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Lambert, Johann Heinrich: Cosmologische Briefe über die Einrichtung des Weltbaues. Augsburg, 1761.

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über die Einrichtung des Weltbaues.
same Bahnen sich machen, so haben wir immer Krieg
am Firmamente zu besorgen.

Was meynen Sie hierüber? Kann man wohl
ausser der bloßen Möglichkeit etwas Wahrscheinliches
in solchen Verstörungen finden? Mögen wohl Jupi-
ter, Saturnus und die Erde ihre Trabanten auf eine
so kriegerische Art erhascht haben, daß sie Cometen an
sich zogen, und mit sich fortrissen, die doch ruhig in
ihren Ellipsen hätten einhergehen können? Wie schi-
cken sich die Einwohner eines Cometen in diese neue
Stelle? Und ist es bey der Schöpfung der Erde und
bey der Sündfluth so zugegangen, wie Whiston und
Burnet und andere es beschreiben wollen? Ich sage
es Ihnen aufrichtig, daß mir alles dieses als sehr ro-
manenmäßig vorkömmt, das man bey Weltweisen im
Ernste nicht suchen sollte. Der Verfasser des Noah
mag sie immerhin gebrauchen, und Dichtern mag die
Freyheit bleiben, ihrer Einbildungskraft allen Lauf zu
lassen. Da lese ich sie mit Vergnügen, und setze den
Comet, das Luftschiff und mehrere dergleichen Erfin-
dungen leicht in eine Classe. Ein Dichter begnügt
sich an der Möglichkeit, und in seiner Welt richtet er
alles, wie es ihm am schönsten und wunderbarsten vor-
kömmt. Allein Weltweise sollten mehr als die bloße
Möglichkeit suchen, und ich gestehe Ihnen, daß ich
bey so vielen schönen Wahrheiten nicht so viele Träu-
me gesucht hätte. Denn anders kann ich sie doch
nicht nennen, bis sie nicht wahrscheinlicher gemacht
werden. Ich würde sie schlechthin den Dichtern über-

lassen,
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uͤber die Einrichtung des Weltbaues.
ſame Bahnen ſich machen, ſo haben wir immer Krieg
am Firmamente zu beſorgen.

Was meynen Sie hieruͤber? Kann man wohl
auſſer der bloßen Moͤglichkeit etwas Wahrſcheinliches
in ſolchen Verſtoͤrungen finden? Moͤgen wohl Jupi-
ter, Saturnus und die Erde ihre Trabanten auf eine
ſo kriegeriſche Art erhaſcht haben, daß ſie Cometen an
ſich zogen, und mit ſich fortriſſen, die doch ruhig in
ihren Ellipſen haͤtten einhergehen koͤnnen? Wie ſchi-
cken ſich die Einwohner eines Cometen in dieſe neue
Stelle? Und iſt es bey der Schoͤpfung der Erde und
bey der Suͤndfluth ſo zugegangen, wie Whiſton und
Burnet und andere es beſchreiben wollen? Ich ſage
es Ihnen aufrichtig, daß mir alles dieſes als ſehr ro-
manenmaͤßig vorkoͤmmt, das man bey Weltweiſen im
Ernſte nicht ſuchen ſollte. Der Verfaſſer des Noah
mag ſie immerhin gebrauchen, und Dichtern mag die
Freyheit bleiben, ihrer Einbildungskraft allen Lauf zu
laſſen. Da leſe ich ſie mit Vergnuͤgen, und ſetze den
Comet, das Luftſchiff und mehrere dergleichen Erfin-
dungen leicht in eine Claſſe. Ein Dichter begnuͤgt
ſich an der Moͤglichkeit, und in ſeiner Welt richtet er
alles, wie es ihm am ſchoͤnſten und wunderbarſten vor-
koͤmmt. Allein Weltweiſe ſollten mehr als die bloße
Moͤglichkeit ſuchen, und ich geſtehe Ihnen, daß ich
bey ſo vielen ſchoͤnen Wahrheiten nicht ſo viele Traͤu-
me geſucht haͤtte. Denn anders kann ich ſie doch
nicht nennen, bis ſie nicht wahrſcheinlicher gemacht
werden. Ich wuͤrde ſie ſchlechthin den Dichtern uͤber-

laſſen,
A 3
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[5/0038] uͤber die Einrichtung des Weltbaues. ſame Bahnen ſich machen, ſo haben wir immer Krieg am Firmamente zu beſorgen. Was meynen Sie hieruͤber? Kann man wohl auſſer der bloßen Moͤglichkeit etwas Wahrſcheinliches in ſolchen Verſtoͤrungen finden? Moͤgen wohl Jupi- ter, Saturnus und die Erde ihre Trabanten auf eine ſo kriegeriſche Art erhaſcht haben, daß ſie Cometen an ſich zogen, und mit ſich fortriſſen, die doch ruhig in ihren Ellipſen haͤtten einhergehen koͤnnen? Wie ſchi- cken ſich die Einwohner eines Cometen in dieſe neue Stelle? Und iſt es bey der Schoͤpfung der Erde und bey der Suͤndfluth ſo zugegangen, wie Whiſton und Burnet und andere es beſchreiben wollen? Ich ſage es Ihnen aufrichtig, daß mir alles dieſes als ſehr ro- manenmaͤßig vorkoͤmmt, das man bey Weltweiſen im Ernſte nicht ſuchen ſollte. Der Verfaſſer des Noah mag ſie immerhin gebrauchen, und Dichtern mag die Freyheit bleiben, ihrer Einbildungskraft allen Lauf zu laſſen. Da leſe ich ſie mit Vergnuͤgen, und ſetze den Comet, das Luftſchiff und mehrere dergleichen Erfin- dungen leicht in eine Claſſe. Ein Dichter begnuͤgt ſich an der Moͤglichkeit, und in ſeiner Welt richtet er alles, wie es ihm am ſchoͤnſten und wunderbarſten vor- koͤmmt. Allein Weltweiſe ſollten mehr als die bloße Moͤglichkeit ſuchen, und ich geſtehe Ihnen, daß ich bey ſo vielen ſchoͤnen Wahrheiten nicht ſo viele Traͤu- me geſucht haͤtte. Denn anders kann ich ſie doch nicht nennen, bis ſie nicht wahrſcheinlicher gemacht werden. Ich wuͤrde ſie ſchlechthin den Dichtern uͤber- laſſen, A 3

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Zitationshilfe: Lambert, Johann Heinrich: Cosmologische Briefe über die Einrichtung des Weltbaues. Augsburg, 1761, S. 5. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lambert_einrichtung_1761/38>, abgerufen am 03.12.2024.