Was ferner wahrscheinliche Sätze noch mißli- cher machen kann, ist, wenn man sie so heraus bringt, daß so wohl die Gründe, worauf man bauet, als auch das, so man damit verbindet, eine blose Glau- benssache ist. Dieses macht sie noch überdiß hypo- thetisch, weil man voraus setzen muß, die gebrauch- ten Gründe werden sich mit der Zeit erweisen lassen, oder wenigstens ohne viele Wiederrede als glaubwür- dig angenommen werden. Es ist leicht zu erachten, daß der erst erwöhnte dritte Hauptsatz von dieser Art ist. Er kann nur bedingnisweise untersucht werden, weil er die beyden erstern als vollkommen richtig er- wiesen voraus setzt. Wird z. Ex. die Eintheilung der Fixsterne in Systemen noch nicht zugegeben, so kommt die Frage, ob diese Systemen in ihrem Mittelpuncte einen Körper von zureichender Masse haben, gar nicht vor, und noch viel weniger wird die Frage vor- kommen, ob diese Körper, als welche zusammen ein grösseres System ausmachen würden, wiederum ei- nen noch grössern Körper in ihrem Mittelpuncte ha- ben müssen?
So sehr demnach diese Fragen dahin gestellt scheinen, und seyn mögen, so sehr können sich Leser, welche das Ganze in diesen Briefen genauer unter- suchen wollen, über die Dreistigkeit verwundern,
daß
Vorrede.
Was ferner wahrſcheinliche Saͤtze noch mißli- cher machen kann, iſt, wenn man ſie ſo heraus bringt, daß ſo wohl die Gruͤnde, worauf man bauet, als auch das, ſo man damit verbindet, eine bloſe Glau- bensſache iſt. Dieſes macht ſie noch uͤberdiß hypo- thetiſch, weil man voraus ſetzen muß, die gebrauch- ten Gruͤnde werden ſich mit der Zeit erweiſen laſſen, oder wenigſtens ohne viele Wiederrede als glaubwuͤr- dig angenommen werden. Es iſt leicht zu erachten, daß der erſt erwoͤhnte dritte Hauptſatz von dieſer Art iſt. Er kann nur bedingnisweiſe unterſucht werden, weil er die beyden erſtern als vollkommen richtig er- wieſen voraus ſetzt. Wird z. Ex. die Eintheilung der Fixſterne in Syſtemen noch nicht zugegeben, ſo kommt die Frage, ob dieſe Syſtemen in ihrem Mittelpuncte einen Koͤrper von zureichender Maſſe haben, gar nicht vor, und noch viel weniger wird die Frage vor- kommen, ob dieſe Koͤrper, als welche zuſammen ein groͤſſeres Syſtem ausmachen wuͤrden, wiederum ei- nen noch groͤſſern Koͤrper in ihrem Mittelpuncte ha- ben muͤſſen?
So ſehr demnach dieſe Fragen dahin geſtellt ſcheinen, und ſeyn moͤgen, ſo ſehr koͤnnen ſich Leſer, welche das Ganze in dieſen Briefen genauer unter- ſuchen wollen, uͤber die Dreiſtigkeit verwundern,
daß
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[XXII/0027]
Vorrede.
Was ferner wahrſcheinliche Saͤtze noch mißli-
cher machen kann, iſt, wenn man ſie ſo heraus bringt,
daß ſo wohl die Gruͤnde, worauf man bauet, als
auch das, ſo man damit verbindet, eine bloſe Glau-
bensſache iſt. Dieſes macht ſie noch uͤberdiß hypo-
thetiſch, weil man voraus ſetzen muß, die gebrauch-
ten Gruͤnde werden ſich mit der Zeit erweiſen laſſen,
oder wenigſtens ohne viele Wiederrede als glaubwuͤr-
dig angenommen werden. Es iſt leicht zu erachten,
daß der erſt erwoͤhnte dritte Hauptſatz von dieſer Art
iſt. Er kann nur bedingnisweiſe unterſucht werden,
weil er die beyden erſtern als vollkommen richtig er-
wieſen voraus ſetzt. Wird z. Ex. die Eintheilung der
Fixſterne in Syſtemen noch nicht zugegeben, ſo kommt
die Frage, ob dieſe Syſtemen in ihrem Mittelpuncte
einen Koͤrper von zureichender Maſſe haben, gar
nicht vor, und noch viel weniger wird die Frage vor-
kommen, ob dieſe Koͤrper, als welche zuſammen ein
groͤſſeres Syſtem ausmachen wuͤrden, wiederum ei-
nen noch groͤſſern Koͤrper in ihrem Mittelpuncte ha-
ben muͤſſen?
So ſehr demnach dieſe Fragen dahin geſtellt
ſcheinen, und ſeyn moͤgen, ſo ſehr koͤnnen ſich Leſer,
welche das Ganze in dieſen Briefen genauer unter-
ſuchen wollen, uͤber die Dreiſtigkeit verwundern,
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Lambert, Johann Heinrich: Cosmologische Briefe über die Einrichtung des Weltbaues. Augsburg, 1761, S. XXII. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lambert_einrichtung_1761/27>, abgerufen am 21.11.2024.
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