Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Lambert, Johann Heinrich: Anlage zur Architectonic. Bd. 2. Riga, 1771.

Bild:
<< vorherige Seite
XXIII. Hauptstück.
§. 722.

Wo es aber nicht um die Jndividualitäten der wirk-
lichen Welt, sondern nur um allgemeine Möglich-
keiten zu thun, da reichet man mit der Gedenkbar-
keit
der Größen und ihrer Veränderlichkeiten noch
ziemlicher Maaßen aus. Man muß aber diese von
bloß symbolischen Möglichkeiten, als welche sich auf
das Gedenkbare und Widersprechende fast ohne Un-
terschied erstrecken, genau unterscheiden. Wir kön-
nen ebenfalls hiebey anmerken, daß diejenigen me-
taphysischen Begriffe, welche man durch das Abstra-
hiren der Aehnlichkeiten mehrerer specialern Begriffe
findet, hiebey nicht viel taugen, und auch nicht die-
jenigen sind, bey welchen man anfangen muß. Denn
so einfach sie ihren Worterklärungen nach zu seyn
scheinen, so sind sie im Grunde betrachtet, und wenn
man alles, was dazu gehöret mitnimmt, das Scele-
ton von den darunter gehörenden Indiuiduis, und nicht
minder als diese zusammengesetzt (§. 517-529.), und
aus diesem Grunde in unserer Erkenntniß selten voll-
ständig, zu geschweigen, daß sie öfters mit Begrif-
fen durchmenget sind, dergleichen wir vorhin (§. 715.)
aus dem §. 453. angeführet haben. Man muß bey
dem Einfachsten anfangen, und dieses giebt sodann
der Ordnung nach die Arithmetic, Geometrie, Ana-
lyse, Chronometrie, Phoronomie, Dynamic etc. aus
welchen Wissenschaften sodann theils besondere An-
wendungen gemacht, theils das Allgemeine und Me-
taphysische genauer und richtiger abstrahirt werden
kann.

§. 723.

Das Einfache hat an sich schon das voraus, daß
es für sich gedenkbar ist, und die Möglichkeit, grö-
ßer oder kleiner zu seyn, geht dabey entweder von 0

bis
XXIII. Hauptſtuͤck.
§. 722.

Wo es aber nicht um die Jndividualitaͤten der wirk-
lichen Welt, ſondern nur um allgemeine Moͤglich-
keiten zu thun, da reichet man mit der Gedenkbar-
keit
der Groͤßen und ihrer Veraͤnderlichkeiten noch
ziemlicher Maaßen aus. Man muß aber dieſe von
bloß ſymboliſchen Moͤglichkeiten, als welche ſich auf
das Gedenkbare und Widerſprechende faſt ohne Un-
terſchied erſtrecken, genau unterſcheiden. Wir koͤn-
nen ebenfalls hiebey anmerken, daß diejenigen me-
taphyſiſchen Begriffe, welche man durch das Abſtra-
hiren der Aehnlichkeiten mehrerer ſpecialern Begriffe
findet, hiebey nicht viel taugen, und auch nicht die-
jenigen ſind, bey welchen man anfangen muß. Denn
ſo einfach ſie ihren Worterklaͤrungen nach zu ſeyn
ſcheinen, ſo ſind ſie im Grunde betrachtet, und wenn
man alles, was dazu gehoͤret mitnimmt, das Scele-
ton von den darunter gehoͤrenden Indiuiduis, und nicht
minder als dieſe zuſammengeſetzt (§. 517-529.), und
aus dieſem Grunde in unſerer Erkenntniß ſelten voll-
ſtaͤndig, zu geſchweigen, daß ſie oͤfters mit Begrif-
fen durchmenget ſind, dergleichen wir vorhin (§. 715.)
aus dem §. 453. angefuͤhret haben. Man muß bey
dem Einfachſten anfangen, und dieſes giebt ſodann
der Ordnung nach die Arithmetic, Geometrie, Ana-
lyſe, Chronometrie, Phoronomie, Dynamic ꝛc. aus
welchen Wiſſenſchaften ſodann theils beſondere An-
wendungen gemacht, theils das Allgemeine und Me-
taphyſiſche genauer und richtiger abſtrahirt werden
kann.

§. 723.

Das Einfache hat an ſich ſchon das voraus, daß
es fuͤr ſich gedenkbar iſt, und die Moͤglichkeit, groͤ-
ßer oder kleiner zu ſeyn, geht dabey entweder von 0

bis
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0350" n="342"/>
          <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b"><hi rendition="#aq">XXIII.</hi> Haupt&#x017F;tu&#x0364;ck.</hi> </fw><lb/>
          <div n="3">
            <head>§. 722.</head><lb/>
            <p>Wo es aber nicht um die Jndividualita&#x0364;ten der wirk-<lb/>
lichen Welt, &#x017F;ondern nur um allgemeine Mo&#x0364;glich-<lb/>
keiten zu thun, da reichet man mit der <hi rendition="#fr">Gedenkbar-<lb/>
keit</hi> der Gro&#x0364;ßen und ihrer Vera&#x0364;nderlichkeiten noch<lb/>
ziemlicher Maaßen aus. Man muß aber die&#x017F;e von<lb/>
bloß &#x017F;ymboli&#x017F;chen Mo&#x0364;glichkeiten, als welche &#x017F;ich auf<lb/>
das Gedenkbare und Wider&#x017F;prechende fa&#x017F;t ohne Un-<lb/>
ter&#x017F;chied er&#x017F;trecken, genau unter&#x017F;cheiden. Wir ko&#x0364;n-<lb/>
nen ebenfalls hiebey anmerken, daß diejenigen me-<lb/>
taphy&#x017F;i&#x017F;chen Begriffe, welche man durch das Ab&#x017F;tra-<lb/>
hiren der Aehnlichkeiten mehrerer &#x017F;pecialern Begriffe<lb/>
findet, hiebey nicht viel taugen, und auch nicht die-<lb/>
jenigen &#x017F;ind, bey welchen man anfangen muß. Denn<lb/>
&#x017F;o einfach &#x017F;ie ihren Worterkla&#x0364;rungen nach zu &#x017F;eyn<lb/>
&#x017F;cheinen, &#x017F;o &#x017F;ind &#x017F;ie im Grunde betrachtet, und wenn<lb/>
man alles, was dazu geho&#x0364;ret mitnimmt, das Scele-<lb/>
ton von den darunter geho&#x0364;renden <hi rendition="#aq">Indiuiduis,</hi> und nicht<lb/>
minder als die&#x017F;e zu&#x017F;ammenge&#x017F;etzt (§. 517-529.), und<lb/>
aus die&#x017F;em Grunde in un&#x017F;erer Erkenntniß &#x017F;elten voll-<lb/>
&#x017F;ta&#x0364;ndig, zu ge&#x017F;chweigen, daß &#x017F;ie o&#x0364;fters mit Begrif-<lb/>
fen durchmenget &#x017F;ind, dergleichen wir vorhin (§. 715.)<lb/>
aus dem §. 453. angefu&#x0364;hret haben. Man muß bey<lb/>
dem Einfach&#x017F;ten anfangen, und die&#x017F;es giebt &#x017F;odann<lb/>
der Ordnung nach die Arithmetic, Geometrie, Ana-<lb/>
ly&#x017F;e, Chronometrie, Phoronomie, Dynamic &#xA75B;c. aus<lb/>
welchen Wi&#x017F;&#x017F;en&#x017F;chaften &#x017F;odann theils be&#x017F;ondere An-<lb/>
wendungen gemacht, theils das Allgemeine und Me-<lb/>
taphy&#x017F;i&#x017F;che genauer und richtiger ab&#x017F;trahirt werden<lb/>
kann.</p>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head>§. 723.</head><lb/>
            <p>Das Einfache hat an &#x017F;ich &#x017F;chon das voraus, daß<lb/>
es fu&#x0364;r &#x017F;ich gedenkbar i&#x017F;t, und die Mo&#x0364;glichkeit, gro&#x0364;-<lb/>
ßer oder kleiner zu &#x017F;eyn, geht dabey entweder von 0<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">bis</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[342/0350] XXIII. Hauptſtuͤck. §. 722. Wo es aber nicht um die Jndividualitaͤten der wirk- lichen Welt, ſondern nur um allgemeine Moͤglich- keiten zu thun, da reichet man mit der Gedenkbar- keit der Groͤßen und ihrer Veraͤnderlichkeiten noch ziemlicher Maaßen aus. Man muß aber dieſe von bloß ſymboliſchen Moͤglichkeiten, als welche ſich auf das Gedenkbare und Widerſprechende faſt ohne Un- terſchied erſtrecken, genau unterſcheiden. Wir koͤn- nen ebenfalls hiebey anmerken, daß diejenigen me- taphyſiſchen Begriffe, welche man durch das Abſtra- hiren der Aehnlichkeiten mehrerer ſpecialern Begriffe findet, hiebey nicht viel taugen, und auch nicht die- jenigen ſind, bey welchen man anfangen muß. Denn ſo einfach ſie ihren Worterklaͤrungen nach zu ſeyn ſcheinen, ſo ſind ſie im Grunde betrachtet, und wenn man alles, was dazu gehoͤret mitnimmt, das Scele- ton von den darunter gehoͤrenden Indiuiduis, und nicht minder als dieſe zuſammengeſetzt (§. 517-529.), und aus dieſem Grunde in unſerer Erkenntniß ſelten voll- ſtaͤndig, zu geſchweigen, daß ſie oͤfters mit Begrif- fen durchmenget ſind, dergleichen wir vorhin (§. 715.) aus dem §. 453. angefuͤhret haben. Man muß bey dem Einfachſten anfangen, und dieſes giebt ſodann der Ordnung nach die Arithmetic, Geometrie, Ana- lyſe, Chronometrie, Phoronomie, Dynamic ꝛc. aus welchen Wiſſenſchaften ſodann theils beſondere An- wendungen gemacht, theils das Allgemeine und Me- taphyſiſche genauer und richtiger abſtrahirt werden kann. §. 723. Das Einfache hat an ſich ſchon das voraus, daß es fuͤr ſich gedenkbar iſt, und die Moͤglichkeit, groͤ- ßer oder kleiner zu ſeyn, geht dabey entweder von 0 bis

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/lambert_architectonic02_1771
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/lambert_architectonic02_1771/350
Zitationshilfe: Lambert, Johann Heinrich: Anlage zur Architectonic. Bd. 2. Riga, 1771, S. 342. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lambert_architectonic02_1771/350>, abgerufen am 22.11.2024.