Lambert, Johann Heinrich: Cosmologische Briefe über die Einrichtung des Weltbaues. Augsburg, 1761.über die Einrichtung des Weltbaues. zum Maaße. In acht Minuten kömmt es von derSonne auf die Erde, und legt daher einen Weg zu- rück, den man mit Halbmessern der Erde ausmessen muß, davon jeder 860. Meilen macht, und deren es wenigstens 20000. gebraucht, um den Abstand der Sonne dadurch zu bestimmen. Diesen Weg macht das Licht in 8. Minuten, und dieses ist nun mein Maaßstab, mit dem ich die äussersten Fixsterne aufsu- che. Ich gebe dem Licht Jahrhunderte Zeit, bis es von denselben zu uns komme, und setze, daß es Fix- sterne gebe, von welchen das Licht in den nächsten 6000. Jahren noch nicht angelangt ist, und die folg- lich erst unsere Nachkommen werden zu sehen haben. Die Nacht solle mir immer heller werden, und jeden Abend freue ich mich über das neuangelangte Licht von andern Sternen. Mit allem deme sehe ich, daß die- se Entfernungen noch alle ihre Schranken haben, und vielleicht von den Grenzen des Weltgebäudes noch weit weg sind. Doch ich gerathe unvermerkt in eine Astronomi- sind, A 2
uͤber die Einrichtung des Weltbaues. zum Maaße. In acht Minuten koͤmmt es von derSonne auf die Erde, und legt daher einen Weg zu- ruͤck, den man mit Halbmeſſern der Erde ausmeſſen muß, davon jeder 860. Meilen macht, und deren es wenigſtens 20000. gebraucht, um den Abſtand der Sonne dadurch zu beſtimmen. Dieſen Weg macht das Licht in 8. Minuten, und dieſes iſt nun mein Maaßſtab, mit dem ich die aͤuſſerſten Fixſterne aufſu- che. Ich gebe dem Licht Jahrhunderte Zeit, bis es von denſelben zu uns komme, und ſetze, daß es Fix- ſterne gebe, von welchen das Licht in den naͤchſten 6000. Jahren noch nicht angelangt iſt, und die folg- lich erſt unſere Nachkommen werden zu ſehen haben. Die Nacht ſolle mir immer heller werden, und jeden Abend freue ich mich uͤber das neuangelangte Licht von andern Sternen. Mit allem deme ſehe ich, daß die- ſe Entfernungen noch alle ihre Schranken haben, und vielleicht von den Grenzen des Weltgebaͤudes noch weit weg ſind. Doch ich gerathe unvermerkt in eine Aſtronomi- ſind, A 2
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uͤber die Einrichtung des Weltbaues.
zum Maaße. In acht Minuten koͤmmt es von der
Sonne auf die Erde, und legt daher einen Weg zu-
ruͤck, den man mit Halbmeſſern der Erde ausmeſſen
muß, davon jeder 860. Meilen macht, und deren es
wenigſtens 20000. gebraucht, um den Abſtand der
Sonne dadurch zu beſtimmen. Dieſen Weg macht
das Licht in 8. Minuten, und dieſes iſt nun mein
Maaßſtab, mit dem ich die aͤuſſerſten Fixſterne aufſu-
che. Ich gebe dem Licht Jahrhunderte Zeit, bis es
von denſelben zu uns komme, und ſetze, daß es Fix-
ſterne gebe, von welchen das Licht in den naͤchſten
6000. Jahren noch nicht angelangt iſt, und die folg-
lich erſt unſere Nachkommen werden zu ſehen haben.
Die Nacht ſolle mir immer heller werden, und jeden
Abend freue ich mich uͤber das neuangelangte Licht von
andern Sternen. Mit allem deme ſehe ich, daß die-
ſe Entfernungen noch alle ihre Schranken haben, und
vielleicht von den Grenzen des Weltgebaͤudes noch
weit weg ſind.
Doch ich gerathe unvermerkt in eine Aſtronomi-
ſche Entzuͤckung, und ſage Ihnen, mein Herꝛ, Sa-
chen vor, die Ihnen nothwendig bekannt ſind. Neh-
men Sie ſie immer als eine Probe an, daß ich ihrem
Vorſchlage gefolgt habe, und ich will Ihnen nochmals
ſagen, daß ich bis dahin vieles Vergnuͤgen daran hat-
te. Aber ſagen Sie mir nun auch, iſt es denn nicht
moͤglich, anderſt als mit neuen Zweifeln und neuer
Unruhe zur Gewißheit zu kommen, oder aͤndern die
Zweifel nur ihre Natur, daß ſie anfangs einfaͤltiger
ſind,
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