Lambert, Johann Heinrich: Cosmologische Briefe über die Einrichtung des Weltbaues. Augsburg, 1761.Cosmologische Briefe sind, und nachher gelehrter werden, wenn man jenegehoben hat? Ich fragte sie anfangs nur, was es mit dem Weltgebäude für eine Beschaffenheit habe, nunmehr weiß ich es, in so ferne mir noch die Frage zu machen bleibt, was mit der Zeit aus demselben, und zugleich aus den Weltweisen, die es so schön aus- gedacht haben, werden wird. Ist es nicht so, die Co- meten sind nun nimmer durch ihre Bedeutung, sondern durch ihre Wirkung furchtbar? Ich kenne nun die Kräften der Schwere, so die Weltkörper gegeneinan- der haben, genugsam. Jupiter vermag den Saturn und seine Trabanten aus seiner Ordnung zu bringen, und selbst der Mond macht die Erde etwas wanken. Er macht das Meer aufschwellen und niedersinken. Wie würde es uns gehen, wenn ein grosser Comet der Erde so nahe käme, das Meer über die Erdfläche schwemmete, oder gar die Erde mit sich fortrisse? Sagen Sie mir einmal, mein Herr, ob man same
Coſmologiſche Briefe ſind, und nachher gelehrter werden, wenn man jenegehoben hat? Ich fragte ſie anfangs nur, was es mit dem Weltgebaͤude fuͤr eine Beſchaffenheit habe, nunmehr weiß ich es, in ſo ferne mir noch die Frage zu machen bleibt, was mit der Zeit aus demſelben, und zugleich aus den Weltweiſen, die es ſo ſchoͤn aus- gedacht haben, werden wird. Iſt es nicht ſo, die Co- meten ſind nun nimmer durch ihre Bedeutung, ſondern durch ihre Wirkung furchtbar? Ich kenne nun die Kraͤften der Schwere, ſo die Weltkoͤrper gegeneinan- der haben, genugſam. Jupiter vermag den Saturn und ſeine Trabanten aus ſeiner Ordnung zu bringen, und ſelbſt der Mond macht die Erde etwas wanken. Er macht das Meer aufſchwellen und niederſinken. Wie wuͤrde es uns gehen, wenn ein groſſer Comet der Erde ſo nahe kaͤme, das Meer uͤber die Erdflaͤche ſchwemmete, oder gar die Erde mit ſich fortriſſe? Sagen Sie mir einmal, mein Herꝛ, ob man ſame
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0037" n="4"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Coſmologiſche Briefe</hi></fw><lb/> ſind, und nachher gelehrter werden, wenn man jene<lb/> gehoben hat? Ich fragte ſie anfangs nur, was es<lb/> mit dem Weltgebaͤude fuͤr eine Beſchaffenheit habe,<lb/> nunmehr weiß ich es, in ſo ferne mir noch die Frage<lb/> zu machen bleibt, was mit der Zeit aus demſelben,<lb/> und zugleich aus den Weltweiſen, die es ſo ſchoͤn aus-<lb/> gedacht haben, werden wird. Iſt es nicht ſo, die Co-<lb/> meten ſind nun nimmer durch ihre Bedeutung, ſondern<lb/> durch ihre Wirkung furchtbar? Ich kenne nun die<lb/> Kraͤften der Schwere, ſo die Weltkoͤrper gegeneinan-<lb/> der haben, genugſam. Jupiter vermag den Saturn<lb/> und ſeine Trabanten aus ſeiner Ordnung zu bringen,<lb/> und ſelbſt der Mond macht die Erde etwas wanken.<lb/> Er macht das Meer aufſchwellen und niederſinken.<lb/> Wie wuͤrde es uns gehen, wenn ein groſſer Comet der<lb/> Erde ſo nahe kaͤme, das Meer uͤber die Erdflaͤche<lb/> ſchwemmete, oder gar die Erde mit ſich fortriſſe?</p><lb/> <p>Sagen Sie mir einmal, mein Herꝛ, ob man<lb/> alles, was die Weltweiſen hieruͤber ausgedacht, ſo<lb/> ſchlechthin als wahrſcheinlich halten koͤnne, oder mi-<lb/> ſchen ſie nicht ohne Bedenken unter die Wahrheit ſol-<lb/> che Moͤglichkeiten, davor man ſich fuͤrchten muͤßte,<lb/> wenn ſie wirklich ſeyn ſollten? In der That, nachdem<lb/> ich mir alles Ungeheure dabey vorgeſtellt, ſo habe ich<lb/> merklich nachgelaſſen, die Cometen ſo freygebig durch<lb/> den Weltraum auszuſtreuen, und ich ließ alle die weg,<lb/> die mit der Zeit Unheil anrichten koͤnnten. Allein da-<lb/> mit reiche ich nicht weit, weil ich die Cometen nehmen<lb/> muß, wie ſie wirklich ſind, und wenn ſie nicht ſelbſt fried-<lb/> <fw place="bottom" type="catch">ſame</fw><lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [4/0037]
Coſmologiſche Briefe
ſind, und nachher gelehrter werden, wenn man jene
gehoben hat? Ich fragte ſie anfangs nur, was es
mit dem Weltgebaͤude fuͤr eine Beſchaffenheit habe,
nunmehr weiß ich es, in ſo ferne mir noch die Frage
zu machen bleibt, was mit der Zeit aus demſelben,
und zugleich aus den Weltweiſen, die es ſo ſchoͤn aus-
gedacht haben, werden wird. Iſt es nicht ſo, die Co-
meten ſind nun nimmer durch ihre Bedeutung, ſondern
durch ihre Wirkung furchtbar? Ich kenne nun die
Kraͤften der Schwere, ſo die Weltkoͤrper gegeneinan-
der haben, genugſam. Jupiter vermag den Saturn
und ſeine Trabanten aus ſeiner Ordnung zu bringen,
und ſelbſt der Mond macht die Erde etwas wanken.
Er macht das Meer aufſchwellen und niederſinken.
Wie wuͤrde es uns gehen, wenn ein groſſer Comet der
Erde ſo nahe kaͤme, das Meer uͤber die Erdflaͤche
ſchwemmete, oder gar die Erde mit ſich fortriſſe?
Sagen Sie mir einmal, mein Herꝛ, ob man
alles, was die Weltweiſen hieruͤber ausgedacht, ſo
ſchlechthin als wahrſcheinlich halten koͤnne, oder mi-
ſchen ſie nicht ohne Bedenken unter die Wahrheit ſol-
che Moͤglichkeiten, davor man ſich fuͤrchten muͤßte,
wenn ſie wirklich ſeyn ſollten? In der That, nachdem
ich mir alles Ungeheure dabey vorgeſtellt, ſo habe ich
merklich nachgelaſſen, die Cometen ſo freygebig durch
den Weltraum auszuſtreuen, und ich ließ alle die weg,
die mit der Zeit Unheil anrichten koͤnnten. Allein da-
mit reiche ich nicht weit, weil ich die Cometen nehmen
muß, wie ſie wirklich ſind, und wenn ſie nicht ſelbſt fried-
ſame
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |