eigene Ursachen hat. Das vorhin (§. 841.) von der Magnetnadel angeführte Beyspiel mag auch hier zur Erläuterung dienen. Denn wird sie nur einige Tage oder Wochen beobachtet, so findet sichs, daß sie sich bald vorwärts, bald rückwärts wendet, ohne daß man daraus schließen könnte, daß aus so viel klei- nern Oscillationen dennoch etwas progreßives und eine größere Oscillation erwachse, die von mehrern Graden ist, und eine Zeit von etlichen Jahrhunderten erfordert.
§. 847.
Der Beharrungsstand selbst fordert überhaupt etwas einförmiges, und das Wegseyn der Ursachen, welche denselben durchaus stören würden. Die Sa- che, die im Beharrungsstande seyn solle, muß näm- lich sie, wie sie ist, und mit den Veränderungen, die darinn vorgehen, fortdauern können, so lange sie nicht durch fremde Ursachen und gleichsam auf eine gewaltsame Art umgekehrt und in eine ganz andere Form gebracht wird. Diese Bedingung macht nun die Sache entweder an sich unveränderlich, so, daß sie schlechthin bleibt, wie sie ist, oder wenn in der- selben Veränderungen vorgehen, so sind diese entwe- der periodisch, oder sie nähern sich immer wiederum, theils oscillationsweise, theils asymtotenweise dem Beharrungsstande, wobey nämlich die wirkenden Kräfte im Gleichgewichte sind (§. 555. 558. 561.). Und wo dieses zu einem beständigen Fortdauern eingerich- tet ist, da bleiben die Veränderungen immer in ge- setzten Schranken. Alles dieses finden wir in dem Laufe der Dinge auf der Erdfläche und bey den Ab- wechselungen der Witterung. Bey der Witterung sind die merklichern Perioden jährlich und täglich, weil man die Sonne als die Hauptquelle solcher Verände- rungen ansehen kann. Und dieses bemerket man
nicht
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Das Einfoͤrmige.
eigene Urſachen hat. Das vorhin (§. 841.) von der Magnetnadel angefuͤhrte Beyſpiel mag auch hier zur Erlaͤuterung dienen. Denn wird ſie nur einige Tage oder Wochen beobachtet, ſo findet ſichs, daß ſie ſich bald vorwaͤrts, bald ruͤckwaͤrts wendet, ohne daß man daraus ſchließen koͤnnte, daß aus ſo viel klei- nern Oſcillationen dennoch etwas progreßives und eine groͤßere Oſcillation erwachſe, die von mehrern Graden iſt, und eine Zeit von etlichen Jahrhunderten erfordert.
§. 847.
Der Beharrungsſtand ſelbſt fordert uͤberhaupt etwas einfoͤrmiges, und das Wegſeyn der Urſachen, welche denſelben durchaus ſtoͤren wuͤrden. Die Sa- che, die im Beharrungsſtande ſeyn ſolle, muß naͤm- lich ſie, wie ſie iſt, und mit den Veraͤnderungen, die darinn vorgehen, fortdauern koͤnnen, ſo lange ſie nicht durch fremde Urſachen und gleichſam auf eine gewaltſame Art umgekehrt und in eine ganz andere Form gebracht wird. Dieſe Bedingung macht nun die Sache entweder an ſich unveraͤnderlich, ſo, daß ſie ſchlechthin bleibt, wie ſie iſt, oder wenn in der- ſelben Veraͤnderungen vorgehen, ſo ſind dieſe entwe- der periodiſch, oder ſie naͤhern ſich immer wiederum, theils oſcillationsweiſe, theils aſymtotenweiſe dem Beharrungsſtande, wobey naͤmlich die wirkenden Kraͤfte im Gleichgewichte ſind (§. 555. 558. 561.). Und wo dieſes zu einem beſtaͤndigen Fortdauern eingerich- tet iſt, da bleiben die Veraͤnderungen immer in ge- ſetzten Schranken. Alles dieſes finden wir in dem Laufe der Dinge auf der Erdflaͤche und bey den Ab- wechſelungen der Witterung. Bey der Witterung ſind die merklichern Perioden jaͤhrlich und taͤglich, weil man die Sonne als die Hauptquelle ſolcher Veraͤnde- rungen anſehen kann. Und dieſes bemerket man
nicht
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Das Einfoͤrmige.
eigene Urſachen hat. Das vorhin (§. 841.) von der
Magnetnadel angefuͤhrte Beyſpiel mag auch hier zur
Erlaͤuterung dienen. Denn wird ſie nur einige Tage
oder Wochen beobachtet, ſo findet ſichs, daß ſie ſich
bald vorwaͤrts, bald ruͤckwaͤrts wendet, ohne daß
man daraus ſchließen koͤnnte, daß aus ſo viel klei-
nern Oſcillationen dennoch etwas progreßives und eine
groͤßere Oſcillation erwachſe, die von mehrern Graden
iſt, und eine Zeit von etlichen Jahrhunderten erfordert.
§. 847.
Der Beharrungsſtand ſelbſt fordert uͤberhaupt
etwas einfoͤrmiges, und das Wegſeyn der Urſachen,
welche denſelben durchaus ſtoͤren wuͤrden. Die Sa-
che, die im Beharrungsſtande ſeyn ſolle, muß naͤm-
lich ſie, wie ſie iſt, und mit den Veraͤnderungen, die
darinn vorgehen, fortdauern koͤnnen, ſo lange ſie
nicht durch fremde Urſachen und gleichſam auf eine
gewaltſame Art umgekehrt und in eine ganz andere
Form gebracht wird. Dieſe Bedingung macht nun
die Sache entweder an ſich unveraͤnderlich, ſo, daß
ſie ſchlechthin bleibt, wie ſie iſt, oder wenn in der-
ſelben Veraͤnderungen vorgehen, ſo ſind dieſe entwe-
der periodiſch, oder ſie naͤhern ſich immer wiederum,
theils oſcillationsweiſe, theils aſymtotenweiſe dem
Beharrungsſtande, wobey naͤmlich die wirkenden
Kraͤfte im Gleichgewichte ſind (§. 555. 558. 561.). Und
wo dieſes zu einem beſtaͤndigen Fortdauern eingerich-
tet iſt, da bleiben die Veraͤnderungen immer in ge-
ſetzten Schranken. Alles dieſes finden wir in dem
Laufe der Dinge auf der Erdflaͤche und bey den Ab-
wechſelungen der Witterung. Bey der Witterung
ſind die merklichern Perioden jaͤhrlich und taͤglich, weil
man die Sonne als die Hauptquelle ſolcher Veraͤnde-
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Lambert, Johann Heinrich: Anlage zur Architectonic. Bd. 2. Riga, 1771, S. 473. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lambert_architectonic02_1771/481>, abgerufen am 22.11.2024.
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