzung der Bewegung, welche immer ſo viele Schwierigkeiten gefunden, da- durch am leichteſten vortragen koͤnnte, wenn man den Raum als eine Subſtanz anſieht, in welcher das Solide und die Kraͤfte ſo gut, als dieſe beyde in ein- ander ſeyn koͤnnen, welche aber nicht, wie das So- lide und die Kraͤfte beweglich iſt, ſondern durch ihre Unbeweglichkeit die Mittheilung und Fortſetzung der Bewegung des Soliden und der darinn liegenden Kraͤfte moͤglich machet ꝛc. Denn wenn auch etwas in Bewegung kommen ſoll, ohne von etwas anderm geſtoßen zu werden, ſo ſcheint es ſehr klar zu ſeyn, daß es ſich irgend anſperren muͤſſe, um die Kraft gegen die entgegengeſetzte Seite zu aͤußern. So ſtoͤßt z. E. ein Schiffer das Schiff, in welchem er ſich befindet, vom Ufer weg, und ſetzet ſich dadurch mit dem Schiffe in Bewegung. Es gehoͤret ein Grund des Koͤnnens dazu, (§. 488.). Wir ſind aber an den Begriff des ganz leeren Raumes, den wir als ein Receptackel der Dinge anſehen, ſo ſehr gewoͤhnet, R 3

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Zitationshilfe: Lambert, Johann Heinrich: Anlage zur Architectonic. Bd. 2. Riga, 1771, S. 261. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lambert_architectonic02_1771/269>, abgerufen am 21.11.2024.